Progressionsvorbehalt | Arbeit im Ausland

10. September 2019 Thema abonnieren
 Von 
Matcha
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)
Progressionsvorbehalt | Arbeit im Ausland

Hallo zusammen,

ich wende mich an euch, da ich nach einer Auskunft suche, wie sich die Lohnsteuerzahlung bei folgenden Szenarien verhält.
Ich arbeite zurzeit in Singapur für ein lokales Unternehmen, habe keine Einkünfte in Deutschland, bin abgemeldet.
Das gleich gilt für meine Frau.

Nächstes Jahr werde ich im Laufe des Jahres zurück nach Deutschland kommen, was kompliziert für die Lohnsteuerzahlung werden kann.

Könnt ihr mir sagen bei welchem Szenario das Einkommen aus Singapur als Progressionsvorbehalt mit eingerechnet wird und wir deutsche Lohnsteuer darauf zahlen müssen? (Meine Vermutung: Szenarien 2,3,4)

Ergänzend dazu: Bei welchem Szenario haben wir die Möglichkeit Kinderbetreuungskosten abzuziehen und den Kinderfreibetrag bei Bedarf anzuwenden? (Meine Vermutung: Szenarien 2,3,4)

Szenario 1
Frau + Kind ziehen im Sommer von Singapur nach Deutschland
Wohnsitzanmeldung in Deutschland
Frau fängt im Sommer an zu arbeiten, Gehalt: 450€ pro Monat
Mann verdient ganzjährig kein Einkommen in Deutschland und zieht Ende des Jahres nach Deutschland

Szenario 3
So wie Szenario 1, aber Mann verdient Einkommen in Deutschland ab dem Sommer

Szenario 4
So wie Szenario 2, aber Mann verdient Einkommen in Deutschland ab dem Sommer


Vielen Dank für eure Unterstützung!
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7 Antworten
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#1
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47591 Beiträge, 16825x hilfreich)

Zitat:
Könnt ihr mir sagen bei welchem Szenario das Einkommen aus Singapur als Progressionsvorbehalt mit eingerechnet wird und wir deutsche Lohnsteuer darauf zahlen müssen?


Diese Frage zeugt von einem grundlegenden Missverständnis wie denn der Progressionsvorbehalt wirkt.

Auch wenn das Einkommen aus Singapur dem Progressionsvorbehalt unterliegt müsst Ihr in keinem Fall deutsche Lohnsteuer darauf bezahlen.

Irgendwie fehlt in der Fragestellung das Szenario 2.

Grundsätzlich greift aber der Progressionsvorbehalt dann, wenn eine Person im gleichen Jahr sowohl Einkommen in Deutschland als auch in Singapur erzielt.

Da der Progressionsvorbehalt lediglich für eine faire Besteuerung der deutschen Einkünfte im Vergleich zu Steuerpflichtigen sorgt, die ihr Einkommen ganzjährig in Deutschland erzielen, ist eine Ausrichtung der eigenen Lebensplanung an dieser Fragestellung fragwürdig.

-- Editiert von hh am 10.09.2019 08:22

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#2
 Von 
Matcha
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von hh):


Diese Frage zeugt von einem grundlegenden Missverständnis wie denn der Progressionsvorbehalt wirkt.

Auch wenn das Einkommen aus Singapur dem Progressionsvorbehalt unterliegt müsst Ihr in keinem Fall deutsche Lohnsteuer darauf bezahlen.

Irgendwie fehlt in der Fragestellung das Szenario 2.

Grundsätzlich greift aber der Progressionsvorbehalt dann, wenn eine Person im gleichen Jahr sowohl Einkommen in Deutschland als auch in Singapur erzielt.

Da der Progressionsvorbehalt lediglich für eine faire Besteuerung der deutschen Einkünfte im Vergleich zu Steuerpflichtigen sorgt, die ihr Einkommen ganzjährig in Deutschland erzielen, ist eine Ausrichtung der eigenen Lebensplanung an dieser Fragestellung fragwürdig.

-- Editiert von hh am 10.09.2019 08:22


Ok, ich glaube es liegt eher an meinen schlechten Formulierungen, als an meinem Grundverstädnis zum Progressionsvorbehalt :)
Ich muss Lohnsteuer (Steuersatz erhöht sich durch Anrechnung des SG Einkommens bei Einkommen in DE & SG in einem Jahr) auf das in Deutschland verdiente Einkommen zahlen.

Wird mein SG Einkommen auf das Einkommen meiner Frau angerechnet?

Hier nochmal alle Szenarien:
Szenario 1
Frau + Kind ziehen im Sommer von Singapur nach Deutschland
Wohnsitzanmeldung in Deutschland
Frau fängt im Sommer an zu arbeiten, Gehalt: 450€ pro Monat

Szenario 2
So wie Szenario 1, aber Gehalt: >450€ pro Monat

Szenario 3
So wie Szenario 1, aber Mann verdient Einkommen in Deutschland ab dem Sommer

Szenario 4
So wie Szenario 2, aber Mann verdient Einkommen in Deutschland ab dem Sommer

Ich kann deine Anmerkung zur Fragwürdigkeit verstehen, allerdings habe ich kein Interesse ein bis zwei Monate in DE zu ohne Nettoeinkommen zu arbeiten. Die Zeit würde ich dann effektiver mit der Familie nutzen wollen.

-- Editiert von Matcha am 10.09.2019 11:43

-- Editiert von Matcha am 10.09.2019 11:44

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#3
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47591 Beiträge, 16825x hilfreich)

zu Szenario 1:
Annahme: pauschal versteuerter Minijob, Mann verbleibt in Singapur
=> Keine Wirkung des Progressionsvorbehaltes

zu Szenario 2:
Durch Beantragung der Einzelveranlagung bleibt das Einkommen des Ehemannes unberücksichtigt. Die Frau wird dann aber wie ein Single versteuert, d.h. ohne Anspruch auf Ehegattensplitting.

zu Szenario 3 und 4:
Das in Singapur erzielte Einkommen des Mannes unterliegt in Deutschland dem Progressionsvorbehalt.

Zitat:
allerdings habe ich kein Interesse ein bis zwei Monate in DE zu ohne Nettoeinkommen zu arbeiten.


Wie kommst Du darauf, dass der Progressionsvorbehalt dazu führt, dass Du in DE zwei Monate ohne Nettoeinkommen arbeiten musst? Damit das passiert müsste schon eine extrem ungünstige Konstellation vorliegen.

Ganz grob zur Wirkung des Progressionsvorbehaltes:

Nehmen wir mal an, dass Du ein Jahresgehalt von 100.000€ hast. Du ziehst am 01.07. von Singapur nach DEutschland um und hast daher 50.000€ in SGP erzielt und 50.000€ in DE. Das Einkommen Deiner Frau lasse ich mal unberücksichtigt und rechne die Steuern mit Steuerklasse 3 bzw. Zusammenveranlagung.

Dann fällt auf das Monatsgehalt von 8.333,33€ eine monatliche Lohnsteuer in Höhe von 1.675,83€ an bzw. für 6 Monate insgesamt 10.055€.

Im Rahmen der Einkommensteuer wird nun der Progrssionsvorbehalt berücksichtigt. Dabei wird wird der Steuersatz auf 100.000€ Bruttoeinkommen ermittelt und dieser Prozentsatz dann auf die 50.000€ angewendet. Das Ergebnis wird Dich vielleicht überraschen, denn es liegt bei etwa 10.055€. Es gibt durch den Progressionsvorbehalt also weder eine Erstattung noch eine Nachzahlung.

Ohne Progressionsvorbehalt würden auf die 50.000€ nur 5.044€ Steuern anfallen. Du würdest also durch die Abgabe einer Steuererklärung eine Erstattung von fast 5.000€ erhalten. Das wäre wohl ziemlich ungerecht gegenüber jemandem, der das gesamte Jahr in Deutschland gearbeitet hat und für 100.000€ Bruttoeinkommen 20.110€ Steuern zahlen muss. Diese Ungerechtigkeit soll der Progressionsvorbehalt verhindern.

Wenn man jetzt nur den Blick darauf richtet, dass sich die Steuerbelastung in diesem Beispielfall durch den Progressionsvorbehalt fast verdoppelt, dann ist das vordergründig richtig, verstellt aber den Blick dafür, dass man eigentlich einen völlig unbegründeten Steuervorteil erwartet. Die Aussage, dass man 2 Monate ohne Nettoeinkommen arbeitet ist dabei definitiv falsch.

Zu Nachzahlungen durch den Progressionsvorbehalt kann es insbesondere dann kommen, wenn das Monatsgehalt in Singapur höher war als das in Deutschland. Das führt aber in keinem Fall dazu, dass man einige Monate umsonst arbeitet. Der Spitzensteuersatz in Deutschland liegt bei 42% und der wird auch durch den Progressionsvorbehalt nicht überschritten.

Da die Einkommensteuer in Singapur in der Spitze nach meiner Kenntnis nur 22% beträgt muss man sich wohl sowieso erst wieder an die hohen Abgaben in Deutschland gewöhnen. Das sollte man aber nicht am Progressionsvorbehalt festmachen.

Und der Grundsatz, dass man durch einen Gehaltsverzicht auch erheblich Steuern sparen kann ist immer richtig auch außerhalb des Progressionsvorbehaltes. Dabei gilt, dass man max. 42% des Verzichtes an Steuern spart und der Rest ein echter Verzicht ist. Wenn man sich also eine Auszeit gönnen will und sich das leisten kann, dann spart das auch Steuern. Das sollte man aber nicht wegen der Steuerersparnis machen, sondern weil einem die Auszeit daas wert ist, entsprechende Einkommenseinbußen in Kauf zu nehmen.


-- Editiert von hh am 10.09.2019 12:55

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#4
 Von 
Matcha
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von hh):
zu Szenario 1:
Annahme: pauschal versteuerter Minijob, Mann verbleibt in Singapur
=> Keine Wirkung des Progressionsvorbehaltes

zu Szenario 2:
Durch Beantragung der Einzelveranlagung bleibt das Einkommen des Ehemannes unberücksichtigt. Die Frau wird dann aber wie ein Single versteuert, d.h. ohne Anspruch auf Ehegattensplitting.

zu Szenario 3 und 4:
Das in Singapur erzielte Einkommen des Mannes unterliegt in Deutschland dem Progressionsvorbehalt.


Danke für die Beantwortung!
Zitat (von hh):

Wie kommst Du darauf, dass der Progressionsvorbehalt dazu führt, dass Du in DE zwei Monate ohne Nettoeinkommen arbeiten musst? Damit das passiert müsste schon eine extrem ungünstige Konstellation vorliegen.

Ganz grob zur Wirkung des Progressionsvorbehaltes:

Nehmen wir mal an, dass Du ein Jahresgehalt von 100.000€ hast. Du ziehst am 01.07. von Singapur nach DEutschland um und hast daher 50.000€ in SGP erzielt und 50.000€ in DE. Das Einkommen Deiner Frau lasse ich mal unberücksichtigt und rechne die Steuern mit Steuerklasse 3 bzw. Zusammenveranlagung.

Dann fällt auf das Monatsgehalt von 8.333,33€ eine monatliche Lohnsteuer in Höhe von 1.675,83€ an bzw. für 6 Monate insgesamt 10.055€.

Im Rahmen der Einkommensteuer wird nun der Progrssionsvorbehalt berücksichtigt. Dabei wird wird der Steuersatz auf 100.000€ Bruttoeinkommen ermittelt und dieser Prozentsatz dann auf die 50.000€ angewendet. Das Ergebnis wird Dich vielleicht überraschen, denn es liegt bei etwa 10.055€. Es gibt durch den Progressionsvorbehalt also weder eine Erstattung noch eine Nachzahlung.


Bei diesen Beispielen würde die Situation folgendermaßen aussehen, korrekt?
Beispiel 1
100.000€ Bruttoeinkommen SG / Gehalt in SG
10.000€ Bruttoeinkommen DE / Gehalt in DE
Somit müsste ich 2.570€ Lohnsteuer zahlen (bei einem Steuersatz inkl. Progressionsvorbehalt von 25.7%)

Beispiel 2

70.000€ Bruttoeinkommen SG / Gehalt in SG
30.000€ Bruttoeinkommen DE / Gehalt in DE
Somit müsste ich 7.284€ Lohnsteuer zahlen (bei einem Steuersatz inkl. Progressionsvorbehalt von 24.3%)

Sollte das korrekt sein, muss ich meine Aussagen zurücknehmen, dass ich keine Nettoeinkünfte hätte. Der Blick wurde durch den Vergleich mit Steuerlast inkl. und exkl. PV vernebelt.

Das Bruttoeinkommen verringert sich dann noch durch die gezahlten Steuern in SG (Doppelbesteuerungsabkommen), den ganzjährigen Kinderfreibetrag und sonstige abzugsfähige Ausgaben, korrekt?
Eine Steuerfreigrenze gibt es durch den Progressionsvorbehalt nicht mehr, oder? Macht die ganze Rechnerei dann einfacher.

-- Editiert von Matcha am 11.09.2019 02:47

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47591 Beiträge, 16825x hilfreich)

Die Wirkung des Progressionsvorbehaltes ist in den beiden Beispielen richtig dargestellt.

Besteuerungsgrundlage in DE ist jedoch das zu versteuernde Einkommen und nicht das Bruttoeinkommen. Das zuversteuernde Einkommen ist das Bruttoeinkommen abzgl. Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen.

Zitat:
Das Bruttoeinkommen verringert sich dann noch durch die gezahlten Steuern in SG (Doppelbesteuerungsabkommen),


Die in SG gezahlten Steuern werden in DE nicht berücksichtigt.

Zitat:
den ganzjährigen Kinderfreibetrag


Der KFB wird nur anteilig für die Dauer des Aufenthaltes in Deutschland gewährt und mit dem Kindergeld verrechnet.

Zitat:
und sonstige abzugsfähige Ausgaben, korrekt?


Werbungskosten usw. werden berücksichtigt.

Zitat:
Eine Steuerfreigrenze gibt es durch den Progressionsvorbehalt nicht mehr, oder?


Du meinst den Grundfreibetrag? Der wird letztlich über den Steuersatz in den Beispielen indirekt anteilig berücksichtigt.

Für die Steuererklärung des betreffenden Jahres sollte man sich fachliche Unterstützung bei einem Steuerberater oder einem Lohnsteuerhilfeverein suchen.

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
Matcha
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von hh):


Zitat:
Das Bruttoeinkommen verringert sich dann noch durch die gezahlten Steuern in SG (Doppelbesteuerungsabkommen),


Die in SG gezahlten Steuern werden in DE nicht berücksichtigt.


Bist du dir sicher?

Zitat (von hh):

Für die Steuererklärung des betreffenden Jahres sollte man sich fachliche Unterstützung bei einem Steuerberater oder einem Lohnsteuerhilfeverein suchen.


Ja, besser ist das :) Für die bereits erhaltenden Auskünfte danke ich dir!

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47591 Beiträge, 16825x hilfreich)

Zitat:
Bist du dir sicher?


Ja

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