Ersatzkauf/Zurückbehaltungsrecht

21. Januar 2016 Thema abonnieren
 Von 
JogyB
Status:
Bachelor
(3155 Beiträge, 3146x hilfreich)
Ersatzkauf/Zurückbehaltungsrecht

Hallo zusammen,

ich wollte sicherheitshalber nochmal meine Vorgehensweise zur Diskussion stellen, bevor ich den nächsten Schritt gehe.

Ich habe im Dezember letzten Jahres ein Paar hochwertige Trecking-Teleskopstöcke gekauft (Preis normalerweise 100-110 €, der Händler hatte sie gerade für 85 €). Die wurden auch schnell geliefert, ich habe sie kurz angeschaut und bis auf einen kleinen Fehler an einer Skala zur Längeneinstellung am rechten Stock (die 0 war nicht ganz perfekt, war mir egal) habe ich zunächst nichts bemerkt. Da ich gerade keine Verwendung für die Stöcke hatte, wurden sie zur Seite gelegt. Am 1.1. wollte ich sie dann mal kurz testen. Als ich sie dann auf die richtige Länge eingestellt habe, ist mir beim rechten Stock aufgefallen, dass das untere Segment beim Öffnen der Sicherung am Rand schleift und sich auch nicht zentrisch dreht. Im Vergleich mit dem anderen Stock wurde dann klar, dass das untere Segement an diesem Stock verbogen zu sein scheint (könnte natürlich auch die Führung sein).

Ich habe dies daraufhin per E-Mail beim Händler als Sachmangel gemeldet und eine Frist bis zum 19.1. gesetzt. Der Händler hat darauf geantwortet (Erhalt der Frist ist also nachweisbar, sonst wäre das nochmal per Fax raus), dass er es 4-6 Wochen zum Hersteller einschicken will. Nach einigem Hin- und Her hat er dann verstanden, dass ich auf die Fristsetzung bestehe. Die mangelhafte Ware ging komplett zurück und eine neue Lieferung habe ich am 18.1. erhalten.

Als ich dann am 20.1. von meiner Dienstreise zurück war und die Ware geprüft hatte, bin ich aus allen Wolken gefallen. Der neuegelieferte rechte Stock hatte exakt denselben Mangel am untersten Segment - und auch die fehlerhafte Beschrifte an der Skala. Ich habe die starke Vermutung, dass ich einfach wieder dieselben Stöcke (ob versehentlich oder absichtlich) wieder erhalten habe. Dass diese zwei Fehler wieder zusammentreffen und das dann wieder beim rechten Stock (die Segmente sind links und rechts identisch) ist dann doch sehr unwahrscheinlich. Ist aber letztendlich egal, der Mangel wurde nicht innerhalb der Frist behoben und ich kann vom Kaufvertrag zurücktreten.

Das habe ich dem Händler auch mitgeteilt, ihm jedoch noch aus Kulanz die Chance gelassen, direkt am heutigen Tag mangelfreie Stöcke auf den Weg zu bringen, ansonsten würde ich zurücktreten und die Kosten einer Ersatzbeschaffung (Stöcke sind nicht mehr unter 100 € zu bekommen) geltend machen. Seine Reaktion darauf war, dass ich die Stöcke zurücksenden soll und ich bekäme den Kaufpreis zurück - was er wohl als unheimliches Entgegenkommen anzusehen scheint. Die Bezahlung der Mehrkosten der Ersatzbeschaffung will er aber nicht unternehmen - schriftlich hat er das nicht deutlich kommuniziert, telefonisch hingegen schon (hab mir schon gedacht, dass das Gespräch nichts nutzt, aber war eh 4 Stunden im Auto unterwegs).

Ich persönlich will die Stöcke aber nicht zurücksenden, sondern würde lieber ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, bis die Ersatzbeschaffung bezahlt wurde.

Meine Vorgensweise wäre folgende:
1. Ich erkläre nachweisbar den Rücktritt vom Kaufvertrag.
2. Ich nehme die Ersatzbeschaffung vor, schicke dem Verkäufer eine Kopie der Rechnung und fordere ihn mit Fristsetzung zur Begleichung des Betrags auf (ob er jetzt den Kaufpreis bei sich erstattet und dann noch die Differenz oder gleich den kompletten Betrag des Ersatzkaufes, läuft ja exakt auf dasselbe heraus).
3. Bezüglich der mangelhaften Stöcke mache ich von meinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch, bis er die Erstattung vorgenommen hat.

Passt das aus Eurer Sicht so oder soll ich es anders machen?

Insbesondere bei der Zurückbehaltung bin ich mir nicht 100%ig sicher, ob das tatsächlich geht. Die Rückgewähr hat ja Zug um Zug zu erfolgen, aber wer muss den ersten Zug machen? Ich meine, ich musste zuerst bezahlen und bekam dann die Ware, also warum soll der Verkäufer zuerst die Ware bekommen und dann zurückzahlen?

Falls aber grundsätzlich der Käufer zuerst die Ware zurückschicken muss, lässt sich ein Zurückbehaltungsrecht aus dem fälligen Schadenersatz (Mehrkosten der Ersatzbeschaffung) wegen der Pflichtverletzung des Verkäufers (§281 BGB ) herleiten?

Danke.

Probleme nach Kauf?

Probleme nach Kauf?

Ein erfahrener Anwalt im Kaufrecht gibt Ihnen eine vertrauliche kostenlose Einschätzung!
Ein erfahrener Anwalt im Kaufrecht gibt Ihnen eine vertrauliche kostenlose Einschätzung!
Kostenlose Einschätzung starten Kostenlose Einschätzung starten



3 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
lesen-denken-handeln
Status:
Richter
(8508 Beiträge, 4058x hilfreich)

Hallo,

also meiner Meinung nach begehst du hier einen grossen Fehler!

Zitat:
ist aber ein Privatverkauf gewesen.
Auf welcher rechtlichen Grundlage? Du musst dem Händler einen zweiten Versuch zur Mangelbeseitigung gewähren.

Zitat:
2. Ich nehme die Ersatzbeschaffung vor, schicke dem Verkäufer eine Kopie der Rechnung und fordere ihn mit Fristsetzung zur Begleichung des Betrags auf
Das nennt sich momentan dann nicht Ersatzbeschaffung, sondern das ist dan einfach ein weiterer Kauf, mehr aber nicht. Wieso soll der Händler dir ein weiteres Paar solcher Stöcke bezahlen? Nur weil du insgesammt 2 Paar haben willst?

Zitat:
3. Bezüglich der mangelhaften Stöcke mache ich von meinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch
Wenn du den Mangel beseitigt haben willst, dann musst du dem VK auch einen zweiten Versuch gewähren, dazu hat er aber das Recht den Mangel auch zu überprüfen!


Zitat:
Das habe ich dem Händler auch mitgeteilt, ihm jedoch noch aus Kulanz die Chance gelassen, direkt am heutigen Tag mangelfreie Stöcke auf den Weg zu bringen
Hast nen tollen Witz gerissen oder? Du musst eine zweite Mangelbeseitigung gewähren! Das mit dem Heutigen Tag etc, dazu sage ich nichts weiter mehr...






0x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
JogyB
Status:
Bachelor
(3155 Beiträge, 3146x hilfreich)

Zitat:
Du musst dem Händler einen zweiten Versuch zur Mangelbeseitigung gewähren.

Nein, muss ich nicht. Lies doch einfach mal §437 Nr. 2 BGB . Der Rücktritt kann nicht nur nach §440 BGB (zwei fehlgeschlagene Nacherfüllungen), sondern auch gemäß §323 BGB (Nicht- oder Schlechtleistungt) und §326 Abs. 5 BGB (Unmöglichkeit) erfolgen.

Zitat (von lesen-denken-handeln):
Auf welcher rechtlichen Grundlage?

Ich habe eine Frist für die Nacherfüllung gesetzt und damit basiert der Rücktritt auf §323 Abs. 1 BGB .
Zitat:
(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.


Zitat (von lesen-denken-handeln):
Wieso soll der Händler dir ein weiteres Paar solcher Stöcke bezahlen? Nur weil du insgesammt 2 Paar haben willst?

Er soll nicht zwei weitere Paar Stöcke bezahlen. Er soll den Ersatzkauf finanzieren, wozu er gemäß §281 BGB verpflichtet ist. Dass ich keine zwei Paar haben will, dürfte aus dem nächsten Absatz klar werden, ich will lediglich ein Zurückbehaltungsrecht ausüben, so dass er zuerst leisten muss und dann ich. Die Frage ist nur, ob die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts hier möglich ist oder nicht. Also ob derjenige, der die Schlechtleistung erbracht hat in Vorleistung gehen muss oder derjenige, der diese reklamiert.

Grundsätzlich bejaht der BGH ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber einem Herausgabeanspruch (den der Händler nach dem Rücktritt zweifelsohne hat, §346 Abs. 1 BGB ). Nur bin ich auch nach Lesen der Kommentare im Palandt nicht so wirklich viel schlauer.

Zitat (von lesen-denken-handeln):
as mit dem Heutigen Tag etc, dazu sage ich nichts weiter mehr...

Aha, was wolltest Du denn sagen? Die Voraussetzungen für den Rücktritt waren bereits erfüllt, ich gewähre dem Händler damit eine Möglichkeit, auf die er keinen Rechtsanspruch hat. Und wenn ich aus reiner Kulanz handle, dann brauche ich mich um die rechtliche Basis nicht scheren. Nimmt er es an ist es gut, nimmt er es nicht an, dann sind wir eben wieder da, wo wir ohne das Kulanzangebot gewesen wären.

-- Editiert von JogyB am 21.01.2016 21:42

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
JogyB
Status:
Bachelor
(3155 Beiträge, 3146x hilfreich)

Zitat (von JogyB):
Die Frage ist nur, ob die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts hier möglich ist oder nicht. Also ob derjenige, der die Schlechtleistung erbracht hat in Vorleistung gehen muss oder derjenige, der diese reklamiert.

Mal noch ergänzend hierzu: Wenn man nun ein Zurückbehaltungsrecht verneint und ebenso davon ausgeht, dass auf keiner Seite die Pflicht zur Vorausleistung besteht, dann sind wir ja eigentlich bei der Erfüllung Zug-um-Zug. D.h. ich bin verpflichtet zurückzusenden und die sind verpflichtet zu zahlen.

In dem Fall könnte ich ja direkt eine Frist für die Zahlung setzen, da deren Zahlungsverpflichtung nicht vom Rückversand der Ware abhängt. Ich müsste dann nur nach dem ggf. fruchtlosen Fristablauf vor Beantragung des Mahnbescheids die Ware zurücksenden.

Zudem stellt sich mir die Frage, ob ich beim Rücktritt überhaupt zurücksenden muss. Der Erfüllungsort des Rückgewährschuldverhältnisses ist ja der Ort, an dem sich die Sache derzeit befindet. D.h. ich könnte die Erfüllung Zug-um-Zug verlangen und die Ware einfach zur Abholung bereithalten.

Oder sehe ich hier irgendetwas falsch?

0x Hilfreiche Antwort

Und jetzt?

Für jeden die richtige Beratung, immer gleich gut.
Schon 266.521 Beratungen
Anwalt online fragen
Ab 30
Rechtssichere Antwort in durchschnittlich 2 Stunden
107.801 Bewertungen
  • Keine Terminabsprache
  • Antwort vom Anwalt
  • Rückfragen möglich
  • Serviceorientierter Support
Anwalt vor Ort
Persönlichen Anwalt kontaktieren. In der Nähe oder bundesweit.
  • Kompetenz und serviceoriente Anwaltsuche
  • mit Empfehlung
  • Direkt beauftragen oder unverbindlich anfragen
Alle Preise inkl. MwSt. zzgl. 5€ Einstellgebühr pro Frage.

Jetzt Anwalt dazuholen.

Für 60€ beurteilt einer unserer Partneranwälte diese Sache.

  • Antwort vom Anwalt
  • Innerhalb 24 Stunden
  • Nicht zufrieden? Geld zurück!
  • Top Bewertungen
Ja, jetzt Anwalt dazuholen