Selbstvornahme und Aufrechnung ggü. Vermieter

16. Februar 2018 Thema abonnieren
 Von 
derneue11
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 2x hilfreich)
Selbstvornahme und Aufrechnung ggü. Vermieter

Liebe Community,

ich habe zu folgendem Fall ein paar Fragen:

Zwischen Vermieter V und Mieter M besteht seit gut 5 Jahren ein Mietverhältnis über eine Wohnung. Nun hat M dem V per Mail einige Mängel an der Mietsache aufgezeigt (Mängel an der Dusche, Defekte Spülung beim Gäste-WC usw.) und eine Frist zur Mängelbehebung gesetzt. V hat sich geweigert, die Mängel zu beheben und ist der Meinung, dies sei laut Mietvertrag Sache des Mieters. Die Frist ist abgelaufen. Im Mietvertrag findet sich eine (Klein-) Reparaturklausel mit folgendem Wortlaut:
"B. (...) Das Tropfen von Wasserhähnen, Freimachen von Rohren bzw. Kleinstreparaturen bis zu einem Betrag von jährlich 500,-€/Schaden sind Sache der Mieter."

Ginge man davon aus, dass die Klausel gem. § 307 BGB unwirksam ist, wäre es dem M möglich, gem. § 536a II Nr. 1 BGB die Mängel von vom M beauftragten Handwerkern beheben zu lassen und die dadurch entstandenen Kosten gem. §§ 387 ff. BGB mit den an V zu entrichtenden monatlichen Mietkosten (500 € zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses; mittlerweile 600 €) aufzurechnen?


Meiner Einschätzung nach ist die Klausel unwirksam. Dies ist meiner Meinung nach insb. der Fall, weil die Klausel nicht in zweifacher Weise begrenzt ist:

"Von einer Rechtswirksamkeit der Kleinsreparaturklauseln ist dann auszugehen, wenn die Höhe der Verpflichtung des Mieters in 2-facher begrenzt ist. Zum Einen muss die Höhe jeder Einzelreparatur auf einen zumutbaren Höchstbetrag begrenzt sein. Weiter muss die jährliche Gesamtbelastung nach oben hin angemessen gedeckelt sein."
(AG Stuttgart-Bad Cannstatt Urt. v. 15.10.2013 – 2 C 1438/13 , BeckRS 2014, 01088 , beck-online)

Auch die Begrenzung von 500 € pro Schaden ist bei einer Kleinstreparaturklausel meiner Meinung nach zu hoch.

Ich wäre über eine Einschätzung bzgl. der Kleinstreparaturklausel und der Rechtmäßigkeit der Selbstvornahme und Aufrechnung durch M sehr dankbar.

Ansonsten noch ein schönes Wochenende!

Fragen zur Miete?

Fragen zur Miete?

Ein erfahrener Anwalt im Mietrecht gibt Ihnen eine vertrauliche kostenlose Einschätzung!
Ein erfahrener Anwalt im Mietrecht gibt Ihnen eine vertrauliche kostenlose Einschätzung!
Kostenlose Einschätzung starten Kostenlose Einschätzung starten



4 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
cauchy
Status:
Unparteiischer
(9874 Beiträge, 4478x hilfreich)

Die Klausel ist ungültig. Zur Selbstvornahme nach § 536a BGB sollte man sicherstellen, dass die Mängel nachweisbar gemeldet wurden und die Frist ausreichend war. Und natürlich müssen es auch wirklich nachweisbar Mängel sein. Bei der Selbstvornahme selber dürfen nur nachweisbar Mangelbeseitigungsarbeiten durchgeführt werden und diese bitte auch noch wirtschaftlich sinnvoll. Zu guter letzt haftet der MIeter dann im Zweifel auch noch, wenn der Handwerker Mist baut.

Du merkst, ich bin kein Freund der Selbstvornahme. Bevor man sich das antut, sollte man es erstmal anders probieren. Hier wäre z.B. ein deutliches Einwurfeinschreiben an den Vermieter möglich, in dem noch eine Nachfrist gesetzt wird und auf die Unwirksamkeit der Kleinreparaturenklausel hingewiesen wird. Auch eine Mietminderung oder eine Klage auf Mängelbeseitigung kann man ankündigen, auch wenn ich das nicht wirklich durchziehen würde.

Sollte dann immernoch nichts passieren, befindet sich der Vermieter in Verzug. Dann könnte man auch einen Anwalt aufsuchen und diesen letztmalig den Vermieter zur Mängelbeseitigung auffordern lassen. Die Kosten davon müsste meiner Meinung nach dann auch der Vermieter tragen.

PS: Selbst bei wirksamen Kleinreparaturenklauseln muss der Vermieter die Arbeiten beauftragen und kann notfalls auch dazu verklagt werden.



1x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
derneue11
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 2x hilfreich)

Zunächst einmal vielen Dank für die schnelle Antwort. Ein paar Fragen sind aber bei mir trotzdem noch offen geblieben:

Was ist unter dem nachweisbaren Melden der Mängel zu verstehen? Da die Mängelanzeige per E-Mail vorgenommen wurde und aus der Antwort des Vermieters deutlich macht, dass er die Mängelanzeige zur Kenntnis genommen hat, läge doch somit auch eine nachweisbare Meldung der Mängel vor.
Bezüglich der Nachweisbarkeit der Mängel existieren mehrere Zeugen. Reicht dies dafür aus?
Wenn der Handwerker Mist baut, würde dann nicht zwar der Mieter ggü. dem Vermieter, aber der Handwerker nicht auch ggü. dem Mieter haften?

Mir ist ebenfalls nicht klar, inwiefern ein deutliches Einwurfeinschreiben einen Mehrwert ggü. der E-Mail darstellen würde. Reicht der E-Mailverkehr nicht als Nachweis der Mängelanzeige usw. aus?
Befindet sich der Vermieter nicht bereits jetzt schon im Verzug, da er auf die Mängelanzeige und Aufforderung zur Mängelbehebung nach zwei Monaten noch immer nicht reagiert hat?
Und inwiefern würde die Aufforderung des Anwalts zur Mängelbeseitigung eine andere Wirkung haben, als die des Mieters selbst?

Ich hoffe, Sie können mir weiterhelfen. Noch einmal vielen Dank für die Antwort.

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
guest-12325.03.2020 14:55:28
Status:
Gelehrter
(11821 Beiträge, 3204x hilfreich)

Zitat (von derneue11):
Was ist unter dem nachweisbaren Melden der Mängel zu verstehen? Da die Mängelanzeige per E-Mail vorgenommen wurde und aus der Antwort des Vermieters deutlich macht, dass er die Mängelanzeige zur Kenntnis genommen hat


Nun ja, der VM kann immer noch sagen, dass er a) Ihre Mail nicht gelesen hat und b) auch nicht geantwortet hat, Sie müssten dann beweisen, dass er es tatsächlich war, wie wollen Sie das machen?

1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
cauchy
Status:
Unparteiischer
(9874 Beiträge, 4478x hilfreich)

Vorweg: Ich schreibe meine persönliche Meinung. Und die ist bei einer Selbstvornahme sehr kritisch. Das kann man durchaus auch anders sehen. Aber meiner Meinung nach schafft sich ein Mieter dadurch Probleme, weil er dann mehr oder weniger alles beweisen muss.

Zu den Fragen: Eine Mail hat normalerweise weniger Wirkung als ein Einschreiben oder sogar ein von einem Gerichtsvollzieher zugestelltes Schreiben. Mails schreibt man auch mal schnell nebenbei. Kommt das ganze schriftlich und mit nachweisbarer Zustellung, bekommt das ganze mehr Gewicht. Wenn dann trotzdem nichts passiert, so macht so ein Anwaltsbriefkopf doch auf einige Personen einen ernormen Eindruck. Das hat mit der rechtlichen Wirkung gar nichts zu tun sondern mit der psychologischen Wirkung.

Rechtlich sind Mails kritisch. Die liegen nur in digitaler Form vor und können jederzeit manipuliert werden. Einem IT-Experten mag es vielleicht gelingen nachzuweisen, dass die Mail deines Vermieters wirklich von seinem Computer stammt (was auch schon sehr schwierig wäre). Aber ob sie dann auch wirklich vom Vermieter stammt? Daher auch aus rechtlicher Sicht der Hinweis, die Mängelmeldung nachweisbar vorzunehmen.

Am einfachsten geht das dadurch, dass du den Brief von einem Dritten lesen lässt und von diesem Dritten auch eintüten und zur Post bringen lässt. Dann kann der Dritte den Inhalt bezeugen und von der Post erhält man bei einem Einwurfeinschreiben den Beweis der Zustellung in den Briefkasten des Vermieters. Wer noch mehr Gewicht auf das Schreiben legen will, lässt über den Gerichtsvollzieher zustellen. Den Ablauf kann man bei dem Gerichtsvollzieher erfragen, der für den Bereich des Adressaten zuständig ist.

Zitat (von derneue11):
Bezüglich der Nachweisbarkeit der Mängel existieren mehrere Zeugen. Reicht dies dafür aus?
Wenn der Handwerker Mist baut, würde dann nicht zwar der Mieter ggü. dem Vermieter, aber der Handwerker nicht auch ggü. dem Mieter haften?

Kommt auf die Zeugen an. Eine Dokumentation mit Fotos und Videos kann helfen, wenn auf diesen die Mängel erkennbar sind. Bezüglich der Haftung des Handwerkers ist zu sagen, dass trotzdem der Mieter gegenüber dem Vermieter erstmal dran ist und im Zweifel verklagt werden kann. Geht der Handwerker insolvent oder muss aus irgendwelchen Gründen nicht leisten, dann bleibt der Mieter auf den Kosten sitzen. Das ist jetzt nicht unbedingt wahrscheinlich, aber eben auch nicht ausgeschlossen.

1x Hilfreiche Antwort

Und jetzt?

Für jeden die richtige Beratung, immer gleich gut.
Schon 266.863 Beratungen
Anwalt online fragen
Ab 30
Rechtssichere Antwort in durchschnittlich 2 Stunden
107.899 Bewertungen
  • Keine Terminabsprache
  • Antwort vom Anwalt
  • Rückfragen möglich
  • Serviceorientierter Support
Anwalt vor Ort
Persönlichen Anwalt kontaktieren. In der Nähe oder bundesweit.
  • Kompetenz und serviceoriente Anwaltsuche
  • mit Empfehlung
  • Direkt beauftragen oder unverbindlich anfragen
Alle Preise inkl. MwSt. zzgl. 5€ Einstellgebühr pro Frage.

Jetzt Anwalt dazuholen.

Für 60€ beurteilt einer unserer Partneranwälte diese Sache.

  • Antwort vom Anwalt
  • Innerhalb 24 Stunden
  • Nicht zufrieden? Geld zurück!
  • Top Bewertungen
Ja, jetzt Anwalt dazuholen