Anwalt der Beklagten agiert ohne Vollmacht

5. März 2016 Thema abonnieren
 Von 
Gerhart
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 5x hilfreich)
Anwalt der Beklagten agiert ohne Vollmacht

Hallo!

Folgender Fall: A hat B eine Wohnung vermietet und nachdem mehrere Monatsmieten nicht bezahlt wurden gekündigt. Sachlage ist recht eindeutig, weshalb A keinen Anwalt genommen hat. B weigert sich über ihren Anwalt den offenen Betrag zu begleichen. Es gab mehrere Schreiben zwischen A und dem Anwalt von B, in denen u.a. eine Vollmacht von B gefordert wurde. Diese wurde nicht vorgelegt und dem Mahnbescheid wurde ohne Begründung vom Anwalt der Beklagten widersprochen.
A reichte Klage ein und das AG setzte einen frühen ersten Termin an.
Dort erschien weder der Anwalt noch die Beklagte (diese wohnt inzwischen ca. 200 km entfernt und der Anwalt ist von dort).
Der Anwalt hat eine Anwältin vor Ort für den frühen ersten Termin beauftragt und dieser eine Vollmacht erteilt. 10 Minuten vor Beginn hat er ein Attest gefaxt. Laut diesem ist die Beklagte aufgrund eines Sturzes nicht in der Lage zu erscheinen.
Bei dem frühen ersten Termin - bei dem sich die Anwältin und der Richter auffallend gut verstanden - haben diese dann noch über eine Sorgfaltspflicht gegenüber der Beklagten und ob diese prozessfähig sei philosophiert. Was den Kläger sehr wunderte, da die Beklagte kurz zuvor eine Immobilie übertragen hat, was von deren Anwalt = Notar beurkundet wurde. Die Rüge bzgl. der fehlenden Vollmacht des Anwalts wurde "zur Kenntnis genommen", da der Richter die Meinung vertrat, wenn ein Anwalt behauptet er habe eine Vollmacht, dann geht er davon aus, dass er auch eine hat.

3 Wochen später kam das Attest aus dem hervor ging, dass die Beklagte dement und nicht prozessfähig sei.
Auf die erneute Rüge des Klägers bzgl. der fehlenden Vollmacht des Anwalts der Beklagten wurde von diesem ein Fristaufschub beantragt, weil eine notarielle Bevollmächtigung durch die Beklagte aus gesundheitlichen Gründen (hat sich den Arm gebrochen) noch nicht möglich sei. Nach Ablauf der gewährten Nachfrist kam eine Kopie der Vorsorgevollmacht, die die Beklagte ihrem Sohn kurz vor dem Prozess unterschrieben hat.

Daraus folgt, dass sämtliche Schreiben an den Kläger, den Widerspruch auf den Mahnbescheid, das Nichterscheinen beim frühen ersten Termin sowie die Vollmachtserteilung an eine weitere Anwältin ohne eigene Vollmacht durch den Anwalt erfolgte.
Ferner hat der Anwalt als Notar die Übertragung einer Immobilie von der Beklagten auf deren Sohn beurkundet, eine Vorsorgevollmacht von der Beklagten die 3 Monate später erstellt wurde vorgelegt und ein Attest, in dem der Beklagten Demenz bescheinigt wird.

a) Kann durch die inzwischen offensichtlich fehlende Vollmacht nachträglich ein Versäumnisurteil bzgl. des frühen ersten Termins - da war ja defacto somit keine rechtsgültige Vertretung anwesend - erwirkt werden?
(Genaugenommen ist ja schon der Widerspruch gegen den Mahnbescheid ohne Vollmacht erfolgt)
b) Kann der Kläger den Anwalt für dieses Vorgehen irgend wie belangen?
c) Müsste die Immobilienübertragung wegen der Demenz nicht rückabgewickelt werden?
d) Ist die Vorsorgevollmacht des Sohnes wegen der Demenzerkrankung nichtig?
d) wie würdet ihr an Stelle des Klägers weiter vorgehen?

Vielen Dank.

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10 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Rechtschreibung
Status:
Lehrling
(1107 Beiträge, 1207x hilfreich)

Zitat:
Sachlage ist recht eindeutig, weshalb A keinen Anwalt genommen hat.
Anscheinend nicht.

Zitat:
Daraus folgt, dass sämtliche Schreiben an den Kläger, den Widerspruch auf den Mahnbescheid, das Nichterscheinen beim frühen ersten Termin sowie die Vollmachtserteilung an eine weitere Anwältin ohne eigene Vollmacht durch den Anwalt erfolgte.
Steht das so ausdrücklich in dem Schreiben? Anscheinend nicht. Wenn Sie das selber daraus schlussfolgern, dass begründen Sie das doch mal genauer. Meines Erachtens ist das nämlich nicht ansatzweise so "offensichtlich", wie Sie das sehen.

Zitat:
Kann der Kläger den Anwalt für dieses Vorgehen irgend wie belangen?
Der Kläger kann die Anwaltskammer von dem Fall unterrichten. Es besteht die Möglichkeit, dass die das als weniger spektakulär einstufen. Gleiches könnte für die notarielle Tätigkeit gelten.

Zitat:
Müsste die Immobilienübertragung wegen der Demenz nicht rückabgewickelt werden?
So einen Automatismus gibt es nicht. Abgesehen davon interessiert das doch im vorliegenden Verfahren überhaupt nicht. WOher weiß der Kläger eigentlich von der Immobilienübertragung?

Zitat:
wie würdet ihr an Stelle des Klägers weiter vorgehen?
Ich würde mir endlich einen Anwalt nehmen, nachdem ich eingesehen habe, dass ich mit der Angelegenheit überfordert bin.

3x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Gerhart
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 5x hilfreich)

Zitat (von Rechtschreibung):
Zitat:Daraus folgt, dass sämtliche Schreiben an den Kläger, den Widerspruch auf den Mahnbescheid, das Nichterscheinen beim frühen ersten Termin sowie die Vollmachtserteilung an eine weitere Anwältin ohne eigene Vollmacht durch den Anwalt erfolgte.Zitat ende
Steht das so ausdrücklich in dem Schreiben? Anscheinend nicht. Wenn Sie das selber daraus schlussfolgern, dass begründen Sie das doch mal genauer. Meines Erachtens ist das nämlich nicht ansatzweise so "offensichtlich", wie Sie das sehen.

Naja, wenn ein Anwalt schreibt, dass er die geforderte Vollmacht nicht vorlegen kann, weil diese von der Beklagte derzeit nicht unterschrieben werden kann, dann ist das m.E. schon offensichtlich, dass er keine hat. Sonst müsste er ja nicht warten bis der Gips ab ist.

Zitat:
Zitat:Müsste die Immobilienübertragung wegen der Demenz nicht rückabgewickelt werden?Zitatende
So einen Automatismus gibt es nicht. Abgesehen davon interessiert das doch im vorliegenden Verfahren überhaupt nicht. WOher weiß der Kläger eigentlich von der Immobilienübertragung?

Das interessiert indirekt schon, nämlich spätestens dann wenn bei der Beklagten nichts mehr zu holen ist weil sich das der Sohn mit seiner Vollmacht, die alles umfasst, das ganze Vermögen unter den Nagel gerissen hat.
Der Kläger weiss von der Immobilienübertragung weil die Beklagte Prozesskostenhilfe beantragt hat und dort einen Nachweis bringen musste, dass ihr die Immobilie nicht mehr gehört.

2x Hilfreiche Antwort


#4
 Von 
salkavalka
Status:
Lehrling
(1589 Beiträge, 976x hilfreich)

Das sind im Moment Nebenkriegsschauplätze. Dem Anwalt kann durchaus eine mündliche Vollmacht erteilt worden sein, nur eben nicht schriftlich. Auf Verlangen muss der Anwalt die schriftliche Vollmacht vorlegen.Wenn die Vorsorgevollmacht an den Sohn den Prozess abdeckt, wird der Sohn die Vollmacht an den Anwalt unterschreiben und das war es dann.
Will man die Vorsorgevollmacht an den Sohn angreifen, würde ich das nicht ohne Anwalt tun, denn automatisch nichtig wegen der Demenz ist sie nicht. Ob man nach dem Termin noch ein Versäumnisurteil beantragen kann, weiß ich nicht (ich glaub nicht), würde aber auch nicht soviel bringen, da dagegen Einspruch eingelegt werden kann.
Als Kläger mit in der Hauptsache guten Argumenten würde ich mir den Stress nicht antun.
Ganz so eindeutig wie du das siehst kann die Sachlage aber nicht sein. Bei der Prozesskostenhilfe wird auch die Erfolgsaussicht geprüft. Wäre von vorneherein klar, dass die Beklagte keine Chancen hat, wäre Prozesskostenhilfe gar nicht erst gewährt worden.
Die Immobilienübertragung an den Sohn ist für den Prozess selber uninteressant, da sie an den Erfolgsaussichten der Klage nichts ändert. Wenn sich nach gewonnenem Rechtsstreit herausstellt, dass bei der Beklagten ansonsten nichts zu holen ist, muss die Übertragung ggf. in einem gesonderten Prozess angefochten werden. Das wird aber richtig kompliziert.

2x Hilfreiche Antwort


#6
 Von 
Gerhart
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 5x hilfreich)

Zitat (von florian3011):
Die Vollmacht kann auch mündlich erteilt werden. Und das geht sogar so weit, dass der Anwalt die Vollmacht für sich sogar selbst unterschreiben darf, wenn er vom Mandanten entsprechend beauftragt wurde.

Der Anwalt hat erst die Meinung vertreten, die Aussage der Beklagen gegenüber der Lebensgefährtin des Klägers "ich will da nicht mehr wohnen" wäre als Kündigung zu werten - und hat dann später doch noch schriftlich das Mietverhältnis gekündigt. Diese Kündigung wurde vom Kläger zurückgewiesen (§ 174 BGB ), da der Anwalt keine Vollmacht vorgelegt hat. Der Kläger hat dann seinerseits wegen den Mietrückstünden gekündigt.

Zitat:
Aber an den Nebenkriegsschauplätzen sieht man, wie klar die Sachlage in Wahrheit ist.

Naja, bei einem Mietverhältnis, das nicht gekündigt wird und sich die Mieterin einfach von dannen macht, keine Miete mehr bezahlt dafür aber einen Schaden im unteren 4-stelligen Bereich hinterlässt, erscheint der Fall aus meiner Sicht - und auch aus der des Klägers - ziemlich eindeutig.
Dass der Anwalt der Beklagten sich über die Notwendigkeit einer schriftlichen Kündigung nicht im klaren ist kann ich mir nicht vorstellen, dass er das einfach verpennt hat und jetzt mit diversen Geschichten wie dem Attest aus der Nummer raus kommen will, dagegen schon.

1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Gerhart
Status:
Frischling
(6 Beiträge, 5x hilfreich)

Zitat (von salkavalka):
Auf Verlangen muss der Anwalt die schriftliche Vollmacht vorlegen.

Wurde mehrfach verlangt - gekommen ist nichts. Auch nicht auf die Zurückweisung der Kündigung mangels Vorlage einer Vollmacht nicht.

Zitat:
Wenn die Vorsorgevollmacht an den Sohn den Prozess abdeckt, wird der Sohn die Vollmacht an den Anwalt unterschreiben und das war es dann.

Das ist je genau die Frage. Einerseits bringt der Anwalt ein Attest bzgl. Demenz, kurz darauf die Vorsorgevollmacht vom Sohn, die er 8 Wochen vorher ausgestellt bekommen hat.
Für den Kläger wäre es ja ziemlich blöd, wenn es zum Termin kommt und der Richter hat die Auffassung, dass die Vollmacht des Sohnes mangels Geschäftsfähigkeit der Beklagten nicht gültig ist.

Zitat:
Die Immobilienübertragung an den Sohn ist für den Prozess selber uninteressant, da sie an den Erfolgsaussichten der Klage nichts ändert. Wenn sich nach gewonnenem Rechtsstreit herausstellt, dass bei der Beklagten ansonsten nichts zu holen ist, muss die Übertragung ggf. in einem gesonderten Prozess angefochten werden. Das wird aber richtig kompliziert.

Ich finde es schon sonderbar, wenn ein Anwalt und Notar eine Immobilie protokollieren, eine Vorsorgevollmacht bestätigen - und dann mit einem Attest wegen Demenz kommen. Und das alles innerhalb von 8 Wochen. Demenz ist ja nichts, was einen wie einen Schnupfen oder Beinbruch von jetzt auf gleich ereilt.

-- Editiert von Gerhart am 06.03.2016 13:43

-- Editiert von Gerhart am 06.03.2016 13:43

2x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
TheSilence
Status:
Lehrling
(1650 Beiträge, 1044x hilfreich)

Zitat:
Bei der Prozesskostenhilfe wird auch die Erfolgsaussicht geprüft. Wäre von vorneherein klar, dass die Beklagte keine Chancen hat, wäre Prozesskostenhilfe gar nicht erst gewährt worden.


Das ist nicht so ganz richtig. Zwischen "keine Chancen" und "gute Aussichten" ist ein weites Feld. PKH wird nur verweigert, wenn der Fall aussichstlos erscheint. Aber schon bei relativ geringen Chancen muß sie gewährt werden, sodaß alleine aus der Gewährung noch nicht geschlossen werden kann, daß man ganz gute Chancen hat.

Zitat:
Demenz ist ja nichts, was einen wie einen Schnupfen oder Beinbruch von jetzt auf gleich ereilt.


Richtig. Dennoch tritt sie ja "irgendwann" in den kritischen Bereich, und ob der nun vor oder nach der 8-Wochen-Grenze gelegen hat, kann und wird nachträglich kein Arzt der Welt mehr diagnostizieren. Das ist also ein sinnfreier Nebenkriegsschauplatz.

1x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
salkavalka
Status:
Lehrling
(1589 Beiträge, 976x hilfreich)

TheSilence, ich versteh deinen Einwurf nicht. Ich habe mit keinem Wort geschrieben, dass die Gewährung von PKH bedeutet, dass man gute Erfolgsaussichten hat.
Ich habe geschrieben; "Wäre von vorneherein klar, dass die Beklagte keine Chancen hat, wäre Prozesskostenhilfe gar nicht erst gewährt worden." und das ist meiner Meinung nach deckungsgleich mit "PKH wird nur verweigert, wenn der Fall aussichstlos erscheint."

1x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
TheSilence
Status:
Lehrling
(1650 Beiträge, 1044x hilfreich)

Du hattest das als Begründung geschrieben für "Ganz so eindeutig wie du das siehst kann die Sachlage aber nicht sein.". Ein Fall kann trotzdem eindeutig zugunsten einer Seite stehen, auch wenn die Gegenseite PKH bekommt.

2x Hilfreiche Antwort

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