Wegen 6 Euro aus Prinzip klagen?

5. Mai 2010 Thema abonnieren
 Von 
Dopavin
Status:
Praktikant
(507 Beiträge, 120x hilfreich)
Wegen 6 Euro aus Prinzip klagen?

Hi,

mich interessiert folgende Frage:

Privat kauft im Auktionshaus bei einem gewerblichen Händler einen Artikel für 30,00 Euro + 6,00 Euro Versand.
Der Kunde erhält den Artikel, widerruft den Kauf und schickte die Ware zurück.

Der Händler erstattet 30,00 Euro. Nachdem der Kunde nun den Händler darauf hinweist, dass noch die 5,99 Euro Hinsendekosten fehlen, bricht der Kontakt ab.

Ich spinn die Sache jetzt mal weiter, auch auf die Gefahr hin, verbale Prügel zu kassieren und bitte um Eure Meinung:

Kunde setzt dem Händler per Mail über das Auktionshaus eine Frist von 12 Tagen für die Überweisung. Wenn nichts passiert, schickt der Kunde dem Händler nach 15 Tagen das Ganze per Einschreiben mit einer erneuten Fristsetzung. (Kunde berechnet die Kosten für das Einschreiben hinzu?!, somit 5,99 + 2,05 = 8,04 Euro)
Nachdem auch hier die Frist ohne Ergebnis verstreicht, beantragt der Kunde beim Antsgericht einen Mahnbescheid (23 Euro?). (Forderung nun 31,04 Euro)

Wenn der Händler dem nun widerspricht, hat es sich wohl erledigt oder kann man auch so einen gringen Betrag (eigentlich ja nur 5,99 Euro) einklagen? Ich als Laie habe es nur so gehört, wer verliert zahlt.

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-- Editiert am 05.05.2010 18:46

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8 Antworten
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#1
 Von 
bogus1
Status:
Master
(4223 Beiträge, 1424x hilfreich)

Zunächst einmal wäre ja die Frage zu stellen, ob der Händler die Hinsendekosten zu erstatten hat? Wir haben es ja immerhin mit einem jahrelangen Streit um die Rechtslage zu tun, der gerade erst entschieden wurde.

http://www.shopbetreiber-blog.de/2010/04/15/eugh-urteil-hinsendekosten-widerrufsrecht/

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer) 15. April 2010(*)

http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num=79899584C19080511&doc=T&ouvert=T&seance=ARRET

Insofern konnte bis dahin ein Händler immerhin darauf hinweisen, dass eine Nichterstattung der Hinsendekosten zumindest dem geltenden deutschen Recht entsprach, auch wenn die Richtlinie 97/7/EG, die umzusetzen war, etwas anderes aussagte.

Artikel 6

(2) übt der Verbraucher das Recht auf Widerruf gemäss diesem Artikel aus, so hat der Lieferer die vom Verbraucher geleisteten Zahlungen kostenlos zu erstatten. Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren . Die Erstattung hat so bald wie möglich in jedem Fall jedoch binnen 30 Tagen zu erfolgen.

So weit, so gut - die Entscheidung ist da, jetzt haben die Händler das Problem, dass sie teilweise Hin- und Rücksendekosten zu erstatten haben (Ausnahme EUR 40,00 Klausel bei entsprechender Belehrung).

quote:<hr size=1 noshade>Kunde setzt dem Händler per Mail über das Auktionshaus eine Frist von 12 Tagen für die Überweisung. <hr size=1 noshade>


Problem: Der Zugang der E-Mail kann nicht bewiesen werden. Der Zugang muss aber im Zweifel nachweisbar sein. Wenn der Händler jetzt den toten Mann spielt, besteht die Gefahr, dass er später behauptet, nie eine solche E-Mail erhalten zu haben. Das Gegenteil kann man nicht beweisen.

Es ist genau diese Problematik:

http://www.123recht.net/Mahnung-per-e-Mail-rechtskr%C3%A4ftig-__f227624.html

Die erste Mahnung ist aber erst verzugsbegründend, sie ist nicht erstattungsfähig. Wenn man jetzt ein Einschreiben aufsetzt, um den Händler in Verzug zu setzen, bezahlt man diese Kosten selbst. Die kriegt man auch nicht zurück (!).

Alles andere läuft dann wie vermutet. Ist die Frist abgelaufen, kann man einen Mahnbescheid erwirken, widerspricht der Händler, schließt sich eine Klage an, es sei denn, man gibt auf.

Alternativ schickt man erst einmal über eBay eine E-Mail, indem man den Händler auffordert die fehlenden EUR 6,00 zu erstatten (mit Hinweis auf die Rechtslage) und ihm zu verstehen gibt, dass er automatisch nach 30 Tagen mit der Rückzahlung in Verzug kommt (§ 286 Abs. 3 BGB ) und dass man dann sofort einen Mahnbescheid erwirkt. Ob er das liest oder nicht, ist seine Sache, es bleibt dabei, dass er automatisch nach 30 Tagen mit der Rückzahlung in Verzug kommt.

§ 357 BGB
Rechtsfolgen des Widerrufs und der Rückgabe

(1) Auf das Widerrufs- und das Rückgaberecht finden, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt entsprechende Anwendung. § 286 Abs. 3 gilt für die Verpflichtung zur Erstattung von Zahlungen nach dieser Vorschrift entsprechend; die dort bestimmte Frist beginnt mit der Widerrufs- oder Rückgabeerklärung des Verbrauchers. Dabei beginnt die Frist im Hinblick auf eine Erstattungsverpflichtung des Verbrauchers mit Abgabe dieser Erklärung, im Hinblick auf eine Erstattungsverpflichtung des Unternehmers mit deren Zugang.

(2) Der Verbraucher ist bei Ausübung des Widerrufsrechts zur Rücksendung verpflichtet, wenn die Sache durch Paket versandt werden kann. Kosten und Gefahr der Rücksendung trägt bei Widerruf und Rückgabe der Unternehmer. Wenn ein Widerrufsrecht nach § 312d Abs. 1 Satz 1 besteht, dürfen dem Verbraucher die regelmäßigen Kosten der Rücksendung vertraglich auferlegt werden, wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn bei einem höheren Preis der Sache der Verbraucher die Gegenleistung oder eine Teilzahlung zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht erbracht hat, es sei denn, dass die gelieferte Ware nicht der bestellten entspricht.

(3) Der Verbraucher hat abweichend von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung zu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist. § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 findet keine Anwendung, wenn der Verbraucher über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt worden ist oder hiervon anderweitig Kenntnis erlangt hat.

(4) Weitergehende Ansprüche bestehen nicht.


§ 286 BGB
Verzug des Schuldners

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
1. für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2. der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3. der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4. aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet ; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

So hat man sich das Einschreiben erspart, der Händler wird sich seine Gedanken machen.

Trotzdem natürlich einiges an Stress für EUR 6,00.



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#2
 Von 
Dopavin
Status:
Praktikant
(507 Beiträge, 120x hilfreich)

@bogus1
vielen Dank für die extrem ausführliche Antwort und die Mühe. Da hatte ich ja kleine Denkfehler in meinem Vorhaben.
Du hast natürlich Recht, viel Stress für 6 Euro.



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#3
 Von 
Tini-D.
Status:
Schüler
(212 Beiträge, 78x hilfreich)



Der Händler hat 30 Euro erstattet? (das war ja der Auktionspreis)

Und wer hat die Rücksendekosten bezahlt??

:???:

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"Meine Antworten geben nur meine persönliche Meinung wieder, sind keinesfalls eine Rechtsberatung"

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Dopavin
Status:
Praktikant
(507 Beiträge, 120x hilfreich)

quote:
Der Händler hat 30 Euro erstattet? (das war ja der Auktionspreis)

Und wer hat die Rücksendekosten bezahlt??




Die Rücksendekosten trägt der Kunde, da es sich um ein normalen Widerruf handelt und der Artikel wie genannt unter 40 Euro liegt.



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0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
gentle_knight
Status:
Beginner
(94 Beiträge, 64x hilfreich)

Stimmt: Es gibt überhaupt keine Rechtsgrundlage für die Einklagung der Rück-Versandkosten - da der Käufer bei einem Kaufwert von bist zu 40 Euro grundsätzlich per Gesetz (ausser anders vereinbart) den Rückversand selbst trägt.

Darüber hinaus wird sich wegen Geringfügigkeit keine rechtliche Instanz damit beschäftigen, schätze ich mal.

LG

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0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
bogus1
Status:
Master
(4223 Beiträge, 1424x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Stimmt: Es gibt überhaupt keine Rechtsgrundlage für die Einklagung der Rück-Versandkosten <hr size=1 noshade>


Es ging ja dem TE um die Hinsendekosten.


quote:<hr size=1 noshade>da der Käufer bei einem Kaufwert von bist zu 40 Euro grundsätzlich per Gesetz (ausser anders vereinbart) den Rückversand selbst trägt. <hr size=1 noshade>


Falsch, die trägt er nicht automatisch, die trägt er nur, wenn er darüber rechtwirksam belehrt wurde (§ 357 Abs. 2 S. 3 BGB ).

Wenn ein Widerrufsrecht nach § 312d Abs. 1 Satz 1 besteht, dürfen dem Verbraucher die regelmäßigen Kosten der Rücksendung vertraglich auferlegt werden, wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn bei einem höheren Preis der Sache der Verbraucher die Gegenleistung oder eine Teilzahlung zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht erbracht hat, es sei denn, dass die gelieferte Ware nicht der bestellten entspricht.


Also nicht "grundsätzlich".

quote:<hr size=1 noshade>Darüber hinaus wird sich wegen Geringfügigkeit keine rechtliche Instanz damit beschäftigen, schätze ich mal. <hr size=1 noshade>
.

Du kannst für einen Cent klagen. Es gibt keine Geringfügikeit. Die Gebühren werden ohnehin von einem Mindeststreitwert von EUR 300,00 berechnet.

Wir wissen, dass insbesondere Telekommunikationsunternehmen Beträge unter EUR 2,00 noch per Inkasso eintreiben lassen. Teilweise noch nach Jahren, die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre (§ 195 BGB ).

Aus EUR 2,00 werden ganz schnell EUR 50,00 und mehr...



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0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Dopavin
Status:
Praktikant
(507 Beiträge, 120x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Du kannst für einen Cent klagen. Es gibt keine Geringfügikeit. Die Gebühren werden ohnehin von einem Mindeststreitwert von EUR 300,00 berechnet.

Wir wissen, dass insbesondere Telekommunikationsunternehmen Beträge unter EUR 2,00 noch per Inkasso eintreiben lassen. Teilweise noch nach Jahren, die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre (§ 195 BGB ).

Aus EUR 2,00 werden ganz schnell EUR 50,00 und mehr... <hr size=1 noshade>


Das hätte mich auch gewundert, wenn es dafür eine Geringfügigkeit geben würde. Und darüber hinaus bin ich der Meinung, dass auch 2 Euro völlig zu Recht einklagbar sind. Beim Thema Hinsendekosten werden diese sehr gerne von den Händlern bei der Erstattung ignoriert und viele Kunden akzeptieren das. Man kann sicher darüber diskutieren, ob es "fair" ist, dass der Händler auch die Hinsendekosten erstatten muss (meiner Meinung nach ist das auf jeden Fall fair!), aber die Gesetzeslage ist nunmal so. Sollte in diesem Fall der Händler nicht zahlen, würde ich auf jeden Fall weitergehen.



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#8
 Von 
gentle_knight
Status:
Beginner
(94 Beiträge, 64x hilfreich)

Ah - "Hinsendekosten" - sorry, mein Fehler. Ich nehm´s zurück :-)

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