§ 184b StGB und § 184c StGB - Besitz (und Verbreitung) von legaler Pornografie?!

29. April 2020 Thema abonnieren
 Von 
berundo
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)
§ 184b StGB und § 184c StGB - Besitz (und Verbreitung) von legaler Pornografie?!

Sehr geehrte Damen und Herren,
Juni 2018 fand eine Hausdurchsuchung in der Wohnung meiner Familie statt. Dabei wurden 21 Datenträger beschlagnahmt (USB-Sticks, Smartphones, diverse PCs mit Festplatten). Uns wurde vorgeworfen, dass über unsere IP-Adresse im März 2017 um 13:28:55 Uhr bis 13:30:25 Uhr MEZ und 21:52:38 Uhr MEZ, unter Nutzung des Internetdienstes „4chan.org", eine kinderpornographische Datei (Video) in das Internet hochgeladen wurde (laut Anklageschrift).
Juli 2018 erhielten wir alle USB-Sticks und Smartphones (7 Gegenstände) wieder, da kein belastendes Material auf den Datenträgern gefunden wurde.
November 2019 erhielten wir die Ermittlungsakte (mit „EDV-Beweissicherungs- und Untersuchungsbericht" und „Auswertungsbericht") von unserem Rechtsanwalt und mussten feststellen, dass die Auswertung durch die Ermittler und Gutachter sehr mangelhaft war und die Befunde und die Anklage generell anzuzweifeln sind. Auf den verbleibenden 14 Datenträgern (diverse PCs mit Festplatten) konnten bei der Durchsicht aller gefundenen und rekonstruierten Bild- und Videodateien, insgesamt 62 Bilder auf zwei Asservaten gefunden werden, die augenscheinlich kinder- bzw.jugendpornografische Inhalte zeigen. Dabei handelt es sich um 31 pornografische Comics/Hentai Zeichnungen, 4 Katalogausdruckseiten (Screenshots einer Videodatei) und 17 Bilddateien, die als kinder-/jugendpornografisch verdächtig zu bezeichnen sind (laut „EDV-Beweissicherungs- und Untersuchungsbericht" und „Auswertungsbericht"). Unser Rechtsanwalt konnte die Bilder beim Amtsgericht in X in Augenschein nehmen und teilte in einem schriftlichen Antrag der Staatsanwaltschaft des Amtsgerichts Y mit, dass es sich bei den abgebildeten „Kindern bzw. Jugendlichen" ausschließlich um erwachsene Darstellerinnen aus der professionellen Pornobranche handelt (z.B. Leonie Pur, Dreianova, sexsaint.tumblr.com, tradegirl11, TryTeens.com, Cordcams.com, MyWhiteTeens.com, diverse andere). Aus dem „EDV-Beweissicherungs- und Untersuchungsbericht" und dem „Auswertungsbericht" geht auch hervor (Zitate):

Zitat:
- Mittels in die Auswertesoftware eingebundener Prüfsummenliste der als kinderpornografisch bekannten Bilder des Bundeskriminalamtes, der Landeskriminalämter Bayern (BY), Baden-Württemberg (BW), Hessen (HE), Hamburg (HH), Sachsen-Anhalt (ST), Niedersachsen (SA) und Nordrhein-Westfalen (NRW) wurde der Datenbestand der sichergestellten Gegenstände softwaregestützt mit diesen Prüfsummenlisten verglichen. Dabei wurden keine Treffer erzielt.

- Zusätzlich wurde eine Prüfsumme der im KK12 vorliegenden Datei des hochgeladenen WEBM-Videos erstellt und mit den vorhandenen Prüfsummen abgeglichen. Dabei konnte über den Gesamtbestand der gesicherten und über das Salvage wiederhergestellten Daten ebenfalls keine Suchtreffer erzielt werden.

- Über den „Portable Case" des IEF (Internet Evidence Finders) wurde zunächst allgemein die Internetkommunikation betrachtet. Anschließend wurde anhand der Suchbegriffe „1490219558612" und „4986208", bei denen es sich um Fragmente der Dateinamen des hochgeladenen Videos vor und nach dem Upload handelte, gesucht. Dabei konnten keine relevanten Ergebnisse erzielt werden.

- Im Anschluss wurde im Datenbestand des „Portable Cases" nach den Begriffen „motherless" (Bestandteil des originalen Dateinamens des Videos) und „4chan" (Plattform, auf die das Video hochgeladen wurde) gesucht. Zu diesen Begriffen konnten auf zwei Asservaten relevante Einträge gefunden werden. Die Zeiträume, aus denen die gefundenen Artefakte stammen, decken jedoch nicht den Zeitpunkt der Übertragung des Videos auf „4chan.org" ab.

- Darüber hinaus fehlten im Sonderband einige Bilder, die in der Anklageschrift erwähnt wurden, sodass hierzu keine Stellungnahme abgegeben werden konnte.
Unser Rechtsanwalt garantierte uns die Einstellung des Verfahrens, da die Anklage seiner Meinung nach „großer Unsinn" ist. Etliche Anträge unseres Rechtsanwalts auf umfassende Akteneinsicht und die Übersendung des Sonderbands, um die professionellen Pornodarstellerinnen zu identifizieren und die Anschuldigungen zu entlasten, blieben bisher vom Amtsgericht Y bzw. der Staatsanwaltschaft unbeantwortet.

April 2020 erhielten wir eine Ladung (Anordnung des Gerichts zur Hauptverhandlung) vom Amtsgericht Y. Der Hauptverhandlungstermin ist am Juni 2020. Da der Hauptverhandlungstermin immer näher rückt und wir immer noch keine umfassende Akteneinsicht oder das Sonderband erhalten haben, schwindet das Vertrauen in unseren Rechtsanwalt.

Niemand in der Familie ist jemals polizeilich aufgefallen. Wir sind verzeifelt und wissen nicht was wir tun sollen.


-- Editiert von odebralski am 29.04.2020 03:12

-- Editiert von odebralski am 29.04.2020 03:16

-- Editiert von odebralski am 29.04.2020 03:17

-- Editiert von odebralski am 29.04.2020 03:18

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4 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
BigiBigiBigi
Status:
Junior-Partner
(5398 Beiträge, 1813x hilfreich)

Zitat (von berundo):
dass es sich bei den abgebildeten „Kindern bzw. Jugendlichen" ausschließlich um erwachsene Darstellerinnen aus der professionellen Pornobranche handelt


Die Rechtslage ist nun mal (egal wie man dazu steht) so, daß auch *Anscheins*-Kinder/Jugendpornographie ("die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt", §184c StGB) verboten ist. Solange ein Richter im Streitfall der Ansicht ist, die Darstellerinnen sehen minderjährig aus, kann das also schon genügen.

Ich weiß nicht, wie das konkret gehandhabt wird, wenn man die Volljährigkeit der Darstellerinnen tatsächlich nachweisen kann. AFAIK wurde vom Gesetzgeber nur beabsichtigt, quasi die Beweislast umzukehren, weil es sonst in der Regel unmöglich ist, das Alter einer Person im Video gerichtsfest zu beweisen und damit immer "im Zweifel für den Angeklagten" gelten müßte, dann wäre das Gesetz sinnfrei.
Nicht beabsichtigt war AFAIK, hier quasi ein absolutes moralisches Werturteil "wenn die nachweislich 18-jährige wie 17 aussieht, ist das trotzdem igitt und daher verboten" zu kodifizieren.

Zitat (von berundo):
Da der Hauptverhandlungstermin immer näher rückt und wir immer noch keine umfassende Akteneinsicht oder das Sonderband erhalten haben, schwindet das Vertrauen in unseren Rechtsanwalt.


Der kann natürlich auch nicht mehr tun als nachfragen.

Zitat (von berundo):
Dabei handelt es sich um 31 pornografische Comics/Hentai Zeichnungen, 4 Katalogausdruckseiten (Screenshots einer Videodatei)


Auch für solche Dateien gilt §184c StGB. Es wird gerne vergessen, daß auch fiktive Geschichten und Comics unter kinder/jugendpornographische Schriften fallen können.
(Ich erinnere mich noch an einige Aufregung über Star Trek Voyager, wo ein von einer Erwachsenen gespieltes Alien-Besatzungsmitglied - das aufgrund der Besonderheiten ihrer Spezies erst 7 Jahre alt war, aber wie ein erwachsener Mensch aussah und auch die entsprechende geistige Reife hatte - in einer Liebesbeziehung gezeigt wurde.)

-- Editiert von BigiBigiBigi am 29.04.2020 12:03

0x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
berundo
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat:
Solange ein Richter im Streitfall der Ansicht ist, die Darstellerinnen sehen minderjährig aus, kann das also schon genügen.
Das ist doch an Lächerlichkeit nicht zu überbieten. Selbst wenn wir also BEWEISEN können, dass es sich bei der abgebildeteten Person um eine 27 jährige Pornodarstellerin handelt, könnte ein Richter dennoch urteilen, dass es ein "Kind" ist?
Zitat:
Auch für solche Dateien gilt §184c StGB. Es wird gerne vergessen, daß auch fiktive Geschichten und Comics unter kinder/jugendpornographische Schriften fallen können.
Bananenrepublik.

Nach einem Anruf beim Amtsgericht hat uns eine Sachbearbeiterin mitgeteilt, dass eine umfassende Akteneinsicht und die Einsicht des Sonderbands nur beim Amtsgericht möglich ist. Die Übersendung des Sonderbandsund sei nicht möglich, auch sei es nicht möglich Kopien bzw. Fotografien vom Sonderband zu machen.
Wie aber soll uns dann die Möglichkeit gegeben werden, uns anständig zu verteidigen?

-- Editiert von berundo am 29.04.2020 13:03

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119301 Beiträge, 39708x hilfreich)

Zitat (von berundo):
Selbst wenn wir also BEWEISEN können, dass es sich bei der abgebildeteten Person um eine 27 jährige Pornodarstellerin handelt, könnte ein Richter dennoch urteilen, dass es ein "Kind" ist?

Wenn sie den Anschein erweckt ein Kind zu sein, dann ja.

Bei 27jährigen düfte das aus biologischen Gründen problematisch sein, aber bei 18-22jährigen kann das glatt passieren.



Zitat (von berundo):
Wie aber soll uns dann die Möglichkeit gegeben werden, uns anständig zu verteidigen?

Durch das Wahrnehmen des Rechtes der umfassenden Akteneinsicht und die Einsicht des Sonderbands beim Amtsgericht.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
BigiBigiBigi
Status:
Junior-Partner
(5398 Beiträge, 1813x hilfreich)

Zitat (von berundo):
Die Übersendung des Sonderbandsund sei nicht möglich, auch sei es nicht möglich Kopien bzw. Fotografien vom Sonderband zu machen.


Das ist ja bei diesem Tatverdacht auch verständlich - wenn es sich tatsächlich um Kinderpornographie handeln sollte, will man den Besitz daran natürlich niemandem verschaffen.

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