Darf der Kinderarzt ein Kind nicht aus der Praxis lassen?

15. August 2017 Thema abonnieren
 Von 
akbor
Status:
Beginner
(137 Beiträge, 30x hilfreich)
Darf der Kinderarzt ein Kind nicht aus der Praxis lassen?

Hallo Miteinander,

ich habe zu der Thema "Medizin" leider kein passendes Unterforum gefunden, deswegen frage ich hier. Von vorne rein: das ganze Thema kommt mir ziemlich absurd vor und ich würde nie auf die Idee kommen, in einem Rechtsberatungsforum zu fragen, wenn in der unten geschilderten Diskussion nicht das Wort "juristisch" gefallen wäre. Nun die Geschichte.

Mein Kind (10) macht bei seinem Kinderarzt eine Hyposensibilisierung wegen seiner Allergie. Das ist eine sehr lange Behandlung, sie geht über Jahre und wir sind gerade im zweiten Jahr. Nach der Spritze soll man 30 Minuten in der Praxis bleiben, weil es theoretisch zu Komplikationen (Atemnot, allergische Reaktion) kommen könnte. Wir sind gerade -wie gesagt- im zweiten Jahr, mehr als Dutzend Spritzen hinter sich, es war nie was Auffälliges zu beobachten, soweit so gut. Mein Kind wollte mal etwas früher wieder nach Hause, da ist uns folgendes passiert: der Arzt und die Arzthelferin sind quasi vorgesprungen und haben uns am Gehen gehindert. Fast schon körperlich, sie standen in der Tür, so dass wir nicht gehen konnten. Ich dachte am Anfang: "die sind aber schräg drauf". Habe dann ganz lässig gemeint, "wo soll ich unterschreiben, dass ich ab hier die Aufsicht übernehme, wir gehen jetzt", aber nein, dann musste ich mir anhören, dass "es erst 28 Minuten von 30 vergangen seien" (*1) dass "falls mein Kind auf der Treppe umkippen würde, dann käme der Arzt in den Knast" (*2) und dass es "juristisch so geregelt sei, dass da nichts zu machen sei und dass der Arzt sonst die Behandlung abbrechen würde" (*3). Also ich halte mich eigentlich für ein ganz korrektes Elternteil, ich wollte erstens nicht im Beisein meines Kindes einen Streit und eine Diskussion anfangen, also haben wir die 2 Minuten abgewartet und sind dann gegangen, aber ich bin ein wirklich neugieriger Mensch und will natürlich wissen, was das Ganze soll.

zu (*1): das Zeitmessgerät ist eine Küchenuhr/Eieruhr. Nicht geeicht. Wenn sie klingelt, dann weiß man immer noch nicht, ob es 25 Minuten, 30 Minuten, oder 35 Minuten waren. Das sage ich, einer, der was von der Messtechnik versteht.

zu (*2): das Kind sitzt im Wartezimmer und wird außer von mir von niemanden beobachtet, also habe ich sowieso die Aufsicht, wäre ich nicht da, dann wäre mein Kind dort alleine.

zu (*3): was an der Sache so "juristisch" ist, was mich von meiner elterlichen Aufsichtspflicht entbindet und mich mit meinem Kind am Gehen hindert würde ich sehr gerne erfahren. Ich wollte mich aber wie gesagt nicht mit dem Arzt verbal anlegen, weil das alles nur meinem Kind schadet. Ein Abbruch der Behandlung heißt letztendlich mehr als 1 Jahr für die Katz. Das kommt mir schon fast wie eine Erpressung. Und der Grund ist mir völlig schleierhaft.

Also ganz ehrlich, meine Beziehung zu der Praxis ist alles andere als unvoreingenommen, weil der Arzt vor ein paar Monaten behandlungstechnisch in einem anderen zusammenhang schon mal Sachen angestellt hat, die ich bedenklich finde. Das möchte ich hier aber nicht weiter erläutern. Ich will aber wissen, ob der Arzt ein Spinner ist, oder hat er doch Recht? Sollte er Recht haben, würde ich ihn sogar auf die Sache nochmal ansprechen und mich entschuldigen. Das einzige, was ich nicht will ist dass mein Kind irgendwie darunter leidet. Die Behandlung soll auf jeden Fall abgeschlossen werden, danach suche ich sowieso eine andere Praxis.

Danke im Voraus für die Antworten und Meinungen.

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2 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120364 Beiträge, 39881x hilfreich)

Es gibt durchaus Sachverhalte, wo der Arzt das Sagen hat und nicht medizinisch ungebildete Laien.
Dazu könnte auch die Ruhezeit oder der Aufenthalt in der unmittelbaren Nähe des Arztes zählen (Sichtwort "Anaphylaktischer Schock") wenn Heilmittel gespritzt wurden.

Auch gibt es Sachverhalte, wo der Arzt tatsächlich haftet wenn dem Patienten was passiert, sofern er diesen nicht davon abgehalten hat bzw. es versucht hat.



Zitat (von akbor):
und dass es "juristisch so geregelt sei,

Nun, dann kann man dort ja bestimmt eine entsprechende Rechtgrundlage benennen?

Die Frage ist halt tatsächlich, sollte man das weiterverfolgen.


Es gibt halt Leute die beharren mangels Kompetenz und Fähigkeit zur Einsichtigkeit darauf, das es "so sei" (oder auch "nicht so sei"). Insbesondere wenn dann da ein Prof., Dr., Ing. oder so was vor dem Namen steht, glauben diese Leute oft, das sie eine Art Universalkompetenz besäßen.
So eine Form der Beratungsresitenz muss man dann auch mal akzeptieren, der Versuch der Bekehrung ist da verschwendete Lebenszeit.

Insbesondere da der Arzt hier schon mit Behandlungsabbruch gedroht hat.



Zitat (von akbor):
Ein Abbruch der Behandlung heißt letztendlich mehr als 1 Jahr für die Katz.

Warum sollte ein anderer Artzt die Behandlung nicht fortführen können?



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

1x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16555 Beiträge, 9319x hilfreich)

Dem Grunde nach hat der Arzt schon recht.
Wenn die medizinischen Leitlinien vorsehen, dass der Patient 30 Minuten zu überwachen ist, dann wäre es ein Kunstfehler, den Patienten vor Ablauf der 30 Minuten gehen zu lassen. Und für Komplikationen, die auf Kunstfehlern beruhen, haftet der Arzt - weniger durch einen Gefängnisaufenthalt, sondern auf Schadensersatz.
Die Zeitmessung ist Aufgabe des Arztes, so dass er sich auch Ungenauigkeiten bei der Zeitmessung zurechnen lassen muss. D.h. man könnte dem Arzt einen Strick daraus drehen, wenn er den Patienten wegen einer ungenauen Uhr zu früh gehen lässt, und es dann zu Komplikationen kommt.
Dass im Wartezimmer nur ein Elternteil als Aufsicht vorhanden ist, ist ziemlich egal. Denn es wäre ja medizinische Hilfe sofort verfügbar gewesen. Wären Sie mit dem Kind schon gegangen, wären zwar auch nur Sie als Aufsicht da, aber medizinische Hilfe wäre weiter weg.
Mit der elterlichen Aufsichtspflicht ist das auch so eine Sache. Hätten Sie die Praxis auf eigenen Wunsch vorzeitig verlassen, hätten Sie im Prinzip einem ärztlichen Kunstfehler zugestimmt. Und da ist das Problem: Als Erwachsener kann man zwar für sich selbst entscheiden, aber man kann nicht so einfach einem Kunstfehler zustimmen, der sich möglicherweise zum Nachteil des Kindes auswirkt. Eltern dürfen zwar fast alles für ihre minderjährigen Kinder entscheiden, aber das Einverständnis mit einem Kunstfehler gehört potenziell nicht dazu.

Signatur:

Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB.

6x Hilfreiche Antwort

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