§ 201 StGB und Filmen einer Personenkontrolle

28. Februar 2020 Thema abonnieren
 Von 
Spawny123
Status:
Frischling
(9 Beiträge, 0x hilfreich)
§ 201 StGB und Filmen einer Personenkontrolle

Nehmen wir mal an das es auf einem Bahnhofsvorplatz zu einer Personenkontrolle kommt, ein Dritter befürchtet das sich die Polizei, ich sage mal "nur" unkorrekt, verhalten wird und hält offen das Handy auf die Szenerie ums sie zu dokumentieren. Das ganze aus 6 bis 8 Metern Entfernung, wobei sich mindestens ein halbes Dutzend weiterer Personen in diesem Radius aufhielten. So dann kommt einer der Polizisten auf ihn zu und nimmt ihm mit der Behauptung das man Polizisten nicht Filmen dürfe das Handy aus der Hand.
Ob auch gefilmt, fotografiert oder gar noch gar nichts von beidem gemacht wurde ist nicht klar.
Dieser dritte hat nach zwei Wochen eine Vorladung erhalten in der nur von §201 StGB die Rede ist.

- §201 ist ein Antragsdelikt, kann die Polizei sich dann überhaupt und auch in dieser Konstellation darauf berufen ?
Das sich der Kontrollierte darauf berufen könnte, da in dem Gespräch evtl sein Name/Adresse, was ihm vorgeworfen wird etc genannt wird kann ich verstehen, aber die Polizei ?

- Ist die Ergänzung für mich etwas unverständlich; Die Tat nach Satz 1 Nr. 2 ist nur strafbar, wenn die öffentliche Mitteilung geeignet ist, berechtigte Interessen eines anderen zu beeinträchtigen. Sie ist nicht rechtswidrig, wenn die öffentliche Mitteilung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen gemacht wird.
Satz 1 Nr. 2 spricht von einem Dritten, das könnte doch auch ein Anwalt/Bürgerrechtsorganisation sein und ist etwas ganz anderes als eine öffentliche Mitteilung. Muss dazu eine Aufnahme auch erst einmal angefertigt werden und dies bleibt scheinbar weiterhin Strafbar. So wie ich das lese würde man sich also mit dem Anfertigen in jedem Fall strafbar machen, auch wenn z.b. eine schwere Straftat dokumentiert wird.

- Kann//sollte/muss der Antrag auf richterliche Bestätigung der Beschlagnahme begründet werden, oder muss erst die Polizei/StA begründen warum sie die Gegenstände gerne hätte und man kann sich anschließend dazu äußern ?

-- Editiert von Spawny123 am 28.02.2020 16:11

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8 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119348 Beiträge, 39714x hilfreich)

Zitat (von Spawny123):
- §201 ist ein Antragsdelikt, kann die Polizei sich dann überhaupt und auch in dieser Konstellation darauf berufen ?

Klar, warum sollte sie das nicht können?

Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#2
 Von 
muemmel
Status:
Unbeschreiblich
(32811 Beiträge, 17245x hilfreich)

Klar, warum sollte sie das nicht können? So ist es. Und zusätzlich kann hier noch der Dienstvorgesetzte Strafantrag stellen: https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__77a.html

Signatur:

Bei nur einer Ratte im Zimmer handelt es sich nicht um einen Reisemangel ( Amtsgericht Köln).

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#3
 Von 
ChrisC
Status:
Schüler
(172 Beiträge, 90x hilfreich)

Zitat (von Spawny123):

- Ist die Ergänzung für mich etwas unverständlich; Die Tat nach Satz 1 Nr. 2 ist nur strafbar, wenn die öffentliche Mitteilung geeignet ist, berechtigte Interessen eines anderen zu beeinträchtigen. Sie ist nicht rechtswidrig, wenn die öffentliche Mitteilung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen gemacht wird.
Satz 1 Nr. 2 spricht von einem Dritten, das könnte doch auch ein Anwalt/Bürgerrechtsorganisation sein und ist etwas ganz anderes als eine öffentliche Mitteilung.
-- Editiert von Spawny123 am 28.02.2020 16:11
Du liest den Gesetzestext falsch. Die von dir zitierte Formulierung bezieht sich auf den Absatz 2 Satz 1 Nr. 2. Die Formulierung die von "Dritten" spricht steht im Absatz 1 Nr. 2.

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#4
 Von 
Antananarivo85
Status:
Beginner
(126 Beiträge, 29x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Klar, warum sollte sie das nicht können?


Kommt zwar wie immer auf die Umstände des Einzelfalls an, aber ein mögliches Argument findet sich hier:

"[…] Da es hier um den Mitschnitt einer Personenkontrolle geht, dürfte insoweit wesentlich auf das Einverständnis der kontrollierten Person abzustellen sein, denn die Kontrolle diente allein der Feststellung seiner Personalien; nur er dürfte im Rahmen der Kontrolle Informationen über sich preisgegeben haben. Die hierauf gerichteten Fragen der Polizeibeamten haben hingegen nur einen hinführenden Charakter ohne eigenen nennenswerten Erklärungsgehalt; was damit gemeint ist, dass die Polizei Personalien erhebt, ist ohnehin jedermann geläufig.
Anders wäre es zu beurteilen, wenn die Beamten den Kontrollierten mit Fragen zu Sachverhalten oder gar mit Beschuldigungen konfrontieren würden oder wenn ein Gespräch zwischen mehreren Beamten untereinander aufgezeichnet würde […]
"

Text zitiert aus dem Blog von RA Detlef Burhoff, Beitrag vom 13.11.2019 "StGB I: Filmen von Polizeibeamten, oder: "Nichtöffentliches Wort" und beschlagnahmtes Smartphone" mit Bezug auf LG Kassel, Beschl. v. 23.09.2019 (2 Qs 111/19).

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#5
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119348 Beiträge, 39714x hilfreich)

Zitat (von Antananarivo85):
aber ein mögliches Argument findet sich hier:

Nicht mal im Ansatz ...


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#6
 Von 
Antananarivo85
Status:
Beginner
(126 Beiträge, 29x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Nicht mal im Ansatz ...


Wer suchet der findet. Wer nicht sucht ...

Beschluss gelesen und verstanden? Und darin keine Argumentationsansätze ausmachen können?

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#7
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119348 Beiträge, 39714x hilfreich)

Zitat (von Antananarivo85):
Beschluss gelesen

Ja


Zitat (von Antananarivo85):
und verstanden?

Im Gegensatz zu Dir schon.
Da steht mit keinem Wort drin, das die Polizei (Betroffene & Vorgesetzte) sich nicht auf § 201 StGB berufen kann. Die können wie jeder Bürger Anzeige erstatten und die Gerichtsbarkeit entscheiden lassen.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#8
 Von 
Antananarivo85
Status:
Beginner
(126 Beiträge, 29x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Im Gegensatz zu Dir schon.


Das sehe ich erwartungsgemäss anders...

Der TE fragte, ob sich die Polizei als vermeintlich Betroffene in der konkret geschilderten Konstellation auf den § 201 berufen könne. Kann sie offensichtlich, hat sie ja bereits gemacht. Sie ist gemäss der Schilderung sogar noch weiter gegangen und hat aufgrund dessen das Smartphone des TE beschlagnahmt.

Das Modalverb können wäre daher in diesem Kontext wohl eher so zu verstehen, ob der Strafantrag durch die Polizei und die Beschlagnahme einer rechtlichen Prüfung standhalten würde, also ob das Vorgehen rechtmässig war. Bevor sich allerdings ein Richter dem Sachverhalt am Bahnhof annehmen kann, liegt es zuvor an der Staatsanwaltschaft zu prüfen, ob nicht ein Verfolgungshindernis vorliegt. Ein solches läge z.B. vor, wenn die Polizei gar nicht berechtigt gewesen wäre, einen entsprechenden Strafantrag zu stellen.

Konkrete Anhaltspunkte, dass dies hier möglicherweise der Fall sein könnte, ergeben sich dann aus dem zitierten Beschluss:

Im Beschluss des LG Kassel vom 23.09.2019 (2 Qs 111/19) steht ausdrücklich, dass die zuständige Kammer des LG für einen sehr ähnlichen Sachverhalt (Personenkontrolle auf einem Bahnhofsvorplatz, Filmen durch nicht von der polizeilichen Massnahme betroffenen Dritten im Kreise einer grösseren Menschenmenge, Beschlagnahme des Smartphones mit Einleitung eines Strafverfahrens) einen Anfangsverdacht nach § 201 Abs. 1 ausdrücklich verneint. Einer der wesentlichen Gründe hierfür ist oben zitiert.

Die Behauptung, der Beschluss biete nicht mal im Ansatz Argumente gegen die Zulässigkeit des Strafantrags und der Einleitung des Strafverfahrens, lässt sich daher leicht widerlegen. Zum Beispiel indem man ein auf dem Beschluss basierendes Argument vorbringt:

Wenn wie vom LG angenommen aus einer solchen Situation gar kein Anfangsverdacht für eine Straftat nach § 201 Abs. 1 hervorgeht, kann die Polizei nicht Betroffene eben dieser (nicht vorhandenen) Straftat sein und kann somit auch keinen Strafantrag stellen. Ohne Anfangsverdacht und Strafantrag wäre ein Fortführen des Strafverfahrens dann jedoch unzulässig, das Verfahren müsste eingestellt und auch das Smartphone müsste umgehend wieder ausgehändigt werden.

Dass die Staatsanwaltschaft im Fall des TE dieser Argumentation folgen würde, wage ich zwar auch vorsichtig zu bezweifeln. Aber nicht weil sie kein gangbarer Lösungsansatz wäre, sondern schlicht weil mir scheint dass es sich bei dieser Argumentation eher nicht um die mehrheitlich herrschende Meinung handeln dürfte...

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