Überleitungsanzeige Kindesunterhalt an Jobcenter

18. Dezember 2021 Thema abonnieren
 Von 
Key_Key
Status:
Frischling
(26 Beiträge, 2x hilfreich)
Überleitungsanzeige Kindesunterhalt an Jobcenter

Hallo zusammen :)

Ein volljähriges Kind bezieht mit der Mutter als Bedarfsgemeinschaft ALG2.

Im Zeitraum 04/2020 bis 07/2021 war das Kind Schülerin und hatte somit, parallel zu den Leistungen nach SGBII, die sie auch erhielt, einen Unterhaltsanspruch gegen die Eltern.

Seit 03/2020 ist bis heute ein strittiges Unterhaltsverfahren anhängig. Bisher wurde seit Volljährigkeit kein Unterhalt geleistet. Einen Titel gibt es nicht.

Das Jobcenter hat den Vater bisher nicht kontaktiert.
Die Anwältin der Tochter steht im Kontakt zum Jobcenter und kritzelt in ihren gerichtlichen Anträgen etwas von rückwirkender Erstattung an das Jobcenter.

Meine Frage: Darf auch die Anwältin der Tochter dem Jobcenter die Einkommensnachweise des Vaters (ungefragt) überlassen und der Vater "übergangen" werden, oder muss das Jobcenter zwingend selbst Kontakt zum potenziell unterhaltspflichtigen Vater aufnehmen um ihn zur Rückerstattung heranzuziehen und ihn dahingehend auffordern, seine Einkünfte dem Jobcenter gegenüber darzulegen, woraus das Jobcenter dann mögliche Erstattungen an sich errechnet?

Grüßchengedöns!

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10 Antworten
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#1
 Von 
AxelK
Status:
Philosoph
(13036 Beiträge, 4438x hilfreich)

Zitat:
Die Anwältin der Tochter steht im Kontakt zum Jobcenter und kritzelt in ihren gerichtlichen Anträgen etwas von rückwirkender Erstattung an das Jobcenter.


Ich gehe davon aus, dass das Jobcenter von der Tochter, bzw. der Mutter, Angaben zum Kindsvater inkl. dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse verlangt hat. Das ist soweit auch legitim.

Darüber hinaus wird das Jobcenter Kenntnis davon haben, dass ein Unterhaltsverfahren anhängig ist. Grundsätzlich könnte das Jobcenter dieses Verfahren auch selbst führen, überlässt das aber durchaus gerne den Unterhaltsberechtigten, bzw. deren Anwälten und bedient sich dann des entsprechenden Ergebnisses.

Zitat:
Darf auch die Anwältin der Tochter dem Jobcenter die Einkommensnachweise des Vaters (ungefragt) überlassen und der Vater "übergangen" werden,


Meines Erachtens ja.

Zitat:
oder muss das Jobcenter zwingend selbst Kontakt zum potenziell unterhaltspflichtigen Vater aufnehmen um ihn zur Rückerstattung heranzuziehen und ihn dahingehend auffordern, seine Einkünfte dem Jobcenter gegenüber darzulegen, woraus das Jobcenter dann mögliche Erstattungen an sich errechnet?


§ 67a SGB X könnte dafür sprechen, dass das tatsächlich so sein könnte. Andererseits ist die Unterhaltsberechnung des Familiengerichts letztendlich auch für das Jobcenter bindent, sodass es durchaus nachvollziehbar ist, dass das Jobcenter sich aufgrund des bereits laufenden Unterhaltsverfahrens zunächst einmal zurückhält und sich lediglich über den Stand des Unterhaltsverfahrens auf dem Laufenden halten lässt. Ich halte die Vorgehensweise in der vorliegenden Konstellation durchaus für legitim.

Gruß,

Axel

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#2
 Von 
Key_Key
Status:
Frischling
(26 Beiträge, 2x hilfreich)

Zitat (von AxelK):
§ 67a SGB X könnte dafür sprechen, dass das tatsächlich so sein könnte. Andererseits ist die Unterhaltsberechnung des Familiengerichts letztendlich auch für das Jobcenter bindent, sodass es durchaus nachvollziehbar ist, dass das Jobcenter sich aufgrund des bereits laufenden Unterhaltsverfahrens zunächst einmal zurückhält und sich lediglich über den Stand des Unterhaltsverfahrens auf dem Laufenden halten lässt. Ich halte die Vorgehensweise in der vorliegenden Konstellation durchaus für legitim.


Herzlichen Dank für Deine Antworten insgesamt :-)

Für mich ist es schwierig zu verstehen, dass der Vater über die ggf. bestehenden übergegangenen Ansprüche nicht wenigstens offiziell vom JC durch Kontaktaufnahme informiert wurde.



0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Key_Key
Status:
Frischling
(26 Beiträge, 2x hilfreich)

"Nebenan" in meinem Ausgangsfrage-Beitag antwortete mir Smogman

Zitat (von smogman):
Verfahrensrechtlich ist die Anwältin des Kindes übrigens für auf das Jobcenter übergegangene Ansprüche überhaupt nicht aktivlegitimiert, müsste also ihren Antrag immer wieder umstellen. Oder treten hier Kind und Jobcenter als Streitgenossenschaft auf?


Die Anwältin der Tochter beantragt in ihren diversen Antragsschriften fortwährend 4 Punkte.

Zeiträume, Beträge und an wen rückwirkend zu zahlen (Unterhaltsverechtigte direkt und/oder JC).

Eine Streitgenossenschaft aus Tochter und JC liegt eben nicht vor. Zumindest wurde das nie erwähnt.

Der Vater rief kürzlich beim JC an und wollte sich informieren.

Das Gespräch lief so ab:

JC: Datenschutz. Ich darf mit Ihnen nur sprechen, wenn Ihre Tochter neben Ihnen sitzt.

V: Das tut sie nicht. Ich habe Fragen zu den Forderungen durch Sie gegen mich.

JC: Haben Sie Post von uns bekommen?

V: Nein. Das ist ja der Grund warum ich anrufe.

JC: Wenn Sie keine Pist von uns bekommen haben, gibt es auch keine Ansprüche gegen Sie.

Ende.



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#4
 Von 
AxelK
Status:
Philosoph
(13036 Beiträge, 4438x hilfreich)

Zitat:
Für mich ist es schwierig zu verstehen, dass der Vater über die ggf. bestehenden übergegangenen Ansprüche nicht wenigstens offiziell vom JC durch Kontaktaufnahme informiert wurde.


Vom Jobcenter informiert wird der Vater spätestens dann, wenn das Jobcenter konkrete Forderungen an ihn stellt, was bisher offensichtlich noch nicht der Fall ist.

Zitat:
Verfahrensrechtlich ist die Anwältin des Kindes übrigens für auf das Jobcenter übergegangene Ansprüche überhaupt nicht aktivlegitimiert,


Es ist durchaus denkbar und gar nicht so unüblich, dass das Jobcenter die Ansprüch auf die Tochter rückübertragen hat und dann handelt es sich eben nicht (mehr) um übergegangene Ansprüche. Das ist einer der denkbaren Wege, der vom Jobcenter durchaus bevorzugt gewählt wird, weil das für die Jobcentermitarbeiter deutlich weniger Arbeit bedeutet.

Zitat:
Oder treten hier Kind und Jobcenter als Streitgenossenschaft auf?


Auch das wäre theoretisch denkbar, dürfte in der Praxis aber so gut wie nie vorkommen.

Zitat:
Zeiträume, Beträge und an wen rückwirkend zu zahlen (Unterhaltsverechtigte direkt und/oder JC).


Was die Vermutung nahelegt, dass nicht im gesamten Streitzeitraum Leistungen vom Jobcenter bezogen wurden. Denn, eine Zahlung ans Jobcenter ist natürlich nur für die Zeiträume angezeigt, in denen Leistungen ohne Anrechnung von Unterhalt erbracht wurden.

Zitat:
JC: Datenschutz. Ich darf mit Ihnen nur sprechen, wenn Ihre Tochter neben Ihnen sitzt.


Zitat:
JC: Wenn Sie keine Pist von uns bekommen haben, gibt es auch keine Ansprüche gegen Sie.


Aus meiner Sicht zwei völlig korrekte Aussagen. Wobei, das erste schon eher fragwürdig ist. Selbst wenn die Tochter daneben sitzen würde, dürften eigentlich keine konkreten Auskünfte erteilt werden. Schließlich kann ja jeder behaupten, er/sei sei die Tochter.

Die Tochter und deren Anwältin verhalten sich m.E. im Zusammenspiel völlig korrekt. Einerseits wird ausstehender Unterhalt geltend gemacht, andererseits soll aber auch durch entsprechende Direktzahlungen an das Jobcenter vermieden werden, dass es zu Rückforderungen gegenüber der Tochter kommt. Und dem Vater kann es am Ende egal sein, an wen er zahlt, solange zweifelsfrei geklärt ist, dass und für welchen Zeitraum seine Unterhaltspflicht damit vollständig erfüllt ist.

Gruß,

Axel

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#5
 Von 
Key_Key
Status:
Frischling
(26 Beiträge, 2x hilfreich)

Zitat (von AxelK):
Gruß,

Axel


Vielen Dank für Deine gesamten, sehr verständlichen, Worte zu dieser Thematik und für deine Zeit dafür.

Ich konnte das bisher schlecht einsortieren.

Ich wünsche dir schöne Feiertage!
- Kirsten -

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
Key_Key
Status:
Frischling
(26 Beiträge, 2x hilfreich)

Update und Ausgang:

Nachdem am 31.03.22 endlich eine ordentliche Überleitungsanzeige beim Kindesvater eintrudelte (nach über zwei Jahren hat das Jobcenter es geschafft), parallel dazu aber das laufende Unterhaltsverfahren für den Kindesvater entschieden wurde, da ein versuchter Prozessbetrug (Verschweigen eigener Einkünfte) und ein mindestens 2jähriger Sozialleistungsbetrug nachgewiesen wurde, werde ich aus dieser Überleitungsanzeige nun einen hübschen Papierflieger basteln.

Für ähnlich Betroffene: das Jobcenter muss den (vermeintlichen) Unterhaltsschuldner direkt bei Bedarfsgewährung über eben diese informieren (Überleitungsanzeige). Bei verspäteter Mitteilung (hier 2 Jahre) gerät man zumindest nicht in Verzug.

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#7
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119616 Beiträge, 39755x hilfreich)

Danke für das Update ...

Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#8
 Von 
AxelK
Status:
Philosoph
(13036 Beiträge, 4438x hilfreich)

Zitat:
Für ähnlich Betroffene: das Jobcenter muss den (vermeintlichen) Unterhaltsschuldner direkt bei Bedarfsgewährung über eben diese informieren (Überleitungsanzeige).


Die Aussage stammt von der Richterin oder dem Richter am Familiengericht? Ziemlich gewagt, würde ich mal sagen. Die Unterhaltsansprüche gehen per Gesetz ab das Jobcenter über, ohne dass es dafür einer Überleitungsanzeige bedarf. Jedenfalls im Geltungsbereich des SGB II. Im SGB XII sieht's wieder anders aus. Aber derartige Feinheiten kann man von einem Familienrichter vielleicht auch auch nicht erwarten.

Auch von mir Danke für das Update. Passiert leider sehr selten, dass man hier mal erfährt, was aus den Dingen geworden ist, die man hier diskutiert hat.

Gruß

Axel

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#9
 Von 
Key_Key
Status:
Frischling
(26 Beiträge, 2x hilfreich)

Das "Problem" hier war, dass das JC der (vermeintlich) unterhaltsberechtigten Tochter ab 04/2020 Leistungen gewährt hat. Es hatte jedoch vertrödelt dem (vermeintlich) unterhaltsverpflichteten Vater dies mitzuteilen.

Parallel dazu lief das Unterhaltsverfahren in dem die Tochter ihre Ansprüche rückwirkend geltend machte. Die letzte Antragsumstellung vom 08.12.21, wie der rückständige Unterhalt zu zahlen gewesen wäre (Teilbetrag an Tochter und Teilbetrag an JC wegen der geleisteten Zahlungen nach SGBII) wurde zudem verzinst (ab Anspruch mit 5% seit 01/2020).

Unabhängig davon, dass diese Anträge nun insgesamt abgewiesen wurden, hätte ein Formfehler vorgelegen, da der Vater erst am 31.03.22 über den übergegangenen Anspruch informiert wurde.

Teilzitat: "fehlt eine substantiierte Darlegung (Überleitungsanzeige + Auflistung der bisher geleisteten Zahlungen des JC), verhindert dies nicht die Entstehung des Anspruchs, sondern verhindert die Durchsetzbarkeit. Fehlt die Durchsetzbarkeit, kommt der Unterhaltspflichtige ausdrücklich nicht in Zahlungsverzug."

Ich bekomme den Beschluss des Amtsgerichts in Papierform vermutlich in den nächsten Tagen. Bisher habe ich das nur mündlich aus dem Verkündungstermin von Freitag.

Ich werde diesen Teil dann gerne hier zitieren, falls das jemand "gebrauchen" kann.

-- Editiert von Key_Key am 07.06.2022 18:35

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
smogman
Status:
Student
(2781 Beiträge, 914x hilfreich)

Zitat (von Key_Key):
Teilzitat: "fehlt eine substantiierte Darlegung (Überleitungsanzeige + Auflistung der bisher geleisteten Zahlungen des JC), verhindert dies nicht die Entstehung des Anspruchs, sondern verhindert die Durchsetzbarkeit.
Absolut richtig! Der Anspruch geht zwar dem Grunde nach über, darf aber vom Jobcenter nicht eingefordert werden.

Grundlage ist § 33 Abs.3 S.1 SGB II: "Für die Vergangenheit können die Träger der Leistungen nach diesem Buch außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an den Anspruch geltend machen, zu welcher sie der oder dem Verpflichteten die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt haben."

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