"Zahlungsaufforderung" durch das Jobcenter

23. Februar 2013 Thema abonnieren
 Von 
bernardoselva
Status:
Bachelor
(3253 Beiträge, 1810x hilfreich)
"Zahlungsaufforderung" durch das Jobcenter

Hallo,
ich bin gespannt wie die Experten den folgenden Fall einstufen:
Ein ALG 2 – Empfaenger zieht um. Das Jobcenter genehmigt die Wohnung und zahlt auch die im Mietvertrag vorgesehene Kaution an den Vermieter. Ueber die Kaution wird mit dem Leistungsempfaenger ein Darlehensvertrag geschlossen. Dieser sieht vor, dass, sobald sich die wirtschaftliche Situation des Leistungsempfaengers derart verbessert, dass eine Rueckzahlung erfolgen kann, diese Rueckzahlung erfolgt. Spaetestens jedoch bei Auszug hat die Rueckzahlung zu erfolgen, dazu hat der Leistungsempfaenger eine Abtretungserklaerung unterschrieben, so dass der Vermieter die Kaution an das Jobcenter und nicht an den Mieter auszuzahlen hat.

Ende letzten Jahres wurde der Leistungsempfaenger Rentner (Altersruhegeld). Dies wurde ordnungsgemaess dem Jobcenter mitgeteilt, ein Aufhebungsbescheid der Leistungen erfolgte voellig korrekt.

Mitte Januar bekam der ehemalige Leistungsempfaenger nun vom Jobcenter eine „Zahlungsaufforderung" bis Ende Februar die Mietkaution zurueck zu zahlen. Im damaligen Darlehensvertrag wurde aber nicht vereinbart, dass die Rueckzahlung zu einem bestimmten Termin (Ende Februar) zu erfolgen hat, sondern, dass die Rueckzahlung nur dann zu erfolgen hat, wenn die wirtschaftliche Situation des Leistungsempfaengers dies zulaesst, spaetestens aber bei Auszug aus der Wohnung (wie zuvor schon erwaehnt).

Das Altersruhegeld des ehemaligen Leistungsempfaengers ist relativ niedrig, liegt zwar ueber ALG 2 aber unter dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Pfaendungsfreibetrag, so dass man nicht von einer wirklichen wirtschaftlichen Verbesserung sprechen kann.

In der „Zahlungsaufforderung" ist eine Rechtsbehelfsbelehrung vermerkt, die besagt, dass gegen die Zahlungsaufforderung Widerspruch eingelegt werden kann, unter Beruecksichtigung der dafuer vorgesehenen Fristen.

Da keine Rueckzahlung zu einem bestimmten Termin in der Darlehensvereinbarung vorgesehen war, hat der ehemalige Leistungsempfaenger Widerspruch eingelegt. Nach relativ kurzer Zeit erhielt er vom Jobcenter/Widerspruchsstelle einen Bescheid, dass sein Widerspruch als unzulaessig verworfen wird. Angeblich sei die Zahlungsaufforderung kein Verwaltungsakt mit Rechtswirksamkeit, da diese lediglich die Zahlungsmodalitaeten des zuvor ergangenen und in Bestandskraft erwachsenen Darlehensbescheids enthalten wuerde. Gegen den Entscheid der Widerspruchsstelle kann beim zustaendigen Sozialgericht Klage eingereicht werden (ist im Bescheid schriftlich vermerkt).

Die Darlehensvereinbarung enthaelt aber keinen festgesetzten Zahlungstermin fuer eine Rueckzahlung. Haette also nicht in jedem Fall seitens des Jobcenters eine Kuendigung des Darlehens erfolgen muessen, wobei zusaetzlich noch zu pruefen gewesen waere, ob sich die wirtschaftliche Situation des ehemaligen Leistungsempfaengers entscheidend verbessert hat. Auch ist in der Darlehensvereinbarung nicht vermerkt, dass bei einem Eintritt in das Altersruhegeld sofort eine Rueckzahlung zu erfolgen hat, obwohl fuer das Jobcenter bei Abschluss des Darlehensvertrages klar zu erkennen war, dass aufgrund der Geburtsdaten das Altersruhegeld ‚drohte‘.

Wie bewerten die Experten das? Lohnt sich eine Klage? Auf welcher Basis muss die erfolgen?

Vielen Dank!

Viele Gruesse
bernardoselva


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"Touristiker. Hinweise sind meine persoenliche Meinung und keinesfalls Rechtsberatung!"

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7 Antworten
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#2
 Von 
bernardoselva
Status:
Bachelor
(3253 Beiträge, 1810x hilfreich)

quote:
.....Und von genau diesem Fall geht das JobCenter nun offenbar auch aus.....

Mutmassungen zaehlen nicht - wenn das Jobcenter meint, dass sich die wirtschaftliche Situation derart verbessert hat, dann muss das auch nachgeprueft werden, denke ich mir, und nicht einfach auf Verdacht.......

quote:
......wo doch der Leistungsbezug vom eigenen Haus aus nicht mehr benötigt wird.....

Was heisst das? Ich versteh nur Bahnhof!

quote:
.....Da sucht man ganz zweifelsfrei am besten einen Fachanwalt für Sozialrecht auf......

Donnerwetter - darauf waere der Betroffene nie gekommen!
Hier in diesem Unterforum gab es schon Zeiten, da wurden sehr gute und qualifizierte Ratschlaege gegeben. Anscheinend sind diese Zeiten Vergangenheit.


Viele Gruesse
bernardoselva

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"Touristiker. Hinweise sind meine persoenliche Meinung und keinesfalls Rechtsberatung!"

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#3
 Von 
AxelK
Status:
Philosoph
(13036 Beiträge, 4438x hilfreich)

@bernardoselva:

quote:<hr size=1 noshade>Wie bewerten die Experten das? Lohnt sich eine Klage? Auf welcher Basis muss die erfolgen? <hr size=1 noshade>


Für die Beurteilung dieser Frage ist von entscheidender Bedeutung, ob es sich bei der Zahlungsaufforderung um einen Verwaltungsakt handelt oder nicht. Um das zu beurteilen, müsste man die Zahlungsaufforderung vorliegen haben. Und genau darum empfehle auch ich in diesem Fall den Weg zum Anwalt.

Anstatt eines Widerspruchs hätte im Zweifelsfall auch einfach eine Ratenzahlung vereinbart werden können, die im Übrigen mittlerweile selbst bei andauerndem Leistungsbezug gesetzlich verpflichtend wäre.

Bei dem weiteren Vorgehen sollte im Übrigen auch beachtet werden, dass - unabhängig von den Pfändungsfreibeträgen nach ZPO - die Forderung des Jobcenters, bis zur Grenze der Hilfebedürftigkei mit der Rente verrechnet werden kann (§§ 51 , 52 SGB I ).

Hiest im Klartext: Wenn das Jobcenter die Erstattungsforderung dem Rentenversicherer anzeigt und die Rente z.B. 100,- € über dem ALG II Satz (inkl. KdU) liegt, dann werden diese 100,- € monatlich einbehalten und an das Jobcenter abgeführt.

Es kann sogar noch schlimmer kommen: Diese Art der Verrechnung ist bis zu 50% der Rente zulässig, sofern Du nicht nachweist, dass Du durch eine Verrechnung in dieser Höhe bedürftig nach dem SGB II/SGB XII wirst. Für diesen Nachweis ist eine fiktive Anspruchsberechnung des Jobcenters oder des Sozialamtes erforderlich. Beide Behörden tun sich oftmals extrem schwer mit dem Ausstellen einer solchen fiktiven Berechnung.

Gruß,

Axel

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"Ausführliche Infos zu ALG II finden Sie auf meiner Website: http://www.axelkrueger.info "

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#4
 Von 
Silvia1962
Status:
Beginner
(55 Beiträge, 30x hilfreich)

Es ist völlig normal das das Amt erst einmal die Summe in voller Höhe zurückfordert, da wie hier schon gesagt er keinen Leistungsanspruch mehr hat.
Sicherlich, sieht es wie vertragsbruch aus, ist es aber nicht wirklich, wer keinen Anspruch mehr hat, wird zur Kasse gebeten.
Der erste Widerspruch wurde abgelehnt, auch dafür ist die AGE bekannt. Hier sollte der 2te Widerspruch erfolgen, mit Beilegung Einkommensnachweis und die Bitte um Ratenzahlung mit Ratenzahlungsvorschlag der Summe. Erst dann ,wenn wieder abgelehnt wird, was sicherlich nicht sein wird, kann eine Klage beim Sozialgericht erfolgen.
LG
Silvia



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#5
 Von 
alida
Status:
Student
(2695 Beiträge, 637x hilfreich)

Er fällt nicht mehr unter SGB II, er hat die Kaution sofort zurückzuzahlen.

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#6
 Von 
AxelK
Status:
Philosoph
(13036 Beiträge, 4438x hilfreich)

@Silvia:

quote:
Hier sollte der 2te Widerspruch erfolgen,


Schon der erste Widerspruch ist als unzulässig verworfen worden, weil das Jobcenter (die ARGE gibt es längst nicht mehr) davon ausgeht, dass es sich bei der Zahlungsaufforderung um keinen Verwaltungsakt handelt. Da dürfte ein zweiter Widerspruch erst recht unzulässig sein.

Und selbst wenn völlig unstreitig wäre, dass es sich um einen Verwaltungsakt handelt, kann gegen den folgenden Widerspruchsbescheid nicht erneut Widerspruch eingelegt werden.

quote:
Erst dann ,wenn wieder abgelehnt wird, was sicherlich nicht sein wird, kann eine Klage beim Sozialgericht erfolgen.


Sorry, aber das ist völliger Unsinn. Wie bereits geschrieben kann gegen einen Widerspruchsbescheid nicht erneut Widerspruch eingelegt, sondern nur noch Klage erhoben werden. Siehe auch die vom TE gepostete (korrekte) Rechtsbehelfsbelehrung aus dem Widerspruchsbescheid:

quote:
Gegen den Entscheid der Widerspruchsstelle kann beim zustaendigen Sozialgericht Klage eingereicht werden (ist im Bescheid schriftlich vermerkt).


@alida:

quote:
Er fällt nicht mehr unter SGB II, er hat die Kaution sofort zurückzuzahlen.


Sehe ich im Prinzip auch so, wobei m.E. das erst recht dafür spricht, dass es sich bei der Zahlungsaufforderung um einen Verwaltungsakt handelt und die Zurückweisung als unzulässig somit nicht korrekt war. Unbegründet wäre wäre wohl eher richtig.

Gruß,

Axel

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#7
 Von 
bernardoselva
Status:
Bachelor
(3253 Beiträge, 1810x hilfreich)

Freut mich, dass nun doch noch 'Leben in die Bude gekommen' ist. Um es nochmals zu verdeutlichen, es ist nicht beabsichtigt, dass Jobcenter um sein Geld zu bringen - nur die Art und Weise des Vorgehens des Jobcenters passt nicht.

Im Darlehensvertrag steht zur Rueckzahlung wortwoertlich: Die Hilfegewaehrung nach § 22 , Absatz 3 SGB II steht im pflichtgemaessen Ermessen des Leistungstraegers. In Ihrem Fall hat die Ermessensausuebung ergeben, dass die Hilfe als Darlehen zu gewaehren ist, da Sie das Darlehen - ohne Gefaehrdung des Lebensunterhaltes - sobald es Ihre wirtschaftlichen Verhaeltnisse zulassen, spaetestens aus der Erstattung Ihres Vermieters bei Auszug aus der Wohnung zurueck zahlen koennen.

Kein Hinweis darauf, dass, wenn der Leistungsbezug endet, unmittelbar eine Rueckzahlung zu erfolgen hat. Bei Abschluss des Darlehensvertrag war fuer das Jobcenter problemlos erkennbar, dass der Leistungsbezug Ende 2012 endet, da der Leistungsempfaenger dann Altersruhegeld empfaengt.

Vor Rueckforderung haette also auf jeden Fall eine Pruefung erfolgen muessen, ob die wirtschaftlichen Verhaeltnisse sich derart veraendert haben, dass eine Rueckzahlung erfolgen kann. Das ist aber nicht geschehen.


Viele Gruesse
bernardoselva

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