Darf ein Anwalt das verlangen? (Unterlassungserklärung)

19. Juli 2022 Thema abonnieren
 Von 
BratwurstNRW
Status:
Frischling
(1 Beiträge, 0x hilfreich)
Darf ein Anwalt das verlangen? (Unterlassungserklärung)

Hallo,
ich bin in einen Online-Disput geraten, der in wechselseitigen Beleidigungen geendet ist.

Der Meinungsgegner hat mir nun über einen Anwalt eine Unterlassungserklärung zukommen lassen, die ich unterschreiben soll.

Allerdings geht es nicht nur darum, dass ich beleidigende Äußerungen gegenüber dem Mandanten unterlassen soll, sondern ich soll auch "die Internetnutzung sowohl von mobilen wie auch stationären Endgeräten" unterlassen.
Andernfalls wird mit Erhebung einer Klage gedroht.

Ist dieser Punkt überhaupt zulässig?
Kann irgendein privater Anwalt so tief in das eigene Leben eingreifen?
Ich habe da gerade sehr große Zweifel, aber bin mir auch nicht sicher.

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6 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Zuckerberg
Status:
Lehrling
(1909 Beiträge, 1138x hilfreich)

Der Anwalt kann nicht mehr oder weniger verlangen als der Mandant. Der Anwalt setzt nur dessen Interessen/Ansprüche durch. Hier ist die große Frage, ob der Mandant einen Unterlassungsanspruch gegen Sie hat. Hat er einen, so kann er diesen auch vor Gericht durch eine Unterlassungsklage durchsetzen. Mit Unterzeichnung der Unterlassungserklärung könnten Sie der Erhebung einer (kostspieligen) Klage versuchen entgegenzuwirken.

Hat der Mandant keinen (oder keinen so weitgehenden) Unterlassungsanspruch, dann gehen Sie mit der Abgabe einer (so weitgehenden) Unterlassungserklärung nur ein unnötiges Risiko ein. Allerdings sparen Sie sich damit die Ungewissheit, die mit einem möglichen Streit vor Gericht immer verbunden ist. Eventuell blufft der Anwalt aber auch nur und würde diemals eine (so weitgehende) Unterlassungsklage erheben. Diese Möglichkeit würde ich ernsthaft berücksichtigen.

Es ist irgendwo nur "natürlich", dass der Anwalt (in Vertretung seines Mandanten) zunächst lieber zu viel fordert als zu wenig. Über die Durchsetzbarkeit sagt das nicht unbedingt viel aus.

Inwiefern der Mandant einen Unterlassungsanspruch hat, müssten Sie einen eigenen Rechtsanwalt prüfen lassen. Sie könnten sich auch online in das Thema "modifizierte Unterlassungserklärung" einlesen. Wenn Sie nicht DIESE Unterlassungserklärung unterschreiben wollen, dann könnte es dennoch sinnvoll sein, EINE Unterlassungserklärung abzugeben.

Was ganz konkret das Verbot der Internetnutzung angeht, so können Sie sich ja mal fragen, was Ihre allgemeine Internetnutzung denn den Mandanten angeht, was dieser für ein berechtigtes Interesse daran haben sollte (das nicht schon durch das Beleidigungsverbot gedeckt wird) und wieso der Gesetzgeber ihm ein so tief einschneidendes (und Sie von weiten Teilen des normalen Lebens abschneidendes) Recht zugestehen wollte.

Wenn Sie den Verdacht haben, dass der Anwalt hier mit voller Absicht und ganz offensichtlich zu viel fodert, dann können Sie auch die für den Anwalt zuständige Rechtsanwaltskammer über diese sonderbare Forderung informieren. Da kommt aber nicht unbedingt viel bei rum. Sowieso würde das nicht Ihren Streit mit dem Mandanten lösen.

-- Editiert von Zuckerberg am 19.07.2022 21:37

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#2
 Von 
Daskalos
Status:
Lehrling
(1037 Beiträge, 179x hilfreich)

Der 1. Strafsenats des OLG Hamm vom 10.11.2015 (Az.: 1 Ws 507/15 und 508/15) hat schon einmal so ein Verbot als rechtskräftig erklärt.
Allerdings weiß ich nicht genau, ob das mit ihrem Fall vergleichbar ist?

Gingen denn die Beschimpfungen gegenseitig? Waren es grobe / mehrere beschimpfungen?

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Zuckerberg
Status:
Lehrling
(1909 Beiträge, 1138x hilfreich)

Zitat:
Allerdings weiß ich nicht genau, ob das mit ihrem Fall vergleichbar ist?
Überhaupt nicht.

Dort wurde ein Straftäter zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Damit er nochmals mit blauem Auge davonkommen und zunächst auf Bewährung draußen bleiben konnte, hatte er von dem Strafgericht strenge (aber befristete und mi Ausnahmen versehene) Bewährungsauflagen reingedrückt bekommen.

Mit dem Unterlassungsanspruch des durch eine Straftat (wozu, wenn auch mit nur deutlich geringerer Schwere, allerdings auch Beleidigungen zählen können) Geschädigten hat das nichts zu tun. Bemerkenswert ist aber durchaus, dass das OLG der Ansicht war, dass so ein Internetverbot nicht ausnahmslos unverhältnismäßig ist.

1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120361 Beiträge, 39881x hilfreich)

Zitat (von BratwurstNRW):
Ist dieser Punkt überhaupt zulässig?

Klar.

Fordern kann man, denn fordern kann man ja fast alles. Probleme gibt es meist erst beim „bekommen" bzw. „durchsetzen", denn da spielen eine Vielzahl von Faktoren (kann er, will er, darf er, ist er vertraglich verpflichtet) mit.



Zitat (von BratwurstNRW):
Kann irgendein privater Anwalt so tief in das eigene Leben eingreifen?

Die relevantere Frage ist doch eher, wie erfolgreich er damit bei der Durchsetzung wäre.

Falls dann – so wie hier – keine valide Rechtsgrundlage erkennbar ist, tendieren die Erfolgsaussichten bei entsprechender Verteidigung gegen 0.




-- Editiert von Harry van Sell am 19.07.2022 22:02

Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
AR377
Status:
Praktikant
(945 Beiträge, 260x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Die relevantere Frage ist doch eher, wie erfolgreich er damit bei der Durchsetzung wäre.
Darum mein konkreter Rat wäre hier:
KEINE Unterlassungserklärung abgeben. Nicht die vorgegebene (mit Unterlassung Internetnutzung) und auch nicht eine modifizierte (etwa ohne Unterlassung Internetnutzung)

Zitat (von Zuckerberg):
Eventuell blufft der Anwalt aber auch nur und würde diemals eine (so weitgehende) Unterlassungsklage erheben.
Der Punkt ist:
Wenn in dem möglichen späteren Klageverfahren ein weniger weitgehender Unterlassungsanspruch geltend gemacht wird als in der vorliegenden außergerichtlichen Aufforderung zur Unterlassungserklärung dann eröffnet das eine sehr komfortable Situation (für den Unterlassungsschuldner/Beklagten)
In dem Fall nämlich kann sich der Beklagte dahingehend einlassen: "Wenn außergerichtlich nur DAS gefordert gewesen wäre, hätte ich selbstverständlich die Unterlassungserklärung abgegeben!"

Dann hat der Unterlassungsgläubiger/Kläger u.U. außergerichtlich nicht korrekt abgemahnt und der Beklagte kann im Klageverfahren geltend machen, dass er (der Beklagte) nicht durch sein Verhalten Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat.

In dem Fall aber hat der Kläger die Prozesskosten zu tragen, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt (§ 93 ZPO)

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
Zuckerberg
Status:
Lehrling
(1909 Beiträge, 1138x hilfreich)

Wenn ich dem Rat von AR377 folgen wollen würde, dann würde ich diese Vorgehensweise zuvor mit einem Rechtsanwalt besprechen.

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