"Dog Whistling" - Begriff eine Beleidigung?

4. August 2022 Thema abonnieren
 Von 
OneFiveTen69
Status:
Frischling
(1 Beiträge, 0x hilfreich)
"Dog Whistling" - Begriff eine Beleidigung?

Hallo und Gruß in die Runde!

Ich habe Probleme mit dem folgenden Sachverhalt, den man mir vorwirft:
Im April kommentierte ich auf öffentlichen Seite einer großen deutschen Zeitung, die für ihre provokative Berichterstattung bekannt ist.
Auch in diesem Fall verfehlte die Art der Berichterstattung nicht ihr Ziel und es fanden sich etliche geifernde Kommentare darunter.
Unter einen dieser Beiträge schrieb ich "War klar, dass derartiges Dog Whistling bei Leuten wie dir funktioniert."

Kurz darauf wurde ich vom Betreiber Facebook für 3 Tage gesperrt wegen "Bullying".
Okay gut, muss man hinnehmen, Facebook sperrt ja gerne mal ohne Sinn und Verstand. Nichts weiter dabei gedacht also.

Ende Juni erhielt ich dann plötzlich einen Anhörungsbogen von der Polizei, Tatvorwurf: Beleidigung.
Man warf mir vor, meinen Diskussionspartner durch die Verwendung des Begriffs "Dog Whistling" in seiner Ehre verletzt zu haben.


Ich habe im Anhörungsbogen ausgeführt, dass der Begriff "Dog Whistling" keine Beleidigung, sondern ein Begriff ist, der in politischen Debatten häufig genutzt wird und eine Methode beschreibt, (politischen) Aussagen eine subtile Konnotation zu verleihen, die bestimmte Effekte bei einem bestimmten Publikum haben soll.

Das hat nun aber offenbar den zuständigen StA und auch das AG nicht interessiert, so dass ich nun heute glücklicher Empfänger eines Strafbefehls in Höhe von 60 Tagessätzen wurde.

Frage hierzu:
Wie sinnvoll ist hier ein Widerspruch und wäre es ggf. sinnvoll, z.B. einen Politikwissenschaftler als Zeugen vorzuschlagen?

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1 Antwort
Sortierung:
#1
 Von 
Zuckerberg
Status:
Lehrling
(1909 Beiträge, 1138x hilfreich)

Der Politikwissenschaftler wäre Sachverständiger, nicht Zeuge. Als Sachverständiger kann er allenfalls darüber Auskunft geben, was man (in der Politikwissenschaft) üblicherweise unter diesem Begriff versteht. Damit könnte der Politikwissenschaftler allenfalls die "Erläuterung" untermauern, die Sie schon in Ihrer schriftlichen Einlassung

Was der Politikwissenschaftler nicht kann: Bezeugen oder begutachten, was Sie mit diesem Begriff zum Ausdruck bringen wollten. Möglicherweise haben Sie ja ein abweichendes Verständnis bzw. einen abweichenden Gebrauch von diesem Begriff? Das entscheidet auf Ihren Einspruch hin dann am Ende einer Hauptverhandung der Richter am Amtsgericht. Wenn Sie verurteilt werden und dann auch noch Berufung einlegen, dann entscheidet auch noch die kleine Strafkammer am Landgericht.

Wenn man genau hinsieht, dann haben Sie gar nicht nur von "dog whistling" gesprochen. Das "dog whistling" würde sich ja auch nur auf den Artikel oder dessen Autor beziehen. Sie stellen aber einen Bezug zu dem Geschädigten her. Sie sprechen von "Leuten wie ihm" und dass bei diesen ja sowieso alles "klar" sei. Worte der Bewunderung sind das jedenfalls nicht.

Ist das nun eine Beleidigung? Meiner Meinung nach könnte man das so auslegen, ja. Sie haben damit ausgedrückt, dass Ihrer Meinung nach manche Menschen (anders als Sie) besonders anfällig für solche Methoden sind. Dass Sie diese Menschen für besonders clever halten, lässt sich wohl nicht gerade sagen. Vielmehr halten Sie diese Menschen wohl für eher dumm. jedenfalls für dümmer als Sie selbst (bei Ihnen funktioniert diese Methode nicht). Sie haben dann sogar noch einen oben drauf gesetzt: Sie haben auch noch ausgedrückt, dass Sie von dem Ergebnis keinesfalls überrascht sind, sondern sowieso "klar" war, dass der Geschädigte zu der Gruppe von eher dummen Menschen gehört. Haben Sie damit nicht auch irgendwie gesagt, dass dieser Mensch ganz klar eher dumm ist?

Was eine Beleidigung ist und was eine zulässige Meinungsäußerung, das ist nicht immer leicht voneinander abzugrenzen. Oft kann man es so oder so sehen und dabei gibt es dann für beide Seiten gute Argumente. Am Ende entscheidet dann ein Richter. Dessen Sichtweise gilt dann. Das dürfte auf Ihren Einspruch hin tendenziell wieder derselbe Richter sein, der schon den Strafbefehl erlassen hat. ABer das muss nichts bedeuten. Sowieso kämen im schlimmsten Fall noch immer Rechtsmittel in Betracht (mit wiederum unklarem Ausgang).

Ihren Fall kann man auch deshalb nicht wirklich einschätzen, weil niemand hier (außer Ihnen) sämtliche relevanten Informationen hat. Dazu gehört zum Besipiel der genaue Diskussionsverlauf oder auch Ihre Beziehung zu dem Geschädigten und eine etwaige "Vorgeschichte".

Das alles war übrigens keine "Idee" der Staatsanwaltschaft oder des Amtsgerichts. Die Politik verfolgt ausdrücklich das Ziel, gegen "Hass im Netz" zu kämpfen. Und Sie sind nunmal einer der Übeltäter, die "Hass und Hetze" im Netz verbreiten, indem Sie dort andere Menschen angreifen.

Ich sage Ihnen, was ich tun würde, wenn ich an Ihrer Stelle wäre: Ich würde Einspruch einlegen und das ganze weiter durchziehen, vielleicht auch mit der Hilfe eines Strafverteidigers. Die damit verbundenen Risiken (vor allem Verfahrenskosten) wären es mir wert.

Mindestens würde ich die Höhe der Tagessätze auch ihre Richtigkeit hin prüfen, diese also mit meinem Nettogehalt vergleichen. Und da Sie strafprozessrechtlich anscheinend nicht besonders erfahren (siehe Ihre Frage zu dem Politikwissenschaftler), sollten Sie in Erwägung ziehen, frühzeitig einen Anwalt mit ins Boot zu holen. Auf den Kosten (das können einige Hundert Euro werden, sowieso wenn es in die Berufung geht) bleiben Sie im Zweifelsfall aber sitzen.

Wer auf facebook unsinnige Diskussionen führt und sich auch noch auf Seiten herumtreibt, die er selbst anscheinend nicht ganz so toll findet, der ist es irgendwie auch selbst Schuld.

Und dass die Sperre hier "ohne Sinn und Verstand" erfolgt ist, sehe ich aus den oben genannten Gründen nicht unbedingt so. facebook ist sogar dazu verpflichtet, rechtswidirge Inhalte zu entfernen und zu vermeiden. Dass Ihr Kommentar rechtswidrig war, sehen aktuell ja sowohl die Staatsanwaltschaft als auch das Amtsgericht so. Mit facebook zusammen sind das jetzt schon 3 gegen 1. Eigentlich kommt ja sogar noch der Geschädigte hinzu, der sich zur Strafanzeige entschlossen hatte.

Viel Erfolg.

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