Bedarfsgemeinschaft vs eheänliche Gemeinschaft

5. Januar 2016 Thema abonnieren
 Von 
guest-12305.01.2016 14:01:05
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)
Bedarfsgemeinschaft vs eheänliche Gemeinschaft

Hallo,

ich würde gerne mit einer Bekannten zusammen ziehen. Diese bezieht Leistungen vom AAmt: Miete usw.

Jetzt habe ich mich etwas eingelesen und herausgefunden das das erste Jahr sowieso nicht als BG angesehen werden darf.

Wie sieht es aber danach aus?

Können wir die NICHT BG bis auf 3 Jahre erweitern bis daraus automatisch eine eheähnliche Gemeinschaft entsteht?

Was für Möglichkeiten haben wir? Wir sind ja nicht zusammen und ich mag ungern für sie aufkommen müssen.

gruesse

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5 Antworten
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#2
 Von 
guest-12305.01.2016 14:01:05
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Hallo,

Nein, es liegt keine Partnerschaft vor!

Eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft wird vom Leistungsträger regelmäßig angenommen, wenn die Partner länger als ein Jahr zusammenleben. Soviel erstmal zu dem ersten Jahr.

Da gehe ich dochmal davon aus das wir im ersten Jahr noch save sind. Dann habe ich gelesen das nach 3 Jahren das automatisch in eine eheähnliche Gemeinschaft umgewandelt wird vom AAmt.

Nach drei Jahren gilt eine Lebensgemeinschaft als eheähnlich. Ein erwerbsfähiger Hartz-Empfänger hat keinen Anspruch auf die Leistungen des Jobcenters, wenn ein Lebenspartner leistungsfähig ist. Wer mit einem Bedürftigen in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebt, muss jedoch nicht sofort für ihn aufkommen. Das Gericht geht erst nach einem Zusammenleben von mindestens drei Jahren von einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft aus. (Landessozialgericht NRW

quelle: http://www.datentransfer24.de/Arbeitslosengeld4.html

Vielleicht verstehe ich das auch alles nur nicht richtig.

Fakt ist: Keine Beziehung - Wohnen zusammen - getrennte Konten

gruesse

-- Editiert von fb431681-94 am 05.01.2016 11:25

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#3
 Von 
TheSilence
Status:
Lehrling
(1650 Beiträge, 1044x hilfreich)

Zitat:
Damit es nicht als Bedarfsgemeinschaft gewertet wird, müssen z.B. beide Rundfunkbeitrag zahlen, getrennte Schlafzimmer haben (und ja, da kann einer kommen und gucken)


Ach Blödfug.

1. Rundfunkbeitrag fällt ja nur einmal an. Man kann natürlich regeln, daß der 50:50 aufgeteilt wird, aber das ist keine Verpflichtung, deren Nichteinhaltung zur automatischen Annahme einer BG führt.

2. Ob die Betreffenden miteinander Sex haben oder nicht, hat für die Annahme einer BG auch keine Relevanz.

Entscheidend ist nur, ob zu vermuten ist, daß beide Seiten finanziell füreinander einstehen wollen. Private Beziehungen oder nicht haben damit nichts zu tun.

Zitat:
Oder erwarten Sie, daß nach drei Jahren "Nicht-Beziehungs-Zusammenleben" plötzlich aus heiterem Himmel eine eheähnliche Gemeinschaft ensteht?


Zwei zusammenziehende gute Freunde dürfen sich nicht "plötzlich" verlieben? In welcher parallelen Realität lebst du?

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
guest-12305.01.2016 14:01:05
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Hallo,

mich würde das interessieren:

- Nach drei Jahren gilt eine Lebensgemeinschaft als eheähnlich
- Erst wenn eine eheähnliche Gemeinschaft mindestens ein Jahr besteht, handelt es sich um eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im Sinne der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung
- Dabei handelt es sich nicht um eine starre Zeitgrenze. Keinesfalls darf aber von einer funktionierenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausgegangen werden, wenn das Paar erst eine gemeinsame Wohnung "auf Probe" hat. Dann kann noch nicht von einer "Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft" geredet werden. (Landessozialgericht Hamburg, L 5 B 21/07 ER AS )

Also:

1. Jahr Wohnen auf Probe
2. Jahr (Ende des Jahres da es ja ein Jahr bestehen mus und wir vorher die Probe hatten) = BG
3. Jahr = automatisch eheähnliche Gemeinschaft

Das natürlich alles nur wenn wir keinen Widerspruch einlegen. Widerspruch wird hier schwer da wir im selben Bett schlafen. Aber an die Konten des jeweils anderen können wir NICHT!

Oder liege ich komplett falsch?

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#5
 Von 
AxelK
Status:
Philosoph
(13036 Beiträge, 4438x hilfreich)

@Tom Rohwer:

Zitat:
Ich wüsste nicht, warum das erste Jahr nicht als Bedarfsgemeinschaft eingestuft werden dürfte. Aber das sagt einem ggf. das Jobcenter/ArGe/Sozialamt.


Toller Tip. Gerade zur Frage Bedarfsgemeinschaft ja oder nein, würde ich mich natürlich auch ausgerechnet beim Jobcenter informieren und beraten lassen, dessen vorrangiges Interesse darin besteht, Geld zu sparen. Dann kann ich auch gleich freiwillig im Antrag angeben, "wir kommen selbstverständlich gerne und vollumfänglich gegenseitig füreinander auf." :bang:

Zitat:
Es wird im Regelfall eine Bedarfsgemeinschaft unterstellt, wenn Leute zusammenziehen, es sei denn, die wären offensichtlich eine Wohngemeinschaft.


Es wird sicherlich einzelne Jobcenter geben, die das genau so handhaben. Deshalb davon auszugehen, dass das der Regelfall ist, ist aber nicht haltbar, zumal das ganze dann im Zweifelsfall auch erstmal vor Gericht Bestand haben müsste, was eher sehr selten der Fall sein dürfte.

Zitat:
Damit es nicht als Bedarfsgemeinschaft gewertet wird, müssen z.B. beide Rundfunkbeitrag zahlen,


Schon mal was davon gehört, dass es mittlerweile schon seit 3 Jahren die Haushaltsabgabe gibt?

Zitat:
getrennte Schlafzimmer haben (und ja, da kann einer kommen und gucken), getrennten Kücheneinkauf machen usw.


Sorry, aber vielleicht solltest Du Dich mal ein wenig mit der ständigen Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit zu diesem Thema auseinandersetzen. Für das Nichtbestehen einer BG sind weder getrennte Betten, noch getrennt Einkäufe zwingend erforderlich. Es muss lediglich getrennt gewirtschaftet werden, was soviel bedeutet, jeder trägt seine Kosten selbst, die gemeinsamen Kosten werden geteilt (nicht zwingend 50 : 50).

@guest:

Zitat:
Nach drei Jahren gilt eine Lebensgemeinschaft als eheähnlich


Jedenfalls so pauschal ist diese Aussage falsch. Es gibt keine starre Grenze, ab wann eine Lebensgemeinschaft als eheähnlich gilt, weshalb das LSG NRW in der genannten Entscheidung auch von mindestens drei Jahren gesprochen hat. Außerdem gibt es den Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft im SGB II gar nicht mehr. Dieser wurde durch den Begriff "Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft" ersetzt, was faktisch gesehen natürlich das selbe ist.

Zu guter Letzt ist die genannte Entscheidung meines Wissens zur Rechtslage vor dem 01.04.2006 ergangen, als es die Vermutungstatbestände des § 7 Abs. 3a SGB II noch nicht gab. Insoweit ist das heute nicht mehr so wirklich anwendbar.

Zitat:
Erst wenn eine eheähnliche Gemeinschaft mindestens ein Jahr besteht, handelt es sich um eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im Sinne der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung


Wie gesagt, der Begriff "eheähnliche Gemeinschaft" wurde durch den Begriff "Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft" ersetzt. Es handelt sich also im Ergebnis um das selbe. Eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft liegt dann vor, wenn beide Partner freiwillig bereit sind gegenseitig füreinander einzustehen und auch finanziell füreinander aufzukommen.

Zitat:
Dabei handelt es sich nicht um eine starre Zeitgrenze. Keinesfalls darf aber von einer funktionierenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausgegangen werden, wenn das Paar erst eine gemeinsame Wohnung "auf Probe" hat. Dann kann noch nicht von einer "Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft" geredet werden.


Problem bei der Fragestellung BG ja oder nein ist im Wesentlichen, dass es immer auf die ganz konkret vorliegenden individuellen Einzelfallumstände ankommt, sodass gerichtliche Entscheidungen hier nur bedingt hilfreich sind.

Zitat:
1. Jahr Wohnen auf Probe
2. Jahr (Ende des Jahres da es ja ein Jahr bestehen mus und wir vorher die Probe hatten) = BG
3. Jahr = automatisch eheähnliche Gemeinschaft


Es gibt kein generelles Probejahr. Es darf sehrwohl vom ersten Tag des Zusammenwohnens an eine Bedarfsgemeinschaft angenommen. Der Kern des Ganzen ist die Frage der Beweislastverteilung. Gem. § 7 Abs. 3a SGB II wird das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft von Gesetzes wegen vermutet, wenn Partner,

Zitat:
1. länger als ein Jahr zusammenleben,
2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.


Sobald einer dieser Vermutungstatbestände vorliegt, darf das Jobcenter von einer Bedarfsgemeinschaft ausgehen. Das Nichtbestehen der BG müsste dann von den Leistungsberechtigten widerlegt werden. Es tritt als eine Beweislastumkehr ein.

Zu beachten ist aber, dass die Prüfung, ob einer der Vermutungstatbestände vorliegt überhaupt erst dann einsetzen darf wenn die sogenannten objektiven Tatbestandsvoraussetzungen für eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vom Leistungsträger positiv festgestellt worden sind. Diese objektiven Tatbestandsvoraussetzungen sind:

1. Das Bestehen einer Partnerschaft und
2. das Zusammenleben der Partner in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft.

Näheres hierzu findet sich wunderbar aufgearbeitet im Urteil des Bundessozialgerichts vom 23.08.2012, Az.: B 4 AS 34/12 R .

Zitat:
Das natürlich alles nur wenn wir keinen Widerspruch einlegen. Widerspruch wird hier schwer da wir im selben Bett schlafen. Aber an die Konten des jeweils anderen können wir NICHT!


Noch einmal: Das Bestehen einer Partnerschaft und das schlafen in einem gemeinsamen Bett bedeutet nicht zwangsläufig, dass auch eine Bedarfsgemeinschaft besteht.

Zusätzlich zu den vorstehenden Informationen empfehle ich die Lektüre dieser Seite:

http://www.axelkrueger.info/html/lebenspartnerschaft.html

Und wenn dann noch weitere Fragen bestehen, bitte nochmal melden.

Wichtig ist im Übrigen in diesem Zusammenhang, mehr als in allen anderen Bereichen, sich frühzeitig ausgiebig zu informieren, um Fehler zu vermeiden, die später kaum wieder zu korrigieren sind. Im Zweifelsfall empfiehlt sich auch frühzeitig eine anwaltliche Beratung.

Gruß,

Axel


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