Ist das Diebstahl? Gewahrsamsenklave

15. März 2005 Thema abonnieren
 Von 
mark83
Status:
Frischling
(19 Beiträge, 4x hilfreich)
Ist das Diebstahl? Gewahrsamsenklave

ein verkäufer behauptet gesehen zu haben wie ich 1. geringwertige ware eingesteckt und nachdem ich gesehen hätte dass er an der kasse auf mich wartet 2. zurückgelegt hab. dem war aber nicht so. da ich in ein paar tagen die hv hab wollte ich wissen ob das überhaupt ein Diebstahl war und kein versuch und ob ich mit dem §24 StGb,rücktritt von der tat durchkomm oder weiter leugne(im zweifel für den angeklagten?).

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20 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Rechtsanwalt Fabian Sachse
Status:
Frischling
(35 Beiträge, 4x hilfreich)

Sehr geehrter Fragesteller,

bei kleinen Sachen ist der Diebstahl objektiv bereits dann vollendet, wenn diese in Jacken- oder Hosentasche gesteckt werden. In diesem Moment hat der Täter bereits neuen, eigenen Gewahrsam begründet und den Gewahrsam des Kaufhauses gebrochen. Denn am Körper ist die Sache der Verfügungsgewalt des Eigentümers (Kaufhaus) entzogen. Sog Gewahrsamsenklave. Ein Rücktritt kommt daher nicht mehr in Frage.

Sie sollten jetzt trotzdem nicht in panik verfallen. Schließlich muss man Ihnen neben dem Gewahrsamsbruch auch die Absicht rechtswidriger Zueignung nachweisen.

Da Sie die Sache wieder zurückgelegt haben, ist hier also noch nicht aller Tage Abend.

-----------------
"Rechtsanwalt Fabian Sachse ist Schwacke Vertragsanwalt"

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#2
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Guten Tag,

ich kann mich hier den Ausführungen von Herrn RA Sachse anschließen. Stichwort ist hier die Gewahrsamsenklave, durch die der Diebstahl vollendet wurde. Die Beweissituation ist die andere Seite.


Mit freundlichen Grüßen,

- Roenner -




-- Editiert von J. Roenner (Bobo) am 15.03.2005 12:39:37

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#3
 Von 
mark83
Status:
Frischling
(19 Beiträge, 4x hilfreich)

danke für die hilfe.

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#4
 Von 
Habac
Status:
Beginner
(121 Beiträge, 30x hilfreich)

Hallo
Ein sicherlich interessantes Thema.
War bis jetzt der Meinung, das die Tatsbestandsmerkmale erst erfüllt gewesen wären , wenn er wie in dem Fall, an der Kasse vorbei oder an der Kasse gewesen wäre. Ich hätte getippt auf § 242Stgb i.V.m. § 22 StGB .
Können mir die Fachleute mal den Begriff Gewahrsamenklave erklären ?

Gruß Habac

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#5
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9517x hilfreich)

Schauen Sie mal hier (unter E II)

http://www.jura.uni-marburg.de/strafr/radtke/dokumente/WS0304/Vorlesung/Diebstahl_Gewahrsam.doc

-----------------
"<small>da mihi factum, dabo tibi ius-iura novit curia
Gruß,Bob(SozArb. Straffälligen-/Drogenhilfe)"

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#6
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Guten Tag Habac,

Bei handlichen, leicht transportablen Gegenständen wird nach der Verkehrsauffassung i.d.R. auch innerhalb des fremden Herrschaftsbereichs neuer Gewahrsam bereits dann begründet (und der Diebstahl vollendet), wenn der Täter die Sache ergreift, festhält, in die Hand- oder Aktentasche, einen Beutel oder ein sonstiges, leicht zu transportierendes Behältnis oder die eigene Kleidung einsteckt (sog. Gewahrsamswechsel im „Tabubereich“ oder Schaffung einer „Gewahrsamsenklave“).
Zur Begründung wird diesbezüglich ausgeführt, daß die Körpersphäre eines Menschen mit einem „Tabu“ umgeben sei (Persönlichkeitsrecht), so daß der alte Gewahrsamsinhaber, wolle er die Sache zurückerlangen, in einen fremden Tabubereich eindringen und hierbei nach der Lebenserfahrung mit besonderen Widerständen rechnen müßte. In solchen Fällen könnte er also nicht mehr auf die Sache einwirken, ohne zuvor die Verfügungsgewalt des Täters zu beseitigen. Daher tritt hier der Gewahrsamswechsel (und somit auch die Vollendung der Wegnahme) grds. mit der Begründung einer Gewahrsamsenklave ein.

Wird aber noch keine Gewahrsamsenklave geschaffen, so ist noch kein Gewahrsamswechsel gegeben, solange der bisherige Gewahrsamsinhaber mühelos und ohne Verletzung des Tabubereichs des Täters auf die Sache zugreifen kann.


Mit freundlichen Grüßen,

- Roenner -




-- Editiert von J. Roenner (Bobo) am 16.03.2005 14:22:52

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#7
 Von 
holiday357
Status:
Praktikant
(739 Beiträge, 114x hilfreich)

Krass, ich geh nie mehr mit Beutel oder Einkaufskorb los!
*staun*

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#8
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Guten Tag holiday357,

der Einkaufskorb und der Einkaufsbeutel sind keine Gewahrsamsenklaven, da diese nicht zur Körpersphäre gehören und somit nicht zum "Tabubereich" einer Person. Diese sind folglich nicht vom Persönilchkeitsrecht mitumfasst. Anders ist dies z.B. bei Rucksäcken.


Mit freundlichen Grüßen,

- Roenner -





-- Editiert von J. Roenner (Bobo) am 16.03.2005 15:48:03

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#9
 Von 
Mahnman
Status:
Senior-Partner
(6041 Beiträge, 1341x hilfreich)

Hallo Bobo,

heißt das, man darf keinen Rucksack durchsuchen, eine Tasche aber schon?

-----------------
"Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie nicht behalten, sondern muss sie auf Anfrage zurückgeben."

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#10
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Hallo Mahnman,

es kommt auf die jeweilige Tasche an. Die Hosentasche ist eine Gewahrsamsenklave. Die loose Einkaufstasche (Einkaufsbeutel) ist keine Gewahrsamsenklave. Sie müssen immer darauf abstellen, ob der Verkaufsleiter oder dessen Personal auf die Inhalte der Tasche zugreifen können, oder ob dazu erst in einen Tabubereich der jeweiligen Person eindringen müsste (z.B. bei der Hosentasche).


Mit freundlichen Grüßen,

- Roenner -


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#11
 Von 
Mahnman
Status:
Senior-Partner
(6041 Beiträge, 1341x hilfreich)

Hallo Bobo,

sorry, ich hab mich wohl mal wieder falsch ausgedrückt. Ich meinte eigentlich einen Einkaufsbeutel. Ist ja interessant.
Wieder was gelernt! :)

-----------------
"Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie nicht behalten, sondern muss sie auf Anfrage zurückgeben."

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#12
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

:)

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#13
 Von 
holiday357
Status:
Praktikant
(739 Beiträge, 114x hilfreich)

Danke! Hab auch wieder was gelernt...

Gehe aber normalerweise mit Rucksack einkaufen, hab den Rucksack offen an der Seite in der Hand, wie ne Tasche, schätze mal das geht in Ordnung, wurde auch bisher nie drauf angesprochen...

Gruß H.

0x Hilfreiche Antwort

#14
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Solange dieser offen ist, wie Sie geschrieben haben, ist es kein Problem.

Gern geschehen.


Mit freundlichen Grüßen,

- Roenner -


0x Hilfreiche Antwort

#15
 Von 
Habac
Status:
Beginner
(121 Beiträge, 30x hilfreich)

Hallo Bobo

Danke für die Antwort auf meine Frage.
Mit ähnlichen Sachverhalt wollte man Kollegen beim Aufstieg in GD dumm aussehen lassen.
Fragestellung war damals: Stellen Sie sich vor sie stehen in einer Schlange an der Kasse und können einen Kollegen (Polizei) sehen welcher ein paar Meter vor ihnen steht und sich einen Artikel des Geschäfts in die Hosentasche schiebt. Logische Frage : Wie verhalten Sie sich in dieser Situation.
Ich muß sagen ,wäre in der Realität eine ****** Situation.( Legalitätsprinzip)
Da kann man mal sehen wie schnell der Job weg ist oder weg wäre.
Ich möchte wissen was die Herrn Prüfer hören wollten.

Oder wie seht ihr das Ganze ???

Gruß Habac

0x Hilfreiche Antwort

#16
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Guten Abend Habac,

nun, ich könnte Ihnen auf Ihre Frage eine juristische Antwort geben, welche mE jedoch an der eigentlichen Frage vorbeigeht.

Generell ist es so, dass man hier unterscheiden muss, ob Sie im Dienst sind, oder nicht. Wenn Sie im Dienst sind, müssen Sie eingreifen, da Sie dazu verpflichtet sind. Wenn Sie nicht im Dienst sind, wird eine Handlungspflicht nur bei schwerwiegenden Delikten angenommen.

Ich würde Ihnen diesbezüglich jedoch empfehlen sich an meinen Kollegen Wastl hier zu wenden, der bestens mit der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Praxis vertraut ist, und somit eine qualifiziertere Antwort geben kann.

Gern geschehen.


Mit freundlichen Grüßen,

- Roenner -






-- Editiert von J. Roenner (Bobo) am 16.03.2005 21:42:15

0x Hilfreiche Antwort

#17
 Von 
taki83
Status:
Frischling
(1 Beiträge, 0x hilfreich)

Hallo,

ich war auf der Suche nach dem Stichwort "Gewahrsamsenklave" und bin hier fündig geworden. Allerdings frage ich mich wie das ist, wenn mir jemand einen Gegenstand in zum Beispiel meinen Rucksack steckt, ohne dass ich dies bemerke. Ist dieser jemand wegen Diebstahls zu belangen? Und befindet sich der Gegenstand dann auch in der sog. Gewahrsamsenklave?

Antwort wäre super! :)
MfG, taki

0x Hilfreiche Antwort

#18
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9517x hilfreich)

Also wenn es eine juristische Hausarbeit ist, verweise ich mal hierauf:

http://www.mindermeinung.de/index.php?module=pnForum&func=viewtopic&topic=578&start=0

Für den unjuristischen Hausgebrauch versucht zu erklären, gibt es m.E. 2 Möglichkeiten:

Nimmt man den Rucksack definitv als Gewahrsamsenklave an, könnte der Diebstahl mit dem Einstecken in den RS des anderen bereits vollendet sein, und zar durch den, der es dort hineinsteckt als unmittebarer Täter, da neuer Gewahrsam begründet wurde, der nicht unbedingt tätereigener Gewahrsam sein muß.

Nimmt man den Rucksack nicht als GE an, oder ersetzt ihn im Beispiel durch meinetwegen den Einkaufswagen (der definitiv keine GE ist), und der A legt die Sache in den Einkaufswagen ohne das der B es merkt, folglich der B den Einkaufswagen ohne die Sache zu zahlen durch die Kasse schiebt, wäre es Diebstahl in mittelbarer Täterschaft.

0x Hilfreiche Antwort

#19
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Guten Tag,

um es kurz zu halten:

Der Täter kann aufgrund Diebstahls in mittelbarer Täterschaft belangt werden, wie mein Kollege zutreffend ausführt. Die Begründung eigenen, neuen Gewahrsams ist nicht zwingende Voraussetzung.


Mit freundlichen Grüßen,

- Roenner -


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