Rückwirkende Änderung Reiserecht durch die Bundesregierung

26. März 2020 Thema abonnieren
 Von 
vundaal76
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(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)
Rückwirkende Änderung Reiserecht durch die Bundesregierung

Hallo,

was denkt Ihr?
Mit welchem rechtlichen Instrument kann die Bundesregierung das Reiserecht ändern (keine Erstattung per Geld, sondern mit Gutscheinen) - und zwar so, dass es rückwirkend gilt?
Die meisten gestrichenen Reisen für April wurden ja in der Vergangenheit schon von den Veranstaltern storniert.

Was passiert mit denjenigen, die ggf. schon Anwälte beauftragt hatten?

Wie kann es möglich sein, die EU Fluggastverordnung, insb. Artikel 8 (kostenfreie Erstattung bei einer Airline-seitigen Streichung), in Deutschland auszusetzen?

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/luftverkehr-vorstoss-aus-regierung-gutscheine-statt-erstattung-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200326-99-476069

-- Editiert von vundaal76 am 26.03.2020 15:10

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93 Antworten
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#1
 Von 
Harry van Sell
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(119437 Beiträge, 39725x hilfreich)

Zitat (von vundaal76):
Mit welchem rechtlichen Instrument kann die Bundesregierung das Reiserecht ändern

Man nennt es "Gesetz". Alternativ wäre die Gesetztesanpassung oder eine Verordnung.




-- Editiert von Harry van Sell am 26.03.2020 17:49

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Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#2
 Von 
vundaal76
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(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

Und so ein Gesetz gilt dann auch - zum Nachteil der Kunden - rückwirkend?

Man strengt ein Verfahren gegen eine Airline oder einen Reiseveranstalter an - geht von der aktuellen Rechtslage aus. In der Verfahrenszeit wird das Gesetz geändert und man verliert?

Zwingende Gründe des Allgemeinwohls. -> Dazu gehört das Überleben von TUI, FTI und Lufthansa?

-- Editiert von vundaal76 am 26.03.2020 18:56

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#3
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119437 Beiträge, 39725x hilfreich)

Zitat (von vundaal76):
Und so ein Gesetz gilt dann auch - zum Nachteil der Kunden - rückwirkend?

Wenn es so da drin steht und das Gesetz einer eventuellen gerichtlichen Prüfung standhält.



Zitat (von vundaal76):
Zwingende Gründe des Allgemeinwohls. -> Dazu gehört das Überleben von TUI, FTI und Lufthansa?

Lufthansa in jedem Falle, die sind als "systemrelevant" eingestuft.
Bei TUI, FTI etc. könnte es passieren das die insolvent gehen - da kann es derzeit dem Allgemeinwohl dienen, wenn die erst mal nicht insolvent gehen.



Zitat (von vundaal76):
In der Verfahrenszeit wird das Gesetz geändert und man verliert?

Kann passieren. Wobei, man kann dann die Klage ja zurücknehmen, dann verleit man nicht.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
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#4
 Von 
vundaal76
Status:
Junior-Partner
(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

Zitat:
Kann passieren. Wobei, man kann dann die Klage ja zurücknehmen, dann verleit man nicht.


Man muss aber nach Klageeinreichung die Gerichtskosten, den eigenen und gegnerischen Anwalt zahlen.

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#5
 Von 
vundaal76
Status:
Junior-Partner
(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

Zitat:
Lufthansa in jedem Falle, die sind als "systemrelevant" eingestuft.


Sowohl im Cargo- als auch im Passagiergeschäft gibt es zur Lufthansa stets andere Alternativen - innerdeutsch per Bahn; international mit anderen Airlines.
Momentan ist zwar fast alles stillgelegt, aber irgendwann wird die Krise (wie die Spanische Grippe) im Groben beendet sein.

Zitat:
Bei TUI, FTI etc. könnte es passieren das die insolvent gehen - da kann es derzeit dem Allgemeinwohl dienen, wenn die erst mal nicht insolvent gehen.


Eine Rückwirkung eines Gesetzes benötigt schon eine sehr gute Begründung. Pauschalreisen stellen in meinen Augen Luxusgüter dar. Ein Staat kann auch ohne Pauschalreisen überleben.

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#6
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119437 Beiträge, 39725x hilfreich)

Zitat (von vundaal76):
Eine Rückwirkung eines Gesetzes benötigt schon eine sehr gute Begründung.

Ja, einfach "Corona" rufen wird da nicht reichen.


Aber eventuell geht es ja auch um ein "geplantes Scheitern" - einfach um Zeit zu gewinnen...




-- Editiert von Harry van Sell am 26.03.2020 20:47

Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#7
 Von 
vundaal76
Status:
Junior-Partner
(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

Eine Reaktion aus einem ersten Büro eines Bundestagsabgeordneten (Information sind anonymisiert). Es sieht so aus, dass eine Gesetzesänderung nicht so einfach im Bundestag durchgewunken wird.

Zitat:
Sehr geehrte xxx

danke für Ihre Mail an xxx und den Hinweis. Ich arbeite aus dem homeoffice (nur falls Sie sich über die Mailadresse wundern sollten)
Ich teile Ihr Anliegen, dass die Abwicklung der Erstattungen über Gutscheine keine gute Idee ist und bin Ihnen für Ihren Hinweis sehr dankbar. Wir werden diesen in die Erarbeitung unserer Positionen mit einfließen lassen und einer entsprechenden Gesetzesinitiative nicht zustimmen. Ich habe unsere zuständigen Referenten darüber in Kenntnis gesetzt.


Mit freundlichen Grüßen
xxx


-- Editiert von vundaal76 am 27.03.2020 10:14

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#8
 Von 
Traveler2020
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Frischling
(8 Beiträge, 0x hilfreich)

Meiner Meinung nach wäre dies leider aufgrund eines Gesetzes möglich, welches zwar sehr Verbraucherunfreundlich wäre aber eventuell tatsächlich formell und materiell rechtmäßig wäre.

Sind selbst betroffen und werden vom Veranstalter hingehalten. Offensichtlich wird aktuell seitens des Veranstalters gegen geltendes Recht, hier 651h Abs. 5 BGB gehandelt und die 14 Tage Frist nicht eingehalten in der Hoffnung das ein solches Gesetz tatsächlich kommt.

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#9
 Von 
vundaal76
Status:
Junior-Partner
(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

Es gilt ein Rückwirkungsverbot in der Gesetzgebung (Thema Rechtsstaatsprinzip). Da muss es schon sehr gute Gründe geben, die eine Rückwirkung erlauben. Letztendlich wird dieses Gesetz durch die Gerichte - im Rahmen von Verfahren - geprüft werden.

Es muss Folgendes gewahrt sein: "wenn zwingende Gründe des Gemeinwohls die Rückwirkung erfordern;"

Lufthansa, TUI, FTI -> Was haben diese Unternehmen mit unserem Gemeinwohl zu tun?

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#10
 Von 
vundaal76
Status:
Junior-Partner
(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

Weiterhin, ich kann mir nicht vorstellen, dass der Bundestag ein rückwirkendes Gesetz beschließen wird.
Den Medien ist zu entnehmen, dass wohl einige Ministerien vorhaben, ein Gesetz einzubringen, wonach es ausreicht, dem Kunden nur einen Gutschein auszustellen. Dieser Gutschein soll aber nach 12-18 Monaten in Bargeld eingelöst werden dürfen.

Problem: Die Verärgerung wird so groß sein, dass die Wenigsten den Gutschein wieder in einer Reise eintauschen werden (auch weil vergleichbare Reisen in 2021 wesentlich teurer sein werden). Die meisten Deutschen werden genau diese Frist abwarten und dann auf die Einlösung in Bargeld bestehen. Der Reiseveranstalter oder Fluggesellschaft muss dann zahlen. Sie kann natürlich Insolvenz anmelden. Dann wären die Gutscheine praktisch wertlos.
Und im Herbst 2021 finden Bundestagswahlen statt. Du glaubst doch nicht, dass die CDU/CSU/SPD sich hier ihr eigenes Grab schaufeln werden - insb. für die Lufthansa/TUI/FTI.

Dumme Idee: Jetzt fordert die Reisebranche, dass der Staat (wir Steuerzahler) diese Gutscheine gegen Insolvenz absichern. Wenn sich der Staat darauf einlässt, dann gehen die Reiseveranstalter dann in 12-18 Monaten alle pleite und der Staat muss diese ganzen Gutscheine in Bargeld umtauschen.
Sorry, für so blöd halte ich unseren Bundestag nicht.

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#11
 Von 
Traveler2020
Status:
Frischling
(8 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von vundaal76):
Es gilt ein Rückwirkungsverbot in der Gesetzgebung (Thema Rechtsstaatsprinzip). Da muss es schon sehr gute Gründe geben, die eine Rückwirkung erlauben. Letztendlich wird dieses Gesetz durch die Gerichte - im Rahmen von Verfahren - geprüft werden.

Es muss Folgendes gewahrt sein: "wenn zwingende Gründe des Gemeinwohls die Rückwirkung erfordern;"

Lufthansa, TUI, FTI -> Was haben diese Unternehmen mit unserem Gemeinwohl zu tun?


Nach Verhältnismäßigkeitsprüfung wird im Rahmen der Verhältnismäßigkeitbim engeren Sinne eine Abwägung stattfinden. Dort stehen sich die Interessen gegenüber. Im Sinne des gemeinwohles (zwingende Gründe :Arbeitsplätze, wirtschaftliche Konsequenz für komplette Branche) wird die Interessen des einzelnen (Gutschein statt Geld) überwiegen. Leider. Ich hoffe auch du behähltst recht..

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#12
 Von 
vundaal76
Status:
Junior-Partner
(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

Es müssten zwei Dinge geändert werden mit einem Gesetz.
1. Die EU Fluggastrechteverordnung EC261/2004 Artikel 8a
2. Das Reiserecht im BGB, insb §651h BGB;

Ggf. existiert eine minimale Chance, dass die Rettung der Lufthansa ein zwingender Grund des Gemeinwohls die Rückwirkung erfordern. Allerdings prahlte die Lufthansa in den letzten Monaten in der Öffentlichkeit, dass Sie über ausreichend liquide Mittel verfügen. Die Lufthansa ist faktisch nicht von der Insolvenz bedroht, sie muss eben nur die Liquidität anzapfen. Schon dieses Argument alleine kann die Verhältnismäßigkeitsprüfung erschüttern.

Für eine TUI, FTI, Condor sehe ich aber absolut keinen zwingenden Grund des Gemeinwohls. Deutschland und seine Versorgung brechen nicht zusammen, wenn Reiseveranstalter und eine Karibik/Kanaren/Mallorca-Ferienflieger das Geschäft aufgeben müssen.

-- Editiert von vundaal76 am 01.04.2020 20:39

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#13
 Von 
vundaal76
Status:
Junior-Partner
(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

Zitat:
Nach Verhältnismäßigkeitsprüfung wird im Rahmen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne eine Abwägung stattfinden.


Und genau diese Verhältnismäßigkeitsprüfung dürfen die Gerichte (auch weit unter dem Bundesverfassungsgericht) dann auch durchführen. Siehe das Berliner Gesetz zum Mietendeckel;

Der Gesetzgeber würde neben den erheblichen Risiken für die Staatskasse und den schwindenden Chancen für die Wiederwahl auch ein rechtliches Chaos mit einer Prozesslawine auslösen.

Denn hier geht es nicht, dass der Bürger hier mal EUR 50 verliert, sondern oftmals reden wir von Summen von mehreren Tausenden Euros für den einzelnen Reisenden und seine Familie.
Hier geht es auch nicht um Leben und Tod (schütze ich mich durch eine Ausgangssperre vor dem Coronavirus).

Wie gesagt: Ich glaube nicht, dass der Gesetzgeber so auf den Kopf gefallen ist.
Der Gesetzgeber hat momentan auch ganz andere Prioritäten (es muss alles getan werden, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen).

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#14
 Von 
vundaal76
Status:
Junior-Partner
(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

Was Neues:
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/corona-plan-gutscheine-statt-rueckzahlung-fuer-abgesagte-reisen-16708488.html

Zitat:
Nach dem Plan der Bundesregierung sollen die Gutscheine bis Ende 2021 befristet sein und für alle Tickets gelten, die vor dem 8. März gekauft wurden. Hat der Kunde seinen Gutschein bis Ende 2021 nicht eingelöst, muss der Veranstalter ihm den Wert erstatten. Geplant sind auch Härtefallklauseln für alle Kunden, denen ein Gutschein wegen ihrer finanziellen Situation nicht zumutbar ist.


Natürlich kann die Bundesregierung sich da wünschen, was es will. Die Sache muss aber noch durch den Bundestag.

Ich fürchte, eine Prozesslawine kommt auf uns zu. Jetzt müssen Gerichte Härtefälle prüfen.

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#15
 Von 
Traveler2020
Status:
Frischling
(8 Beiträge, 0x hilfreich)

Fairer Weise muss ich sagen das schauinsland soeben gezahlt hat. Hat mich selbst gewundert nach den letzten Aussagen.

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#16
 Von 
hiphappy
Status:
Junior-Partner
(5538 Beiträge, 2497x hilfreich)

Zitat (von vundaal76):
Den Medien ist zu entnehmen, dass wohl einige Ministerien vorhaben, ein Gesetz einzubringen, wonach es ausreicht, dem Kunden nur einen Gutschein auszustellen. Dieser Gutschein soll aber nach 12-18 Monaten in Bargeld eingelöst werden dürfen.


Mal ganz einfach gedacht:

wenn jetzt alle Reisenden eine Rückerstattung bekommen, dann ist der Veranstalter vermutlich sofort Insolvent.

Wenn man das jetzt per "Gutschein-Gesetz" erstmal auf Ende 2021 schiebt, kann man gucken, wie groß das finanzielle Risiko ist, und dann in Ruhe Lösungen suchen.

Natürlich ist es schlecht, dass der Verbraucher dann erstmal das Risiko trägt, dass sich die Firmensituation in dieser Zeit noch verschlechtert. Aber ganz ehrlich: schlechter als jetzt geht ja fast gar nicht.

Ich war am Anfang auch komplett skeptisch (insbesondere weil die Information fehlte, dass man Ende 2021 sich den Gutschein auszahlen lassen kann), aber besondere Zeiten erfolgen besondere Maßnahmen.

Momentan ist glaube ich jede Maßnahme, die eine spätere Abwägung, Kalkulation und Lösungsfindung ermöglicht, eine gute Maßnahme.

Und mir ist durchaus bewusst, dass es Menschen gibt, die die Rückzahlung in der jetzigen Zeit gut gebrauchen könnten. Aber das ist vermutlich hinnehmbar. Das Geld ist (vorerst) nicht verloren, und eine Unterscheidung zwischen Härtefall und kein Härtefall wäre zu aufwändig.

Letztlich geht es um das "Überleben" aller, hier nicht im gesundheitlichen Sinn. Und wenn man dann die Veranstalter zunächst mal rettet, und dann in Ruhe schaut, wie es weiter geht, kann das durchaus dem Allgemeinwohl dienen.

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#17
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119437 Beiträge, 39725x hilfreich)

Zitat (von Traveler2020):
Hat mich selbst gewundert nach den letzten Aussagen.

Naja, bei denen dürfte Erkenntnis gekommen sein, nachdem man einen Rechtanwalt kontaktiert hat ...


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Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#18
 Von 
Traveler2020
Status:
Frischling
(8 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Zitat (von Traveler2020):
Hat mich selbst gewundert nach den letzten Aussagen.

Naja, bei denen dürfte Erkenntnis gekommen sein, nachdem man einen Rechtanwalt kontaktiert hat ...


Eigentlich wurde mit erstem schreiben auf den 651h abs 5 hingewiesen. Iwie hat die das nicht gejuckt. Auch nach Androhung Klage vor dem Landgericht kam erstmal nix... Nun ja wer weiß was der Ausschlag war.. Ab heute wird es jedoch sehr sehr schwer. Nach dem Beschluss der Regierung.

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#19
 Von 
vundaal76
Status:
Junior-Partner
(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

Ich frage mich immer noch, wer die Anwalts- und Gerichtskosten trägt, von denjenigen, die aktuell gerichtlich gegen Airlines und Reiseveranstalter vorgehen?

Gab es so etwas in unserer bundesdeutschen Rechtsgeschichte, dass mitten im Verfahren das Gesetz geändert wird und man genau deshalb verliert?

Was ist mit denjenigen, die z.B. jetzt über SEPA-Rücklastschriften zwangsweise an die Erstatttung kommen?

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#20
 Von 
Traveler2020
Status:
Frischling
(8 Beiträge, 0x hilfreich)

I'm Grunde bei einer Entscheidung je nach obsiegen/unterliegen.

Bei Verzug, was nach aktueller Rechtslage noch der Fall wäre, ist der Veranstalter Schadensersatzpflichtig - Verzug - Pflichtverletzung -

0x Hilfreiche Antwort

#21
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119437 Beiträge, 39725x hilfreich)

Zitat (von vundaal76):
Gab es so etwas in unserer bundesdeutschen Rechtsgeschichte, dass mitten im Verfahren das Gesetz geändert wird und man genau deshalb verliert?

Meines Wissen nach nicht.

Allerdings war der Bundestag bisher auch nur so emsig, wenn es um die Diätenerhöhungen ging ...



Zitat (von vundaal76):
Ich frage mich immer noch, wer die Anwalts- und Gerichtskosten trägt, von denjenigen, die aktuell gerichtlich gegen Airlines und Reiseveranstalter vorgehen?

Eigentlich muss die Gesetzeslage herangezogen werden, die zum Beginn des Verfahren galt.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#22
 Von 
Traveler2020
Status:
Frischling
(8 Beiträge, 0x hilfreich)

Bei einer echten Rückwirkung käme es meiner Meinung nach nicht auf den Beginn des Verfahrens an.

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#23
 Von 
vundaal76
Status:
Junior-Partner
(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

Hier ist die Beschlusslage der Bundesregierung (wobei die Executive die Gesetze selbst nicht ändern kann).
https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/im-sogenannten-corona-kabinett-der-bundesregierung-wurde-heute-folgender-beschluss-fuer-eine-gutscheinloesung-bei-pauschalreisen-flugtickets-und-freizeitveranstaltungen-gefasst--1738744

Hier ist ein interessanter aktueller Artikel zu dem Artikel:
https://reisetopia.de/news/regierung-gutscheine-erstattung/

Ich zitiere einige Sätze:

Zitat:
Mögliche Rückwirkung des Gesetzes ist fraglich
Unklar erscheint aktuell auch noch, inwieweit eine mögliche Gesetzesänderung rechtlich überhaupt möglich ist. Im deutschen Recht genauso wie im EU-Recht existiert die Maßgabe, dass Gesetze nicht rückwirkend verändert werden können. Diese besagt kurz zusammengefasst, dass Änderungen der Gesetze nicht nachträglich erfolgen können, sofern sie zum Nachteil des Verbrauchers sind. Da dies allerdings bei einer rückwirkenden Änderung der Gesetzeslage zu Reisebuchungen der Fall wäre, dürfte eine solche von den Gerichten zurückgewiesen werden.


Zitat:
Eine Ausnahme ist allerdings für sogenannte zwingende Gründe des Gemeinwohls vorgesehen. Es erscheint zumindest möglich, dass die Corona-Pandemie eine Rückwirkung durch diese Ausnahme ermöglichen könnte.


Das sehe ich bei großen Airlines wie Easyjet, Ryanair und British Airways überhaupt nicht. Diese Airlines haben in den letzten Jahren massive Profite erwirtschaftet. Und diese Unternehmen geben in der Presse mit hohen Cash-Reserven an.

Zitat:
Dass die EU-Kommission den Beschluss annehmen und bestätigen wird, erscheint wahrscheinlich. Gleichwohl ist fraglich, ob die Gerichte die Gesetzesänderung akzeptieren werden, denn die Rückwirkung des möglichen Gesetzes erscheint schwer zu rechtfertigen.


Genau -> ein neues Gesetz wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden.

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#24
 Von 
vundaal76
Status:
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(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

Keine Insolvenzabsicherung für Flugtickets!

Zitat:

Im sogenannten "Corona-Kabinett" der Bundesregierung wurde heute folgender Beschluss für eine Gutscheinlösung bei Pauschalreisen, Flugtickets und Freizeitveranstaltungen gefasst:

1. Pauschalreisen und Flugtickets:
Die zuständigen Ressorts sollen an die Kommission mit dem dringenden Anliegen einer kurzfristig praktikablen Gutscheinlösung herantreten. In einem Brief soll die Kommission im Namen der Bundesregierung aufgefordert werden, unverzüglich zu handeln und für eine einheitliche europäische Regelung zu sorgen.

a. Pauschalreisen
BMJV, BMWi und BMF richten das Schreiben über den zuständigen Kommissar der DG Just Reynders an die Kommission. Die Regelung soll die Möglichkeit der Reiseveranstaltenden vorsehen, den Buchenden bei Pandemie-bedingten Absagen von vor dem 08.03.2020 gebuchten Reisen anstelle der binnen 14 Tagen fälligen Erstattung einen Gutschein zu geben, der folgende Bedingungen erfüllen soll:

Insolvenzabsicherung, ggf. staatliche Rückversicherung
Härtefallklausel für Fälle, in denen für den Buchenden der Gutschein unzumutbar ist
Gültigkeit des Gutscheins: 31.12.2021 – ist der Gutschein bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingelöst, ist der Wert zu erstatten
b. Flugtickets
BMVI, BMWi und BMJV richten das Schreiben über die zuständige Kommissarin der DG Move Valean an die Kommission. Die Regelung soll den Airlines bereits kurzfristig (denkbar über eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift im Form einer Auslegungshilfe), aber auch mittelfristig durch Anpassung der Fluggastrechteverordnung die Möglichkeit geben, den Buchenden bei Pandemie-bedingten Absagen von vor dem 08.03.2020 gebuchten Flügen anstelle der binnen 7 Tagen fälligen Erstattung einen Gutschein zu geben, der folgende Bedingungen erfüllen soll:

Härtefallregelung
Gültigkeit bis 31.12.2021 – ist der Gutschein bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingelöst, ist der Wert zu erstatten.

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#25
 Von 
vundaal76
Status:
Junior-Partner
(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

Was mich noch wundert -> Was ist, wenn die AGBs oder der Vertrag des Leistungsträger bei einer Absage der Reise oder Flugs seitens des Anbieter am Buchungstag eben eine vollständige Erstattung in Cash dem Kunden zusichert?

Kann das Gesetz eine verbraucherfreundliche AGB-Regelung oder vertragliche Regelung überschreiben?

0x Hilfreiche Antwort

#26
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119437 Beiträge, 39725x hilfreich)

Zitat (von vundaal76):
Kann das Gesetz eine verbraucherfreundliche AGB-Regelung oder vertragliche Regelung überschreiben?

Könnte es tatsächlich, wenn dort solches drin stehen würde.

Was die Verfassungsmäßigkeit nicht gerade fördern dürfte.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#27
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16464 Beiträge, 9282x hilfreich)

Das praktische Problem wird sein, dass man die Frage der Verfassungswidrigkeit vor dem 31.12.21 nicht geklärt bekommt.
Eine Normenkontrollklage kann von Privatpersonen nicht eingeleitet werden.
D.h. das BVerfG kann sich mit der Frage erst dann beschäftigen, wenn mindestens ein Kunde den kompletten Instanzenweg vom Amtsgericht bis zum BGH durchlaufen hat oder ein Zivilgericht dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vorlegt.

-- Editiert von drkabo am 03.04.2020 02:31

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Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB.

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#28
 Von 
vundaal76
Status:
Junior-Partner
(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

Es ist aber gut möglich, dass eine Reihe von Abgeordneten aus der Opposition im Bundestag (oder eben eine Fraktion) eine Normenkontrollklage einreicht.

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#29
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16464 Beiträge, 9282x hilfreich)

Mir fällt da keine Fraktion aus dem demokratischen Spektrum ein, die dafür in Betracht kommt.

Signatur:

Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB.

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#30
 Von 
vundaal76
Status:
Junior-Partner
(5048 Beiträge, 1959x hilfreich)

Das ist eine E-Mail von einer Oppositions-Fraktion:

Zitat:
Sehr geehrte xxx

danke für Ihre Mail an xxx und den Hinweis. Ich arbeite aus dem homeoffice (nur falls Sie sich über die Mailadresse wundern sollten)
Ich teile Ihr Anliegen, dass die Abwicklung der Erstattungen über Gutscheine keine gute Idee ist und bin Ihnen für Ihren Hinweis sehr dankbar. Wir werden diesen in die Erarbeitung unserer Positionen mit einfließen lassen und einer entsprechenden Gesetzesinitiative nicht zustimmen. Ich habe unsere zuständigen Referenten darüber in Kenntnis gesetzt.
Mit freundlichen Grüßen
xxx

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