Fragen zur Anklageschrift

4. September 2020 Thema abonnieren
 Von 
markus0991233
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)
Fragen zur Anklageschrift

Hallo,
In einem aktuellen Fall bin ich wegen bandenmäißgen Handel mit Arzeimittel beschuldigt und mir drohen zwischen 1 und 10 Jahre Haft.

Der Kronzeugen werden mMn Geschenke gemacht.
Ihm drohen ebenfalls 1 bis 10 Jahre wegen bandenmäißgen Handel mit Dopingmittel.

Durch die Aktenlage ergibt sich ganz klar:
- Er bestellt 40.000 Tabletten Diazepam a 10 mg (Smartphoneauswertung) und lässt diese sich aus dem Ausland zusenden
- Daneben hat er genauso Clonazepam 4.000 bestellt
- Diese 40.000 und 4.000 Tabletten werden bei seiner Festnahme und Durchsuchung seines Lagern gefunden.

Darauf drohen ihm zwischen 1 und 10 Jahre Haft aufgrund der Dopingmittel laut Anklageschrift.

In einem Fall der Anklageschrift wird er mit unerlaubter Beitz von Arzei- und Dopingmitteln beschuldigt.
In diesem Fall sind die Clonazepam aufgeführt. Die 40.000 Tabletten Diazepam jedoch nicht.

Ich beziehe mich nun auf folgendes:
Nach dem letzten Spiegelstrich in Anl. III zu § 1 Abs. 1 BtMG unterfallen nämlich die eigentlich ausgenommenen Zubereitungen dann wieder dem BtMG, wenn sie aus dem Ausland eingeführt oder durchgeführt oder aus der Bundesrepublik Deutschland ausgeführt werden. Werden also ausgenommene Benzodiazepine ohne Erlaubnis über die deutsche Hoheitsgrenze ins Ausland verbracht oder umgekehrt, erfüllt dies den Vergehenstatbestand des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG. Bei der Einfuhr großer Mengen kommt sogar der Verbrechenstatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gem. § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG mit einer Freiheitsstrafe von nicht unter 2 Jahren in Betracht. Darauf hat der BGH in seinem Beschluss vom 2.11.2010 hingewiesen und die Grenze der nicht geringen Menge wie folgt festgelegt (BGH NStZ-RR 2011, 119): Diazepam 2.400 mg, Alprazolam 240 mg, Clonazepam 480 mg, Lorazepam 480 mg, Lormetazepam 360 mg, Midazolam 1.800 mg, Oxazepam 7.200 mg, Temazepam 4.800 mg, Tetrazepam 4.800 mg und Triazolam 120 mg.



Da es nachweislich aus der Aktenlage Einfuhrvon Diazepam ist.
Wie kann es sein, dass
- Die Diazepam nicht in der Anklageschrift unter Besitz auftauchen (hat da jemand geschlafen?)
- Wie kann es sein dass hier nicht aufgeführt wie in dem Artikel
das hier eigentlich Einfuhr BTM vorgewurfen wird un min. 2 Jahre drohen.
- Kann alles was in der Anklageschrift nicht steht trotzdem noch vor Gericht gegen ihn
verwendet werden wenn die Aktenlage die klar deutet?

LG und schönes Wochenende wünsche ich vorab



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8 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38384 Beiträge, 13987x hilfreich)

Ohne die Akte zu kennen, kann man da keine Auskunft geben, die einigermaßen belastbar ist.

Es gibt viele Optionen, warum nicht alles angeklagt wird. Das nennt sich Prozessökonomie. Vielleicht ist da eine Einstellung (die vorläufig sein kann) gem. § 154 Strafprozessordnung gelaufen, oder die Einfuhr ist tateinheitlich gedeckt durch das, was angeklagt wurde. Wissen wir nicht.

Ich würde mich lieber auf mein eigenes Verfahren konzentrieren.

wirdwerden

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#2
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9517x hilfreich)

154 StPO dürfte hier eher nicht in Frage kommen, insofern die Ausführungen vollständig und korrekt sind. Denn bei der eingestellten Tat würde es sich nicht um eine "unwesentliche" handeln, sondern um die, für die die höchste (Einzel-)strafe zu verhängen wäre, bzw. die die höchste Mindeststrafandrohung hat.

Im Übrigen sehe ich es genauso:

Zitat (von wirdwerden):
Ohne die Akte zu kennen, kann man da keine Auskunft geben, die einigermaßen belastbar ist.


und insbesondere:

Zitat (von wirdwerden):
Ich würde mich lieber auf mein eigenes Verfahren konzentrieren.


-- Editiert von !!Streetworker!! am 04.09.2020 11:28

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16472 Beiträge, 9287x hilfreich)

Zitat:
- Die Diazepam nicht in der Anklageschrift unter Besitz auftauchen (hat da jemand geschlafen?)

Wenn der Handel mit Diazepam vorgeworfen wurde, dann ist der Besitz quasi eingeschlossen und muss nicht separat erwähnt werden.

Trotzdem ist es etwas wirr: Der reine Besitz ist überhaupt nicht strafbar, weder bei Diazepam noch bei Clonazepam. Wenn man es aus dem Ausland eingeführt hat, ist es ein BtMG-Verstoß - bei den Mengen auch in der Form des §30(1) Nr.4 BtMG (= mindestens 2 Jahre). Wenn man in Deutschland damit handelt, kommt ein AMG-Verstoß dazu. Aber der reine Besitz von ausgenommenen Zubereitungen (ohne Einfuhr und ohne Handel) ist nichts. Und wo kommen die Dopingmittel her? Bei Dopingmitteln ist schon der Besitz strafbar (auch ohne Einfuhr und ohne Handel) aber weder Diazepam noch Clonazepam sind Dopingmittel.

Zitat:
Kann alles was in der Anklageschrift nicht steht trotzdem noch vor Gericht gegen ihn
verwendet werden wenn die Aktenlage die klar deutet?

Klar.
Wenn in der Anklageschrift Totschlag stehen würde, kann man nachher trotzdem wegen Mord verurteilt werden, wenn sich in der Verhandlung herausstellt, dass der Totschalg ein Mord war.

Signatur:

Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB.

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#4
 Von 
user08154711
Status:
Lehrling
(1897 Beiträge, 278x hilfreich)

Zitat (von markus0991233):
Der Kronzeugen werden mMn Geschenke gemacht.
Zitat (von markus0991233):
Wie kann es sein, dass
- Die Diazepam nicht in der Anklageschrift unter Besitz auftauchen (hat da jemand geschlafen?)
- Wie kann es sein dass hier nicht aufgeführt wie in dem Artikel
das hier eigentlich Einfuhr BTM vorgewurfen wird un min. 2 Jahre drohen.
- Kann alles was in der Anklageschrift nicht steht trotzdem noch vor Gericht gegen ihn
verwendet werden wenn die Aktenlage die klar deutet?


Alles vollkommen egal, weil es Dein eigenes Verfahren nicht betrifft.

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
markus0991233
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Erstmal vielen Dank für die Antworten.

Klar sollte ich mich um mein eigenes Verfahren kümmern. Jedoch schiesst der Kronzeuge gegen alle und versucht einige Delikte zu vertuschen und anderen in die Schuhe zu schieben. Sprich hier will jemand alle anderen (auch mich) so tief in den Dreck ziehen wie es geht um sich selber zu beschönigen und Strafrabatt zu erhalten. Da möchte man natürlich schon das er auch seinen Teil "abbekommt".
Daher kamen die Fragen auf.

Daher greife ich von Streetworker auf:
"154 StPO dürfte hier eher nicht in Frage kommen, insofern die Ausführungen vollständig und korrekt sind. Denn bei der eingestellten Tat würde es sich nicht um eine "unwesentliche" handeln, sondern um die, für die die höchste (Einzel-)strafe zu verhängen wäre, bzw. die die höchste Mindeststrafandrohung hat."

Konkrete Frage nun da der Import von Diazepam nicht in der Anklageschrift auftaucht, kann man das im Verfahren ansprechen und ihm das auch noch angekreidet werden? Waffen wurden auch, sogar eine nach KrWaffKontrG bei ihm gefunden, was das Strafmaß nachdem was ich gelesen habe für ihn auf min. 5 Jahre hochschiessen lassen kann.

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9517x hilfreich)

Mit diesen rudimentären Angaben macht das keinen Sinn. Zumindest die komplette Anklageschrift müsste man lesen, um auch nur ansatzweise was vernünftiges sagen zu können.

Zitat (von markus0991233):
Konkrete Frage nun da der Import von Diazepam nicht in der Anklageschrift auftaucht, kann man das im Verfahren ansprechen


In welchem Verfahren in welcher Eigenschaft?

Ist man gemeinsam angeklagt (ist er Teil der Bande?) oder gibt es getrennte Verfahren?

Gibt es gegen Sie -wenn getrennt- auch bereits eine Anklageschrift?

Woher kennen Sie -wenn getrennt- den exacten Inhalt seiner Anklageschrift?

Wenn bei ihm 40.000 Tabletten gefunden wurden, wird die StA das auch in irgendeiner Weise gewürdigt haben. Möglicherweise wurde erst ein Teil der Taten angeklagt und der Rest folgt noch. Gerade bei komplexen Sachverhalten, wo ggf. die Person es noch mit weiteren Mittätern zu tun hat, mit denen man selbst aber ggf. nichts zu tun hat, ist sowas nicht ungewöhnlich.

Das ist alles pures Rätselraten, ohne vollständige Informationen.

1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
markus0991233
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Das Verfahren umfasst den ganzen Tatraum von 2016 bis zur Festnahme letztes Jahres.

Zitat (von !!Streetworker!! ):
In welchem Verfahren in welcher Eigenschaft?


Tatbestand des gewerbsmäßig und als Mitglieder einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, entgegen§ 43 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 1 AMG mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel getrieben zu haben
Sprich Bandenkriminilität.

Zitat (von !!Streetworker!! ):
Ist man gemeinsam angeklagt (ist er Teil der Bande?) oder gibt es getrennte Verfahren?


Die Anklageschrift gilt für alle Bandenmitglieder und umfasst die einzelnen Fälle eines jeden Bandenmitgliedes.

Zitat (von !!Streetworker!! ):
Gibt es gegen Sie -wenn getrennt- auch bereits eine Anklageschrift?


Da ich Teil der Bande bin ist mein vorgewurfender Teil in der gemeinsamen Anklageschrift inbefriffen

Zitat (von !!Streetworker!! ):
Woher kennen Sie -wenn getrennt- den exacten Inhalt seiner Anklageschrift?


Durch die gemeinsame Anklageschrift

Zitat (von !!Streetworker!! ):
Wenn bei ihm 40.000 Tabletten gefunden wurden, wird die StA das auch in irgendeiner Weise gewürdigt haben. Möglicherweise wurde erst ein Teil der Taten angeklagt und der Rest folgt noch. Gerade bei komplexen Sachverhalten, wo ggf. die Person es noch mit weiteren Mittätern zu tun hat, mit denen man selbst aber ggf. nichts zu tun hat, ist sowas nicht ungewöhnlich.


Diese müssen wenn in diesem Verfahren mit inbegriffen sein. WIe gesagt die Clonazepam werden aufgefüht als Besitz, Die Diazepam tauchen nirgendwo in der Anklageschrift auf, jedoch in dem Beschlagnahmeprotokoll.
Durch den Smartphoneverlauf ergibt sich die Einfuhr der Diazepam was auch nirgends weiter beachtet wurde in dem Verfahren. Daher steht letztendlich nur bei ihm hinsichtlich der Diazepam der Besitz. Keine Einfuhr.

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38384 Beiträge, 13987x hilfreich)

Wir wissen nicht, wieviel mg in jeder Tablette drinne war. Aber ohne in so einem Verfahren die Akte komplett zu kennen, kommt man doch nicht weiter. Für mich steht immer noch § 154 im Raum, wenn auch bei dem Gesamtpaket eher unwahrscheinlich, aber trotzdem. Es kann weiterhin sein, dass ein Teil abgetrennt ist, anderweitig verfolgt wird, sei es später, um dann die jetzigen Angeklagten später als Zeugen zu haben, es kann sein, dass dieser Teil schon Bestandteil eines anderen Ermittlungsverfahrens bei einer anderen Staatsanwaltschaft ist.

Jedenfalls glaube ich einfach nicht, dass sowohl Staatsanwaltschaft als auch Gericht einen wesentlichen Teil der Straftaten einfach übersehen bzw. vergessen.

wirdwerden

1x Hilfreiche Antwort

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