Weitergabe eines vertraulichen Dokuments an unbefugten Dritten

18. Juni 2016 Thema abonnieren
 Von 
roxy6886
Status:
Frischling
(10 Beiträge, 0x hilfreich)
Weitergabe eines vertraulichen Dokuments an unbefugten Dritten


Hallo, hier der Sachverhalt:

Anwalt A beantragt für seinen Mandanten M Akteneinsicht bei Gericht in die Gerichtsakte zu einem Verfahren zwischen B und S. Er erhofft sich davon „Munition", um im Auftrag des M gegen S vorzugehen. S widerspricht dem Akteneinsichtsgesuch mit dem Hinweis, dass sich in der Akte zahlreiche Dokumente befinden, die den M nichts angehen. Das Gericht weist also das Einsichtsgesuch ab und übersendet stattdessen nur einige ausgesuchte Auszüge aus einem in der Gerichtsakte befindlichen Notarvertrag zwischen S, X und Y , an denen der M ein berechtigtes Interesse hat.

Einige Zeit später verklagt Anwalt A im Auftrag von M den S. In seiner Klageschrift legt er als Beweis u.a. den vollständigen Notarvertrag aus der o. g. Gerichtsakte vor. Er behauptet dort, dass dieser ihm vom Gericht übersandt wurde und fügt ihn sogar komplett in Kopie bei. S hakt beim Gericht nach, welches bestätigt, dass dem A nur ganz bestimmte Auszüge aus diesem Vertrag übersandt wurden, nämlich an denen er ein rechtliches Interesse hatte, nicht jedoch der gesamte Vertrag.

Der Vertrag enthält zahlreiche sensible Daten über an S zu zahlende Summen und Anlagebedingungen, an denen A und M – auch lt. Gericht – nie ein berechtigtes Interesse hatten. Damit bleiben als Quellen für die unbefugte Weitergabe des Dokumentes an den Anwalt A oder an M noch die seinerzeitigen Vertragspartner des S, nämlich X und Y, die ja auch eine Ausfertigung des Vertrags besitzen, übrig. X war ein langjähriger Geschäftspartner des M und hat in den letzten Jahren ein auffälliges Interesse an der Diskreditierung der Person des S gezeigt, Y ist ein ehemaliger Geschäftspartner von M.

Welche Optionen hat der S nun, gegen A, M, X und Y vorzugehen? Greift hier in irgendeiner Form das BDSG, ggfls. bei dem Rechtsanwalt?
Wie ist die Lüge des Anwalts zu betrachten: er behauptet in seiner Klageschrift, den kompletten Vertrag vom Gericht bekommen zu haben, das Gericht erklärt dagegen schriftlich, dass es den kompletten Vertrag nicht übersandt hat? Was ist mit der Weitergabe an seinen Mandanten M, obwohl er wusste, dass dieser lt. Gericht kein berechtigtes Interesse am gesamten Vertragsinhalt hatte, sondern nur an einem Detail?
Gibt es eine Vorgehensweise, am besten strafrechtlich, gegen X bzw. Y wegen der unerlaubten Weitergabe des Dokuments mit personenbezogenen und privaten Daten des S? X oder Y könnten den Vertrag an M oder auch an A, der beiden auch sehr gut persönlich bekannt ist, gegeben haben.

Vielleicht hat jemand schon einmal eine ähnliche Erfahrung gemacht. Vielen Dank im Voraus für Eure Einschätzungen.

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8 Antworten
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#1
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38463 Beiträge, 14009x hilfreich)

Akteneinsicht bekommt jeder, der berechtigtes Interesse nachweisen kann, sei er nun Anwalt oder "Zivilist." Und der Auftraggeber bezahlt den Anwalt. Er hat einen Anspruch auf alle Unterlagen, die der Anwalt auch hat.

wirdwerden

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#2
 Von 
Sir Berry
Status:
Unparteiischer
(9326 Beiträge, 2999x hilfreich)

Zitat:
Wie ist die Lüge des Anwalts zu betrachten: er behauptet in seiner Klageschrift, den kompletten Vertrag vom Gericht bekommen zu haben,
Würde ich, so wie beschrieben, als unerheblichen Erklärungsirrtum einstufen, weil es für den Erfolg der Klage nicht darauf ankommt, wie er an die Vertragskopie gelangt ist.

Zitat:
Gibt es eine Vorgehensweise, am besten strafrechtlich, gegen X bzw. Y wegen der unerlaubten Weitergabe des Dokuments mit personenbezogenen und privaten Daten des S?


Lässt sich schwerlich einschätzen, weil das "unerlaubt" in dem Satz nicht so offensichtlich ist.

Waren x und y an dem Vertrag beteiligt, oder haben sie sich das Dokument unrechtmäßig angeeignet und vermutlich weitergegeben? Wurde vertraglich Verschwiegenheit vereinbart?

SG

Berry

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#3
 Von 
roxy6886
Status:
Frischling
(10 Beiträge, 0x hilfreich)

Schon klar. Aber das berechtigte Interesse wurde vom Gericht ja festgelegt auf nur ganz bestimmte Auszüge bzw. Seiten des Vertrages. Dagegen hatte der S auch nichts. Das Gericht hat ja auch nicht den ganzen Vertrag weitergegeben, sondern nur die Seiten, auf die sich das berechtigte Interesse bezog.
Trotzdem haben A und M nun den ganzen Vertrag in den Fingern, eben inklusive der Teile, an denen sie KEIN berechtigtes Interesse haben.

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#4
 Von 
roxy6886
Status:
Frischling
(10 Beiträge, 0x hilfreich)

@Sir Berry: X und Y waren an dem Vertrag beteiligt, es wurde keine Verschwiegenheit vereinbart. Seit wann darf aber ein Vertragspartner Notarverträge mit privaten Informationen über persönliche Verhältnisse anderer Vertragspartner einfach öffentlich machen durch Weitergabe an Dritte, die wie gesagt daran kein berechtigtes Interesse haben?

Und beim Anwalt geht es nicht darum, ob der Komplettvertrag in der Klage gegen S für den M hilfreich ist - was übrigens nicht der Fall ist - sondern darum, dass S sich in seinem Persönlichkeitsrecht durch die Weitergabe des Vertrages an Nichtbeteiligte verletzt sieht.

-- Editiert von roxy6886 am 18.06.2016 19:05

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#5
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38463 Beiträge, 14009x hilfreich)

Seit wann dürfen so Daten nicht weitergegeben werden? Das hat nichts mit Datenschutz zu tun. Natürlich geht das. Oder zeigt mir eine Bestimmung auf, die das verbietet.

wirdwerden

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#6
 Von 
roxy6886
Status:
Frischling
(10 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von wirdwerden):
Seit wann dürfen so Daten nicht weitergegeben werden? Das hat nichts mit Datenschutz zu tun. Natürlich geht das. Oder zeigt mir eine Bestimmung auf, die das verbietet.
wirdwerden[/

Hm, und warum hat das Gericht dann wegen fehlenden rechtlichen Interesse die Weitergabe abgelehnt?

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#7
 Von 
Sir Berry
Status:
Unparteiischer
(9326 Beiträge, 2999x hilfreich)

Hi,

Zitat:
Hm, und warum hat das Gericht dann wegen fehlenden rechtlichen Interesse die Weitergabe abgelehnt?


Weil das Gericht als quasi unbeteiligter Dritter nur das weitergeben darf, was dem nachzuweisenden berechtigten Interesse genügt.

Ein Beteiligter, also x oder y braucht darauf ohne vertragliche Vereinbarung aber keine Rücksicht zu nehmen; er kann sein Vertragsexemplar unbeschadet weitergeben, wenn im dem Vertrag erkennbar keine durch besondere Schutzgesetze geschützte Daten enthalten sind.

Zitat:
Und beim Anwalt geht es nicht darum, ob der Komplettvertrag in der Klage gegen S für den M hilfreich ist - was übrigens nicht der Fall ist - sondern darum, dass S sich in seinem Persönlichkeitsrecht durch die Weitergabe des Vertrages an Nichtbeteiligte verletzt sieht.
Ist Dir bekannt, was das Persönlichkeitsrecht ist? Wiki hilft sonst.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pers%C3%B6nlichkeitsrecht_(Deutschland)

Berry

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#8
 Von 
roxy6886
Status:
Frischling
(10 Beiträge, 0x hilfreich)

Habe in Wiki geschaut: was ist mit der Privatsphäre?

Zitat: "Privatsphäre: Diese wird einerseits räumlich (Leben im häuslichen Bereich, im Familienkreis, Privatleben), andererseits aber auch gegenständlich (Sachverhalte, die typischerweise privat bleiben) definiert. Eingriffe in diese Sphäre sind in der Regel unzulässig, wenn nicht ausnahmsweise Umstände hinzutreten, die die gegenläufigen Interessen überwiegen lassen."
Hier handelt es sich aus Sicht des S wohl um einen "Sachverhalt, der typischerweise privat bleibt." Auch sind keine Umstände überwiegender gegenläufiger Interessen gegeben (s. Entscheidung des Gerichts).

Also was sollte S nun tun?

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