Nacherfüllung nach §439 BGB

7. November 2008 Thema abonnieren
 Von 
KingAcid23
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)
Nacherfüllung nach §439 BGB

Hallo zusammen, ein leidiges Thema mit dem das Netz überschwemmt ist, doch
es gibt kaum wirklich eindeutige Aussagen zu diesem Thema und insbesondere dem Schwerpunkt, den ich nach dem Sachverhalt hier ansprechen möchte.


Sachverhalt:

Festplatte im Juli beim Computer-Händler gekauft, diese wird nun knapp 3 Monate später nicht mehr vom BIOS erkannt und ist somit defekt. Ein klarer Fall für die Gewährleistungspflicht des Händler. Defekt innerhalb der ersten 6 Monate, also Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers.

Rechtslage:

Ich möchte nun vom Händler nach 439 Nacherfüllung aufgrund des geschlossenen Kaufvertrages und HABE als Käufer nach 439 Abs. 1 das WAHLrecht zur Beseitigung des Mangels, respektive Reparatur ODER zur Lieferung einer mangelfreien Sache, respektive ein Umtausch, Austausch, Neulieferung, wie auch immer.

Problem:

Der Händler verweigert meine gewählte Art der Nacherfüllung - den Austausch - und will die Festplatte zur Reparatur einschicken. Wartezeit 4 bis max. 6 Wochen. Nach 439 Abs. 3 steht im ein Verweigerungsrecht bzgl. der Wahlart der Nacherfüllung zu. Die Wartezeit halte ich nicht für tragbar, der Computer und damit auch die Festplatte sind für mich ein alltäglicher Gebrauchsgegenstand, den ich u.a. für mein Studium benötige.

Grund: Wir machen das grundsätzlich so und erst nachdem der Hersteller die Festplatte geprüft hat, können wir die Nacherfüllung leisten. Wohlbemerkt, dass der überregional große Händler im Gewerbegebiet des Kölner Großraums eine eigene Technik besitzt, die sich ausschliesslich um die Annahme von Reparaturen kümmert. Der Händler besteht auf diese Vorgehensweise ohne Kompromisse. (20 Minuten telefoniert und diskuttiert).

Fragestellungen:

- Darf der Händler das Vorgehen bestimmen ?! (Er beraubt mich meines Wahlrechts nach 439 Abs. 1 ?!)

- Nach 439 Abs. 3 steht im ein Verweigerungsrecht nur zu, wenn die gewählte Art der Nacherfüllung nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich.
Wie sind unverhältnismäßige Kosten der Nacherfüllung für Produkte aus dem allgemeinen Konsumentenbereich definiert ?

- Es gibt irgendwo Beispiele bzw. BGB-Kommentare dazu, die öfters mal zitiert werden, allerdings immer in Bezug auf PKW etc. ... Wo finde ich eine Quelle, in der ALLE Beispiele aufgeführt werden ?!

- Der Händler hat exakt diesselbe Festplatte im Regal stehen, mit Differenz zum damaligen Kaufpreis knapp 6 Euro. (Gekauft für 100€, jetzt für 94€). Ist das Wahlrecht nicht im Sinne des Käufers auszulegen ?

6 € Differenz können keinen unverhältnismäßigen Nachteil für den Händler darstellen. Ab und an wird mit einer Prozentzahl von 20% argumentiert, da sind die Sachverhalte aber recht undurchsichtig aufgeführt und die Beispiele sind nicht konsistent nachvollziehbar. (z.B. 20% von genau was ?! Kaufpreis, Wiederbeschaffungskosten).

Anmerkung:

Ja ich kenne diese Gamer-Recht-Webseite, bitte verweist nicht darauf. Das kann nicht die einzige Quelle im Netz sein, mit der man argumentieren kann. So ein Thema muss mehrfach bestätigt werden, bevor man darauf eine eigene Argumentation und eine Vorgehensweise ggü. dem Händler aufbaut.
Der lacht sich doch kaputt, wenn ich ihm nur dieses Playstation-Musterschreiben auf den Tisch lege.

Übrigens, ich habe mit Seagate (Hersteller) telefoniert. Die haben kaum eine abweichende Vorgehensweise wie Sony mit der PS3:
Platte wird eingeschickt, Überprüfung ob fahrlässige Beschädigung vorhanden ist, wenn nicht Zero-Fill der Festplatte, anschliessend landet diese in einem Reparatur-Pool und der Versender der Festplatte bekommt irgendeine andere repariert Platte aus diesem Pool oder ggf. eine neue Festplatte im Austausch.

Laut Seagate können unberechtigte Gewährleistungsansprüche durch einen Kunden jederzeit vom Händler geprüft werden (z.B. Vom Tisch gefallen etc.).
Seagate hat zwar erweiterte Prüf- und Reparaturmöglichkeiten als ein Händler,
wesentlich mehr tun die aber selber nicht.

Meine Auffassung dazu:

Der Händler missachtet die Wahlmöglichkeiten nach 439 Abs. 1, leistet im eigentlichen Sinne überhaupt keine Nacherfüllung nach 439 und kann die Wahlverweigerung nicht ausreichend begründen.

Zielsetzung:

Ich möchte am Montag persönlich zum Händler mit der Platte und dem BGB unterm Arm gehen und gerne ein paar zuverlässig zitierte Quellen als Schriftstück mitbringen, die ihm zeigen, dass er nicht berechtigt von seinem Verweigerungsrecht Gebrauch macht.

Dazu benötige ich ein handfestes Beispiel, am besten aus dem Computerbereich, um ihm die Möglichkeit zu nehmen, den 439 nach seinem Belieben auszulegen. Der Händler selbst fing am Telefon bereits mit der üblichen Defintionsrumreiterei und "das ist alles Auslegungssache"-Nummer an.


Zunächst aber, benötige ich Feedback ob meine Argumentation richtig ist.
Hier nochmal der 439. Danke und ein schönes Wochenende!


§ 439
Nacherfüllung

(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

(4) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen.

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3 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
lulu-l
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Hallo kingacid,

ich hab das mal gelesen und meine dass du die antwort schon geschrieben hast - also steht in § 439 II BGB dass der Verkäufer den Nacherfüllungswunsch des Kunden dann ablehnen darf, wenn unverhältnismäßige Kosten dabei entstehen. Dabei muss er den Wert der Sache im mangelfreien Zustand und den Mangel berücksichtigen, und es dürfen keine erheblichen Nachteile für den Käufer enstehen.
+ Du willst Neulieferung
Preis ohne Mangel: 100.-€
Neupreis: 94 €
Die Kosten der Nacherfüllung, den Wert der Kaufsache, wäre sie mängelfrei erheblich übersteigen. In deinem Fall wird nix überstiegen. Also würde ich meinen, dass der Händler deshalb nicht verweigern darf.

+ Wenn er verweigert dürfen keine erheblichen Nachteile für dich entstehen. Nun kommt es darauf an, wie sehr du auf deinen Comp. angewiesen bist.
und welche nachteile für dich entstehen wenn er deinem nachlieferungswunsch nicht nachkommt. ist er bereit für die zeit, in der du den comp nicht nutzen kannst weil in reparatur, ein ersatzgerät zu stellen?

auf jeden fall würde ich sagen, dass der typ sinn- und grundlos verweigert.

Also:
1. Brief schreiben und um Neulieferung bitten im Rahmen der gesetzlichen Sachmängelhaftung des Händlers. Mangel beschreiben. Unbedingt frist für Neulieferung setzen!!!
Die Frist solltest du danach setzen wie sehr du das Gerät benötigst und wie lange du auf dasein verzichten kannst. Hat er die Ware vorrätig? usw.
2. Das ganze als Einschreiben per Rückschein oder mit Gerichtsvollzieher an Händler schicken. Oder du übergibst ihm den Brief in hoffnung er tauscht gleich um. Nimmst einen Freund als Zeugen mit.
3. Verstreicht die Frist ohne dass er deinem wunsch auf nachlieferung nachkommt dann trittst du zurück und verlangst dein geld zurück. Wieder frist setzen!!!. dann kaufst du dir mit diesem geld eine neue festplatte.

Außerdem ist es irrelevant ob du den Fehler verursacht hast, denn das ist kein ausschlusskriterium deines wahlrechts. da wie du selbst erwähnst die beweislastumkehr greift!!!

hm ........das ist alles nur meine meinung und wie ich es handhaben würde. ich weiß aus erfahrung dass die meisten händler sich um ihre sachmängelhaftung drücken und den verbraucher "schlecht" behandeln (lange reparaturwartezeiten, teure kundenhotlines,...) Mach alles schriftlich und denk daran Fristen zu setzen.

Vorallem mach dir bewußt welche erheblichen Nachteile für dich durch die lange reparaturzeit entstehen. Denn falls es dir unzumutbar wird, darfst du zurücktreten, dann bekommst du dein geld auch zurück.


gruß lulu















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#2
 Von 
bogus1
Status:
Master
(4223 Beiträge, 1422x hilfreich)

Es scheint tatsächlich so eine Art Katz und Maus Spiel zu sein, denn die wenigsten werden aus einem Shop mit einer nagelneuen Festplatte heraus spazieren, wenn sie eine abgerauchte hingebracht haben, die ein paar Monate alt ist. Aber es gibt auch Fälle, wo dies gelungen ist.

Will aber nur ein paar Gedanken einwerfen, nicht mehr.

@KingAcid23
> Festplatte im Juli beim Computer-Händler gekauft, diese wird nun knapp 3 Monate später nicht mehr vom BIOS erkannt und ist somit defekt. Ein klarer Fall für die Gewährleistungspflicht des Händler. Defekt innerhalb der ersten 6 Monate, also Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers.

@lulu-l
> Außerdem ist es irrelevant ob du den Fehler verursacht hast, denn das ist kein ausschlusskriterium deines wahlrechts. da wie du selbst erwähnst die beweislastumkehr greift!!!

Es wird gesetzlich vermutet, dass der Mangel bei Gefahrübergang vorlag. Das ist aber widerleglich - also kann der Verkäufer schon einmal auf Zeit spielen.

Und genau umgekehrt. Wenn der Verkäufer die für ihn günstigere Option nach § 439 Abs. 3 für sich reklamiert, muss er das auch belegen bzw. glaubhaft machen. Vielleicht kommt man auf diese Weise dem großen Geheimnis auf die Spur.

Denke auch einfach, hier hat sich eine etwas kundenunfreundliche Praxis etabliert, weil es einfach kaum etwas bringt, zu klagen. In der Zeit, die es braucht, bis das alles über die Bühne gegangen ist, ist die Festplatte längst ausgetauscht worden. Und das wissen die Händler sehr wohl und es ist ja auch so, dass sie durch die Praxis darin bestärkt werden.

Es geht ja soweit, dass manche Online-Händler überhaupt nicht auf Reklamationen reagieren. Die sitzen das aus und fahren glänzend dabei. Man braucht ja nur einmal bei dooyoo.de oder idealo.de zu sehen, wie manche Shops bewertet werden.

Bei manchen Händlern ist das die Regel. Und was passiert? Die Kunden rasen und toben, schreien Mord und Totschlag - zum Anwalt gehen die wenigsten. Viele Fälle erledigen sich so von selbst. Und diejenigen, die klagen, lassen Zeit und Nerven, allerdings mit Erfolg. Die Versender lassen sich verklagen und kassieren ein Versäumnisurteil, weil noch nicht einmal ein Rechtsvertreter zur Verhandlung kommt. Anschließend wird anstandslos bezahlt und mit dieser Strategie fahren sie glänzend.

Auch hier wird die Rechtslage so sein, das der Verkäufer umtauschen müsste, eine Festplatte ist ein Allerweltsartikel. Wenn es ein Computer wäre, wäre es schon etwas Anderes. Aber was kann man wirklich machen?

Tatsächlich nur hin marschieren und versuchen, dem Verkäufer klar zu machen, das man jetzt bereit ist, den Rechtsweg zu beschreiten. (Und darauf hoffen, dass er das glaubt).

Tatsächlich hat so etwas oft schon Wirkung gezeigt. Wenn nicht, unehrenhafter Rückzug. Man hat es wenigstens versucht.



-- Editiert von bogus1 am 07.11.2008 21:19

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