Fahrpreisnacherhebung unter 18

2. Februar 2023 Thema abonnieren
 Von 
sajmeeeen
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)
Fahrpreisnacherhebung unter 18

Mein Sohn kam heute mit einer Fahrpreisnacherhebung nach Hause, er ist unter 18.
Ich wollte der Verkehrsgesellschaft folgendes schreiben:


Sehr geehrte Damen und Herren,
mir liegt eine Fahrpreisnacherhebung für meinen Sohn Max Mustermann vor, geboren am 30.05.2006.

Hiermit widerspreche ich dieser Fahrpreisnacherhebung, da mein Sohn laut BGB §106 erst beschränkt geschäftsfähig ist und somit den Beförderungsvertag ohne meine Zustimmung nicht abschließen durfte, beziehungsweise er nicht rechtskräftig ist.
Außerdem lag nach BGB §107 keine Zustimmung oder Kenntnis von der Beförderung oder dem Beförderungsvertrag meinerseits vor.
Zuzüglich der rechtswidrigen Fahrpreisnacherhebung wurde mein Sohn sehr schlecht von den Kontrolleuren behandelt. Er kooperierte direkt und fing erstmal an nach seinem Ticket zu suchen, ihr Mitarbeiter machte sich lautstark im Bus über meinen Sohn lustig in dem er spöttisch zu seinem Kollegen, in einer Lautstärke das es viele andere im Bus hörten folgendes sagte: Da haben wir einen typischen „Sucher".
Mein Sohn teilte dem Kontrolleur des Öfteren mit das er einen wichtigen Termin hätte den er nicht verpassen dürfe.


Das habe ich online gefunden:

"Das Amtsgericht Jena (22 C 21/01) verneint mit seinem Urteil vom 05.07.2001 einen Anspruch der öffentlichen Verkehrsbetriebe auf ein erhöhtes Beförderungsentgelt gegen minderjährige Schwarzfahrer. Die Begründung: Minderjährige sind lediglich beschränkt geschäftsfähig (§ 106 BGB) und daher nicht in der Lage, Rechtsgeschäfte, die sie finanziell benachteiligen und verpflichten, ohne Einwilligung der Eltern als ihre gesetzlichen Vertreter abzuschließen (§ 107 BGB). Selbst wenn die gesetzlichen Vertreter ihren minderjährigen Kindern zuvor explizit finanzielle Mittel überlassen, um eine Fahrkarte zu erwerben, ändert das nichts an der rechtlichen Situation, da die Richter auf das Minderjährigenrecht abstellen, dem sie eindeutig Vorrang vor allen weiteren gesetzlichen Vorschriften geben. Die Einwilligung der Eltern bezieht sich ausschließlich auf den Erwerb der Fahrkarte und die damit verbundene Beförderung. So seltsam das auch klingt, die Verkehrsbetriebe hätten nur dann einen Anspruch auf Entrichtung des erhöhten Beförderungsentgeltes (§ 340 BGB), wenn Minderjährige auch die Einwilligung ihrer Eltern zu den Schwarzfahrten nachweisen könnten, was in der Praxis natürlich wohl kaum vorkommen wird. Aufgrund der Schwarzfahrt kommt ein rechtlich wirksamer Beförderungsvertrag nicht zustande, da die Einwilligung der Eltern fehlt (107 BGB). Ohne Beförderungsvertrag kein Anspruch auf das erhöhte Beförderungsentgelt."



Jetzt zu meiner Frage, ist das rechtlich gültig?
Liebe grüße :wink:


-- Editiert von User am 2. Februar 2023 15:24

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14 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Schalkefan
Status:
Lehrling
(1283 Beiträge, 216x hilfreich)

Ich als Laie kann zu dem Urteil nichts sagen, aber kann nur mit dem Kopf schütteln. Und hoffen, dass ein solches Amtsgerichtsurteil nicht allgemeingültig ist.

Ich als Elternteil würde mich schämen, solch einen Brief, auf solch ein Urteil gestützt, zu schreiben. Was bringen wir unseren Kindern bei, dass Schwarzfahren keine Konsequenzen hat? Ich würde mein Kind das zahlen lassen (vom Taschengeld) damit es daraus eine Lehre zieht, und es nicht noch unterstützen, aus solchen Situationen rauszukommen.

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#2
 Von 
spatenklopper
Status:
Gelehrter
(10701 Beiträge, 4210x hilfreich)

Zitat (von Schalkefan):
Und hoffen, dass ein solches Amtsgerichtsurteil nicht allgemeingültig ist.


Amtsgerichtsurteile sind nie allgemein gültig, es ändert aber nichts an der Rechtslage, dass erhöhte Beförderungsentgelte, egal ob 60€ oder die "kulanten" 7€ bei nachträglichem vorzeigen, nicht von Minderjährigen gefordert werden dürfen.Diverse Amtsgerichte haben das bereits entschieden.

Und wenn es ein neueres Urteil als das von 2001 aus Jena sein soll -> Amtsgericht Dresden -> Urteil vom 26.01.2018 (Az.: 101 C 4414/17)

Jetzt das ganz große ABER!

Man sollte nicht vergessen, dass der Filius 17 Jahre alt ist und damit strafmündig.
Das das erhöhte Beförderungsentgelt nicht gefordert werden kann, schützt nicht vor der möglichen strafrechtlichen Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft nach § 265a StGB (Erschleichen von Leistungen) nach Jugendstrafrecht.

Es gibt also durchaus Diskussionsbedarf. ;)

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
sajmeeeen
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von Schalkefan):
Was bringen wir unseren Kindern bei, dass Schwarzfahren keine Konsequenzen hat?

Ich verstehe ja deine Ansicht, aber mein Sohn fährt sonst nie Bus, er hat sein defektes Fahrrad mit in den Bus
genommen und hatte kein Geld dabei, da das Fahhrad spontan ausgefallen ist.

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
spatenklopper
Status:
Gelehrter
(10701 Beiträge, 4210x hilfreich)

Zitat (von sajmeeeen):
Ich verstehe ja deine Ansicht, aber mein Sohn fährt sonst nie Bus, er hat sein defektes Fahrrad mit in den Bus
genommen und hatte kein Geld dabei, da das Fahhrad spontan ausgefallen ist.


Also "mit Vorsatz"....
Ich würde dann doch kleine Brötchen backen und dem Filius zur Kasse bitten, bei einer Weigerung kann es nämlich gut sein, dass die Verkehrsbetriebe die Eskalationsstufe erhöhen.
Wenn es dumm läuft, werden aus 60€ dann ein paar Sozialstunden.

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#5
 Von 
sajmeeeen
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von spatenklopper):
Also "mit Vorsatz"....

Das Problem ist er hatte sich bei einem Freund ein Tagesticket geborgt welches er verloren hatte, also ein Vorsatz war nicht gegeben.

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#6
 Von 
Schalkefan
Status:
Lehrling
(1283 Beiträge, 216x hilfreich)

Zitat (von spatenklopper):
Amtsgerichtsurteile sind nie allgemein gültig, es ändert aber nichts an der Rechtslage, dass erhöhte Beförderungsentgelte, egal ob 60€ oder die "kulanten" 7€ bei nachträglichem vorzeigen, nicht von Minderjährigen gefordert werden dürfen.Diverse Amtsgerichte haben das bereits entschieden.


OK, wieder was gelernt. Befremdlich finde ich das dann trotzdem.

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#7
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(32176 Beiträge, 5656x hilfreich)

Zitat (von sajmeeeen):
Ich wollte der Verkehrsgesellschaft folgendes schreiben:
Ich würde sowas jedenfalls nicht schreiben. Mit 17 dürfte deinem Sohn zumutbar sein, mit gültigem Ticket den ÖPNV zu nutzen.
Man muss sich auch nicht über die spöttische Bemerkung aufregen. Vermutlich gibt es sehr viele Personen, die ihr Ticket eben suchen...
Was soll rechtlich gültig sein? Das Urteil aus 2001 ist es nicht.
Zitat (von sajmeeeen):
Das Problem ist er hatte sich bei einem Freund ein Tagesticket geborgt welches er verloren hatte
Das hat er dir erzählt? Oder dem Kontrolleur?

Signatur:

Ich schreibe hier nur meine Meinung.

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#8
 Von 
vundaal76
Status:
Junior-Partner
(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

1. Ich würde Ihnen empfehlen, auf die Fahrpreisnacherhebung nicht zu reagieren - eben weil eine mögliche Straftat im Raum steht.
2. Wenn ein Mahnbescheid kommt, sollte der Erziehungsberechtigte widersprechen.
3. Erst wenn eine Klagebegründung auf dem Tisch liegt, würde ich als Elternteil eben mitteilen, dass es Erlaubnis für einen Vertrag erteilt wurde.

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#9
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120114 Beiträge, 39831x hilfreich)

Zitat (von sajmeeeen):
Mein Sohn teilte dem Kontrolleur des Öfteren mit das er einen wichtigen Termin hätte den er nicht verpassen dürfe.





Zitat (von Schalkefan):
Befremdlich finde ich das dann trotzdem.

Urteile gelten in DE immer nur zwischen den Parteien. Das sit bei allen Gerichten so, vom Amtsgericht bis zum BGH, Arbeits- und Verwaltungsgerichte, ...



Zitat (von sajmeeeen):
Das Problem ist er hatte sich bei einem Freund ein Tagesticket geborgt welches er verloren hatte, also ein Vorsatz war nicht gegeben.

Selbstverständlich ist da Vorsatz gegeben, wenn man ohne Fahrschein fährt.
Das man sich vorher einen geborgt hat, hilft da nicht viel.
Im übrigen ist bereits dieses ausborgen oft schon schlicht illegal ...



Zitat (von vundaal76):
3. Erst wenn eine Klagebegründung auf dem Tisch liegt, würde ich als Elternteil eben mitteilen, dass es Erlaubnis für einen Vertrag erteilt wurde.

So einen Schwachsinn sollte man besser nicht schreiben ...


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
Schalkefan
Status:
Lehrling
(1283 Beiträge, 216x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Urteile gelten in DE immer nur zwischen den Parteien. Das sit bei allen Gerichten so, vom Amtsgericht bis zum BGH, Arbeits- und Verwaltungsgerichte, ...


Ja, das ist mir schon klar. Aber es lehnen sich ja immer wieder Gerichte an schon erteilte Urteile an bzw. Entscheiden ähnlich. Macht ja auch in den meisten Fällen Sinn.
Hier hätte ich gedacht, dass Jena Urteil wäre allein auf weiter Flur. Dann wurde ich hingewiesen, dass es wohl doch nicht so ist, sondern oft/meist genauso geurteilt wird/würde. Das meinte ich mit "hoffentlich nicht allgemeingültig" (also dass es von vielen Gerichten auch so gesehen wird). Ist aber scheinbar so.

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#11
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16512 Beiträge, 9303x hilfreich)

Zitat (von Schalkefan):
OK, wieder was gelernt. Befremdlich finde ich das dann trotzdem.

Es gibt auch gegenteilige Urteile, allerdings sind die in der klaren Minderheit.
Dazu kommt, dass das ja nicht nichts bezahlt werden muss - der Preis für die reguläre Fahrkarte muss ja trotzdem nachgezahlt werden. Und ich vermute mal, dass das bislang nicht getan wurde.
Außerdem geht es hier um ein 16jähriges "Kind". Da stellt sich die Frage, ob eine Zustimmung der Eltern überhaupt noch notwendig war. Im Prinzip müssten die Eltern das Kind ja als unmündig darstellen, um sich auf die obigen Urteile berufen zu können. Bei einem Grundschüler OK, aber bei einem 16jährigen? Da sollte man als Eltern vorsichtig ausloten, ob es auch damit einverstanden ist, dass die Eltern einen Brief an die Verkehrsbetriebe schicken, in dem das 16jährige Kind quasi einem Kleinkind gleichgestellt wird. Meine Kinder hätten das "Mega-Peinlich" gefunden.

Signatur:

Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB.

0x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
cirius32832
Status:
Schlichter
(7219 Beiträge, 1517x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Selbstverständlich ist da Vorsatz gegeben, wenn man ohne Fahrschein fährt.
Das man sich vorher einen geborgt hat, hilft da nicht viel.
Im übrigen ist bereits dieses ausborgen oft schon schlicht illegal ...


DAS ist bei mir nun auch der Punkt wo es abstrus wird. Ein 17 Jähriger sollte schon wissen, dass man sich keine Fahrscheine borgt - die meisten Karten sind nicht übertragbar.

Signatur:

https://www.antispam-ev.de

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#13
 Von 
Kalanndok
Status:
Student
(2331 Beiträge, 363x hilfreich)

Das Schließen eines Beförderungsvertrags, der Vertragsstrafen in Höhe des etwa 20-fachen des Fahrpreises enthält, dürfte aber nicht mehr vom Taschengeldparagraphen gedeckt sein.
Der Vertrag ist einfach nur unter Vorbehalt der Akzeptanz des Erziehungsberechtigten wirksam.
Diese Akzeptanz wurde jetzt verweigert.

0x Hilfreiche Antwort

#14
 Von 
vundaal76
Status:
Junior-Partner
(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

Zitat:
So einen Schwachsinn sollte man besser nicht schreiben ...


Wieso? Es reicht, wenn die Erziehungsberechtigten in der Klageerwiderung schreiben, dass sie einen (den in der Klagebegründung behaupteten) Vetrag nicht genehmigen. Die Wirkung ist die gleiche.

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