Grundfreibetrag und Fahrtkosten

26. Mai 2013 Thema abonnieren
 Von 
SimoneF
Status:
Frischling
(25 Beiträge, 7x hilfreich)
Grundfreibetrag und Fahrtkosten

Hallo,
eine Bekannte von mir verdient 800,00 EUR netto und knappe 1000 EUR brutto hat also somit in ihrem ALG II einen Freibetrag i.H.v.280,00 EUR.

Die Entfernung zum Arbeitsort beträgt einfach knapp 30km. Wie nur einfach gerechnet?

Wie hoch ist den eigentlich der Anteil der Fahrtkosten in dem Freibetrag. Müsste dieser nicht eventuell höher sein bei der Entfernung einfach?

Danke für alle Antworten

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9 Antworten
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#1
 Von 
AxelK
Status:
Philosoph
(13042 Beiträge, 4440x hilfreich)

@SimoneF:

Grundsätzlich sollen mit dem Grundfreibetrag sämtliche berufsbedingten Aufwendungen abgegolten sein, ohne das konkret geregelt ist, welcher Betrag für welche Position darin enthalten ist.

Beträgt das Einkommen mehr als 400,- € (eine Anpassung auf den neuen Höchstbetrag von 450,- € für Minijobs ist noch nicht erfolgt), besteht die Möglichkeit, den Grundfreibetrag zu erhöhen, wenn die tatsächlichen und nachweisbaren berufsbedingten Ausgaben höher als 100,- € sind.

Dabei ist wie folgt zu rechnen:

Fahrtkosten: 30km x 19 Tage x 0,20 € = 114,- € + Versicherungspauschale 30,- € + Werbungskostenpauschale 15,33 € + Prämie Kfz-haftpflichtversicherung (z.B. und geschätz) 35,- € = 194,33 € .

Zu beachten ist dabei, dass immer nur die kürzeste und einfache Strecke lt. Routenplaner berücksichtigt wird. Die 19 Tage werden gerechnet bei einer 5 Tage Woche. Im Übrigen gilt die Berechnung natürlich nur dann, wenn die Fahrten zur Arbeit mit dem PKW zurückgelegt werden. Ansonsten treten an die Stelle die nachgewiesenen Kosten für öffentliche Verkehrsmittel.

Der Gesamtfreibetrag würde sich bei dieser Beispielrechnung von 280,- auch 374,33 € erhöhen.

Es ist in höchstem Maße erschreckend, dass die Jobcenter praktisch nie von sich aus auf diese Möglichkeit, die klar gesetzlich geregelt ist, hinweisen und das nur beachten, wenn der Leistungsempfänger von selbst drauf kommt. Die Aufklärungspflicht nach § 13 SGB I wird in dem Punkt permanent ignoriert.

Je nachdem, wann diese Arbeit aufgenommen wurde und von wann der erstmalige Bescheid mit Anrechnung des Einkommens datiert, sollte dagegen Widerspruch eingelegt oder ein Überprüfungsantrag gestellt werden.

Gruß,

Axel

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"Ausführliche Infos zu ALG II finden Sie auf meiner Website: http://www.axelkrueger.info "

5x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Violetta76
Status:
Schüler
(178 Beiträge, 142x hilfreich)

Ich dachte immer, es wird mit 20 Tagen gerechnet (Kinderzuschlag und Wohngeld werden immer 20 Tage angesetzt).

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8x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
SimoneF
Status:
Frischling
(25 Beiträge, 7x hilfreich)

vielen Dank Axel für die ausführliche Antwort. Wir werden einige Passagen daraus für einen Widerspruch verwenden. Eine Frage schließt sich allerdings an, nämlich
auf welchen § ich mich beziehen kann?

Danke

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2x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
AxelK
Status:
Philosoph
(13042 Beiträge, 4440x hilfreich)

@SimoneF:

quote:<hr size=1 noshade>auf welchen § ich mich beziehen kann? <hr size=1 noshade>


§ 11b Abs. 2 Satz 2 SGB II in Verbindung mit § 6 ABs. 1 ALG II VO.

Die Berechnung der Fahrtkosten mit 19 Arbeitstagen ergibt sich aus den Geschäftsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 11b SGB II . Nachzulesen hier, unter Rn 11.153 ff.:

quote:<hr size=1 noshade>http://www.harald-thome.de/media/files/sgb-ii-hinweise/FH-11---20.09.2012.pdf <hr size=1 noshade>


Die Begrenzung auf 19 Arbeitstage pro Monat bei einer 5-Tage-Woche wird damit begründet, dass so auch Urlaubs- und Krankheitstage angemessen berücksichtigt werden.

@Violetta:

Mit dem Link dürfte dann auch Deine Anmerkung beantwortet sein. ;)

Gruß,

Axel

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1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
Violetta76
Status:
Schüler
(178 Beiträge, 142x hilfreich)

Typisch BfA. Das heißt ja, man unterstellt 30 Tage Urlaub im Jahr.

Also meine Erfahrung ist leider, dass nur noch 20 Tage gewährt werden und wer krank wird fliegt raus.

Das Finanzamt berücksichtigt 280 Tage (bei 5-Tage-Woche) im Jahr (Krankheit und Urlaub sind hier auch schon berücksichtigt) und die BfA 228 (19 * 12). Ne, ist klar.

Ich denke aber im Falle einer Klage müssten sie 20 berücksichtigen (da nur Geschäftsanweisung, kein Gesetz).

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1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
AxelK
Status:
Philosoph
(13042 Beiträge, 4440x hilfreich)

@Violetta:

quote:
Das Finanzamt berücksichtigt 280 Tage (bei 5-Tage-Woche) im Jahr (Krankheit und Urlaub sind hier auch schon berücksichtigt)


Wie bitte kommst Du denn auf das schmale Brett? Selbst ohne Berücksichtigung auch nur eines einzigen Feier-, Urlaubs- oder Krankheitstage sind 52 Woche à 5 Arbeitstage nur 260 Tage. Da wird das Finanzamt wohl kaum 280 Arbeitstage akzeptieren.

So furchtbar weit weg ist die BA mit ihren 228 Tagen im Kalenderjahr sicher nicht von der Realität.

quote:
Ich denke aber im Falle einer Klage müssten sie 20 berücksichtigen


Du kannst es ja gerne versuchen.

Gruß,

Axel

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#7
 Von 
SimoneF
Status:
Frischling
(25 Beiträge, 7x hilfreich)

danke für die ausführlichen Antworten. Sie helfen uns sehr weiter.

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1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
SimoneF
Status:
Frischling
(25 Beiträge, 7x hilfreich)

So , der Widerspruch wurde sehr zügig bearbeitet. Nach unserer Rechnung, nach deiner Beispielrechnung gerechnet Axel, hat uns das Amt mal knappe 87,00 EUR monatlich unterschlagen.

Im Widerspruchsbescheid werden allerdings nur 57,00 EUR anerkannt. Als Begründung wird was von einer Monatsfahrkarte für das Gebiet erzählt.

Ist das okay so. Dürfen die statt der tatsächlichen Kosten für die KM eine Busfahrkarte ansetzen. Mal abgesehen davon, dass aufgrund des Weges über den Kindergarten überhaupt keine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich ist.

Danke

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1x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
AxelK
Status:
Philosoph
(13042 Beiträge, 4440x hilfreich)

@Simone:

Sofern die Möglichkeit besteht, die Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen und die Kosten dafür geringer sind, als die Fahrtkosten mit dem PKW, werden in der Tat nur die Kosten des ÖPNV berücksichtigt. Du müsstest dann, um die höheren Kosten anerkannt zu bekommen, nachweisen, das die Nutzung des ÖPNV nicht möglich oder nicht zumutbar ist, oder dass der Arbeitgeber die Anreise mit dem eigenen PKW verlangt, weil dieser beispielsweise auch zeitweise für dienstliche Fahrten genutzt werden muss-

Gruß,

Axel

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