Absprachen zwischen Anwältinnen im Hintergrund hinter Mandantenrücken erlaubt?

14. Dezember 2018 Thema abonnieren
 Von 
Fragender-Mandant
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)
Absprachen zwischen Anwältinnen im Hintergrund hinter Mandantenrücken erlaubt?

Hallo,

angenommener fiktiver Fall:

Gegenanwältin kontaktiert telefonisch Beklagtenanwältin ohne Rücksprache und es werden Absprachen getroffen, mit der wiederum der Beklagte von seiner Anwältin am Telefon überfahren wird mit vorher nicht im Raum stehenden Begründungen und dem Vorschlag, einen Vergleich als möglich zu sehen und Bitte, das Kontaktieren der Gegenanwältin im nächsten Verhandlungstermin nicht vorzuwerfen.
(Unklar geblieben ist, wer wen tatsächlich angerufen hat.)

Beklagtenanwältin (kurz vor Verhandlung nach Selbstvertretung mündlich beauftragt) hatte dem AG schriftlich noch vor Verhandlungstermin den Forderungen des Klägers (in Verhandlung ohne anwaltliche Vertretung) begründet widersprochen und damit allen bisherigen Ausführungen des Beklagten gegenüber dem Gericht bestätigt. Es wurde übereingekommen, für ein Urteil einzustehen und ggfs. in die nächste Instanz zu gehen.

Verhandlungstermin umfasste 10 min.: Kläger beantragte Schriftsatzrecht von 4 Wochen, Richterin stimmte zu, Beklagtenanwältin gab Rüge der Klageunschlüssigkeit zu Protokoll.

Nach Verhandlung nimmt sich Kläger ebenso rechtlichen Beistand und erwirkt weiteren Fristaufschub. Nach Telefonat bekam Beklagter von seiner Anwältin zu hören, dass die Anwältin des Klägers keine Lust hat, den aufgelaufenen Schriftverkehr des Prozesses aufzuarbeiten und tischte Vergleich auf mit Begründung, dass Gegenseite nachträgliche Forderungen (anscheinend mehrfach zustehenden Erstberatungsgebühren - bezweifelt Beklagter mit guter Begründung) für unterzeichnete neue Prozessvollmachten (vom Beklagten nicht gewollt, anders vorgeschlagen und nur aufgrund Falschaussage zugestimmt) an das Gericht stellen kann und damit seine Gewinnchancen schmelzen. Beklagter verneinte erneut, sich vergleichen zu wollen. Anwältin schlug dann mit weiteren Begründungen ein Klagerücknahmeangebot ohne Kostenantrag vor als beste Lösung und holte sich das Ok. Die Gegenseite wurde informiert, sehr zugeneigt, Entscheidung des Klägers steht noch aus.

Beklagtenanwältin erklärte, wenn er dieses Angebot in seinem Namen zurücknehmen soll, es der Kläger trotzdem annehmen kann und eine Mandatsniederlegung damit einhergehen müsste. Der Beklagte sieht nachträglich eine unnötig verschenkte Chance auf Urteil der Richterin und sieht sich von seiner Anwältin (berechtigt?) hintergangen und ggfs. den Weg der nächsten Instanz mit neuen Ausgangsvoraussetzungen versperrt. Es fehlte der Hinweis, dass der Kläger zu einem späteren Zeitpunkt in gleicher Sache wieder klagen kann. Beklagtenanwältin beantwortete dies, dass Klagerücknahme nur Sinn macht, wenn Kläger schriftlich auf sämtliche Ansprüche verzichtet.

Auf Nachfragen des Beklagten nach den aufzuteilenden Kosten, wenn Kläger zustimmt, erhält er keine konkrete Antwort bzw. in dieser Form: Kläger bezahlt 1/3 der von Beklagten eingezahlten Gerichtskosten (für Widerklage). Die übrigen Kosten werden von der Gegenseite übernommen bzw. von der Staatskasse zurück erstattet.

1) Dürfen Anwältinnen im Hintergrund ohne Wissen ihrer Mandanten Absprachen treffen?
2) Wurde dem Beklagten seine Chance auf ein Urteil genommen und 2. Instanz?
3) Warum muss Beklagtenanwältin das Mandat niederlegen, wenn sie in seinem Namen das Angebot zurückzieht?
3) Welche Möglichkeiten hat der Beklagte?

Danke!

-- Editiert von Fragender-Mandant am 14.12.2018 05:14

-- Editiert von Moderator am 17.12.2018 09:34

-- Thema wurde verschoben am 17.12.2018 09:34

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5 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120082 Beiträge, 39829x hilfreich)

Zitat (von Fragender-Mandant):
1) Dürfen Anwältinnen im Hintergrund ohne Wissen ihrer Mandanten Absprachen treffen?

Ja, dürfen sie durchaus.
Einfach mal die vertraglichen Vereinbarungen durchgehen, dort dürften die Vollmachten entsprechend formuliert sein.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
eh1960
Status:
Senior-Partner
(6267 Beiträge, 1500x hilfreich)

Zitat (von Fragender-Mandant):

1) Dürfen Anwältinnen im Hintergrund ohne Wissen ihrer Mandanten Absprachen treffen?

Ja, aber die haben keine bindende Wirkung für die Mandanten, sofern die Mandanten dem nicht zugestimmt haben oder nachträglich zustimmen.
Nur wenn der Mandant seinem Anwalt eine Vollmacht gibt, im Namen des Mandanten nach eigenem Ermessen einer Absprache zuzustimmen, ist das wirksam.

("Verhandeln Sie mit der Gegenseite - ich will mindestens 5.000 Euro Schadensersatz. Bei 5.000 Euro oder mehr können Sie für mich zustimmen." Dann versucht der Anwalt, soviel wie möglich herauszuhandeln, und wenn das ihm Angebotene 5.000 Euro oder mehr ist, dann stimmt er im Namen des Mandanten zu.)
Zitat:

2) Wurde dem Beklagten seine Chance auf ein Urteil genommen und 2. Instanz?

Der Anwalt macht nichts ohne Zustimmung des Mandanten. Wenn der Mandant unbedingt klagen will und die Klage rechtlich möglich ist, dann führt der Anwalt für den Mandanten eben das Klageverfahren durch.
Zitat:
3) Warum muss Beklagtenanwältin das Mandat niederlegen, wenn sie in seinem Namen das Angebot zurückzieht?

Muss sie nicht.

Signatur:

Eine "UG" gibt es nicht. Es gibt nur die "UG haftungsbeschränkt".

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Fragender-Mandant
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)

Hallo zusammen,

danke für eure Rückmeldungen.

Laut Beklagten hat er eine mündliche Beauftragung für die Vertretung / Übernahme des Falls via Email angefragt und die Anwältin hat angenommen, eine schriftliche Vollmacht hat er nicht unterschrieben.
Auf Nachfrage ob er nichts unterschreiben müsste, kam nichts zum Unterschreiben mit der Begründung,
dass eine mündliche Beauftragung ausreichend sei.

Er wird abwarten, ob Kläger zurückzieht. Hat er angenommen, ist es lt. Beklagtenanwältin bindend.
Das Angebot noch zurückzuziehen ist zu spät, da der Kläger schon informiert ist. Unverständlich bleibt ihm,
warum seine Anwältin "umgekippt" ist. Er hätte es nicht so entschieden und muss sich auf den Sachverstand
verlassen oder im Alleingang weitermachen.

Bekommt der Kläger seine Kosten komplett aus der Staatskasse zurück, wenn er die Klage zurücknimmt?



-- Editiert von Fragender-Mandant am 14.12.2018 23:10

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
guest-12325.03.2020 14:55:28
Status:
Gelehrter
(11821 Beiträge, 3205x hilfreich)

Sie haben eine Vollmacht unterschrieben, idR ist auf diesen Vollmachten aufgeführt was die Anwälte dürfen und was nicht ... dies beinhaltet uU auch Abschlüsse von Vergleichen.

Man sollte mit dem fiktiven Anwalt mal reden und die fiktive Frage stellen,, warum es - nach dessen Prüfung der Rechtslage - besser ist einem solchen Vergleich fiktiv zuzustimmen.

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
Sir Berry
Status:
Unparteiischer
(9326 Beiträge, 2999x hilfreich)

Wenn man die falschen Fragen stellt, bekommt man zwangsläufig auch falsche Antworten.

Die Anwälte haben außergerichtlich nach Lösungsmöglichkeiten gesucht und einen gemeinsamen Nenner gefunden.
Das war aber keine verbindliche Absprache (die sofort wirksam geworden wäre) sondern ein mit den Mandanten zu besprechender Vorschlag.
Du hättest darauf nicht eingehen müssen.

Ein solches Vorgehen ist selbst ohne ausdrückliche Ermächtigung zulässig weil letztlich der Mandant entscheidet.
Eh hat es doch erklärt.

Zitat (von Fragender-Mandant):
Auf Nachfrage ob er nichts unterschreiben müsste, kam nichts zum Unterschreiben mit der Begründung, dass eine mündliche Beauftragung ausreichend sei.


Unglaubwürdig, da eine Kopie der Vollmacht der Bestellung bei Gericht beigefügt wird. Aber für den Sachverhalt unerheblich.

Zitat (von Fragender-Mandant):
Unverständlich bleibt ihm, warum seine Anwältin "umgekippt" ist. Er hätte es nicht so entschieden und muss sich auf den Sachverstand verlassen oder im Alleingang weitermachen.

Darauf sollt er sich auch verlassen. Nicht immer ist alles so eindeutig, wie es auf den ersten Blick erscheint.

Zitat (von Fragender-Mandant):
Bekommt der Kläger seine Kosten komplett aus der Staatskasse zurück, wenn er die Klage zurücknimmt?
Nein. das gericht und auch die Anwälte sind doch schon tätig geworden.

Zitat (von AltesHaus):
Man sollte mit dem fiktiven Anwalt mal reden und die fiktive Frage stellen,, warum es - nach dessen Prüfung der Rechtslage - besser ist einem solchen Vergleich fiktiv zuzustimmen.
Genau das - miteinander reden und es sich erklären lassen.

Berry

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