Zählt eine Anmeldung in einem anderen Land zum Stand der Technik?

1. September 2021 Thema abonnieren
 Von 
SuperSonic123
Status:
Frischling
(44 Beiträge, 0x hilfreich)
Zählt eine Anmeldung in einem anderen Land zum Stand der Technik?

Hallo,

man nehmen an Firma 1 reicht am 01.01.21 ein Patent in einem anderen Land ein und die Prüfung des dort zuständigen Patentamtes dauert ein Jahr.
Am 01.02.2021 reicht Firma 2 das selbe Patent in Deutschland ein. Die Prüfung dauert aber nur 6 Monate und das Patent wird erteilt (weil das Patent von Firma 1 zum Zeitpunkt der Erteilung nicht Stand der Technik war).

Hat das Patent von Firma 2 damit Bestand in Deutschland?

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7 Antworten
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#1
 Von 
Hans35
Status:
Schüler
(151 Beiträge, 33x hilfreich)

Das Patent hat voraussichtlich Bestand, sofern nicht einer der folgenden Ausnahmefälle vorliegt:

- Die Anmeldung "in einem andren Land" ist eine (internationale) PCT-Anmeldung, in der auch die Gebühren für eine Wirkung in Deutschland bezahlt wurden. Dann wirkt diese Anmeldung wie eine (neuheitsschädliche) Inlandsanmeldung.

- Die Anmeldung "in einem andren Land" ist eine europäische Anmeldung, in der auch die Gebühren für eine Wirkung in Deutschland bezahlt wurden. Da gilt dasselbe.

- Die Anmeldung "in einem andren Land" wird dort vor dem 1.2.21 offengelegt. Normalerweise erfolgt die Offenlegung erst 18 Monate nach dem Anmeldetag, aber viele Länder (auch Deutschland) ermöglichen auf Antrag eine vorzeitige Offenlegung.

- Die Firma 1 veröffentlicht die angemeldete Erfindung vor dem 1.2 21 selbst (z.B. um jemandem die Benutzung der Erfindung zu verbieten oder auf einer Messe) und schafft so Stand der Technik, der unabhängig von der Anmeldung der Patentfähigkeit entgegensteht. Auch eine "vergessene" Geheimhaltungsverpflichtung bei irgendwelchen Verhandlungen mit Dritten hätte diese Wirkung.

Es kann sein, dass es noch weitere Ausnahmen gibt, die mir gerade nicht einfallen.


-- Editiert von Hans35 am 01.09.2021 14:03

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#2
 Von 
SuperSonic123
Status:
Frischling
(44 Beiträge, 0x hilfreich)

Danke @Hans35.

Aber gibt es nicht das Prioritätsrecht, dass Firma 1 erlaubt bis zu einem Jahr ein Patent in DE nachzumelden?

Um den Sachverhalt einzugrenzen: Patent von Firma 1 wurde im Nicht EU Ausland angemeldet und nicht veröffentlicht. Wobei eine "vergessene Geheimhaltungsverpflichtung" auch nicht zwingend ausreicht, oder? Per Gesetz muss es ja einem uneingeschränkten Personenkreis bekannt sein.

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#3
 Von 
Hans35
Status:
Schüler
(151 Beiträge, 33x hilfreich)

Zitat (von SuperSonic123):
Aber gibt es nicht das Prioritätsrecht, dass Firma 1 erlaubt bis zu einem Jahr ein Patent in DE nachzumelden?

Natürlich, wenn es nicht bei einer Anmeldung von Firma 1 "in einem anderen Land" bleibt, dann hat Firma 2 keine Chancen mehr.

Zitat (von SuperSonic123):
Wobei eine "vergessene Geheimhaltungsverpflichtung" auch nicht zwingend ausreicht, oder? Per Gesetz muss es ja einem uneingeschränkten Personenkreis bekannt sein.
Es genügt schon eine (fachmännische) Person, der die Erfindung bekannt wird, wenn diese nicht gehindert ist, weitere Fachleute darüber zu informieren. Ob sie es tatsächlich tut (und wann), spielt dann keine Rolle mehr.

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#4
 Von 
SuperSonic123
Status:
Frischling
(44 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von Hans35):
Natürlich, wenn es nicht bei einer Anmeldung von Firma 1 "in einem anderen Land" bleibt, dann hat Firma 2 keine Chancen mehr.

D.h. es hängt davon ab, ob Firma1 das auch in DE anmeldet oder nicht, interessant.

Aber ein dritter hat quasi keine Möglichkeit, das Patent von Firma2 anzufechten, mit dem Argument, dass Firma1 es als erstes im Ausland angemeldet hat?

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#5
 Von 
Hans35
Status:
Schüler
(151 Beiträge, 33x hilfreich)

In der Tat, so ist es.

Die ausländische Anmeldung ist erst mal für die deutsche Anmeldung durch Firma 2 ohne Folgen, so lange die Erfindung nicht vor dem Anmeldetag der Anmeldung von Firma 2 veröffentlicht wird, sei es durch die Offenlegung, oder anders.

Wenn aber Firma 1 in Deutschland eine Anmeldung einreicht, die die Priorität aus dieser ausländischen Anmeldung in Anspruch nimmt, dann stellt diese Nachanmeldung Stand der Technik nach § 3 Abs. 2 PatG dar, weil diese Nachanmeldung dann quasi rückwirkend (durch die Inanspruchnahme der Priorität) den "Zeitrang" der ausländischen Erst-Anmeldung erhält.

-- Editiert von Hans35 am 01.09.2021 23:04

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#6
 Von 
SuperSonic123
Status:
Frischling
(44 Beiträge, 0x hilfreich)

Ändert sich etwas am Sachverhalt, wenn Firma 2 das Patent im gleichen Land wie Firma 1 einreicht und dann eine Deutsche/Europäische Anmeldung basierend auf dem Ausländischen Patent durchführt?

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#7
 Von 
Hans35
Status:
Schüler
(151 Beiträge, 33x hilfreich)

Nein, da ändert sich nichts. Ob Firma 2 ihre Anmeldung am 1.2.21 in Deutschland anmeldet, oder ob sie sie an diesem Tag irgend woanders auf der Welt anmeldet und dann (innerhalb des Prioritätsjahrs) in Deutschland eine Nachanmeldung derselben Erfindung macht (also die Priorität der ausländischen Erstanmeldung in Anspruch nimmt), das macht für ihre deutsche Anmeldung keinen Unterschied. In beiden Fällen ist der Zeitrang der Anmeldung der 1.2.21. Wenn nun die Anmeldung der Firma 1 (wie oben diskutiert) an diesem Tag einen neuheitsschädlichen Stand der Technik darstellt, dann wird es nichts mit dem Patent; andernfalls schon.

Neuheitsschädlich für das Verfahren in Deutschland ist das, was vor diesem Zeitrang (1.2.21) irgendwo auf der Welt veröffentlicht wurde (§ 3 Abs. 1 PatG), und außerdem zusätzlich das, was vor diesem Tag beim deutschen Patentamt (oder mit Wirkung für dieses) angemeldet wurde, auch wenn eine solche "ältere" Anmeldung (hier: der Firma 1) erst nach dem 1.2.21 offengelegt ( "nachveröffentlicht" ) wird (§ 3 Abs. 2 PatG). Dadurch bekommen in Deutschland nicht beide (Firma 1 und Firma 2) ein Patent für die fragliche Erfindung, sondern nur der, der zuerst in Deutschland angemeldet hat, oder genauer: der für diese Erfindung die Anmeldung mit dem früheren Zeitrang eingereicht hat (im Beispiel: Firma 1). Der andere geht leer aus.

-- Editiert von Hans35 am 02.09.2021 23:12

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