Frage zur Sachmängelhaftung / Abgrenzung zu einer freiwilligen Garantie

5. Februar 2020 Thema abonnieren
 Von 
Oli2712
Status:
Frischling
(33 Beiträge, 2x hilfreich)
Frage zur Sachmängelhaftung / Abgrenzung zu einer freiwilligen Garantie

Folgender hypothetischer Fall:

Die A GmbH vertreibt über diverse Verkaufsplattformen Markenprodukte verschiedener Hersteller.

Der Hersteller eines der Produkte bietet für die von ihm hergestellten Produkte eine 24monatige Garantie auf Material- und Produktionsfehler für "Erstabnehmer". Erstabnehmer ist derjenige, der als erster das Gerät kauft um es zu benutzen, Händler haben keinen Garantieanspruch gegen den Hersteller. Die Garantie umfasst den Austausch in Neuware gleichen Typs oder die Reparatur nach Wahl des Herstellers, bei Austausch geht das alte Gerät in das Eigentum des Herstellers über. Regelmäßig rauscht der Hersteller die Geräte ohne vorherigen Funktionstest aus Gründen der Kostenoptimierung auf, ohne sie auf gerügte Mängel zu testen.

Der Käufer K kauft ein solches Produkt und nimmt nach 3 Monaten die freiwillige Garantie des Herstellers in Anspruch und erhält im Austausch ein neues Produkt gleichen Typs, ohne dass der Hersteller prüft, ob die eingesandte Sache funktionsfähig war oder nicht und worauf eine Fehlfunktion ggf. zurückzuführen ist.

Über den Mangel und die Inanspruchnahme der Herstellergarantie informiert der K die A GmbH zunächst nicht.

Einen Monat später fordert K die A GmbH auf, den Kaufpreis zu erstatten. Er legt dar, bereits das ursprünglich gelieferte Gerät sei defekt gewesen, es schalte sich im Betrieb einfach aus. Das ausgetauschte Gerät verfüge jetzt über dieselbe Fehlfunktion.

Die A GmbH lehnt das Ansinnen des K ab, sie könne vorliegend kein Rücktrittsrecht erkennen und werde den Kaufpreis auch nicht aus Kulanz erstatten.

Der K nimmt den Käuferschutz der Verkaufsplattform in Anspruch, woraufhin der Kaufpreis auf Kosten der A GmbH an den K erstattet wird, die A GmbH beauftragt ein Inkassounternehmen und K zahlt den Kaufpreis wieder an die A GmbH.

Nunmehr sendet der K das vom Hersteller erhaltene Austauschgerät an die A GmbH und teilt dem Inkassounternehmen mit, die Sache sei keinesfalls erledigt, er gehe zur Polizei.

Gegenüber der A GmbH äußert sich der K trotz schriftlicher Nachfrage dazu, was mit dem jetzt bei der A GmbH befindlichen Gerät geschehen soll.

Wie sollte sich die A GmbH verhalten?

---

Mein Ansatz (abgesehen von abwarten und Tee trinken):

Es gab keine Aufforderung des K an die A GmbH zur Nacherfüllung (Nacherfüllungsverlangen), die Nacherfüllung ist (wenn man der A GmbH den Garantieaustausch durch den Hersteller zurechnet) auch nicht endgültig fehlgeschlagen, daher kein Rücktrittsrecht. Auch müsste der K das Fehlschlagen der "Nacherfüllung" durch den Hersteller beweisen, der Fehler kann auch durch andere Umstände auch bei dem Austauschgerät eingetreten sein

Ist sie nicht fehlgeschlagen, scheitern die Ansprüche daran, dass die Nacherfüllung unmöglich geworden ist.-

Sachmängelhaftungsansprüche scheitern auch daran, dass der K der A GmbH die (ursprüngliche) Kaufsache nicht zu Prüfzwecken zur Verfügung stellen kann, die A GmbH kann also die Nacherfüllung verweigern, bis ihm die ursprüngliche Kaufsache zur Verfügung gestellt wird. Dies sollte die A GmbH dem K auch so mitteilen (insbesondere, dass sie die ursprüngliche Kaufsache prüfen möchte, bevor sie Ansprüche aus der Sachmangelhaftung anerkennen kann.

Die A GmbH sollte den K ggf. nochmals auffordern, sich dazu zu erklären, was mit dem Austauschgerät geschehen soll. (Ansprüche (ggf. vorschussweise) aus GoA, damit das Gerät an den K zurückgesandt werden kann, damit dieser ggf. erneut die Herstellergarantie in Anspruch nehmen kann?)

Gibt es Rechtsprechung dazu, dass sich ein gewerblicher Verkäufer die Erfüllung von Garantieversprechen Dritter durch diesen Dritten als Nacherfüllung im Sinne der Sachmangelhaftung (ggf. nach Treu und Glauben) zurechnen lassen muss?

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5 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
-Laie-
Status:
Weiser
(16922 Beiträge, 5884x hilfreich)

Zitat (von Oli2712):
Es gab keine Aufforderung des K an die A GmbH zur Nacherfüllung (Nacherfüllungsverlangen), die Nacherfüllung ist (wenn man der A GmbH den Garantieaustausch durch den Hersteller zurechnet) auch nicht endgültig fehlgeschlagen, daher kein Rücktrittsrecht.
Dem stimme ich zu.

Zitat (von Oli2712):
Auch müsste der K das Fehlschlagen der "Nacherfüllung" durch den Hersteller beweisen,
Nein, der K braucht nur aufzuzeigen, dass sich das Gerät nicht für den normalen Gebrauch eignet.

Zitat (von Oli2712):
der Fehler kann auch durch andere Umstände auch bei dem Austauschgerät eingetreten sein
Das wiederum müsste der Verkäufer beweisen. Wir sind ja immer noch in den ersten 6 Monaten, in denen den VK die Beweislast trifft.

Zitat (von Oli2712):
Ist sie nicht fehlgeschlagen, scheitern die Ansprüche daran, dass die Nacherfüllung unmöglich geworden ist.-
Unsere Gerichte sind sehr verbraucherfreundlich. Ich denke daher schon, dass sich der VK den Austausch des Gerätes durch den Hersteller anrechnen lassen muss.

Zitat (von Oli2712):
Sachmängelhaftungsansprüche scheitern auch daran, dass der K der A GmbH die (ursprüngliche) Kaufsache nicht zu Prüfzwecken zur Verfügung stellen kann, die A GmbH kann also die Nacherfüllung verweigern, bis ihm die ursprüngliche Kaufsache zur Verfügung gestellt wird.
Das denke ich nicht.

Zitat (von Oli2712):
Dies sollte die A GmbH dem K auch so mitteilen (insbesondere, dass sie die ursprüngliche Kaufsache prüfen möchte, bevor sie Ansprüche aus der Sachmangelhaftung anerkennen kann.
Die A GmbH hat ja bereits die mangelhafte Ware erhalten und kann diese prüfen.

Zitat (von Oli2712):
Die A GmbH sollte den K ggf. nochmals auffordern, sich dazu zu erklären, was mit dem Austauschgerät geschehen soll. (Ansprüche (ggf. vorschussweise) aus GoA, damit das Gerät an den K zurückgesandt werden kann, damit dieser ggf. erneut die Herstellergarantie in Anspruch nehmen kann?)
Das halte ich für eine ganz schlechte Idee. Unsere Gerichte sind da sehr verbraucherfreundlich.

Wäre ich die A GmbH, dann würde ich dem K anbieten ein mangelfreies Gerät zu senden. Ich sehe hier keinen rechtlichen Anspruch des K vom Kauf zurücktreten zu können.

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#3
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119464 Beiträge, 39731x hilfreich)

Zitat (von Oli2712):
Es gab keine Aufforderung des K an die A GmbH zur Nacherfüllung (Nacherfüllungsverlangen),

Dann gerichtsfest anfordern.



Zitat (von Oli2712):
die Nacherfüllung ist (wenn man der A GmbH den Garantieaustausch durch den Hersteller zurechnet) auch nicht endgültig fehlgeschlagen, daher kein Rücktrittsrecht.

Ob ein Gericht der A GmbH den Garantieaustausch bei der Anzahl der Bachbesserungen durch den Hersteller zurechnet, ist ungewiss. Eigentlich hat er der A GmbH nicht zugerechnet zu werden, aber das Gerichte im Namen des Verbraucherschutzes bescheuerte Urteile fällen, damit muss man immer rechnen,



Zitat (von Oli2712):
Auch müsste der K das Fehlschlagen der "Nacherfüllung" durch den Hersteller beweisen, der Fehler kann auch durch andere Umstände auch bei dem Austauschgerät eingetreten sein

Nö, das ist wegen der Beweislastumkehr Aufgabe der A GmbH.



Zitat (von Oli2712):
Ist sie nicht fehlgeschlagen, scheitern die Ansprüche daran, dass die Nacherfüllung unmöglich geworden ist.-

Wieso sollte sie das sein? Die A GmbH hat das Teil doch vom K bekommen?



Zitat (von Oli2712):
Sachmängelhaftungsansprüche scheitern auch daran, dass der K der A GmbH die (ursprüngliche) Kaufsache nicht zu Prüfzwecken zur Verfügung stellen kann,

Der K muss der A GmbH die ursprüngliche Kaufsache nicht zu Prüfzwecken zur Verfügung stellen.



Zitat (von Oli2712):
die A GmbH kann also die Nacherfüllung verweigern, bis ihm die ursprüngliche Kaufsache zur Verfügung gestellt wird.

Können kann man. Können kann man nämlich vieles – ob es sinnvoll, legal oder gar erfolgreich wäre, steht auf einem anderen Blatt.

Die A GmbH dürfte mit dem Verlangen hier scheitern.



Zitat (von Oli2712):
Dies sollte die A GmbH dem K auch so mitteilen (insbesondere, dass sie die ursprüngliche Kaufsache prüfen möchte, bevor sie Ansprüche aus der Sachmangelhaftung anerkennen kann.

Nein, sollte sie so nicht.



Zitat (von Oli2712):
Die A GmbH sollte den K ggf. nochmals auffordern, sich dazu zu erklären, was mit dem Austauschgerät geschehen soll.

Unbedingt. Und zwar gerichtsfest.


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Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#4
 Von 
-Laie-
Status:
Weiser
(16922 Beiträge, 5884x hilfreich)

Zitat (von Flo Ryan):
Für das Austauschgerät haftet der Verkäufer damit nicht mehr und ist fein raus.
Ich würde hier nicht prognostizieren wollen wie ein Gericht urteilen würde. Unzweifelhaft werden sehr oft sehr verbraucherfreundliche Urteile gefällt. Ich wäre mir dabei also nicht so sicher.

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#5
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119464 Beiträge, 39731x hilfreich)

Zitat (von -Laie-):
Ich würde hier nicht prognostizieren wollen wie ein Gericht urteilen würde.

Ich prognaostiziere:
A) es ist der identische Typ (gleiche Bauart/Serie, ...): der Verkäufer haftet für das Austauschgerät
B) es ist nicht der identische Typ (andere Bauart/Serie, ...): der Verkäufer haftet nicht für das Austauschgerät


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