Anspruch auf transparente und verständliche Rechnung nach GOÄ?

22. September 2016 Thema abonnieren
 Von 
Justine123
Status:
Frischling
(20 Beiträge, 14x hilfreich)
Anspruch auf transparente und verständliche Rechnung nach GOÄ?

Hallo in die Runde,

ich hoffe, mir kann hier jemand helfen.

Ich habe eine Zahnarztrechnung von der zahnärztlichen Abrechnungsstelle (Fakturing) in Höhe von 2.320,00 € erhalten, wobei ein Eigenanteil von 320,00 € ausgewiesen wird. Die Rechnung wurde nach GOÄ ausgestellt, ist aber für mich teilweise nicht zu verstehen. Einzelne Leistungen im Zusammenhang mit der Anfertigung neuer Zahnkronen lassen sich für den Laien nicht zuordnen. Das macht es schwierig, da der größte Teil der Leistung von der Krankenkasse bezahlt werden soll.

Die Krankenkasse hat erklärt, 100% der Zahnkronen zu übernehmen. Die komplette Rechnung ging trotzdem an mich, weil ich eine Zusatzleistung "Zahnkronen auch von hinten weiß" angenommen habe, die nicht von der Krankenkasse bezahlt wird. Der Kostenvoranschlag dafür war 200,00 €. Für mich auf der Rechnung zu erkennen sind einzelne Teilleistungen, die mit der von der Kasse übernommenen Position zusammenhängen, jedoch ist die Zusatzleistung nicht gesondert ausgewiesen. Angesichts des Kostenvoranschlags erscheint die Rechnung zu hoch. Mehrmalige Versuche, die Rechnung zu verstehen (Telefonate mit der Abrechnungsstelle, mit der Zahnarztpraxis und mit der Krankenkasse), scheiterten. Einzig wurde mir erklärt, der über 200,00 € hinausgehende Betrag hänge mit dem Stiftaufbau zusammen, der nicht vollständig von der Krankenkasse übernommen wurde. Welche Rechnungspositionen das jedoch sind, konnte von der Abrechnungsstelle nicht erklärt werden. Die Krankenkasse erklärt, sie hat alle notwendigen Kosten für einen Stiftaufbau übernommen. Eine Sondervereinbarung für eine über das Notwendige hinausgehende Leistung bezüglich des Stiftaufbaus gibt es nicht.

Ich habe nur die vereinbarten 200,00 € bezahlt und mich bereit erklärt, auch den Rest zu bezahlen sofern die Rechnung plausibel erklärt werden kann. Daraufhin wurde ich von der zahnärztlichen Abrechnungsstelle auf Zahlung von 120,00 € verklagt. Ich erklärte weiterhin, ich würde den Betrag bezahlen, sofern die Rechnung plausibel erklärt werden könne. Aufgrund der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung muß jedoch meiner Meinung nach eine Rechnung so ausgestellt werden, dass sie auch für den Laien verständlich ist. Die Rechnung ist nach meiner Auffassung erst dann gültig zugestellt, wenn sie vom Empfänger verstanden werden kann.

Während des Schriftwechsels vor der Gerichtsverhandlung versuchte sich der Rechtsanwalt der Abrechnungsstelle mit der Erklärung der Rechnung. Es stellte sich heraus, dass die Zusatzleistung „Zahnkronen hinten weiß" 240,00 € gekostet hat und damit um 20% über dem Kostenvoranschlag lag, was zulässig ist. Ich erklärte mich daraufhin bereit, 40,00 € zu bezahlen, verwies aber darauf, keine Kosten des Verfahrens tragen zu wollen, da zum Zeitpunkt der Klage keine verständliche und damit auch keine gültige Rechnung vorlag. Der Sachverhalt bezüglich der Mehrkosten für den Stiftaufbau konnte auch vom Anwalt nicht erklärt werden.

Meine Frage: Dürfen Ärzte alles berechnen, was sie wollen, da sie ja nach GOÄ abrechnen und die GOÄ eh nicht von Jedem verstanden wird? Spielt es eine Rolle, ob die Arztrechnung vom Laien verstanden wird oder nicht? Haben Patienten (k)einen Anspruch auf Transparenz der Rechnung?


Bereits während der Gerichtsverhandlung merkte ich, dass der Richter meine Überzeugung nicht teilte. Er sagte dort, die GOÄ wäre eben schwer zu verstehen und man könne das selbst von der Abrechnungsstelle nicht verlangen, dass sie erklären können, was wofür berechnet wurde.

Leider habe ich wegen meiner Teilanerkenntnis ein Anerkenntnisurteil erhalten. Und dazu steht überhaupt keine Begründung. Es wurde entschieden, dass ich die Rechnung vollständig bezahlen und auch alle Kosten des Verfahrens tragen muss.

Für mich stellt sich nun die Frage, ob ich eine Begründung für das Urteil verlangen kann und wie ich da vorgehen muss.

Hat es einen Sinn, Widerspruch einzulegen, insbesondere auch gegen die Kostentragungsentscheidung? Ich kann diese Entscheidung echt nicht fassen. In meiner Firma würden sie mich als Buchhalterin rauswerfen, wenn ich eine Rechnung bezahlen würde, auf der einzelne Positionen nicht durchschaubar sind. …

Vielen Dank schon mal …

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4 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Sir Berry
Status:
Unparteiischer
(9330 Beiträge, 2983x hilfreich)

Hi,

da es um Zahnersatzkosten geht, handelt es sich bei dem überwiegenden Teil der Rechnungspositionen vermutlich um Gebühren aus der GOZ, nicht GÖÄ.

Verständlicher wird die Rechnung dadurch aber nicht. Gleichwohl ist die Unverständlichkeit allein Dein Problem.

Es reicht aus, wenn die Gebührenordnungsziffer, der Steigerungsfaktor und die sich daraus ergebende Endsumme genannt wird.

Da Du die Rechnung nicht einstellst, kann keiner beurteilen, ob sie korrekt erstellt wurde.

Zitat (von Justine123):
Für mich stellt sich nun die Frage, ob ich eine Begründung für das Urteil verlangen kann und wie ich da vorgehen muss.
Nein.

Zitat (von Justine123):
Hat es einen Sinn, Widerspruch einzulegen, insbesondere auch gegen die Kostentragungsentscheidung?
Sicher, wenn Du meinst, dass das Urteil falsch ist. So richtig daran glauben kann ich allerdings nicht.
Zumal das Zustandekommen der Differenz zwischen 320 € und den von Dir anerkannten 240 € in der Erstverhandlung angesprochen wurde.


Zitat (von Justine123):
Die Krankenkasse hat erklärt, 100% der Zahnkronen zu übernehmen.
Bist Du Dir da sicher, denn dass ist bei Zahnersatz absolut unüblich. Hier vermute ich vielmehr den restlichen Eigenanteil.

Berry

0x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
RrKOrtmann
Status:
Lehrling
(1325 Beiträge, 645x hilfreich)

Zitat (von Justine123):
Richter ... sagte, die GOÄ wäre eben schwer zu verstehen und man könne das selbst von der Abrechnungsstelle nicht verlangen, dass sie erklären können, was wofür berechnet wurde.


"Zur Intransparenz trägt eine Gebührenordnung bei, die zum überwiegenden Teil aus den Achtziger- und Neunzigerjahren stammt, weil sich PKV-Verband und Bundesärztekammer nicht auf ein neues Regelwerk einigen können. Die Folge ist, dass viele moderne Behandlungsmethoden in der Gebührenordnung nicht enthalten sind. Darum rechnet der Arzt ein Hautkrebs-Screening mit Videounterstützung als Lungenfunktionstest ab – korrekterweise, denn Versicherer und Bundesärztekammer haben sich darauf verständigt. Bei Patienten aber, die ihre Rechnung überprüfen, führt so etwas zu Verwirrung.
Da darüber hinaus für viele Leistungen, die die Gebührenordnung nicht kennt, kein vereinbarter Abrechnungsmodus existiert, müssen Ärzte auf eigene Faust und mit großem Aufwand vergleichbar teure Leistungen finden und über die entsprechende Analogziffer abrechnen. Fehler, ob vorsätzlich oder nicht, erscheinen da nur folgerichtig.

Der Patient ist mit der Überprüfung heillos überfordert. Dafür müsste er eine Gebührenordnung verstehen, an der selbst Mediziner scheitern.

Die privaten Versicherungen haben in den vergangenen Jahren Betrugsexperten eingestellt und sich mit Kontrollsoftware ausgestattet.

Elke Wagner, Sachverständige für Abrechnungen im Gesundheitswesen: Falschabrechnungen sind offenbar an der Tagesordnung. „Wenn man genau hinschauen würde", sagt sie, fände man in jeder Praxis etwas."

„Die Private Krankenversicherung öffnet dem Betrug Tür und Tor", sagt der Gesundheitsökonom Greß. Ähnlich sieht es der Frankfurter Oberstaatsanwalt Alexander Badle. Er leitet die bundesweit erste „Zentralstelle zur Bekämpfung von Vermögensstraftaten und Korruption im Gesundheitswesen" und hat wiederholt festgestellt, dass es Ärzte gibt, die vor allem Privatpatienten „ausquetschen wie eine Zitrone, schließlich ist die besonders saftig".

https://www.brandeins.de/archiv/2015/oekonomischer-unsinn/arztrechnung-kostenerstattungsprinzip-der-ueberforderte-prinzip/

Zitat (von Justine123):
Ich habe eine Zahnarztrechnung von der zahnärztlichen Abrechnungsstelle (Fakturing) in Höhe von 2.320,00 € erhalten, wobei ein Eigenanteil von 320,00 € ausgewiesen wird. Die Rechnung wurde nach GOÄ ausgestellt, ist aber für mich teilweise nicht zu verstehen.


Im "normalen" Rahmen bleibende Rechnungen brauchen nach § 12 GOÄ anscheinend bloß "nachprüfbar" zu sein, um fällig zu werden; nur erhöhte Rechnungen müssen verständlich und nachvollziehbar begründet sein und ggf erläutert werden:

Korrekte Rechnungen
Begründung bei Überschreiten der Schwellenwerte -
Deutsches Ärzteblatt 102, Heft 8 (25.02.2005)

§ 12 Absatz 3 GOÄ besagt, dass die Begründung für den Zahlungspflichtigen verständlich und nachvollziehbar beschrieben werden muss. Dies setzt voraus, dass der Patient die Begründung auf der Rechnung verstehen kann. Dies bedeutet aber auch, dass Fachbegriffe nur dann genutzt werden können, wenn anzunehmen ist, dass der Patient diese kennt oder nachvollziehen kann.

§ 12 Absatz 3 führt zusätzlich das Recht des Zahlungspflichtigen [Patienten] auf, der sich die Begründung auf Verlangen näher erläutern lassen kann.

RK

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Justine123
Status:
Frischling
(20 Beiträge, 14x hilfreich)

Ich danke euch beiden.

Hallo Berry, ja, ich bin mir sicher. Es gibt Verträge zwischen den Krankenkassen und einigen Zahnärzten, dass zumindest bei einem vollgestempelten Untersuchungsheft 100% der Kosten übernommen werden. Das wird möglich, da der Zahnersatz in Asien gefertigt wird. - Ich habe mir speziell für die Zahnkronen so einen Vertragszahnarzt gesucht.

Die Differenz, die sich offenbar auf einen Stiftaufbau bezieht, wurde zwar in der Verhandlung und auch vom Rechtsanwalt vor der Verhandlung thematisiert, aber immer noch nicht verständlich dargelegt. Der Rechtsanwalt hat auf der Rechnung die Positionen markiert, die sich auf den Stiftaufbau beziehen. Das war offensichtlich notwendig, um das mal zu klären. Diese Erläuterung habe ich aber erst nach der Klageerhebung erhalten. Man hätte das auch erläutern können, bevor man klagt. Man sah ja dann, dass es durch einfache Markierungen vo Insidern leicht darstellbar ist.

Ich kann also gut sehen, welche Kosten für den Stiftaufbau sind. Nur habe ich keine Vereinbarung, nach der ich Kosten für einen Stiftaufbau bezahlen muss. Die Krankenkasse sagt, sie hat mit ihrer Kostenübernahme das Notwendige für einen Stiftaufbau bezahlt. Da müsste ich doch eine Begründung erwarten können, warum es trotzdem teurer geworden ist. - Offenbar konnte DAS aber nicht einmal der Rechtsanwalt der zahnärztlichen Abrechnungsstelle klären. ... Einen Vertrag für eine IGEL-Leistung zum Stiftaufbau habe ich nicht geschlossen.

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Justine123
Status:
Frischling
(20 Beiträge, 14x hilfreich)

Hallo RK,

ich danke für den Text zur intransparenten GOÄ. - Wobei ja in meinem Fall vermutlich keine anderen Leistungen abgerechnet wurden, weil es Gebührenziffern nicht gibt. Bei mir geht es nur um die undurchschaubare Rechnung, die man durchaus hätte mit Markierungen durchschaubar(er) darstellen können.

Bei mir ist es wohl eher das Problem, dass keiner weiß, was an dem Stiftaufbau nun so besonders war, dass es teurer wurde als das Standard-Modell. Dann vielleicht eher meine Frage, ob ich vom Arzt oder vom Abrechnenden verlangen kann, dass er mir eben dieses erklärt. ... Hätte er zum Beispiel gesagt, er musste aufgrund besonderer Gegebenheiten und damit es nicht gleich wieder wegbricht, ein besonderes Material nehmen müssen, dann hätte ich es ja verstanden. Es wurde aber laut Auskunft der Abrechnungsstelle eben dieses Material verwendet, das die Kasse auch bezahlt.

Aber danke für den Hinweis auf § 12 GOÄ. Das werde ich mal prüfen. Allerdings sieht es für mich auf den ersten Blick so aus, dass sich § 12 (3) GOÄ nur auf Rechnungspositionen bezieht, die mit mehr als dem üblichen Steigerungsfaktor abgerechnet wurden. Das scheint bei mir nicht der Fall.

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