Ebayauktion - Käufer beruft sich auf §119 BGB?

8. November 2013 Thema abonnieren
 Von 
MaverickLS
Status:
Frischling
(30 Beiträge, 14x hilfreich)
Ebayauktion - Käufer beruft sich auf §119 BGB?

Hallo,

habe mich nun ein bischen über den §119 BGB eingelesen inkl. diverser Beispielfälle. Allerdings habe ich in diesen Beiträgen stets nur von Verkäufern gelesen, die sich auf §119 BGB berufen haben bzgl. der Anfechtung (aufgrund von Fehlern im Angebot) selbst eingestellter Auktionen.

Zu meinem Fall habe ich leider keine Beispiele gefunden. Der Sachverhalt stellt sich kurz und knapp so dar: der Käufer gibt an, gar nicht auf meine Auktion geboten zu haben und würde sich nur melden, weil er über eBay eine Zahlungsaufforderung bekommen hat. Er erklärt weiter, dass er die entsprechende Konsole für die ersteigerten Spiele gar nicht hätte und das er sich nicht erklären kann, wie das Gebot überhaupt zustande gekommen ist. Desweiteren schreibt er, dass er in der Gebotshistorie einen 5-stelligen Betrag geboten hätte, was seiner Meinung dafür spricht, dass hier ein Fehler vorliegt. Schlussendlich beruft er sich auf §119 BGB und fechtet den zustande gekommenen Kaufvertrag an.

Meine Frage: ist das einfach so möglich? Für mich wäre das so nicht nachvollziehbar, weil sich dann jeder nach Gebotsabgabe auf §119 BGB berufen könnte, wenn er dann den Artikel doch nicht mehr haben will. Kann mir kaum vorstellen, dass man sich selbst so einfach einen Freifahrtsschein ausstellen kann. Mal abgesehen davon finde ich es aus meiner Sicht etwas irrwitzig, wenn ein Käufer seine eigene Willenserklärung anfechten könnte. Aus meinen Verständnis wäre das ein Fall für die Leute mit den weißen Kitteln. Aber meine Meinung muss ja nicht richtig sein. Wäre für Erklärungen sehr dankbar.

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12 Antworten
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#1
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:
Meine Frage: ist das einfach so möglich?



Nein, eine Willenserklärung die man gar nicht abgegeben hat, kann man nicht anfechten. Ein Anfechtungsgrund ist hier sowieso nicht ersichtlich.

Die Frage ist, wie das Gebot denn zustande gekommen sein soll. Accountmissbrauch durch Dritte, gehackt?

Was den Missbrauch angeht, gibt es da eine ungute Entscheidung des BGH, hier die PM:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2011&Sort=3&nr=56118&pos=0&anz=84

Das ist grenzwertig, aber der BGH hat entschieden, daß die Frau nicht für den Missbrauch ihres accounts durch den Ehemann haftet, Klage abgewiesen.

Mit der Ausrede "ich kann mir das gar nicht erklären, wer da geboten hat" wird man sicher nicht "durch" kommen, es kann aber sehr problematisch sein, den angeblich wahren Bieter zu finden und in die Pflicht zu nehmen.

Pragmatische Lösung: Auktion einvernehmlich abbrechen, an 2.Bieter verkaufen oder Auktion neu einstellen.

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#2
 Von 
little-beagle
Status:
Student
(2181 Beiträge, 1248x hilfreich)

Ich sehe den Käufer da im Recht, allerdings ist es natürlich eine Einzelfallentscheidung und kein Freifahrtschein.

Szenario: K hat tatsächlich nicht geboten; es liegt ein Systemfehler beim Anbieter vor. K erfährt von "seinem" Gebot über die "Sie haben gewonnen"-Email und fichtet wegen Irrtums an. Auch wenn er selbst den Irrtum gar nicht begangen hat, kommt er damit seiner Schadenminderungspflicht nach, weil Du jetzt weißt, dass der K die Ware gar nicht haben möchte, nicht gewillt ist, diese zu bezahlen und Du diese also auch nicht auf den Weg schicken musst.

Ebenso könnte der Account von K gehackt worden sein; für ein irrtümliches Gebot bzw. ein Gebot von Dritten spricht ja in der Tat das fünfstellige Gebot auf ein paar Spiele, was sicherlich unverhältnismäßig ist.

Es könnte natürlich sein, dass jemand anderes (der Anbieter, der Spassbieter) Dir schadensersatzpflichtig ist, das wird aber daran scheitern, dass Du niemanden greifen kannst und Dein Schaden nicht so ohne weiteres zu beziffern ist.




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#3
 Von 
Droid
Status:
Schüler
(394 Beiträge, 276x hilfreich)

Der BGH leidet scheinbar auch unter Schizophrenie, mal gelten die Ebay-AGB auch unterhalb der Verkäufer-Bieter, dann wieder nur im Verhältnis Käufer/Verkäufer-Ebay.

Da es hier aber offensichtlich nicht um viel Geld geht und sich die Ware auch problemlos und ohne Verlust wieder verkaufen lässt, würde ich das auch so hinnehmen.

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#4
 Von 
GROC
Status:
Lehrling
(1024 Beiträge, 691x hilfreich)

quote:
Nein, eine Willenserklärung die man gar nicht abgegeben hat, kann man nicht anfechten.


Man kann allerdings vorsorglich anfechten, darin liegt noch kein venire contra factum proprium .

Denn oftmals kommt man mit der Anfechtung schneller zur Lösung als mit der Diskussion darüber, ob man nun das Gebot abgegeben hat oder nicht und wer dabei für was beweispflichtig ist.

Entweder man hat nicht geboten (dann kein Vertrag) oder man hat den Vertrag wegen Irrtums angefochten, bei keiner Lösung bekommt der VK wirklich was heraus (außer einem evtl. Mindererlös bei erneuter Auktion).

quote:
für ein irrtümliches Gebot bzw. ein Gebot von Dritten spricht ja in der Tat das fünfstellige Gebot auf ein paar Spiele, was sicherlich unverhältnismäßig ist


Die Frage ist, ob jemand sich die Mühe des Hackens macht, nur um Spaßgebote abzugeben. Könnte eher wahrscheinlich sein, daß jemand aus dem Haushalt (oder von den Gästen) des K ein Spaßgebot abgegeben hat (vielleicht der "lustige" Kumpel nach dem drölften Bier).

quote:
Der BGH leidet scheinbar auch unter Schizophrenie, mal gelten die Ebay-AGB auch unterhalb der Verkäufer-Bieter, dann wieder nur im Verhältnis Käufer/Verkäufer-Ebay.


Der BGH urteilt halt öfters zielorientiert (ohne mittelbare Wirkung wäre eine Artikelbeschreibung womöglich nicht bindend, mit mittelbarer Wirkung wäre man verantwortlich für den gehackten eigenen Rechner, beides nicht schön), da muß die Begründung dann schon mal angepaßt werden. ;)

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#5
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Entweder man hat nicht geboten (dann kein Vertrag) oder man hat den Vertrag wegen Irrtums angefochten, bei keiner Lösung bekommt der VK wirklich was heraus (außer einem evtl. Mindererlös bei erneuter Auktion). <hr size=1 noshade>



Wegen welchen Irrtums denn?

Wo soll man das denn in § 119 BGB , Inhalts-, Erklärungsirrtum einordnen? Wenn man noch nie von der Auktion gehört und gar kein Gebot abgegeben hat.

Da "hilfsweise" anzufechten ist schlicht sinnfrei.

Man kann ja i.Ü. nicht einfach alles einfach so anfechten, die Anfechtung hat recht enge Voraussetzungen.

Mindererlös, Differenzschaden gibt es i.Ü. auch nicht, nach § 122 BGB ist nur das negative Interesse geschuldet.

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1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
MaverickLS
Status:
Frischling
(30 Beiträge, 14x hilfreich)

Vielen Dank für alle Antworten!

Ob der Account nun gehackt wurde, ist reine Spekulation. Diese erlöst den Käufer doch aber nicht von seinen Pflichten. Belege/Beweise müssen in dem Fall her, die der Käufer zu erbringen hat. Soweit - denke ich - liege ich doch richtig(?).

Ein 5-stelliges Gebot abzugeben... dazu fällt mir nur ein Wort ein: Spassbieter.

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1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
3,141592653
Status:
Lehrling
(1802 Beiträge, 999x hilfreich)

quote:
Ein 5-stelliges Gebot abzugeben... dazu fällt mir nur ein Wort ein: Spassbieter.


Oder (schwerwiegender) Systemfehler. Das kann theoretisch schon passieren, wenn nur 1 Bit umklappt, dann steht im System etwas ganz anderes zu einer ganz anderen Auktion als das eigentlich der Fall sein sollte...

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"Meine Beiträge stellen nur meine Sicht der Dinge dar, keine Rechtsberatung. Alle Angaben ohne Gewähr"

1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
MaverickLS
Status:
Frischling
(30 Beiträge, 14x hilfreich)

Ich kann aber doch festhalten, dass der Käufer sich nicht ganz so einfach mit dem §119 BGB - so wie er sich vorstellt und begründet hat - nicht einfach aus der Verantwortung ziehen kann, richtig?

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1x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
guest-12320.09.2014 20:57:52
Status:
Bachelor
(3393 Beiträge, 2075x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Ich kann aber doch festhalten, dass der Käufer sich nicht ganz so einfach mit dem §119 BGB - so wie er sich vorstellt und begründet hat - nicht einfach aus der Verantwortung ziehen kann, richtig?
<hr size=1 noshade>



Der § 119 ist hier völlig daneben, wenn er behauptet gar nicht geboten zu haben. Er wird da erklären müssen, wie das Gebot von seinem account denn zustande kam. Mitbewohner offenbaren, ebay einschalten, Polizei, Staatsanwaltschft, wenn er eine Straftat vortäuscht, macht er sich selbst strafbar.

Wenn das Alles zu nichts führt, wird man ggf. einen Richter überzeugen können, daß nur er das gewesen sein kann.

Wenn er denn selber geboten hat, dann käme überhaupt erst eine Anfechtung dieses Gebots in Betracht. So heisst das ja: "Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war ..."

Dabei ist "Irrtum" sehr genau von den Gerichten definiert. Das ist kein bedingungsloses Sonderkündigungsrecht, sondern an sehr enge Voraussetzungen geknüpft, die bewiesen werden müssen und nur selten vorliegen.

Im BGH-Fall oben ging es um 20.000 EUR, da lohnt sich der Streit. Wenn die Klage auf den Mann, der tatsächlich geboten hatte, umgestellt worden wäre, wäre der auch verurteilt worden.

Sonst lohnt sich das Theater einfach oft nicht, man kann einfach anderweitig verkaufen, vielleicht sogar mit Gewinn, wenn man Glück hat.

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1x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
MaverickLS
Status:
Frischling
(30 Beiträge, 14x hilfreich)

Ok, dann vielen Dank für alle Antworten!

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1x Hilfreiche Antwort


#12
 Von 
mepeisen
Status:
Unsterblich
(24959 Beiträge, 16166x hilfreich)

Wobei man natürlich nicht unbedingt den 2. Bieter zwingen kann, das dann zu erstehen.

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"Meine Beiträge stellen keine Rechtsberatung dar. Sicherheit gibts nur beim Anwalt."

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