Firma weigert sich angefallene Stunden zu bezahlen

31. August 2012 Thema abonnieren
 Von 
spaetzahler
Status:
Frischling
(24 Beiträge, 4x hilfreich)
Firma weigert sich angefallene Stunden zu bezahlen

Hallo,

ich habe folgendes Problem und würde gerne Eure Meinung dazu hören.

Ich arbeite als IT-Freiberufler. Vor ca. 3 Wochen hat mich eine Firma über eine Vermittlungsplattform im Internet kontaktiert und mir ein Projekt in Heimarbeit angeboten. Konkret ging es darum, dass ich für eine Web-Software Erweiterungen schreiben und Fehler in dieser beheben soll.
Vor 2 Wochen ist dieses Projekt gestartet. Ich habe dort einen Ansprechpartner und es gibt eine schriftliche Vereinbarung über meinen Stundensatz. Leider gibt es keinen schriftlichen Vertrag, hingegen eine mündliche Vereinbarung, angefallene Stunden einmal pro Woche auf einem Spreadsheet einzureichen und diese dann am Ende des Monats in Rechnung zu stellen.
Die Firma war mir bis dato unbekannt. Sie hat wahrscheinlich nicht mehr als 10 Mitarbeiter.

Das Projekt gestaltete sich von Anfang an schwierig. Das Einrichten einer Entwicklungsumgebung, die notwendig ist für das Bearbeiten der Aufgaben, auf meinem Rechner war gespickt mit Fußangeln und dauerte wesentlich länger als dem Kunden lieb war. Als diese Entwicklungsumgebung schließlich stand, wurde mir ein Software-Fehler zur Behebung und gleichzeitiger Einarbeitung in das Gesamtsystem (besteht aus ca. 2300 Java-Klassen) zugewiesen. Diesen Fehler behob ich nach insgesamt ca. 40h Arbeit.

Leider war der Kunde mit der Lösung des Fehlers nicht zufrieden (nicht vernüftig gelöst und zu viel Zeit gebraucht, sagt er), kündigte Knall auf Fall die Zusammenarbeit und teilte mir mir, dass er "fair" mit mir auseinander gehen wolle und ich, obwohl sie keinerlei "verwertbares Resultat" von mir in den Händen hielten, ich 20h - also die Hälfte der angefallenen Stunden - abrechnen "dürfe".

Eine mündliche Klärung dieser Situation am Telefon brachte keine Annäherung. Der Kunde beharrte auf seinem Standpunkt, stritt meine geleistete Arbeitszeit ab und sagte mehr könne er nicht tun, ich solle froh sein, dass sie mir überhaupt Geld zahlen wollen.

Nun meine Frage: Hat es für mich Sinn, meine Forderung per Anwalt zu klären und ggf. einzufordern oder rechtfertigt der Aufwand die zu erwartende Summe nicht. Es handelt sich hier um Ausstände von
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6 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
little-beagle
Status:
Student
(2181 Beiträge, 1248x hilfreich)

Hallo spaetzahler,

solche Kunden wünscht man sich ja.

Wichtigste Frage: Hast Du einen Werk- oder einen Dienstleistungsvertrag? Von der Beschreibung scheint's eher ein Dienstleistungsvertrag zu sein, in der Branche und bei der Projektgröße sind Werkverträge aber "üblicher".

Wie lange hast Du gebraucht, um diese 40h abzuarbeiten (in Tagen/Wochen)? Hast Du wie mdl. vereinbart Deine Arbeitszeit zwischenzeitlich an den Auftraggeber gesendet? Kannst Du im Zweifel nachweisen, dass er sie bekommen hat (Antwort auf E-Mail, Einschreiben, ...)?

Wieviel Zeit lag zwischen Zwischenbericht und Rechnungsstellung? Hätte der K aus dem Arbeitszeitbericht ersehen können, dass Du "zuviel" Zeit verbrauchst und ggf. die Notbremse ziehen können?

Hand aufs Herz: Bist DU mit Deiner abgelieferten Arbeit zufrieden, passt sie zum Qualitätsstandard des restlichen Codes? (hat wenig mit Deinem Zahlungsanspruch zu tun, aber als jemand in der gleichen Branche weiß ich, dass es "unter uns" Spreu und Weizen gibt). Was ist mit den "Fallstricken" bei der Devel-Umgebung? Gehen die auf Deine Kappe oder auf seine? Was ist für die Vergütung der Devel-Umgebung vereinbart - normalerweise zahlt sowas ja auch der Kunde?

Ich kann den Umfang Deiner Arbeit nicht abschätzen, aber 40h Arbeit bei einem solch großen Projekt sind jetzt nicht von vornherein völlig absurd. Hast Du vor Projektbeginn eine Schätzung abgegeben, die deutlich darunter lag?


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1x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
spaetzahler
Status:
Frischling
(24 Beiträge, 4x hilfreich)

Hallo little beagle,

danke Dir für Deine prompte Antwort. Ich will versuchen auf Deine Fragen einzugehen und sie so gut ich kann zu beantworten.

1) Ich habe einen Dienstleistungsvertrag. Allerdings nur auf mündlicher Basis. Es gibt eine schriftliche Vereinbarung über den Stundensatz.

2) Die 40h habe ich in 8 Werktagen verbraucht.

3) Ich habe mit dem Kunden vereinbart, dass ich ihm wöchentlich per Spreadsheet meine Stunden zur Kenntnisnahme einreiche. Die Stunden der ersten Woche hat er erhalten und zur Kenntnis genommen. Die Stunden der zweiten Woche hat er noch nicht. Das passiert heute.

4) Es wurde bisher keine Rechnung gestellt. Die Rechnung wäre jetzt fällig.

5) Der Kunde konnte jederzeit erkennen wie es mit meinem Fortschritt bestellt war. Er hat es unterlasen, mir ggf. unter die Arme zu greifen, falls es ihm nicht schnell genug gegangen wäre. Ich war fast völlig auf mich allein gestellt. Da wir uns nie gesehen haben, fand der Kontakt nur per Telefon statt. Die Netto-Telefonzeit beträgt in diesen 40h ca. 0,5h. Mit dem Aufkündigen des Arbeitsverhältnisses hat der Kunde die Notbremse gezogen. Es gab keine explizite Vorwarnung, dass der Kunde mit meiner bisherigen Leistung unzufrieden war.

6) Mit meiner abgelieferten Arbeit bin ich insoweit zufrieden, als dass sie zwar noch nicht optimal ist, was man aber - wie ich finde - bei einem Umfang von 2300 Java-Klassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt m. E. nicht erwarten kann. Das Hauptproblem scheint mir in diesem Projekt gewesen zu sein, dass die Kommunikation so gut wie nicht stattgefunden hat. Ich hatte stets den Eindruck, Fragen sind nur insoweit erwünscht, wie deren Beantwortung nicht länger als 5 Minuten in Anspruch nimmt. 2300 Java-Klassen fast ohne Konzept-Papiere, die auf abstrakter Ebene erklären, was das Programm wann wie wo genau macht, zu erfassen und dann eine optimale Lösung für einen Fehler zu finden ist wahrlich nicht ohne. Für den Bereich, den ich für die Fehlerbehebung bearbeitet habe, gab es gar kein Konzept-Papier geschweige denn eine Spezifikation. Ich kann sagen, dass ich für eine Einarbeitung, wo man auch mal Links und Rechts im Code schaut, was da passiert bei einem System dieser Größe min. 1 Monat brauche bis ich richtig produktiv ist. Die volle Arbeitsgeschwindigkeit erreiche ich dann im 2. Arbeitsmonat. Das ist m. E. üblich und wir von anderen Freiberufler-Kollegen so bestätigt.

Was die Qualitätsstandards angeht, steht hier Aussage gegen Aussage. Ich bin davon überzeugt, dass ich gute Qualität abgeliefert habe auch wenn die Lösung in den Augen des Kunden nicht optimal war. (Er hatte, wie gesagt, eine Lösung bereits vor Augen.) Man muss vielleicht dazu sagen, dass beim Kunden Geschäftsführer, Projektleiter und Chefprogrammierer in Personalunion auftreten. Wie gesagt, die Firma ist sehr klein.

7) Die Fallstricke in der Entwicklungsumgebung gehen sowohl auf meine als auch auf die Kappe des Kunden. Wie gesagt, der Support des Kunden diesbezüglich war grottig. Die Zeit für das Beheben der Probleme, die auf meine Kappe gingen, habe ich von den geleisteten Stunden abgezogen. Nichts desto trotz verbleiben ca. 40h Arbeitszeit.

8) Für das Aufsetzen der Entwicklungsumgebung hat der Kunde zunächst keine Zeit vorgegeben. Dann wurde mir Ende letzter Woche gesagt, mehr als 5 Stunden bräuchte keiner ihrer bisherigen Freiberufler, will sagen: mehr zahlen sie nicht. Ob diese Aussage so stimmt, ist für mich nicht überprüfbar. Meine Probleme wären bei denen nicht nachvollziehbar, heiß es. Ich habe für das Aufsetzen der Umgebung allerdings mehr als 20h gebraucht, insbesondere deswegen, weil eben keiner bereit war, mir bei dem ein oder anderen Problem zu helfen. Ich musste alle selber recherchieren im Internet und dann lösen. Das dauert natürlich.

9) Ich habe zu keiner Zeit eine Schätzung abgegeben. Wie gesagt, für den Kunden war zu jeder Zeit klar, was er bereit ist zu zahlen. Dieses Wissen wurde am Anfang des Projekts nicht kommunizert.
Später wurde mir eine geschwärzte Rechnung von einem früheren Freiberufler präsentiert, wo Zahlen drinstanden wieviel Stunden er für was benötigt hat. Ob es diesen "Ideal-Freiberufler" je gegeben hat, ist aus meiner Sicht nicht überprüfbar. Dieser Freiberufler hat für 3 Monate nicht mehr als 60h fakturiert und wurde mir als das leuchtende Vorbild präsentiert. An dem müssten sich halt alle anderen messen lassen.

Wie gesagt, ich weiss nicht, ob ich da einen Anwalt einschalten soll bzw. ob ein Anwalt überhaupt bei so einer Sache, wo viel auf mündlichen Zusagen beruht, etwas ausrichten kann.


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2x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
little-beagle
Status:
Student
(2181 Beiträge, 1248x hilfreich)

kurze Einschätzung:

Wenn es nur eine Vereinbarung über den Stundensatz gibt, ist das ja quasi ein Dienstvertrag. Der Auftraggeber schuldet Dir den Arbeitslohn für die geleisteten 40h unabhängig vom Ergebnis; es steht ihm frei, die Arbeit nicht zu verwenden und Dich nicht weiter zu beschäftigen.

Hat er bestritten, dass Du 40h daran gearbeitet hast oder Dir "nur" vorgehalten, dass das schneller gehen müsste? Im zweiten Fall dürfte es klar sein, dass Du Anspruch auf das Geld hast; im ersten Fall müsstest Du ggf. nachweisen, wie lange Du gearbeitet hast - das wird evtl. schwierig. Vielleicht kannst Du da mit Zeugen oder Logs/Dateiänderungsdaten was machen.

Da Du den Auftrag eh los bist, würde ich an Deiner Stelle auf vollständige Bezahlung drängen. Rechnung gestellt hast Du ja - wenn er dagegen keinen Widerspruch einlegt (schriftlich), Mahnen, Mahnbescheid.

Wenn er die Rechnung reklamiert (Zweifel an den Stunden): Nachweise bringen. Wenn er die Arbeitsgeschwindigkeit reklamiert: Sein Problem, er hat Dich beauftragt und ggf. falsch eingeschätzt.

quote:
Später wurde mir eine geschwärzte Rechnung von einem früheren Freiberufler präsentiert, wo Zahlen drinstanden wieviel Stunden er für was benötigt hat.


Cool. Kannst Du zum Kaminanzünden verwenden. :-D




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2x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
spaetzahler
Status:
Frischling
(24 Beiträge, 4x hilfreich)

Hallo und Danke für die prompte Anwort,

es ist so: Eine Rechnung wurde noch nicht gestellt, weil ich erstmal klären wollte, inwiefern ich eine rechtliche Handhabe habe. Außerdem bestreitet der Kunde, dass ich diese ca. 40h für ihn gearbeitet habe. Er steht auf dem Standpunkt, er zahlt nur 20h und damit fertig. Das nachzuweisen, dass ich tatsächlich 40h gearbeitet habe, wird in der Tat schwierig, weil er bereits sämtliche Zugänge und Code, den ich geschrieben habe bei sich gelöscht hat. Ich habe zwar noch den Sourcecode, allerdings darf ich diesen niemanden zeigen bzw. darüber sprechen, da ich durch einen NDA zum Schweigen verpflichtet bin.
Die Frage ist auch, wenn ich rechtliche Schritte einleite inwiefern die mich zeitlich zusätzlich belasten und ob es den Aufwand wert ist?



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1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
little-beagle
Status:
Student
(2181 Beiträge, 1248x hilfreich)

quote:
Ich habe zwar noch den Sourcecode, allerdings darf ich diesen niemanden zeigen bzw. darüber sprechen, da ich durch einen NDA zum Schweigen verpflichtet bin.


Zur Wahrung Deiner Interessen ggü. dem Kunden kannst Du das natürlich bei Gericht vorlegen; wäre ja noch schöner. Ob aber
der Aufwand gerechtfertigt ist, ist wahrlich eine gute Frage.



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1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
spaetzahler
Status:
Frischling
(24 Beiträge, 4x hilfreich)

Danke little-beagle für Deine Einschätzung.
Muss jetzt überlegen wie es weiter geht. Ich denke, ich stelle die Rechnung über diese 20h und gut ist. Mit Anwalt und Mahnungen schreiben kommt ja auch ne ganze Menge Ärger auf mich zu, die ich zur Zeit nicht gebrauchen kann.

Nochmal Dank und Grüße,
der Spätzahler


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