Gleichheitsgrundsatz // Gleiches Recht für alle?

1. Juni 2008 Thema abonnieren
 Von 
Despi
Status:
Lehrling
(1102 Beiträge, 305x hilfreich)
Gleichheitsgrundsatz // Gleiches Recht für alle?

Ich habe Fragen, die sich nicht auf einen konkreten Fall beziehen, sondern zu konstruierte Fällen, die aber so oder ähnlich immer wieder vorkommen.

Es geht um den Gleiheitsgrundsatz, nach dem alle Menschen vor dem Recht gleich sind und gleiches Recht, in gleichen Fällen für alle gilt.

Ich versuche bei der Fallbeschreibung jede Wertung zu vermeiden. Ich will(im Moment) weder für noch gegen einen der genannten Fälle sprechen.
Um von vornherein Missverständnisse zu vermeiden: Es geht hier nicht um Rassismus; ich bin weder rassistisch noch ausländerfeindlich.
Bitte vermeidet auch Wertungen der einzelnen Fälle, es geht mir nur um die rechtliche Situation.


Fall 1:
Ein großer Softdrinkhersteller bietet ein dauerhaftes Gewinnspiel an.
Mann muss eine Buchstaben-Zahlenkombination, die im Deckelinneren steht auf der Internetseite des Unternehmens eingeben oder über eine Hotline mitteilen. Dann nimmt man an einer Verlosung teil.
Es drängt sich der Gedanke auf, dass es sich um Aktion für Kunden handelt. Ein Extrabonbon für Kunden, um den Verkauf des eigenen Produktes anzukurbeln.
Warum gibt es aber die Möglichkeit einer alternativen Teilnahme auch ohne Code, also ohne das Produkt gekauft zu haben?
Nur Großzügigkeit des Unternehmens oder spielt der Gleichheitsgrundsatz hier eine Rolle?

Fall 2:
Diskothek. Das Sicherheitspersonal an Disko 1 ist angewiesen, Leuten, die nicht zum Stil der Disko passen, den Zutritt zur Disko zu verwehren. Zum Beispiel: Alle Leute, die Turnschuhe tragen, dürfen nicht in die Disko.
Das Sicherheitspersonal an Disko 2 ist angewiesen, Leute, die dem Aussehen nach südländische Wurzeln haben, den Eintritt zu verwehren.
Nehmen wir mal an, dass Disko 2 nicht aus rassistischen Gründen handelt, sondern dem Wunsch der Stammgäste nachkommt, die ein nordisches Ambiente möchten.
Genauso Disko 1, man will eine gewisse Atmosphäre schaffen, in die Turnschuhe nicht passen.

Nun deckt sich das ja beides nicht unbedingt mit dem Gleichheitsgrundsatz.
In wie fern darf man als Besitzer eine Disko (oder auch Verein) Gäste/Mitglieder nach Äusserlichkeiten selektieren?

Die Praxis der Disko 1 ist weitgehend akzeptiert, die der Disko 2 hingegen wird öffentlich angeprangert, aber findet nicht bei beiden Varianten eine Selektion nach für die jeweiligen Stammgäste/Mitglieder nachvollziehbaren Gründen statt? Wer entscheidet was Nachvollziehbar ist?
Sind beide Varianten so rechtlich gültig oder nur eine oder gar keine? Warum?

Fall 3(evtl. auch bei Fall 2 zu bedenken):
Religion. Eine Glaubensgemeinschaft(als Weltreligion annerkannt, keine Sekte) gesattet Besuchern den Zugang zu Ihrem Tempel(Tempel soll allgemein gehalten sein und nicht auf eine spezielle Religion schließen lassen).
Wenn sich die Glaubensgemeinschaft versammelt um zu Beten werden alle Besucher, die nicht der Glaubensgemeinschaft angehören, gebeten den Tempel zu verlassen und ggf. auch des Tempels verwiesen.
Wie schaut es hier dem Gleichheitsgrundsatz aus?
Darf eine Gemeinschaft eine Person ausschließen, weil sie nicht der Religion angehört?

Gibt es Differenzen zwischen Fall 2 und 3 oder handelt es sich vom Grundsatz her um den selben Fall?

Fall 4:
Vertragsfreiheit. Der Vorstand eines Topunternehmens wird leistungsgerecht bezahlt.
Steigt der Gewinn des Unternehmens steigt auch das Einkommen und umgekehrt.
Für alle anderen Mitarbeiter in dem Unternehmen gilt feste Bezahlung unabhängig der Leistung.
Widerspricht die Vertragsfreiheit dem Gleichheitsgrundsatz? Warum darf ein Unternehmen für die eigenen Mitarbeiter unterschiedliche Vergütungsarten haben(Leistungsgerecht/nicht Leistungsgerecht)?

Für alle Fälle die Frage:
Muss sich ein Recht dem anderen Unterordnen(z.B. Hausrecht dem Gleicheitsgrundsatz)?

Ich hoffe, dass der eine oder andere auf so viele doofe Fragen antwortet... :grins:

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3 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Mareike123
Status:
Unparteiischer
(9585 Beiträge, 1711x hilfreich)

ad 1.

Weil das UWG das verlangt, §4 Ziffer 6 UWG .
Das hat aber nichts mit Gleichheitsgrundsatz, sondern mit unlauterer Werbung zu tun.
Es soll halt niemand mit 'Kauf bei uns und du kannst 1 Million gewinnen' angelockt werden.

ad 2.

Der Inhaber darf immer dann, wenn er nicht pauschal jeden hereinläßt (Supermarkt), frei entscheiden, wen er zuläßt und wen nicht.
Er darf sich nur nicht offen von pauschalen diskriminierenden Erwägungen leiten lassen (keine Ausländer, keine Behinderten).

ad 3.

Wie 2, allerdings dürfte die Religionsfreiheit einem zusätzliche Rechte geben, bei religiösen Handlungen 'unter sich' zu sein.

ad 4.

Abweichungen vom 'Gleichheitsgrundsatz' sind sowieso aus sachlichen Erwägungen immer zulässig (Frauenparkplätze, Frauencafés, Männersaunas, Jugendclubs etc.).
Abgesehen davon muß der private Betreiber bzw. die Firma sich lediglich an das AGG halten, nicht an das GG - das schützt den Bürger nur vor Ungleichbehandlung durch den Staat.
(Und auch von letzterer gibt es tausende Beispiele, die sachlich begründet sind, etwa Steuersätze, Kindergeld, BaFöG etc.)

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#2
 Von 
justice005
Status:
Unparteiischer
(9557 Beiträge, 2352x hilfreich)

Mal etwas ganz grundsätzliches:


Das grundgesetz gilt zunächst mal im Verhältnis Bürger - Staat und NICHT im Verhältnis Bürger - Bürger.

Das bedeutet, immer wenn Bürger untereinander etwas voneinander wollen, ist das Grundgesetz ein schlechter Ansprechpartner, da dieses eben nur im Verhältnis zum Staat gilt.

Wenn ich als Privatbürger Deine Meinung nicht zulasse und Deine Ansichten zensiere (z.B. in einem Forum), dann hat das nichts mit Meinungsfreiheit zu tun.

Wenn aber der Staat einenunliebsamen Bürger 'mundtot' macht, dann hingegen schon.

Wenn ich in der Kneipe meinem rechten Nebenmann ein Bier spendiere und dem linken Nebenmann nicht, dann kann sich dieser nicht auf den Gleicheitsgrundsatz berufen. Wenn aber der Staat dem einen Bauern eine Subvention gibt und dem anderen unter gleichen Voraussetzungen nicht, dann hingegen schon.

Das bedeutet für die Fragen im Thread:

zu 1: Getränkehersteller und Kunden sind beides Bürger, daher spielt der Gleichheitsgrundsatz keine Rolle. In Betracht kommen andere Gesetze (siehe Mareike)

zu 2: Da es sich wohl nicht um eine staatliche Disco handelt, spielt auch hier der Gleichheitsgrundsatz keine Rolle. In betracht kommt auch hier ein anderes gesetz (siehbe Mareike)

zu 3: Auch hier braucht man nicht zur Religionsfreiheit zu greifen. das ganz simple Hausrecht, was jedermann in seinem Haus hat, gibt dem Berechtigten bereits die Möglichkeit jemandem des Hauses zu verweisen.

zu 4: siehe Beitrag Mareike. Das hat mit allen möglichen Gesetzen zu tun, aber nicht mit dem Grundgesetz.


Zusammenfassung: Das Grundgesetz gilt nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat, nicht aber zur Regelung des Verhältnisses der Bürger untereinander.


0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Despi
Status:
Lehrling
(1102 Beiträge, 305x hilfreich)

Danke für die Antworten.

Ich denke, dass ich das verstanden habe.

0x Hilfreiche Antwort

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