Eine ziemlich lange Geschichte (§ 146 + § 147)

22. Oktober 2022 Thema abonnieren
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guest-12304.02.2023 21:48:04
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Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)
Eine ziemlich lange Geschichte (§ 146 + § 147)

Ich lebe seit dem Jahr 2000 in Asien. Ich erwäge, im April 2023 zurückzukehren, um mich den Behörden zu stellen. Ich brauche die Zeit bis dahin, um meine persönlichen Angelegenheiten hier zu regeln und ein Reisedokument zu beantragen. Ich vermute, dass immer noch ein aktiver Haftbefehl (oder sogar ein internationaler Haftbefehl) vorliegt, weshalb ich erwarte, einen Reiseausweis zur direkten Rückreise bzw. Einreise in die Bundesrepublik ausgestellt zu bekommen. (und nirgendwo sonst)

Im Jahr 1999 und Anfang 2000 habe ich mich mit den falschen Leuten eingelassen. Einen von ihnen lernte ich in Indonesien kennen, und aus der Freundschaft wurde langsam eine Geschäftsbeziehung. 

Innerhalb kürzester Zeit schuf er die "rich man" Rolle und nutzte sie erfolgreich, um mich dazu zu bringen, ihm und seinen Komplizen vollkommen zu vertrauen.  Er erzählte von Investitionen, die er in ganz Indonesien getätigt hatte, zeigte mir seinen Privatstrand, stellte mich diesen und jenen Leuten vor und lud mich in die besten Restaurants der Hauptstadt Jakarta ein. Alles in allem war ich überzeugt.

Eines Tages erzählte er mir von diesem riesigen Stück Land, das er in Palembang (einer Stadt nordwestlich von Jakarta) besaß. Er behauptete, dass er es vor kurzem an einen reichen Käufer in Singapur verkauft habe und dass er in hohen Singapur-Dollar-Noten bezahlt worden sei. Er sagte, es sei schwierig gewesen, dieses Geld auf ein indonesisches Konto zu überweisen, da der Landverkauf offenbar ohne bestimmte amtliche Genehmigungen durchgeführt wurde, um die Zahlung von Grunderwerbs- und Vermögenssteuern zu vermeiden. Nice, very nice war alles, was ich dazu sagte.

Dann fragte er mich, ob ich bereit wäre, das Geld mit nach Europa zu nehmen und es in Schweizer Franken oder DM umzutauschen (in Deutschland wurde damals noch DM verwendet). Er sagte, dies sei die am wenigsten komplizierte Art, das Geld wieder in das Bankensystem einzuführen, da beim Währungsumtausch eine echte offizielle Quittung erstellt werde. Mein vorsichtiges Ich meldete sich und ich dachte ein oder zwei Minuten lang nach.

Schließlich willigte ich ein, aber ich war immer noch etwas beunruhigt wegen der möglichen Risiken, die ich voraussah. Erstens: der Zoll. Wie sollte ich das Vorhandensein von so viel Bargeld und das Fehlen von Dokumenten über die Herkunft des Geldes erklären? Damals waren die Banken noch nicht so paranoid. Der 11. September in New York war noch nicht geschehen, und die Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche waren noch nicht so ausgefeilt wie heute. Zweitens: Der Typ verlangte eine Vorauszahlung von 20.000 DM. Ich hatte keine 20.000 DM in bar, also musste ich mir etwas einfallen lassen, wie ich sie mir überweisen konnte. Ein Freund in Deutschland arrangierte dies für mich.

Wegen der erforderlichen Vorauszahlung war ich sehr vorsichtig und prüfte jede einzelne Banknote. Ich fühlte, kippte und prüfte sie im UV-Licht-Gerät. Alles gut. Alles echt. Er tauschte sogar eine in einer Wechselstube um, und es kam zu einem Drama, das (im Nachhinein betrachtet) meiner Meinung nach nur inszeniert war. Offenbar wurden die Banknoten mit hohem Nennwert von den Wechselstuben nicht bevorzugt, weil es schwierig war, sie loszuwerden. Es gab keine Nachfrage nach $10.000 Singapur Dollar Banknoten. Daraufhin bot die Wechselstube an, 1 Banknote für 50% des Wechselkurses zu kaufen. Da verstand ich endlich, warum ich gebeten wurde, sie mit nach Europa zu nehmen.

Zurück in Deutschland tauschte ich eine Banknote bei der Reisebank um. Die Mitarbeiter überprüften die Sicherheitsmerkmale und bestätigten, dass es sich um echtes Geld handelte. Er gab mir den DM-Wert einer $10K-Note. Dann überquerte ich die Grenze und tauschte die restlichen Banknoten in der Schweiz und einige weitere in den Niederlanden um. Die Geldscheine wurden alle von Mitarbeitern der Wechstelstuben sorgfältig überprüft.

Schließlich fuhr ich nach London, um die restlichen Geldscheine umzutauschen. In der Travelex-Wechselstube sahen sich die Mitarbeiter die Scheine an, und einer von ihnen führte einen Anruf durch. Es schien, als hätte man ihm gesagt, er solle die Banknoten auf etwas überprüfen. Nachdem er den Anruf getätigt hatte, teilte er mir mit, dass er die Scheine leider nicht in britische Pfund umtauschen könne, da vor kurzem eine Warnung über diese Stückelung von Singapur-Dollar in Umlauf gebracht worden sei. Ich war verwirrt und fragte, was es damit auf sich habe, und er erklärte mir, dass diese Banknoten echt seien, aber den Aufdruck "SPECIMEN" trügen, der aus irgendeinem Grund nicht mehr auf den Banknoten zu finden sei. Sie wurden ausradiert. Er nahm dann eine Banknote und betrachtete sie sorgfältig mit einer Lupe und bestätigte, dass dies tatsächlich der Fall war.

In diesem Moment hatte ich ein mulmiges Gefühl und vermutete, dass die anderen Geldscheine, die ich bereits umgetauscht hatte, höchstwahrscheinlich auch den Aufdruck "SPECIMEN" hatten, was auf Deutsch "Mustergeldschein" bedeutet.

Mehr als die Hälfte des Geldes hatte ich bereits an den Mann in Indonesien überwiesen. Ich beschloss, nach Indonesien zu fliegen, um den Mann mit dieser Angelegenheit zu konfrontieren. Als ich dort ankam, konnte ich ihn nicht mehr erreichen. Niemand in dem Hotel, in dem ich zuvor übernachtet habe, und in den Restaurants, die wir besucht haben, wusste, wovon ich sprach.

Der Rat war, die Angelegenheit der indonesischen Polizei zu melden, aber ich hatte Angst, weil mein Wort gegen das einer unbekannten Person stand. Ein paar Monate später, als ich versuchte, einen neuen Pass zu beantragen, wurde ich von der Botschaft darüber informiert, dass die deutsche Polizei nach mir suchte. Ich habe Indonesien mit meinem bald ablaufenden Pass verlassen und lebe seitdem in einem anderen Land.

Es ist jetzt fast 2023 und ich überlege, nach Deutschland zurückzukehren. Es ist ein bisschen spät, aber ich kann mich nicht ewig verstecken und deshalb habe ich beschlossen, mich den Behörden zu stellen.

Meine Fragen lauten wie folgt:

Die Geldscheine waren echt. Sie waren mit dem Wort „Muster" gestempelt. Der Aufdruck wurde (wahrscheinlich mechanisch oder chemisch) ausradiert. Die Ausgabebank von Singapur verkauft echte Banknoten mit dem Aufdruck "Specimen" an Banknoten-Sammler und Liebhaber, zu denen auch die Note mit dem weltweit höchsten Nominalwert von SGD 10.000 zählt. Mit dem Ausradieren des Überdrucks "Specimen" erhält man eine echte Banknote mit allen Sicherheitsmerkmalen.

Als ich die Geldscheine erwarb, war ich voll und ganz von der Echtheit überzeugt. Ich hatte nicht den geringsten Zweifel. 

Auch die Mitarbeiter der Wechselstuben prüften die Sicherheitsmerkmale und waren von der Echtheit der Banknoten überzeugt. Sicherheitsmerkmale waren in allen Banknoten vorhanden.  

Welche Straftaten werden mir wahrscheinlich zur Last gelegt? Und besteht nach 22 Jahren eine realistische Chance, mich gegen diese Vorwürfe zu wehren?

§ 146 Geldfälschung

und/oder § 147 Inverkehrbringen von Falschgeld

und höchstwahrscheinlich auch Betrug?

Ich wäre für jede Meinung dankbar, bevor ich einen Anwalt beauftrage.


-- Editiert von User am 22. Oktober 2022 06:08

-- Editiert von User am 22. Oktober 2022 06:09

-- Editiert von User am 22. Oktober 2022 07:14

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6 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
muemmel
Status:
Unbeschreiblich
(32811 Beiträge, 17245x hilfreich)

§ 147 wird man Ihnen nicht zur Last legen - da ist nämlich längst Verjährung eingetreten. § 146 könnte ebenfalls verjährt sein - da kommt es darauf an, ob es Unterbrechungen der Verjährung gab.

Signatur:

Bei nur einer Ratte im Zimmer handelt es sich nicht um einen Reisemangel ( Amtsgericht Köln).

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#2
 Von 
guest-12304.02.2023 21:48:04
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von muemmel):
§ 146 könnte ebenfalls verjährt sein - da kommt es darauf an, ob es Unterbrechungen der Verjährung gab.


Die absolute Verjährungsfrist beträgt 40 Jahre. Und die Zeit des Ruhens wird gesondert hinzugerechnet. Das ist eine beunruhigend lange Zeit. Fast ein halbes Jahrhundert.

Ich würde gerne einen Anwalt mit der Akteneinsicht beauftragen, aber ich bin besorgt, weil die Akteneinsicht eine verjährungsunterbrechende Maßnahme ist.

-- Editiert von User am 22. Oktober 2022 17:59

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
muemmel
Status:
Unbeschreiblich
(32811 Beiträge, 17245x hilfreich)
Signatur:

Bei nur einer Ratte im Zimmer handelt es sich nicht um einen Reisemangel ( Amtsgericht Köln).

1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
guest-12304.02.2023 21:48:04
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von muemmel):
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__78c.html


Wirklich? Aber hier steht es:

http://www.wiete-strafrecht.de/User/Inhalt/78c_StGB.html#Akteneinsicht

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
CarstenF
Status:
Praktikant
(911 Beiträge, 157x hilfreich)

Das ist natürlich wirklich kein alltäglicher Fall. Aber ohne Anwalt kommen Sie hier sowieso nicht weiter, dieser kann dann prüfen, was genau in D. genau gegen Sie vorliegt und wird sich dann mit Ihnen zusammen eine Strategie überlegen.

Ich glaube, dieser Fall ist viel zu speziell und vor allem gibt es hier so viele unbekannte Faktoren, als dass Ihnen hier jemand konkrete Auskünfte (oder auch nur halbwegs) geben könnte.

-- Editiert von User am 22. Oktober 2022 18:19

1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
muemmel
Status:
Unbeschreiblich
(32811 Beiträge, 17245x hilfreich)

Nö - da steht lediglich, dass eine Akteneinsicht als ERSTE verjährungsunterbrechende Handlung in Frage kommt. Wenn es aber bisher keine Verjährungsunterbrechungen gab, ist es bereits verjährt - 20 Jahre sind schon um. Und dann kann da auch nichts mehr unterbrochen werden. Im Übrigen schreiben Sie selbst vom einem Haftbefehl - das wäre eine Verjährungsunterbrechung. Folglich kann eine Akteneinsicht zum jetzigen Zeitpunkt keine ERSTE Verjährungsunterbrechung sein.

-- Editiert von User am 22. Oktober 2022 18:21

Signatur:

Bei nur einer Ratte im Zimmer handelt es sich nicht um einen Reisemangel ( Amtsgericht Köln).

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