Ausschluss aus der Genossenschaft

22. März 2014 Thema abonnieren
 Von 
guest-12303.03.2018 18:51:53
Status:
Frischling
(35 Beiträge, 4x hilfreich)
Ausschluss aus der Genossenschaft

Da es im Forum scheinbar keine Rubrik über Genossenschaftsrecht gibt, stelle ich meinen Beitrag einmal hier rein. In der Kategorie Mietrecht gab es bislang keine Resonanz, was ich auch auf die aus meiner Sicht etwas schwierige Fragestellung zurückführe, auf die ich bislang keine empirisch begründbaren Antworten gefunden habe.

Vermieter einer Mietwohnung ist eine Wohnungsbaugenossenschaft. Es besteht ein Dauernutzungsvertrag für die Mietwohnung, der an der Mitgliedschaft in der Genossenschaft gekoppelt ist. In der Satzung der Genossenschaft (§ 11 c) steht, dass ein Mitglied zum Ende des Geschäftsjahres (durch Vorstandsbeschluss) aus der Genossenschaft ausgeschlossen werden kann, wenn über sein Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.

In vorliegenden Falle ist 2011 ein Privatinsolvenzverfahren (Verbraucherinsolvenz) eröffnet worden, welches kürzlich durch Gerichtsbeschluss aufgehoben worden ist, und wobei der Schuldner sich nunmehr im Restschuldbefreiungsverfahren befindet, das Anfang 2017 endet.

Auf die wohnungsgebundenen Genossenschaftsanteile (i.d. Summe 930,-- Euro) ist seitens des Insolvenzverwalters kein Regress genommen worden, weil der Schuldner die gleiche Summe in Ratenform an den Insolv.-Verw. gezahlt hat. Mittlerweile hat der Insolv.-Verw, diese Genossenschaftsanteile freigestellt und dies auch der Genossenschaft angezeigt.

Bislang hat die Genossenschaft keinen Gebrauch vom satzungsgemäßen Auschluss gemacht. Frage: Wäre sie dazu noch berechtigt, nachdem das Verfahren so weit vorangeschritten ist, und liegt es überhaupt im Rahmen der Rechtsnorm, dass ein Privatinsolvenzverfahren einen Genossenschaftsausschluss rechtfertigen könnte, was ja zwangsläufig mit dem Wohnungsverlust enden würde?

Meine Frage zielt auch dahin, dass es lange vor der Einführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens (vor 2000) ja auch schon diese satzungsgemäßen Bestimmungen bei den Genossenschaften gab. Allerdings war da wohl eher der Gedanke, dass jemand mit erheblichen (Genossenschafts-) Anteilen im Falle der Insolvenz seiner eigenen Firma einer Genossenschaft, deren Mitglied er ist, erheblichen Schaden zufügen könnte (in Form von Bonitäts- / Rufschädigung und Kapitalverlust).






-- Editiert passenger05 am 22.03.2014 08:07

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5 Antworten
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#1
 Von 
Blaki
Status:
Praktikant
(861 Beiträge, 752x hilfreich)

Guten Abend,

mein Gedanke an Ihrer Frage ist, ob der Mieter wegen seiner Insolvenz von der Wohnungsgenossenschaft gekündigt werden könnte.

Eine klare Antwort ist nicht möglich. Es müssten zunächst die Regelungen der Genossenschaft geprüft werden.

Die Regelunge der Genossenschaft dürften allerdings nicht das Mietrecht brechen. Demnach könnte eine Wohnung nur unter diesen Bedingungen seitens des Vermieters gekündigt werden.

Grob beurteilt: Eine Pfändung der Einlage in die Genossenschaft liegt nicht vor oder ist abgewendet. Die Miete wird pünktlich bezahlt. Ein Grund zur Kündigung liegt gem. BGB nicht vor.



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1x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
guest-12303.03.2018 18:51:53
Status:
Frischling
(35 Beiträge, 4x hilfreich)

Die Genossenschaft, in diesem Falle ja eine Wohnungsbaugenossenschaft, hat in ihrer Satzung einen Passus, wonach ein Mitglied aus der Genossenschaft durch Vorstandsbeschluss ausgeschlossen werden kann (nicht muss), wenn über sein Vermögen ein Insolvenzantrag gestellt worden ist.

quote:
Grob beurteilt: Eine Pfändung der Einlage in die Genossenschaft liegt nicht vor oder ist abgewendet. Die Miete wird pünktlich bezahlt. Ein Grund zur Kündigung liegt gem. BGB nicht vor.



Richtig. Die Pfändung der Einlage ist durch Ratenzahlung an den Insolvenzverwalter abgewendet worden, und darüber hinaus ist die Einlage mittlerweise freigestellt worden. Mittlerweile befindet sich der Schuldner sogar schon im Restschuldbefreiungsverfahren.

Nach BGB läge natürlich überhaupt kein Kündigungsgrund vor, aber es geht ja um die Genossenschaftsmitgliedschaft, und dabei kommt das Genossenschaftsgesetz zum Tragen.

quote:
Die Regelunge der Genossenschaft dürften allerdings nicht das Mietrecht brechen. Demnach könnte eine Wohnung nur unter diesen Bedingungen seitens des Vermieters gekündigt werden.


Es geht nicht um die Kündigung des Mietverhältnisses, sondern um den Ausschluss aus der Genossenschaft. Falls dies geschähe, wüde natürlich auch der Wohnungsverlust drohen, weil das Mietverhältnis an die Mitgliedschaft in der Genossenschaft gebunden ist.

Ich glaube, dass die Genossenschaft bei der Verbraucherinsolvenz des Mitglieds mit einem Ausschluss (selbst wenn der Aufsichtsrat die Berufung des Mitglieds abgewiesen hätte) vor Gericht nicht durchkäme. Ganz wichtig erschiene mir hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der ja unser gesamtes Rechtssystem prägt. Zum anderen liegt bei einer Verbraucherinsolvenz i.d.R. kein Ansehensverlust der Genossenschaft vor, und sofern keine Pfändung der wohnungsgebundenen Anteile des Mitglieds seitens des Insolvenzverwalters vorgenommen werden (was ohnehin die Kündigung der Mitgliedschaft seitens des Insolv.-Verw. voraussetzt), wäre auch kein Kapitalverlust (der ohnehin i.d.R verschwindend gering wäre) bei der Genossenschaft zu verzeichnen.

Warum aber haben die Wohnungsbaugenossenschaften dann einen derartigen Passus in ihrer Satzung? Die Satzungen ähneln sich ja alle. Ich kann mir das nur historisch erklären, und denke, dass die Verbraucherinsolvenz damit eigentlich gar nicht gemeint sein kann (denn diese existiert ja erst seit ca. 2010, und der Passus in der Satzung ist im vorliegenden Falle schon über vierzig Jahre alt).




-- Editiert passenger05 am 02.04.2014 09:50

-- Editiert passenger05 am 02.04.2014 09:52

-- Editiert passenger05 am 02.04.2014 09:59

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Warum aber haben die Wohnungsbaugenossenschaften dann einen derartigen Passus in ihrer Satzung? Die Satzungen ähneln sich ja alle. <hr size=1 noshade>



Die Genossen haben u.U. Nachschusspflichten, § 87a GenG . Das Ausschlussverfahren soll also die eigene Zahlungsfähigkeit der Genossenschaft sichern.
Das scheint aber ein eher theoretisches Problem zu sein.

Echte Gefahr für die Wohnung hat ja bisher dadurch gedroht, daß der Insolvenzverwalter die Mitgliedschaft und anschliessend die Genossenschaft die Wohnung kündigt. Beides war laut BGH möglich und legal.

Mir fiel gerade auf, dass der Gesetzgeber die entsprechenden BGH-Urteile inzwischen weitgehend "kassiert" hat, seit 19.07.2013 gilt § 67c GenG :

Kündigungsausschluss bei Wohnungsgenossenschaften

(1) Die Kündigung der Mitgliedschaft in einer Wohnungsgenossenschaft durch den Gläubiger (§ 66) oder den Insolvenzverwalter (§ 66a) ist ausgeschlossen, wenn
1. die Mitgliedschaft Voraussetzung für die Nutzung der Wohnung des Mitglieds ist und
2. das Geschäftsguthaben des Mitglieds höchstens das Vierfache des auf einen Monat entfallenden Nutzungsentgelts ohne die als Pauschale oder Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten oder höchstens 2 000 Euro beträgt.


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1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16530 Beiträge, 9305x hilfreich)


Hm,
bin mir da nicht so ganz sicher.

Durch den §67c GenG darf der Insolvenzverwalter nicht mehr die Mitgliedschaft in der Genossenschaft kündigen.
Aber dass eine Genossenschaft selbst ihr insolventes Mitglied nicht mehr ausschließen darf, lese ich daraus nicht.

Insofern sehe ich nicht, dass das hier obsolet geworden ist:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 10.09.2003 – AZ VIII ZR 22/03
http://www.bmgev.de/mietrecht/urteile/detailansicht/eigenbedarf-einer-genossenschaft.html



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"
Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB ."

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Insofern sehe ich nicht, dass das hier obsolet geworden ist:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 10.09.2003 – AZ VIII ZR 22/03 – <hr size=1 noshade>


Ja, da hast du natürlich Recht, das gilt nach wie vor.

In dem Urteil wurde das Mitglied aber "wegen genossenschaftswidrigen Verhaltens" ausgeschlossen, man scheint sich da fast geprügelt zu haben:

Im Zusammenhang mit umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen der Klägerin erhob der Beklagte in seiner Eigenschaft als Mitglied der Vertreterversammlung wiederholt schwere Vorwürfe gegen den Vorstand der Klägerin, die zu Auseinandersetzungen und Zerwürfnissen zwischen den Parteien und schließlich im Juni 1998 zum Ausschluss des Beklagten aus der Genossenschaft führten.

Also kein Ausschluss/Kündigung wegen einer Insolvenz. Dazu konnte ich nichts finden, scheint schlicht nicht vor zu kommen.

Und der "Umweg", Kündigung durch den IV des Mitglieds ist jetzt geschlossen.

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