Sehr geehrte Damen und Herren,
Juni 2018 fand eine Hausdurchsuchung in der Wohnung meiner Familie statt. Dabei wurden 21 Datenträger beschlagnahmt (USB-Sticks, Smartphones, diverse PCs mit Festplatten). Uns wurde vorgeworfen, dass über unsere IP-Adresse im März 2017 um 13:28:55 Uhr bis 13:30:25 Uhr MEZ und 21:52:38 Uhr MEZ, unter Nutzung des Internetdienstes „4chan.org", eine kinderpornographische Datei (Video) in das Internet hochgeladen wurde (laut Anklageschrift).
Juli 2018 erhielten wir alle USB-Sticks und Smartphones (7 Gegenstände) wieder, da kein belastendes Material auf den Datenträgern gefunden wurde.
November 2019 erhielten wir die Ermittlungsakte (mit „EDV-Beweissicherungs- und Untersuchungsbericht" und „Auswertungsbericht") von unserem Rechtsanwalt und mussten feststellen, dass die Auswertung durch die Ermittler und Gutachter sehr mangelhaft war und die Befunde und die Anklage generell anzuzweifeln sind. Auf den verbleibenden 14 Datenträgern (diverse PCs mit Festplatten) konnten bei der Durchsicht aller gefundenen und rekonstruierten Bild- und Videodateien, insgesamt 62 Bilder auf zwei Asservaten gefunden werden, die augenscheinlich kinder- bzw.jugendpornografische Inhalte zeigen. Dabei handelt es sich um 31 pornografische Comics/Hentai Zeichnungen, 4 Katalogausdruckseiten (Screenshots einer Videodatei) und 17 Bilddateien, die als kinder-/jugendpornografisch verdächtig zu bezeichnen sind (laut „EDV-Beweissicherungs- und Untersuchungsbericht" und „Auswertungsbericht"). Unser Rechtsanwalt konnte die Bilder beim Amtsgericht in X in Augenschein nehmen und teilte in einem schriftlichen Antrag der Staatsanwaltschaft
des Amtsgerichts Y mit, dass es sich bei den abgebildeten „Kindern bzw. Jugendlichen" ausschließlich um erwachsene Darstellerinnen aus der professionellen Pornobranche handelt (z.B. Leonie Pur, Dreianova, sexsaint.tumblr.com, tradegirl11, TryTeens.com, Cordcams.com, MyWhiteTeens.com, diverse andere). Aus dem „EDV-Beweissicherungs- und Untersuchungsbericht" und dem „Auswertungsbericht" geht auch hervor (Zitate):
Zitat:- Mittels in die Auswertesoftware eingebundener Prüfsummenliste der als kinderpornografisch bekannten Bilder des Bundeskriminalamtes, der Landeskriminalämter Bayern (BY), Baden-Württemberg (BW), Hessen (HE), Hamburg (HH), Sachsen-Anhalt (ST), Niedersachsen (SA) und Nordrhein-Westfalen (NRW) wurde der Datenbestand der sichergestellten Gegenstände softwaregestützt mit diesen Prüfsummenlisten verglichen. Dabei wurden keine Treffer erzielt.
- Zusätzlich wurde eine Prüfsumme der im KK12 vorliegenden Datei des hochgeladenen WEBM-Videos erstellt und mit den vorhandenen Prüfsummen abgeglichen. Dabei konnte über den Gesamtbestand der gesicherten und über das Salvage wiederhergestellten Daten ebenfalls keine Suchtreffer erzielt werden.
- Über den „Portable Case" des IEF (Internet Evidence Finders) wurde zunächst allgemein die Internetkommunikation betrachtet. Anschließend wurde anhand der Suchbegriffe „1490219558612" und „4986208", bei denen es sich um Fragmente der Dateinamen des hochgeladenen Videos vor und nach dem Upload handelte, gesucht. Dabei konnten keine relevanten Ergebnisse erzielt werden.
- Im Anschluss wurde im Datenbestand des „Portable Cases" nach den Begriffen „motherless" (Bestandteil des originalen Dateinamens des Videos) und „4chan" (Plattform, auf die das Video hochgeladen wurde) gesucht. Zu diesen Begriffen konnten auf zwei Asservaten relevante Einträge gefunden werden. Die Zeiträume, aus denen die gefundenen Artefakte stammen, decken jedoch nicht den Zeitpunkt der Übertragung des Videos auf „4chan.org" ab.
- Darüber hinaus fehlten im Sonderband einige Bilder, die in der Anklageschrift erwähnt wurden, sodass hierzu keine Stellungnahme abgegeben werden konnte.
Unser Rechtsanwalt garantierte uns die Einstellung des Verfahrens, da die Anklage seiner Meinung nach „großer Unsinn" ist. Etliche Anträge unseres Rechtsanwalts auf umfassende Akteneinsicht und die Übersendung des Sonderbands, um die professionellen Pornodarstellerinnen zu identifizieren und die Anschuldigungen zu entlasten, blieben bisher vom Amtsgericht Y bzw. der Staatsanwaltschaft unbeantwortet.
April 2020 erhielten wir eine Ladung (Anordnung des Gerichts zur Hauptverhandlung) vom Amtsgericht Y. Der Hauptverhandlungstermin ist am Juni 2020. Da der Hauptverhandlungstermin immer näher rückt und wir immer noch keine umfassende Akteneinsicht oder das Sonderband erhalten haben, schwindet das Vertrauen in unseren Rechtsanwalt.
Niemand in der Familie ist jemals polizeilich aufgefallen. Wir sind verzeifelt und wissen nicht was wir tun sollen.
-- Editiert von odebralski am 29.04.2020 03:12
-- Editiert von odebralski am 29.04.2020 03:16
-- Editiert von odebralski am 29.04.2020 03:17
-- Editiert von odebralski am 29.04.2020 03:18