Der Fall stellt sich so dar:
Person X hat 1999 Krebs. Im Rahmen der Behandlung wird es von den Ärzten versäumt eine Konservierung der Spermien von X zu machen. Patient X wurde paar Tage nach der Beginn der Behandlung angesprochen, ob er Interesse an einer Konservierung hätte. Er möge es sich überlegen. Patient X sagte ja, war aber noch zu der Zeit Minderjährig, so dass er das noch mit den Eltern besprechen sollte. Die stimmten dem auch zu. Ab dem Folgetag sprach X die Ärzte an, welche ausweichend reagierten. Der Arzt, der X dazu ansprach, war nicht mehr anzutreffen. Es stellt sich dann heraus, dass es zu spät war.
X hat zum Fall im Jahre 2001 das Gespräch mit dem Klinikarzt gesucht.
Der verwies darauf, dass man ja gar nicht wissen könne, ob X nicht schon vorher unfruchtbar gewesen sei. Er sei es z.B. auch und er hatte nie eine Chemotherapie. Auch würden sich die Patienten immer hinterher beschweren. Da zu der Zeit keine Partnerschaft vorlag, wurde das Thema nicht weiterverfolgt.
Frage:
Hat X heute noch Möglichkeiten, da der Kinderwunsch nun konkret wird. Die Ärzte beruhigten stets, dass auch eine Spontanheilung erfolgen könne. Eine Therapie ist theoretisch möglich, kann jedoch einige tausende Euro kosten - welche von den Krankenkassen nur in sehr begrenztem Umfang übernommen werden.
Welche rechtlichen Möglichkeiten hat X? Zur tatsächlichen Bestimmung der Unfruchtbarkeit soll gemäß WHO 3x ein Spermiogramm mit negativen Ergebnis erfolgen. X hat in den den frühen 2000'er Jahren 2x Spermiogramme gemacht - mit negativem Ergebnis. Ein Ergebnis gemäß WHO liegt jedoch nicht vor.
Kann X die Klinik heute noch wegen Körperverletzung anzeigen?
Es ist nicht davon auszugehen, dass jemand dafür belangt wird, doch könnte dies ein Hebel sein, um die Klinik zur Unterstützung der Therapie zu bewegen?
Kann X seine Rechtschutz-Versicherung für den Fall nutzen, die 2016 abgeschlossen wurde? Auf welches Ereignis müsste sich der Rechtschutzfall beziehen?
Unfruchtbarkeit nach Chemotherapie
Wer den Schaden hat...?
Wer den Schaden hat...?
ZitatWelche rechtlichen Möglichkeiten hat X? :
Nach 19 Jahren? Keine mehr, meiner Meinung nach.
Ich weiß auch nicht, warum ich mich hier immer ins BGB verlaufe.. jedenfalls verstehe ich den Fall noch nicht so ganz.
Verstehe ich also richtig, dass es hier um zwei Dinge geht:Zitat:Patient X wurde paar Tage nach der Beginn der Behandlung angesprochen, ob er Interesse an einer Konservierung hätte.[..] Ab dem Folgetag sprach X die Ärzte an, welche ausweichend reagierten. Der Arzt, der X dazu ansprach, war nicht mehr anzutreffen. Es stellt sich dann heraus, dass es zu spät war.
1. Die Unfruchtbarkeit, mutmaßlich infolge der Chemo-Therapie?
2. Die nicht durchgeführte Konservierung?
Wenn ja:
Zu 1.: Wurde/n der Patient/dessen Eltern über die möglichen Nebenwirkungen aufgeklärt?
Zu 2.: Verstehe ich richtig, dass die Konservierung nicht im Voraus vereinbart wurde, sondern (entsprechend des obigen Zitats) nur ein kurzer Zeitraum zwischen der Mitteilung der positiven Entscheidung und der Feststellung, dass es zu spät sei. verging?
PS: Eine nach dem Schadenfall abgeschlossene Versicherung wird natürlich nicht mehr in Leistung treten (brennendes Haus usw.)
-- Editiert von DeusExMachina am 25.09.2019 20:33
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Zitat1. Die Unfruchtbarkeit, mutmaßlich infolge der Chemo-Therapie? :
2. Die nicht durchgeführte Konservierung?
So hätte ich das auch verstanden.
Strafrechtlich dürfte es komplett verjährt sein.
Und zivilrechtlich fällt mir auch gerade kein Strohhalm ein.
ZitatIch weiß auch nicht, warum ich mich hier immer ins BGB verlaufe.. :
Intuition?
Na, ich weiß nicht.. vielleicht auch Überheblichkeit. Für SGBler empfinde ich puren Respekt, aber das Meisterwerk moderner Legislative ist und bleibt das BGB. Du schlägst es unwillkürlich auf und Dich lächeln 961ff oder 823ff oder (das Buch mit den sieben Siegeln) 1922ff an, und Du denkst Dir: "Das kann unmöglich wahr sein!" Wie dem auch sei..ZitatIntuition? :
Ich hätte hier gerne einmal Kontext und Motivation des TE ausgelotet. Aus dem Strafrecht weiß ich, dass (leider) viele Begebenheiten mitunter Jahrzehnte lang reifen müssen bis sie zur Sprache kommen. Und dafür sind wir ja hier.. für den Austausch.
-- Editiert von DeusExMachina am 25.09.2019 22:01
Die Unfruchtbarkeit infolge der Chemo wird hingenommen, zumal dies auch im Rahmen einer Abwägung Tod oder Fruchtbarkeit relativ klar ausfällt.
Das Problem ist die nicht durchgeführte / vergessene Konservierung.
In Rahmen der Aufklärung wurden den Eltern des damals 16 jährigen X Dokumente zur Unterschrift vorgelegt. Darin wurde über die möglichen Folgen (u.A. Unfruchtbarkeit) aufgeklärt. Wie weit sich ein Vater bei der überraschenden Krebserkrankung seines Kindes X nun alles durchliest, sei mal dahin gestellt.
Worüber die Familie nicht informiert wurde (bzw. zu spät), ist dass es durch die Konservierung eine Möglichkeit gab, die Folgen der Unfruchtbarkeit zu beheben.
X verfolgte das Thema nach dem Gespräch mit dem Klinikarzt nicht weiter, da es ein unangenehmes Thema ist und Kinder zu der Zeit kein Thema waren. Jahre später sieht dies anders aus.
Letztlich wird ein Hebel gesucht, damit die Klinik überzeugt wird, bei der Behandlung zu helfen.
(Interne Kosten vs. in Rechnung gestellte Kosten - grob gesagt, wird der Arzt bezahlt für seine anwesende Zeit nicht, ob er was macht)
Eine Idee wäre, dass nun die Fruchtbarkeitsuntersuchung gemäß WHO durchgeführt würde und nun erstmalig ein belastbares Ergebnis vorliegt. Darauf basierend würde man den Zeitpunkt der Kenntnisnahme ansetzen...
Unbestritten ein Rettungshalm...
Vielen Dank für den Austausch!
ZitatLetztlich wird ein Hebel gesucht, damit die Klinik überzeugt wird, bei der Behandlung zu helfen. :
Kann man versuchen; aber ich sehe wenig Chancen. Allein deswegen schon, weil damals, also direkt nach der Aufklärung noch ausreichend Zeit verblieben wäre um vorhandene Spermien zu sichern. Denn anders als bei einer Amputation treten die Nebenwirkungen einer Chemoth. schleichend ein.
Ich vermute, dass hier die eigene Untätigkeit bzw. die der Eltern das ausschlaggebende Element darstellt.
Was sagt denn ein Fachmediziner dazu?
Berry
Pardon, ich blicke noch immer nicht ganz durch.
In #1 heißt es:
Zitat:Patient X wurde paar Tage nach der Beginn der Behandlung angesprochen, ob er Interesse an einer Konservierung hätte.
In #5 heißt es dann:
Zitat:Worüber die Familie nicht informiert wurde (bzw. zu spät), ist dass es durch die Konservierung eine Möglichkeit gab, die Folgen der Unfruchtbarkeit zu beheben.
Verstehe ich also richtig, dass es sich bei der Grundlage dieses Themas um die Annahme handelt, dass es ein "paar Tage nach der Beginn der Behandlung" zu spät gewesen wäre, eine Konservierung durchzuführen? Oder einmal anders gefragt: wieviel Zeit verging denn dann noch bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sich herausstellte, "dass es zu spät war"?
Ist das alles nach 20 Jahren nicht eh egal?
Du, das wollte ich gerade schreiben. Es ist wurscht.
wirdwerden
ZitatLetztlich wird ein Hebel gesucht, damit die Klinik überzeugt wird, bei der Behandlung zu helfen. :
Welche Behandlung? Unfruchtbarkeit durch Chemo ist doch m.E. nicht heilbar. Was ist also wirklich das Ziel?
Den Eltern wurden etliche Dokumente zur Unterschrift gegeben.
Es stand darin, dass Unfruchtbarkeit eine Folge sein kann. Es stand nirgends drinne, dass man die Folgen durch eine (vorherige) Konservierung vermeiden kann.
Erst als die Therapie lief (ca. am 7. Tag), sprach ein Arzt den Patienten X wegen der Konservierung an. Es hieß von den anderen Ärzten dann, dass dies schon zu spät sei. Noch vor Chemo-Beginn hätte man beginnen müssen.
ZitatIch vermute, dass hier die eigene Untätigkeit bzw. die der Eltern das ausschlaggebende Element darstellt. :
Verstehe ich das Richtig?
Z.B. bei Ihrem Kind wird Krebs diagnostiziert und Sie bzw. Ihr Kind sind innerhalb von 7 Tagen im Bilde, was alles gemacht werden soll? Also vertreten Sie die Position, dass der Patient sich selbst therapiert und die Ärzte nur noch den Anweisungen des Patienten folgen?
Nebenbei, vor 20 Jahren waren Selbsthilfe Gruppe im Netz nicht ganz so umfangreich... und nicht war online.
Was ist das wirkliche Ziel?
Es gibt medizinische Ansätze doch noch eine "Heilung" / med. Lösung zu finden. Doch kann dies in die 20'000 € Kosten gehen.
Und diese Unterlagen von vor 20 Jahren hat man noch?ZitatEs stand darin, dass Unfruchtbarkeit eine Folge sein kann. Es stand nirgends drinne, dass man die Folgen durch eine (vorherige) Konservierung vermeiden kann. :
Das wurde ganz sicher nicht standardmäßig gemacht in 1999, oder?ZitatIm Rahmen der Behandlung wird es von den Ärzten versäumt eine Konservierung der Spermien von X zu machen. :
ZitatVerstehe ich das Richtig? :
Z.B. bei Ihrem Kind wird Krebs diagnostiziert und Sie bzw. Ihr Kind sind innerhalb von 7 Tagen im Bilde, was alles gemacht werden soll?
Nee, aber verdrehen hilft auch nicht.
Ich wollte darauf hinaus, dass die negativen Folgen der Chemo sich nicht sofort auswirken, denn auch die gewollte Wirkung der Chemo setzt ja nicht mit der erten Gabe ein.
Folglich hätte man - so mein Gedankengang - auch noch nach der Information also wenige Tage später die Konservierung vornehmen können.
Dazu kommt, Anami hat es im Beitrag vorher ja auch schon angerissen, das Ganze aus der Sicht des Jahres 1999 zu betrachten, incl. Betrachtung der damals verbindlichen Regelungen.
Mit dem Hinweis kann ich wenig anfangen, eine rechtserheblichkeit erkenne ich nicht.ZitatNebenbei, vor 20 Jahren waren Selbsthilfe Gruppe im Netz nicht ganz so umfangreich... und nicht war online. :
Berry
ZitatIch wollte darauf hinaus, dass die negativen Folgen der Chemo sich nicht sofort auswirken, denn auch die gewollte Wirkung der Chemo setzt ja nicht mit der erten Gabe ein. :
Folglich hätte man - so mein Gedankengang - auch noch nach der Information also wenige Tage später die Konservierung vornehmen können.
Ich hatte den TE so verstanden, daß eine Spermienkonservierung nach der ersten Runde Chemo aus medizinischen Gründen (Vorsicht) nicht mehr gemacht wird, weil man nicht ausschließen kann, daß bereits eine Schädigung eingetreten ist, auch wenn es unwahrscheinlich sein mag.
Aha!
Wenn ich das bisher korrekt interpretiere, sind die Ärzte doch ihrem Therapieauftrag nachgekommen.. und das mit Erfolg, denn Sie leben ja noch, Glückwunsch übrigens!Zitat:Also vertreten Sie die Position, dass der Patient sich selbst therapiert und die Ärzte nur noch den Anweisungen des Patienten folgen?
Dieses Thema lässt sich m.E. herunterbrechen auf die Frage, ob ein Krankenhaus nicht nur verpflichtet sein soll, rechtzeitig auf mögliche Nebenwirkungen einer Therapie hinzuweisen sondern zusätzlich über präventive Maßnahmen für den Fall des Eintritts etwaiger Nebenwirkungen zu informieren.
ZitatIch hatte den TE so verstanden, daß eine Spermienkonservierung nach der ersten Runde Chemo aus medizinischen Gründen (Vorsicht) nicht mehr gemacht wird, weil man nicht ausschließen kann, daß bereits eine Schädigung eingetreten ist, auch wenn es unwahrscheinlich sein mag. :
Wenn es so ist, was auch ich nicht grundsätzlich ausschließen will, kann er es dann aber auch in genau der Deutlichkeit klarstellen. mein Rat war ja das mit seinem Hausarzt abzuklären.
Berry
ZitatPS: Eine nach dem Schadenfall abgeschlossene Versicherung wird natürlich nicht mehr in Leistung treten (brennendes Haus usw.) :
Doch, gerade im Rechtschutzbereich (und einigen weiteren) kann genau das passieren. Ist zwar mit anderen Nachteilen verbunden, diese könnten aber durchaus milder sein, als das Alternativszenario ohne Versicherung.
Für das abgebrannte Haus fällt mir aber auch kein nachträglich versichernder Anbieter sein.
Da hätte ich dann gerne bitte einmal ein Beispiel aus dem Privat-RS-Bereich, wo vor Vertragsschluss und ohne Risikofragen nach Vorschäden geleistet würde.ZitatDoch, gerade im Rechtschutzbereich (und einigen weiteren) kann genau das passieren. :
PS: Dieses Beispiel kann es nicht geben, es ist bereits mathematisch undenkbar. Also bitte keinen Unfug verzapfen!
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