Hallo,
ich habe bis heute den Pflichtkurs "Grundlagen des Rechts" besucht und morgen steht die Prüfung an. Was ich nicht ganz verstanden habe, ist die Sache mit dem Erwerb von gestohlenen Sachen. 935 sagt ja, dass gutgläubiger Erwerb von abhanden gekommenen Sachen nicht möglich ist. Soweit so gut. 937 dagegen sagt aber, dass man das Eigentum an einer Sache erwirbt, wenn man zehn Jahre im Eigenbesitz ist.
Kann man jetzt grundsätzlich sagen, dass der gutgläubige Erwerb von gestohlenen Sachen doch möglich ist, sofern man die nächsten zehn Jahre nicht die Erkenntnis erlangt, dass die Sache gestohlen worden ist ?
Fragen zu §§ 935, 937 BGB
Probleme nach Kauf?
Probleme nach Kauf?
Hallo!
Das sehen Sie richtig:)
§ 935 BGB
sagt ja, daß der "Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934" bei abhanden gekommenen Sachen ausgeschlossen ist.
Schon aus dem Wortlaut des § 935 BGB
ergibt sich somit die ANtwort auf Ihre Frage
Weiterhin knüpfen §§ 932 bis 934 auf andere Vorraussetzungen an als die §§ 937 ff.
Nach § 937 erwirbt jemand (grds.) Eigentum an einer Sache, die er !!!gutgläubig erworben hat!!!
UND
10 Jahre gutgläubig in Eigenbesitz gehabt hat.
Nach §§ 932-934 hätte derjenige schon mit dem gutgläubigen Erwerb Eigentum erlangt.
Alles klar?
Gruß & Viel Glück morgen
Harry!
Irgendwie ist mir das etwas zu kompliziert. Ich sehe in 932 und 935 einen Widerspruch.
932 sagt, dass ich etwas erwerben kann, wenn ich in gutem Glauben bin, dass der Veräußerer auch der Eigentümer ist. Auch wenn er es tatsächlich nicht ist (z.B. ein Hehler). -> klaro
935 sagt aber, dass ein Erwerb auf Grund 932 NICHT möglich ist, wenn die Sache gestohlen war.
Was denn nun ? Ich kann ja u.U. nicht wissen, dass es sich um Diebesgut handelt, daher der gute Glauben. Laut 932 geht es, laut 935 aber nicht.
EDIT: Ich glaube ja nicht, dass ich das bis morgen noch in meinen kleinen Kopf reinbekomme, deshalb ganz konkret die Frage:
Ist es möglich, eine gestohlene Sache zu erwerben ? Ja oder nein ?
-- Editiert von Nasenpeter am 24.02.2005 21:12:51
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Wenn Sie "erwerben" so verstehen, wie dieser Begriff in §§ 932-936 BGB
gemeint ist, dann ist dies NICHT möglich.
Sie können geklaute Ware jedoch "ersitzen" iSv §§ 937 BGB
oder das Eigentum nach §§ 946 ff. erwerben.
So, und nun mal ganz ruhig!
So kompliziert ist das wirklich nicht.
Ich versuchs mal so einfach wie möglich rüberzubringen:
§§ 929-931 BGB
regeln den Eigentumsübergang vom Berechtigten.
§§ 932-936 BGB
regeln dagegen den Eigentumsübergang, wenn der Veräußerer nicht Berechtigter ist.
Sie können sich merken, daß nach §§ 932-936 nur der Eigentümer sein Eigentum an einen gutgläubigen 3. verlieren soll, der seine Sache bewußt aus der Hand gegeben hat. Wird jemandem die Sache gestohlen, dann soll dieser auch weiterhin geschützt werden.
§§ 937ff. regeln wieder was ganz anderes. Hier wird dem Umstand Rechnung getragen, daß irgendwann auch mal Rechtsklarheit eintreten soll.
Vielleicht mal anders:
>>"Ich sehe in 932 und 935 einen Widerspruch.
932 sagt, dass ich etwas erwerben kann, wenn ich in gutem Glauben bin, dass der Veräußerer auch der Eigentümer ist."<<
§ 935 ist als Einschränkung von § 932 zu sehen: Erwerb vom Nichtberechtigten bei Gutgläubigkeit des Erwerbers, AUSSER wenn Sache abhanden gekommen.
>>"wenn ich in gutem Glauben bin, dass der Veräußerer auch der Eigentümer ist. Auch wenn er es tatsächlich nicht ist (z.B. ein Hehler). -> klaro"<<
Nix klaro! Gerade diesen Fall regelt § 935:
Die Sache wurde tatsächlich gestohlen und ist damit "abhanden gekommen" iSv § 935.
>>"Was denn nun ? Ich kann ja u.U. nicht wissen, dass es sich um Diebesgut handelt, daher der gute Glauben. Laut 932 geht es, laut 935 aber nicht."<<
Das weiß man eben nicht. Dieses Risiko soll nach dem Gesetzgeber aber der Erwerber tragen, also das Risiko, daß die Sache abhanden gekommen ist. Insoweit hat sich der Gesetzgeber dazu entschlossen, den (ursprünglichen) Eigentümer zu schützen.
Der Schutz des Alteigentümers endet jedoch nach §§ 937ff und §§ 946ff.
>>" Ich glaube ja nicht, dass ich das bis morgen noch in meinen kleinen Kopf reinbekomme"<<
Ich glaube doch!;)
Wenn noch eine Frage besteht, dann einfach nochmal posten. Bin bis ca. 1 Uhr am Surfen.
Kopf hoch,
Harry!
P.S.:
Man sollte im Rahmen der §§ 929-936 nicht vom "Eigentümer" sprechen, wenn man den Veräußerer meint (auch wenn er im Gesetz so genannt wird. Es handelt sich um den Berechtigten.
Auch die Gutgläubigkeit bezieht sich auf die Berechtigung.
Ist der Veräußerer Eigentümer, dann KANN er auch Berechtigter sein - muß er aber nicht, z.B. Verfügungsbeschränkungen durch Insolvenz. Weiß der Erwerber dies (Insolvenz), so ist er eben nicht gutgläubig.
Andererseits kann auch jemand mit einer Verfügungsermächtigung wirksam verfügen, obwohl er nicht Eigentümer ist.
Klar? Oder noch verwirrter;)
PPS:
Ich habe Sachenrecht früher auch gehaßt:(
Bis ich mich irgendwann dazu entschlossen hatte, das Ganze einfach in mich reinzuprügeln. Und dann stellte ich fest, daß es gar nicht so heftig ist.
Aber bei Ihnen scheint es wohl mehr ein Zeitproblem zu sein?;)
Guten Morgen,
ich glaube, jetzt ist der Groschen gefallen
Das Gesetz siedelt die Rechte des "tatsächlichen" Eigentümers im Diebstahlfall höher an als die des Erwerbers. Also wenn es rauskommt, dass der Erwerber die anhanden gekommene Sache erworben hat, muss er sie wieder rausrücken. Wenn es erst nach >10 Jahren rauskommt, kann er sie ersitzen. Der Erwerber wird auch Eigentümer, wenn die Sache nicht gestohlen o.ä. war, sondern der ursprünglichen Eigentümer dem Veräußerer die Sache zur Verfügung gestellt hatte. In diesem Fall wird der Veräußerer allerdings dem Eigentümer Schadenersatzpflichtig gemacht.
Also kann man auf die Frage "Kann man etwas gestohlenes erwerben" mit "JA" antworten. Wobei erwerben nicht ganz der richtige Ausdruck ist. Ersitzen ist hier das Stichwort.
So nehme ich jetzt mal an, dass es richtig ist.
Harry, tausend Dank
Bingo!
Beispiel für den gutgläubigen erwerb:
Mein Kumpel A leiht B sein Fahrrad. B verkaufe dies an C, wobei dieser denkt, daß B der Eigentümer (oder besser: der BERECHTIGTE ) ist.
C erwirbt Eigentum nach §§ 932-936 BGB
. Daher kann A nicht Herausgabe aus § 985 BGB
gegen C verlangen.
Der Rückgabeanspruch des A gegen B aus § 604 Abs. 1 BGB
ist dem B nach § 275 BGB
(herrschende Meinung) unmöglich gewprden, sofern nicht feststeht, daß der C ohne Weiteres zur Herausgabe (ggf. gegen ein Entgelt) bereit ist.
Beispiel für § 935:
B klaut A das Fahrrad und verkauft es an den gutgläubigen C.
C erwirbt kein Eigentum. Zwar ist er gutgläubig (§ 932). Jeodch handelt es sich um eine abhanden gekommene Sache nach § 935, so daß ein gutgläubiger Erwerb hier ausgeschlossen ist.
A kann also von C Herausgabe des Fahhrades nach § 985 verlangen, da A noch Eigentümer des Fahrrades ist, C kein Eigentum erworben hat und dem C aucg kein Recht zum Besitz zusteht.
Abwandlung:
C hat das Fahrrad über 10 Jahre in Eigenbesitz und ist über die gesamte Zeit gutgläubig.
Dann "erwirbt" C Eigentum am Fahrrad durch Ersitzung nach § 937 ff.
Abwandlung2:
C verarbeitet das Fahrrad zu einem Tretboot. Das Tretboot ist erheblich mehr wert als das ursprüngliche Fahrrad.
Auch hier erwirbt C Eigentum. Diesmal nach §§ 946 ff.
Viel Glück!
Harry!
Hallo Harry,
DAS war doch mal jetzt eine super Erklärung. Jetzt sind alle Unklarheiten restlos beseitigt. Die Klausur ist übrigens schon vorbei und es kam die Frage "Ist gutgläubiger Erwerb einer gestohlenen Sache möglich ?" Das war dann selbst für mich kein Problem, denn 935 erklärt ja genau diesen Fall.
Also nochmal vielen Dank.
Nasenpeter
Freut mich zu hören, daß sich die Nachtschicht (hoffentlich) gelohnt hat:)
Und jetzt?
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