Kaufvertrag / Anfechtungsgrund "Sim-Lock"?

13. Februar 2012 Thema abonnieren
 Von 
Nina_23
Status:
Frischling
(19 Beiträge, 12x hilfreich)
Kaufvertrag / Anfechtungsgrund "Sim-Lock"?

Hallo,

ich habe eine grundsätzliche Frage zum Auktionshandel.

Wenn eine Privatperson eine Auktion vorzeitig beendet, bei der eine andere Privatperson Höchstbietender war, dann ist die Folge hier ja schon oft diskutiert worden, wie ich heute gelesen habe.

Aber ich finde keine Antwort auf meine Frage.

Es geht darum, wenn der Verkäufer statt "Sim-Lock" "ohne Sim-Lock" als Eigenschaft angeklickt hat und ihm dies zwei Tage später nachdem Gebote vorliegen, aufgefallen ist und er die Auktion beendet, wie ist bei so etwas die Rechtslage? Gilt nach der aktuell bekannten Rechtssprechung au
ch das als gesetzlich berechtigter Grund zum Abbruch?
Er konnte es ja nicht mehr ändern, als es ihm auffiel. Es lagen bereits zwei Gebote vor. (120 Euro Höchstgebot zu 500 Euro Wert)

Sollte es so eine ähnliche Fragestellung doch schon gegeben haben, entschuldige ich mich schon jetzt dafür.




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5 Antworten
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#2
 Von 
guest-12322.08.2012 17:44:40
Status:
Senior-Partner
(6927 Beiträge, 2505x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Gilt nach der aktuell bekannten Rechtssprechung au
ch das als gesetzlich berechtigter Grund zum Abbruch? <hr size=1 noshade>



Nein. Die ebay-"Spielregeln" lassen den Abbruch hier nicht zu.

Siehe VIII ZR 305/10

Bei Abbruch ist ein KV mit dem Höchstbieter zustande gekommen. Ein in der AB-simlockfreies Handy ist mangelhaft, wenn es diese Eigenschaft nicht hat.

Der K kann also Gewährleistungsrechte geltend machen.

Eine Anfechtungsmöglichkeit des VK besteht nicht . Das Gewährleistungsrecht schliesst die Anfechtung aus, "Vorrang der Mängelhaftung". Sonst wäre jeder KV anfechtbar, mit dem eine mangelhafte Sache verkauft wird.

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0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
guest-12322.08.2012 17:44:40
Status:
Senior-Partner
(6927 Beiträge, 2505x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Richtig ist vielmehr, daß nicht jeder KV anfechtbar ist, mit dem eine mangelhafte Sache verkauft wird, wenn dem Verkäufer eine Anfechtung vor Abwicklung des Erfüllungsgeschäfts erlaubt ist.
<hr size=1 noshade>


Das habe ich jetzt nicht verstanden. Was soll das bedeuten?

quote:<hr size=1 noshade>Ich finde es schon bemerkenswert, mit welcher Begeisterung du irgendwelche BGH Urteile zitierst ... <hr size=1 noshade>


Von Begeisterung kann man da nicht sprechen:

VIII ZR 305/10

Das Berufungsgericht ist bei der Auslegung von § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay- AGB vom Wortlaut ausgegangen, dabei aber nicht stehen geblieben. Es hat mit Recht angenommen, dass für das Verständnis dieser Bestimmung durch die Auktionsteilnehmer auch und gerade die erläuternden Hinweise von eBay zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Recht zur vorzeitigen Angebotsbeendigung besteht, von Bedeutung sind. Diese Erläuterungen über die "Spielregeln" der Auktion, die jedem Auktionsteilnehmer zugänglich sind, beeinflussen das wechselseitige Verständnis der Willenserklärungen der Auktionsteilnehmer und sind deshalb auch maßgebend für den Erklärungsinhalt des Vorbehalts einer berechtigten Angebotsrücknahme, unter dem jedes Verkaufsangebot gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 eBay-AGB steht.


Mit Anfechtung hat auch das nichts zu tun, laut BGH kommt bei einer berechtigten (!) Gebotstücknahme gar kein KV zustande.

Aber was mir gerade auffiel:

http://pages.ebay.de/rechtsportal/private_vk_3.html
ebay-AGB:

Das vorzeitige Beenden eines Angebots ist rechtlich nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Lesen Sie daher die folgenden Informationen sorgfältig durch, bevor Sie ein Angebot vorzeitig beenden bzw. Gebote streichen.

Das vorzeitige Beenden eines Angebots ist nach § 9 Abs. 11 der eBay-AGB nur zulässig, wenn Sie dazu gesetzlich berechtigt sind. Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) können Sie sich von einer verbindlichen Willenserklärung (wie das Einstellen eines Angebots auf dem eBay-Marktplatz) lösen, wenn ein so genannter Anfechtungsgrund vorliegt. Ein Anfechtungsgrund liegt vor, wenn Sie sich bei der Abgabe einer Willenserklärung in einem relevanten Irrtum befanden.

In Betracht kommt:

Erklärungsirrtum: Ihnen ist beim Erstellen des Angebots ein Fehler unterlaufen, z.B. Sie haben sich bei der Eingabe des Start- oder Sofort-Kaufen-Preises vertippt. Auch eine versehentliche Verwendung der Sofort-Kaufen Option kann zur Anfechtung berechtigen (vgl. AG Kassel, (Urt. v. 23.04.2009 - Az.: 421 C 746/09 ).
...


Die ebay-AGB entsprechen i.Ü. z.T. nicht der Rechtslage nach BGB. Aber laut BGH ist das egal, d.h. hier müsste (?) eine "Anfechtung" bei Vertippen möglich sein, da es die "Spielregeln" zulassen.

Das soll laut BGH i.Ü. auch gelten, wenn das dem K gar nicht bekannt ist:

Ob der Kläger von den Hinweisen zur Auktion tatsächlich Kenntnis genommen hat, ist für die Bestimmung des objektiven Erklärungswerts des Angebots des Beklagten (§§ 133 , 157 BGB ) unerheblich.


Ob das konkludent, schlicht durch Beenden der Auktion möglich ist, müsste man den BGH fragen.

Wenn das so ist, wäre hier kein KV zustande gekommen.

"Beim Erstellen des Angebots ein Fehler unterlaufen", wenn das immer zur Anfechtung berechtigt, kann man ebay abhaken. Es wäre für jeden VK leicht, die "Anfechtung" vorzutäuschen.

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-- Editiert flawless am 13.02.2012 23:34

0x Hilfreiche Antwort


#5
 Von 
guest-12322.08.2012 17:44:40
Status:
Senior-Partner
(6927 Beiträge, 2505x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Aber so ist es logischerweise nicht, wenn man dem Verkäufer erlaubt, vor dem Gefahrübergang, und nur vor dem Gefahrübergang nach 119 II anzufechten. <hr size=1 noshade>


So ist es logischerweise doch.

Kein VK verkauft bewusst eine mangelhafte Sache. Wenn man § 119 II BGB liest:

Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften ... der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

ist das beim (unbewussten) Verkauf jeder mangelhaften Sache gegeben. Der VK könnte also anfechten, der K i.Ü. auch. Auch nach Gefahrübergang. "Vorrang der Mängelhaftung".

Dem geht das Gewährleistungsrecht vor, es schliesst die Anwendung des § 119 II BGB , Motivirrtum aus.

Das gilt nicht i.F. des § 119 I BGB , Inhaltsirrtum, Erklärungsirrtum. Liegt das vor und wird die Anfechtung erklärt, wird der KV rückwirkend nichtig.

Darum geht es hier, das "Verklicken" wäre ein Erklärungsirrtum nach § 119 Abs.1 BGB . Wenn das nachweisbar ist, die Beweislast trifft VK.

Das OLG-O ist durch das o.g. BGH-Urt. widerlegt. Eine Anfechtung ist demnach gar nicht nötig, weil bei einer berechtigten Rücknahme laut BGH gar nicht erst ein KV zustande kommt.

Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass ein Kaufvertrag über die dem Kläger während der laufenden Internetauktion gestohlene Kamera nicht zustande gekommen ist, weil der Kläger dazu berechtigt war, die Auktion wegen des Diebstahls vorzeitig zu beenden.

Aber wie soll das gehen? Die Beweislast für den Irrtum/Fehler "beim Einstellen des Angebots", nicht später im Auktionsverlauf, hat der VK. Im BGH-Fall, Diebstahl, war das unproblematisch.

Das wird schwer nachzuweisen sein, wenn erst Tage nach dem Einstellen das Angebot beendet wird. Einfach die Behauptung "ich habe beim Einstellen einen Fehler gemacht", wird nicht reichen.

Letztendlich wird es jetzt so kommen, dass man das im Einzelfall auch auswürfeln könnte, wie die Amtsgerichte entscheiden weiss kein Mensch.

quote:<hr size=1 noshade>Was leider unvollständig ist, weil es nämlich eigentlich heissen müsste: "...das Angebot zu beenden, nachdem einer Ihrer Freunde oder Bekannten den Vertrag mit dem bisherigen Käufer durch ein höheres Gebot vernichtet hat." <hr size=1 noshade>


Ja, denke ich auch, wenn man dem ganzen Unsinn und den Risiken entgehen will, sollte man es so "töten", auch wenn das nicht ebay-Regelkonform ist. Aber bei einem Rechtsstreit lässt einen ebay ja auch im Regen stehen.

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