Kann man für schwammige Definitionen haftbar gemacht werden? Was ist eine "Kopie"?

25. Februar 2023 Thema abonnieren
 Von 
SHADDIK
Status:
Frischling
(9 Beiträge, 7x hilfreich)
Kann man für schwammige Definitionen haftbar gemacht werden? Was ist eine "Kopie"?

Hab leider keine passendere Rubrik gefunden, hoffe es ist hier richtig.
Namen wurden geändert.


Herr A. fährt seit jahren mit Bus und Bahn. Es gab bereits mehrere Kontrollen, jedoch hat sich Herr A. nie etwas zu Schulden kommen lassen. Zum Jahreswechsel 2022/2023 gab es eine Umstellung. Hier wird, für vergünstigte Monatskarten, das System umgestellt auf direkte Mitgliedskarten der BVF, diese enthält den Namen und ein Passfoto und dient als Berechtigungsnachweis für das günstige Monatsticket. In der Übergangszeit wird jedoch gefordert den Berechtigungsnachweis, den man in Papierform erhalten hat und auf dem steht man solle ihn "aufbewahren", in Kopie mitzuführen.
Nun gab es eine Kontrolle und Herr A. wurde sprichwörtlich aus der Bahn gezogen, da man ihm unterstellte er würde ohne gültigen Fahrschein fahren. Herr A. führte Monatskarte Februar und März, den alten Nachweis, inklusive den Berechtigungsnachweis in digitaler Kopie mit sich. Herr A. konnte somit Nachweisen das er berechtigt ist und somit auch nicht ohne gültigen Fahrschein unterwegs ist.
Jedoch wurde der Nachweis nicht anerkannt, da man digitale Kopien fälschen kann und man aktzeptiere nur eine Kopie in Papierform, so zumindest die Aussage. Herr A. wollte wissen wo das steht. Eine Person der Fahrkartenkontrolleure *innen, suchte auf der Webseite "bärlin.de" den betreffenden Text heraus und zeigte das Herrn A., mit den Worten " dort steht das ganz klar". Tatsächlich stand dort aber nur "das dieser Nachweis mitzuführen ist (eine Kopie ist ausreichend)".
Herr A. sagte das wäre keine klare Defintion denn im Jahre 2023, in Zeiten der Digitalisierung, muss man sich schon klar ausdrücken welche Kopie denn anerkannt wird und welche nicht. Da aber die Gesprächspartner fest an ihrer Version festhielten, wollte Herr A. das anders klären. Er verfasste einen Einspruch/Widerspruch gegen diesen Bescheid. Desweiteren suchte er im Netz nach genauerer Defintion. Die Webseiten der BVF, bärlin.de und die der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales wurden hier als Quelle herangezogen und auch in Screenshots dem Einspruch beigefügt. Zusätzlich ging Herr A. noch zur BVF und wollte sich dort vorort erkundigen.
Hier wurde Herr A. mit dem gleichen Wortlaut konfrontiert, wie auf allen Webseiten auch. Mehr als "dieser Nachweis ist mitzuführen (eine Kopie ist ausreichend)"
wurde nicht gefunden. Da man Herrn A. aufgrund dieses Sachverhaltes sehr respektlos behandelte und man ihn mit einem "Gehen Sie jetzt, wir sind hier fertig" rauswarf, erfolgte eine Beschwerde. Niemand, weder die Kontrolleure, noch die Webseiten die als Regelwerk für diesen Sachverhalt gelten, noch der BVF Kundendienst konnte beweisen, das man ganz klar definiert, das eben nur eine Kopie in Papierform zulässig ist. Mittlerweile hat Herr A. Antwort von der BVF erhalten. Wortlaut "Der Sachverhalt wurde jedoch korrekt bearbeitet, da es zu diesem Zeitpunkt tatsächlich nicht gestattet war, den Berechtigungsnachweis in digitaler Form vorzulegen."
Die Frage wo das exakt so formuliert steht, um den Kunden die Möglichkeit zu geben, sich auch daran halten zu können, wurde nicht beantwortet. Man hört immer nur mündlich, ja das ist so.
5 Tage nach der Kontrolle von Herrn A. wurde das geändert und nun sind alle Kopien legitim, der Text auf den genannten Webseiten blieb jedoch unverändert. Ein Nachweis über die exakte und für jeden öffentlich zugängliche Definition, die diesen Sachverhalt provoziert hat, wurde nicht erbracht.

Nun stellen sich die Fragen:

Was gilt im Jahre 2023 als Kopie?
Muss das die BVF nicht sehr klar definieren bevor sie das Recht hat, jemandem Fehlverhalten zu unterstellen?
Wer ist im Recht?
Hat Herr A. sich richtig verhalten?
Kann Herr A. dagegen vorgehen bzw. wie hoch ist die Chance das Herr A. nichts, auch keine Bearbeitungsgebühr bezahlen muss?

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10 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
3,141592653
Status:
Lehrling
(1802 Beiträge, 993x hilfreich)

Unter Hinweis auf den Vorfall einfach nicht zahlen?
Kopie könnte (nach Auslegung der DSGVO) sogar eine abgeschriebene "Kopie" sein...

0x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(109366 Beiträge, 38297x hilfreich)

Zitat (von SHADDIK):
Hab leider keine passendere Rubrik gefunden, hoffe es ist hier richtig.

Wenn es nirgendwo richtig passt, ist "Generelle Themen" der "Große Topf" wo alles reinkommt



Zitat (von SHADDIK):
Kann man für schwammige Definitionen haftbar gemacht werden?

Selbstverständlich.
Ein beachtlicher Teil von Gerichtsverfahren dreht sich um schwammige Formulierungen.



Zitat (von SHADDIK):
Was gilt im Jahre 2023 als Kopie?

Dasselbe, was auch schon in 1970 als Kopie galt: die originalgetreue Reproduktion



Zitat (von SHADDIK):
Muss das die BVF nicht sehr klar definieren bevor sie das Recht hat, jemandem Fehlverhalten zu unterstellen?

Nö.



Zitat (von SHADDIK):
Wer ist im Recht?

Der bisherigen Schilderung nach Herr A.



Zitat (von SHADDIK):
Hat Herr A. sich richtig verhalten?

Sehe ich so.



Zitat (von SHADDIK):
Kann Herr A. dagegen vorgehen

Wenn man schon fragen muss, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, das einen das dazu nötige Wissen fehlt.



Zitat (von SHADDIK):
wie hoch ist die Chance das Herr A. nichts, auch keine Bearbeitungsgebühr bezahlen muss?

Ich sehe gute Erfolgsaussichten.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
drkabo
Status:
Wissender
(14579 Beiträge, 8705x hilfreich)

Hm.
Vielleicht bin ich "old-style".
Aber eine Kopie ist immer das gleiche "Medium" wie das Original.

Die Kopie eines Bildes von Picasso ist wieder ein Bild (nur halt nicht von Picasso).
Die Kopie einer DVD ist eine DVD (nur halt keine originale)
Die Kopie einer Melodie ist wieder eine Melodie (neudeutsch: "gecovert").

Also ist die Kopie eines Schriftstücks auf Papier wieder ein Schriftstück auf Papier.
Ich käme gar nicht auf die Idee, dass es anders sein könnte.
(Wie sinnvoll das ist, steht auf einem anderen Blatt.)

Leicht OT:
Die Verwirrung gab es bei der deutschen Bahn auch mal. Als das mit den Barcode-Tickets zum Selbstausdruck anfing, wurden zunächst auch nur ausgedruckte PDFs akzeptiert, aber keine PDF-Tickets, die man "nur" auf dem Laptop-Bildschirm vorgezeigt hat.


Signatur:

Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB.

1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(109366 Beiträge, 38297x hilfreich)

Zitat (von drkabo):
Vielleicht bin ich "old-style".
Aber eine Kopie ist immer das gleiche "Medium" wie das Original.

Wäre das nicht eher eine "originalgetreue Kopie"?


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
drkabo
Status:
Wissender
(14579 Beiträge, 8705x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Wäre das nicht eher eine "originalgetreue Kopie"?

Eine Kopie, die nicht originalgetreu ist, ist doch eigentlich keine Kopie ...

Signatur:

Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB.

1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(27345 Beiträge, 5049x hilfreich)

Zitat (von SHADDIK):
In der Übergangszeit wird jedoch gefordert den Berechtigungsnachweis, den man in Papierform erhalten hat und auf dem steht man solle ihn "aufbewahren", in Kopie mitzuführen.
Wo hat Herr A denn das gelesen? Ist das nicht eindeutig gewesen?
Zitat (von SHADDIK):
inklusive den Berechtigungsnachweis in digitaler Kopie mit sich.
Das ist nicht die Papierform.

Ich meine, Herr A wird noch viele lange Schreiben schreiben müssen. Chancen beginnen meist bei 0,1% .

Signatur:

Ich schreibe hier nur meine Meinung.

1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(109366 Beiträge, 38297x hilfreich)

Zitat (von drkabo):
Eine Kopie, die nicht originalgetreu ist, ist doch eigentlich keine Kopie ...

Gute Frage ...

Ich meine, eine Kopie kann durchaus ein anderes Material haben, geänderten Maßstab, ...
Bei einer Kopie, die originalgetreu ist, darf das dann nicht sein.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
SHADDIK
Status:
Frischling
(9 Beiträge, 7x hilfreich)

Danke euch allen :-)
Offenbar wurde die Regelung geändert, da es mehrfach solche Diskussionen gab. Der Wortlaut im Internet, auf den betreffenden Seiten, wurde jedoch beibehalten. Paradox ist es, das man sagt die Kontrolleure haben richtig gehandelt, aber den Vorgang dann komplett storniert. Es ging auch lediglich um den Nachweis, das man berechtigt ist solch eine Karte kaufen und besitzen zu dürfen, nicht um die Fahrkarten an sich.
Somit musste nichts bezahlt werden da der Fehler beim Betreiber (BVF) liegt.

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
bostonxl
Status:
Master
(4188 Beiträge, 675x hilfreich)

Danke für die Rückmeldung.

Zum Thema Kopie: Das PAuswG spricht bei Kopien von Ablichtungen ... also sind auch Bilder von Dokumenten als Kopie anzusehen.

Zitat:
Der Ausweis darf nur vom Ausweisinhaber oder von anderen Personen mit Zustimmung des Ausweisinhabers in der Weise abgelichtet werden, dass die Ablichtung eindeutig und dauerhaft als Kopie erkennbar ist.

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
spatenklopper
Status:
Unparteiischer
(9980 Beiträge, 4060x hilfreich)

Zitat (von SHADDIK):
Paradox ist es, das man sagt die Kontrolleure haben richtig gehandelt, aber den Vorgang dann komplett storniert.


Daran ist nichts paradox.
Die Kontrolleure hatten vermutlich die interne Dienstanweisung, nur Kopien in "Papierform" zu akzeptieren, woran sie sich zu halten haben.
Das diese Anweisung nicht an die Kunden kommuniziert wurde liegt im Machtbereich der BVF, aber nicht in dem der Kontrolleure.

So kommt es, dass die Kontrolleure sich richtig verhalten haben, bei der Durchsetzung einer falschen/ungenauen Anweisung, deswegen ist der Vorgang dann auch storniert worden.

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