Verständnisfrage Schutzbereich an konkretem Beispiel

8. Juli 2019 Thema abonnieren
 Von 
go519402-58
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)
Verständnisfrage Schutzbereich an konkretem Beispiel

Schönen guten Abend,

ich bin mir nicht sicher, was genau von diesem Patent abgedeckt wird. Vielleicht kann mich hier jemand aufklären.

Es geht um dieses Patent:
 https://patentscope.wipo.int/search/en/detail.jsf?docId=WO2016118806

Der bittere Geschmack von Kakao wird durch Zugabe von Kokablättern eliminiert.
In früheren Versionen

 https://patentscope.wipo.int/search/en/detail.jsf?docId=WO2016014114

und

 https://patentscope.wipo.int/search/en/detail.jsf?docId=WO2015013679
 
wird im Titel noch zusätzlich von Baldrian (valerian) gesprochen.

Wenn ich richtig verstanden habe, verletze ich nun schon das Patent, wenn ich, ein kakaohaltiges Produkt, auf den Markt bringe, das ein Alkaloid enthält, welches auch im Kokablatt vorkommt. Das sind schon so einige Stoffe. Dies scheint bei [0028] erwähnt zu werden.

Wikipedia weist übrigens darauf hin, dass der Begriff Alkaloid keine klare Definition hat. Je nachdem welche man wählt, fallen einige Stoffe nicht mehr darunter.

Wirklich verwirrt hat mich aber der Wortlaut "such as" bei [0024]. Also Planzen wie Baldrian und/oder Hibiskus werden ebenfalls eingeschlossen. Jetzt habe ich in diesen beiden keinen Inhaltsstoff gefunden, der ebenfalls in Kokablättern auftaucht. Diese beiden besitzen aber andere Alkaloide. Jedoch ausschließen kann ich nicht, dass sie welche mit dem Kokablatt gemein haben, dann macht es mehr Sinn für mich. Alle 3 Pflanzen gehören übrigens unterschiedlichen Familien und Gattungen an.

Schützt das Patent nun die Bitterreduzierung nur durch Anwesenheit eines Kokaalkaloids. Oder durch Anwesenheit eines beliebigen Alkaloids innerhalb aller 3 Pflanzen. Oder schützt es durch den Wortlaut "such as" und "in place of" die Bitterreduzierung durch alle bekannten Pflanzen?

Entdecke ich also, dass Gänseblümchen mit völlig anderen Inhaltsstoffen das gleiche bewirken, könnte ein daraus entstehendes Produkt dieses Patent verletzen und wäre so eine Entdeckung selbst patentierbar? Oder nur, wenn es sich (generell) um ein Alkaloid handelt? (Was nicht klar definiert ist)
Die Antwort auf die erste Frage beantwortet wahrscheinlich zwangsweise die zweite ebenfalls.

Ich würde mich über Hilfestellung sehr freuen und bedanke mich herzlich für jede investierte Zeit in meine Frage.

Mit besten Grüßen,
R. Jann


Nachtrag: Unabhängig davon, was die Pflanzen angeht. Sollte einer der aufgelisteten Stoffe bei [0030] die Bitterkeit reduzieren, ohne, dass ein Stoff des Kokastrauches gebraucht wird, könnte man das dann patentieren?

Könnten eventuell bei [0036] alle Kräuter/Pflanzen dieser Welt, sowie deren Inhaltsstoffe eingeschlossen sein?


-- Editiert von go519402-58 am 08.07.2019 00:49

-- Editiert von go519402-58 am 08.07.2019 01:00

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6 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
BigiBigiBigi
Status:
Junior-Partner
(5398 Beiträge, 1813x hilfreich)

Sind jetzt schon Kochrezepte patentierbar? Das bloße Mischen bekannter Stoffe kann doch nach keiner relevanten Definition eine "Erfindung" sein (sonst hätte Coca-Cola ihre Formel nicht 100 Jahre geheim gehalten, sondern einfach patentiert und sich mit einer "Lex Disney" den Nichtverfall des Patentes er-lobby-fiziert).

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#2
 Von 
go519402-58
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Es geht nicht um Kochrezepte.
Sondern um die Eliminierung der Bitterkeit in grundsätzlich jedem bitteren Stoff um diesen überhaupt erst verzehrbar zu machen. Nach Telefonat mit einem Patentanwalt, ist dies sehr wohl patentierbar, wie ja auch in den von mir verlinkten Patenten geschehen.
Deswegen verstehe ich die Intention ihrer Antwort nicht.
Meine Erfindung/Entdeckung wurde jedoch, wie die Recherche ergeben hat, bereits vor knapp zwei Jahrzehnten patentiert.
Da sie allerdings in keinem mir bekannten Produkt angewendet wird, war das nicht offensichtlich.
Trotzdem Danke für das Interesse.

Nachtrag: Der Grund, warum der Erfinder der klassischen Cola das Rezept geheim gehalten hat, wird wohl sein, dass es bis heute niemand geschafft hat, es genau so nachzuahmen. Hätte er es patentiert und damit offen gelegt, würde es seit 100 Jahren gleich schmeckende Colas von anderen Marken geben.

-- Editiert von go519402-58 am 09.07.2019 16:10

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#3
 Von 
BigiBigiBigi
Status:
Junior-Partner
(5398 Beiträge, 1813x hilfreich)

Zitat (von go519402-58):
Sondern um die Eliminierung der Bitterkeit in grundsätzlich jedem bitteren Stoff um diesen überhaupt erst verzehrbar zu machen.


Es geht letztlich um "Beimischung von X zu Y hat Effekt Z". Das ist aber, wenn X und Y im wesentlichen Naturprodukte sind, keine Erfindung, sondern eine Entdeckung, vergleichbar mit "Weinflecken gehen am besten mit Honig aus Jeans-Stoff". Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, daß so etwas patentierbar sein soll.

Zitat:
Hätte er es patentiert und damit offen gelegt, würde es seit 100 Jahren gleich schmeckende Colas von anderen Marken geben.


Generell richtig, deswegen schrieb ich ja auch, daß es vermutlich in dem Fall eine "Lex Disney" gegeben hätte, den Patentschutz immer weiter zu verlängern - nur deswegen steht ja Mickey Mouse immer noch unter Urheberrecht.

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#5
 Von 
go519402-58
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Wenn eine Entdeckung/Erfindung nicht zum allgemein bekannten Stand der Technik gehört, sowie gewerblich nutzbar ist, ist sie patentierbar.
Da sich mir nicht erschließt warum das für Sie so schwer vorstellbar ist, ein Beispiel:
Stoff x und Stoff y sind ungenießbar. Gibt man beide in einem bestimmten Verhältnis in eine bittere Flüssigkeit ist das Ergebnis wider Erwarten bekömmlich.
Nach aktuellem Wissensstand kann dies niemand erklären.
Gewerbliche Nutzung wäre nun beispielsweise ein Streuer, der Kaffee, Tee, etc. ähnlich wie Natrium aus Speisesalz entbittert bzw. ähnlich wie Zucker und Süßstoff maskiert. Jedoch ohne deren Nachteile und somit eine Alternative darstellt.

Anwendungsgebiete gäbe es noch viele mehr.

MfG

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#6
 Von 
Hans35
Status:
Schüler
(151 Beiträge, 33x hilfreich)

Bei deiner Frage geht es (schon nach dem Titel) um den Schutzbereich. Dazu kann man nur ein paar grundsätzliche Bemerkungen machen.

Der Schutzbereich eines Patents wird durch die Patentansprüche bestimmt, die - als Ergebnis des Patentprüfungsverfahrens - erteilt werden. Patenterteilung und auch die Behandlung einer Patentverletzung (d.h. was in den Schutzbereich des Patents fällt und was nicht) ist eine hoheitliche Angelegenheit, die jeder Staat für sich regelt und wo ihm niemand hineinreden darf. Deine Frage wäre also für jeden Staat gesondert zu beantworten.

Das von dir vorgelegte "Beispielpatent" ist nur eine internationale Patentanmeldung nach dem PCT-Abkommen, die bei der WIPO in Genf eingereicht wurde. Das ist eine Sammelanmeldung für viele Staaten, nämlich für genau diejenigen Staaten, für die die entsprechenden Gebühren entrichtet werden. Die WIPO erteilt keine Patente, sondern leitet die Anmeldung dann nur an die Patentämter der entsprechenden (gemäß gezahlten Gebühren) Staaten weiter. Dort findet jeweils unabhängig voneinander ein Patenterteilungsverfahren nach dem betreffenden Gesetz des Staates statt. Da kann überall etwas anderes herauskommen, indem jeweils unterschiedliche Patentansprüche mit ganz anderen Schutzbereichen erteilt werden.

Für Europa ist es noch ein bisschen komplizierter, denn da kann - neben den nationalen Patentämtern - auch das Europäische Patentamt ein "Bündelpatent" für diejenigen europäischen Staaten erteilt werden, für die entsprechende Gebühren bezahlt werden. (In Deutschland gelten neben deutschen Patenten also auch solche europäischen Patente, wobei letztere im Kollisionsfall sogar Vorrang haben.) Das schließt es aber nicht aus, dass Gerichte in Deutschland und z.B. in England den Schutzbereich desselben (europäischen) Patents unterschiedlich sehen, so dass derselbe Sachverhalt in dem einen Land eine Verletzung des Patents darstellt, in dem anderen aber nicht.

Die unterschiedliche Beurteilung derselben Sache bei Patenterteilung und -verletzung in den verschiedenen Staaten ist besonders ausgeprägt, wenn weltanschauliche Dinge eine Rolle spielen. Und das ist regelmäßig der Fall, wenn lebendige Dinge (Pflanzen, Tiere und Menschen, z.B. bei Organtransplantation, Gentechnik usw.) eine Rolle spielt.

Deine Frage kann also nicht allgemein beantwortet werden. Wollte man sie für Deutschland beantworten, so bräuchte man zunächst den genauen Wortlaut der _erteilten_ Patentansprüche, sei es eines deutschen oder eines europäischen Patents. Eine bloße Patent_anmeldung_ (wie die zitierten WIPO-Anmeldungen) besagt dafür leider garnichts, denn vielen Ländern (u.a. in Deutschland) gelten die Patentansprüchen in einer Patentanmeldung nur als "Formulierungsversuch".

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