Ebay auktion vorzeitig beendet - Beweispflicht

21. Juli 2012 Thema abonnieren
 Von 
Borion
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Praktikant
(622 Beiträge, 196x hilfreich)
Ebay auktion vorzeitig beendet - Beweispflicht

Wenn eine Ebay Auktion vorzeitig beendet wird, ist es ja in den allermeisten Fällen so, dass der Verkäufer oft behauptet, der Artikel sei verloren gegangen. Der Artikel wurde dann regelmäßig bereits entsorgt und als Beweis werden 2-3 Zeugen angegeben.

Beweispflichtig für den Untergang des Artikels ist natürlich der Verkäufer.

Ein redlicher Verkäufer würde sicherlich den zerstörten Artikel aufbewahren, um den Sachverhalt belegen zu können, ein unredlicher naturgemäß nicht sondern die Zeugenvariante wählen.

Meine Frage in diesem Zusammenhang wäre, wie die Gerichte solche Sachverhalte beurteilen.

Denkbar wäre, dass die Auffassung vertreten wird, dass, wenn ohne Not der einzige objektive Beweis (zerstörter Artikel) vernichtet wird, dies nicht durch Zeugen ersetzt werden kann. Oder die andere Auffassung halt, dass Zeugen grundsätzlich gleichrangig als Beweis geeignet sind, d.h. der Verkäufer den Artikel ruhig "entsorgen" durfte. Es gäbe natürlich auch noch die dritte Variante, dass im Sinne der freien Beweiswürdigung jedes Gericht solch einen Sachverhalt anders werten könnte und ein Urteil nicht bzw. noch weniger als sonst vorhersagbar wäre.

Obwohl ich diese Frage für recht praxisrelevant halte und sie ja auch außerhalb von Ebay oft eine entscheidende Rolle spielen sollte, konnte ich dazu nichts handfestes finden.

Sofern jemand Kommentierung oder Urteile zu diesem Thema kennt, wäre ich für einen entsprechenden Hinweis sehr dankbar.


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10 Antworten
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#1
 Von 
guest-12322.08.2012 17:44:40
Status:
Senior-Partner
(6927 Beiträge, 2508x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Es gäbe natürlich auch noch die dritte Variante, dass im Sinne der freien Beweiswürdigung jedes Gericht solch einen Sachverhalt anders werten könnte und ein Urteil nicht bzw. noch weniger als sonst vorhersagbar wäre. <hr size=1 noshade>



So ist das wohl, die nach ZPO zulässigen Beweismittel sind grundsätzlich gleichwertig, ergeben sich widersprüchliche Ergebnisse ist es der Beweiswürdigung des Richters im Einzelfall vorbehalten, wem er glaubt/was er für wahr hält.

Der Zeugenbeweis ist sicher das schlechteste der Beweismittel, von vornherein minderwertig ist er trotzdem nicht.

Deshalb kan man dem ebay-VK keinen Strick daraus drehen, wenn er die (angeblich) beschädigte Ware entsorgt. Darauf kommt es i.d.R. gar nicht an, entscheidend ist, ob der VK die Vermutung des § 280 I 2 BGB widerlegen kann.

Da wird ihm die Beweislast dafür auferlegt, dass er sein Unvermögen nicht zu vertreten hat. Kann er das nicht, haftet er. Ob seine Zeugen ggf. glaubwürdig sind, entscheidet das Gericht.

Ob eine Beweisvereitelung vorliegt ist hier egal. Das wäre nur relevant, wenn den K die Beweislast treffen würde und VK ihm die Beweisführung durch Vernichtung des Beweismittels unmögich macht.

Bsp.: VIII ZR 43/05

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt in Anwendung des Rechtsgedankens aus §§ 427 , 441 Abs. 3 Satz 3 , 444 , 446 , 453 Abs. 2 , 454 Abs. 1 ZPO und § 242 BGB eine Beweisvereitelung vor, wenn eine Partei ihrem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht. Dies kann vorprozessual oder während des Prozesses durch gezielte oder fahrlässige Handlungen geschehen, mit denen bereits vorhandene Beweismittel vernichtet oder vorenthalten werden. Das Verschulden muss sich dabei sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjekts als auch auf die Beseitigung seiner Beweisfunktion beziehen, also darauf, die Beweislage des Gegners in einem gegenwärtigen oder künftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen. Als Folge der Beweisvereitelung kommen in solchen Fällen Beweiserleichterungen in Betracht, die unter Umständen bis zur Umkehr der Beweislast gehen können

Rechtsfolge der Vereitelung ist also "nur" die Beweislastumkehr, u.U. nur blosse Beweiserleichterungen.

In deinem Bsp. trifft den VK die Beweislast aber sowieso.

Strafrechtlich könnte aber die Lüge relevant sein, (versuchter) Betrug, Prozessbetrug, Falschaussage, Meineid usf.

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#2
 Von 
Borion
Status:
Praktikant
(622 Beiträge, 196x hilfreich)

@flawless

Danke für die ausführliche Antwort.

Du schreibst:

quote:<hr size=1 noshade>Deshalb kan man dem ebay-VK keinen Strick daraus drehen, wenn er die (angeblich) beschädigte Ware entsorgt. Darauf kommt es i.d.R. gar nicht an, entscheidend ist, ob der VK die Vermutung des § 280 I 2 BGB widerlegen kann. <hr size=1 noshade>


Warum kommt es darauf nicht an? Ich nehme mal ein Beispiel der anfänglichen Unmöglichkeit, da dann die sogenannten Ebaygrundsätze unberücksichtigt bleiben.

Der Verkäufer behauptet, der verkaufte Artikel war bereits zum Zeitpunkt des Angebotes defekt. Es war ein versteckter Mangel, den er nicht erkennen konnte. Nachdem er ihn erkannt hat, wurde der Artikel von ihm entsorgt, dafür hätte er einen Zeugen. Wenn er aber den Artikel entsorgen durfte und letztendlich als Beweismittel nur noch der Zeuge übrig bleibt (der Käufer hat typischerweise keine Beweise, woher auch), hat er dann damit nicht immer die Vermutung des 311a II 2 BGB widerlegt?

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#3
 Von 
guest-12322.08.2012 17:44:40
Status:
Senior-Partner
(6927 Beiträge, 2508x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Warum kommt es darauf nicht an? <hr size=1 noshade>



Dein Bsp. ist ein Sonderfall.

Üblicherweise wird ja behauptet, die Ware sei nach dem Einstellen untergegangen (weil die Gebotsentwicklung nicht den Erwartungen entspricht).

Der VK muss nicht beweisen, dass er die Ware weggeworfen hat. Er muss den Nachweis führen ob/wann der Schaden an der Ware eingetreten ist.

Das wird ihm per Zeugen kaum gelingen. Wenn er die Ware wegwirft, schneidet er sich ins eigene Fleisch.

Sogar wenn eine vorsätzliche Beweisvereitelung vorliegt, wäre Rechtsfolge maximal die Beweislastumkehr. Die Beweislast ist dem VK aber sowieso nach § 280 I 2 BGB zugewiesen.

Der K wird seine Ansprüche nicht auf § 311a, sondern auf §§ 281 , 280 BGB stützen.

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#4
 Von 
Borion
Status:
Praktikant
(622 Beiträge, 196x hilfreich)

quote:
Dein Bsp. ist ein Sonderfall.


Es ist nicht die Regel, aber gerade bei Möbel/Küchen usw. wird gerne behauptet, beim Abbau hätte man einen vorher nicht erkennbaren schwerwiegenden nicht behebbaren Mangel entdeckt. Auch bei Autos wird immer mal wieder gerne plötzlich irgendwo noch ein Mangel entdeckt, kennst du das Urteil hier schon?

Urteil

Aber wieder zurück zum Thema. Die Problematik ist doch auch bei der nachträglichen Unmöglichkeit die gleiche. Verkäufer behauptet, Artikel wäre ihm aus der Hand gerutscht und dabei vollständig zerstört worden. Artikel wurde entsorgt, aber es gibt einen Zeugen, der alles gesehen hat und dies bezeugen kann.







-- Editiert Borion am 22.07.2012 13:24

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#5
 Von 
guest-12322.08.2012 17:44:40
Status:
Senior-Partner
(6927 Beiträge, 2508x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade> ... kennst du das Urteil hier schon? <hr size=1 noshade>



Das fusst auf der genialen Rechtsprechung des BGH:

VIII ZR 305/10

Entgegen der Auffassung der Revision war der Beklagte wegen des Diebstahls der angebotenen Kamera gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay-AGB dazu berechtigt, sein Verkaufsangebot vor Ablauf der Auktionszeit zurückzunehmen mit der Folge, dass aufgrund der berechtigten Angebotsrücknahme ein Kaufvertrag mit dem Kläger als dem im Zeitpunkt der Auktionsbeendigung Höchstbietenden nicht zustande gekommen ist.

Der Diebstahl war aber unstreitig, die Beweisproblematik wurde nicht aufgeworfen.

quote:<hr size=1 noshade>Die Problematik ist doch auch bei der nachträglichen Unmöglichkeit die gleiche. Verkäufer behauptet, Artikel wäre ihm aus der Hand gerutscht und dabei vollständig zerstört worden. Artikel wurde entsorgt, aber es gibt einen Zeugen, der alles gesehen hat und dies bezeugen kann. <hr size=1 noshade>


Das ist keine "Problmatik", sondern die Frage: Ist der Zeuge glaubwürdig?

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0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
Borion
Status:
Praktikant
(622 Beiträge, 196x hilfreich)

@flawless

Okay, mit anderen Worten, ein Prozessausgang ist nicht wirklich vorhersehbar, da es von der Einschätzung des Gerichts abhängt, ob es dem/n Zeugen glaubt.

Danke für die Hinweise.

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
ApolloHH
Status:
Frischling
(20 Beiträge, 4x hilfreich)

Wie wäre es mit einem Artikel, der keine versteckten Mängel haben kann (angenommen), z. Bsp. originalverpacktes PC-Monitor, der ganz "plötzlich" kaputt gegangen ist, d.h. dem VK aus der Hand gefallen, die Auktion vorzeitig beendet wurde und die Artikelbeschreibung einen Satz wie "Sofortkaufangebote bitte per Mail" enthält? :???:

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#8
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(128685 Beiträge, 41048x hilfreich)

quote:
Wie wäre es mit einem Artikel, der keine versteckten Mängel haben kann (angenommen), z. Bsp. originalverpacktes PC-Monitor,

Hast du eine sinnvolle Begründung dafür weshalb ein originalverpacktes Gut gerade keine versteckten Mängel haben soll?





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"Die Beiträge stellen ausschließlich meine persönliche Meinung/Interpretation dar !

"

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#9
 Von 
ApolloHH
Status:
Frischling
(20 Beiträge, 4x hilfreich)

Na, wenn der Käufer plötzlich sagt, dass ein OVP Gerät vom Tisch runtergefallen und nun kaputt ist.
Und zu deiner Frage: wie kann ich feststellen, dass eingeschweistes Gerät "versteckte Mängel" hat, dafür muss ich mindestens auspacken oder? was z. Bsp. bei eBay Auktion, wo OVP-Gerät verkauft wird automatisch zu Abweichung in Beschreibung führen wird.

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#10
 Von 
guest-12322.08.2012 17:44:40
Status:
Senior-Partner
(6927 Beiträge, 2508x hilfreich)

quote:
Verkäufer behauptet, Artikel wäre ihm aus der Hand gerutscht und dabei vollständig zerstört worden.


Das und "vom Tisch" fallen etc. wäre aber VK-Verschulden, fahrlässig, das würde ihn nicht von der Haftung aus dem KV befreien, auch nicht bei ebay.

Ich behaupte sogar, dass eine gesteigerte Sorgfaltspflicht besteht, wenn eine Auktion läuft.

Denkbare Fälle sind Diebstahl, Elementarschäden, da kann der VK mangels Verschulden frei werden, wenn er das nachweisen kann. Wenn er das kann.



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