Nothilfe gegen Klimakleber im medizinischen Notfall

5. Mai 2023 Thema abonnieren
 Von 
Dream-Teacher
Status:
Beginner
(104 Beiträge, 0x hilfreich)
Nothilfe gegen Klimakleber im medizinischen Notfall

Liebe Expertinnen und Experten, im Rahmen der sich immer wiederholenden Berichte über die Klimakleber, stelle ich mir folgende Frage:

Die klimakleber blockieren eine Straße, zwei Personen sitzen vor einem Auto in dem eine Person aufgrund eines medizinischen Notfalls dringend zu einer Klinik muss! Der Fahrer des Autos gibt schlichtweg Gas und verletzt den Klimakleber oder die Klimakleber schwer, gegebenenfals werden sie sogar getötet. Wie ist eine solche Situation strafrechtlich zu bewerten?
Greift hier gegebenenfalls die Nothilfe? Ich danke euch ganz recht herzlich für eure Hilfe!

-- Editiert von User am 5. Mai 2023 10:50

-- Editiert von User am 5. Mai 2023 12:22

-- Editiert von Moderator topic am 5. Mai 2023 13:49

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10 Antworten
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#1
 Von 
drkabo
Status:
Legende
(18091 Beiträge, 9839x hilfreich)

Zitat:
Greift hier gegebenenfalls die Nothilfe?

Nein - denn die Abwägung von Menschenleben (die Person im Auto, die in die Klinik muss) gegen andere Menschenleben (die Klimakleber, die möglicherweise tödlich verletzt werden) ist nicht statthaft.
Da gibt es umfangreiche Rechtsprechung zu, damit kann man Bücher füllen.

Signatur:

Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB.

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#2
 Von 
DeusExMachina
Status:
Lehrling
(1562 Beiträge, 342x hilfreich)

Nach deutscher (das würde ich in diesem Fall ausnahmsweise betonen wollen) Rechtsprechung geht das so nicht, da stimme ich dem Vorredner zu. Es beginnt mit dem medizinischen Fachwissen und Urteilsvermögen des Fahrers/Täters dahingehend, ob die betroffene Person sicher versterben würde, wenn man nur zu milderen Mitteln greift (Blockade umfahren, aussteigen und hinter der Blockade in den herbeigerufenen Krankenwagen einsteigen). Kein Richter würde es goutieren, dass ein "Demonstrant" getötet wird, um in dem geschilderten Fall zum Krankenhaus zu fahren. Natürlich gibt es andere denkbare Konstellationen, z.B. in dem ein schwerwiegender, medizinischer Notfall vorliegt und der "Demonstrant" sich plötzlich mit einem Körperteil auf das Fahrzeug zubewegt, wodurch dieser leichte Verletzung erleidet. Dazu wäre ich auf ein Urteil gespannt.

Signatur:

Wahrheit ist Verhandlungssache.

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#3
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(128613 Beiträge, 41004x hilfreich)

Zitat (von DeusExMachina):
Dazu wäre ich auf ein Urteil gespannt.

Ich auch ...

Angeklagt von Staatsanwälten, die "sinnlos" im "Kleber-Stau" standen und "wichtiges" verpassten
Gesprochen von Richtern, die "sinnlos" im "Kleber-Stau" standen und "wichtiges" verpassten
Verteidigt von Rechtsanwälten, die "sinnlos" im "Kleber-Stau" standen, "wichtiges" verpassten und durch Zeitverlust 1-2 Raten für den Porsche verloren haben ...

... Glaskugel rubbel ...
Nanu, wie so ist da alles so dunkel ...?


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
seidi256
Status:
Praktikant
(853 Beiträge, 333x hilfreich)

Zitat (von DeusExMachina):
wenn man nur zu milderen Mitteln greift (Blockade umfahren, aussteigen und hinter der Blockade in den herbeigerufenen Krankenwagen einsteigen). Kein Richter würde es goutieren, dass ein "Demonstrant" getötet wird, um in dem geschilderten Fall zum Krankenhaus zu fahren. Natürlich gibt es andere denkbare Konstellationen, z.B. in dem ein schwerwiegender, medizinischer Notfall vorliegt


hat zwar mit der Frage des TE nur bedingt etwas zutun

mich würde interessieren wie es bei einer hypothetischen Konstellation wäre, wenn eine hochschwangere Frau auf den Weg ins Krankenhaus ist und mehrere Straßen von diesen unangemeldeten widerrechtlichen "Demonstranten" blockiert sind und sich infolge dessen mehrere Staus gebildet haben

man kann daher keine Blockade umfahren und ein Krankenwagen, in den man einsteigen könnte, kann auch nicht durchkommen

in dieser fiktiven hypothetischen Konstellation, gibt es komplikationen bei der Schwangeren und das Baby verstirbt infolge dessen.

wer würde dafür zur Verantwortung gezogen werden?

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#5
 Von 
Demonio
Status:
Master
(4036 Beiträge, 1127x hilfreich)

Eine solche hypothetische Frage kann man nicht allgemein beantworten, weil es auf den Einzelfall ankommt. In Berlin gab es ja einen Fall, bei dem ein Einsatzfahrzeug aufgrund einer Klimademonstration aufgehalten wurde. Das Strafverfahren wurde eingestellt, weil die Patientin auch dann verstorben wäre, wenn der RTW nicht aufgehalten worden wäre.

In Deinem fiktiven Beispiel müsste also erst einmal festgestellt werden können, ob das ungeborene Kind denn überlebt hätte, wenn es keine Klimademo gegeben hätte. Das könnte schwierig (um nicht zu sagen, unmöglich) werden.

Zudem muss man berücksichtigen, dass Staus und Behinderungen im Straßenverkehr zum allgemeinen Lebensrisiko gehören. Wen willst Du dafür verantwortlich machen, wenn sich die Anfahrt des RTW durch einen durch eine Baustelle oder einen Unfall verursachten Stau verzögert?

Wen willst Du verantwortlich machen, wenn ein Infarktpatient verstirbt, weil ein nahegelegener RTW gerade wegen einer geringfügigen Schnittverletzung oder einem verstauchten Knöchel im Einsatz ist, und es ein anderer RTW mit längerem Anfahrtsweg nicht mehr rechtzeitig zum Patienten schafft? Dieses Szenario ist leider Alltag.

Wer ist verantwortlich, wenn der RTW durch Nebel oder Glatteis aufgehalten wird und die Hilfsfrist nicht einhalten kann?

Was ist, wenn Verkehrsteilnehmer (mal wieder) mit der Bildung einer Rettungsgasse hoffnungslos überfordert sind?

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
DeusExMachina
Status:
Lehrling
(1562 Beiträge, 342x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Angeklagt von Staatsanwälten, die "sinnlos" im "Kleber-Stau" standen und "wichtiges" verpassten
Gesprochen von Richtern, die "sinnlos" im "Kleber-Stau" standen und "wichtiges" verpassten
Verteidigt von Rechtsanwälten, die "sinnlos" im "Kleber-Stau" standen, "wichtiges" verpassten und durch Zeitverlust 1-2 Raten für den Porsche verloren haben ...
Mit jeder Schraube, an der man dreht, relativiert sich gleichermaßen das angestrebte Ergebnis. Man schenke jedem Menschen 1.000,- EUR im Monat, nur um festzustellen, dass die Ausgaben des Einzelnen jeweils um mind. 1.000,- EUR monatlich steigen. Der seit Jahren respektierte Vorredner verdient m.E. ein besonderes Label im Forum, gleich neben !!Streetworker!!.

Zitat (von seidi256):
in dieser fiktiven hypothetischen Konstellation, gibt es komplikationen bei der Schwangeren und das Baby verstirbt infolge dessen.

wer würde dafür zur Verantwortung gezogen werden?
Die Frage ist gut, berechtigt und mit einem hohen Maß an Emotionen beladen (gerade in den Ohren derjenigen, die Eltern sind und/oder eine oder mehrere Fehl-/Totgeburten erleiden mussten). Zufälligerweise gehöre ich in diesem Fall zur Zielgruppe.

Um den geneigten Leser vorab zu befriedigen: Wahrscheinlich würde ich in der hier genannten Konstellation den direkten Weg vom Krankenhaus zum "Klimakleber" wählen, um eben diesen eigenhändig zu erschlagen, so dass auch sein übriger Körper mit der Straße eins werden würde. Geholfen wäre damit natürlich niemandem.

In Deutschland haben wir kein Täterstrafrecht mehr, sondern legen einen Schwerpunkt auf (subjektive) Tatbestandsmerkmale. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass es viele Jahrzehnte gedauert hat bis das erste Gericht im Falle eines "Autorasers", der einen Menschen tötete, bedingten Mordvorsatz unterstellte. Im Vergleich dazu sind Personen, die sich auf die Straße setzen, um ihren Mitmenschen den Alltag möglichst noch schwerer zu gestalten, eine Neuheit. Nach bisheriger Rechtsprechung (es gab da jüngst den Fall eines Verstorbenen, den das Einsatzfahrzeug nicht rechtzeitig erreichte) sehe ich nicht, dass den "Demonstranten" eine Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz unterstellt wird dahingehend, dass in dem durch sie verursachten Stau ein medizinischer Notfall nicht rechtzeitig an sein Ziel gelangt.

Die Frage war, wer verantwortlich sei. Die Lebenserfahrung sagt mir, dass einerseits niemand, andererseits aber stets zumindest einer verantwortlich ist. Wenn auch die Justiz sich bisweilen nicht durchringen kann (da Neuland), die Täter straf- oder zivilrechtlich verantwortbar zu machen, so sind es immerhin noch Bund, Länder oder Kommunen, die die verkehrstechnische Infrastruktur zu gewährleisten haben. Die Legislative sehe ich hier gar nicht einmal in der Pflicht, der 315b StGB sieht bereits eine FS bis zu 5 Jahren vor (z.B. für die Bereitung von Hindernissen, bspw. durch "Klimakleber"). Wenn also die Judikative noch nicht so weit ist, die Verursacher in die Verantwortung zu nehmen, so verbleibt immerhin noch derjenige, der für die Befahrbarkeit und Nutzung der betroffenen Straße Sorge zu tragen hat.

Der letzte Satz mag durchaus als subtiler Hinweis dazu dienen, Kommunen/Land/Bund einmal in die Pflicht zu nehmen, dafür Sorge zu tragen, dass die geschaffenen (und teuer bezahlten) Wege auch befahrbar sind - unabhängig von nicht genehmigten Demonstrationen.

-- Editiert von User am 10. Mai 2023 02:52

Signatur:

Wahrheit ist Verhandlungssache.

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#7
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(40688 Beiträge, 14397x hilfreich)

Zurück zur Ausgangsfrage:

Der Fragesteller sollte sich in die Thematik der (Putativ)Notwehr/Nothilfe einlesen. Das ist nun wirklich ausgepaukt, man findet Gerichtsentscheidungen ohne Ende. Irgend eine wird schon passen.

Zu seidis Fallkonstruktion:

Bei der Konstruktion können wir ja froh sein, dass das ganze nicht noch zusätzlich auf einem hohen Berg passiert, zu welchem es eigentlich keine Zufahrt gibt und dem Rettungssanitäter, der zu Fuß auf dem Weg war, nicht noch ein Dachziegel auf den Kopf fiel. Worauf ich hinaus will: diese Konstrukte, fern aller Realität helfen doch nicht weiter. Aber, wir haben doch genug Notsituationen, die ein Fall für die Infanterie sind. Dann traben zumindest bei uns die Sanitäter incl. Arzt und Ausstattung zu Fuß zum Notfall, auch mit Bahre oder aber dieser tragbaren Matte, wie sie auch benutzt wird, wenn man mit einer Bahre nicht in eine Wohnung kommt, weil z.B. das Treppenhaus zu eng ist. Oder ein Helikopter wird eingesetzt. Ist doch alles kein Problem, allenfalls ein Problemchen, welches man managen kann.

Im übrigen gibt es Situationen, die problematisch zu managen sind, in Straßenverkehr kann immer was passieren, ausnahmslos immer. Wenn man weiß, dass man evtl. zügig vorankommen muss, dann sollte man sich mehrere Alternativen überlegen, und sich vor Antritt der Fahrt schlau machen, wie man wohin am besten durch kommt. Und bitte seidi, komm mir jetzt nicht damit, dass zusätzlich noch ein kompletter Stromausfall war, so dass man die erforderlichen Infos nicht bekommen konnte.

wirdwerden

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
eh1960
Status:
Senior-Partner
(6826 Beiträge, 1576x hilfreich)

Zitat (von Dream-Teacher):
Greift hier gegebenenfalls die Nothilfe?

Nein, hier greift ggf. Notwehr, denn die Blockade ist ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff.

Bei Notwehr gibt es aber im Unterschied zu Notstand keine Güterabwägung.

Notwehr ist diejenige Verteidigung, die erforderlich und geboten ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Signatur:

Eine "UG" gibt es nicht. Es gibt nur die "UG haftungsbeschränkt".

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
Demonio
Status:
Master
(4036 Beiträge, 1127x hilfreich)

Zitat (von wirdwerden):
Dann traben zumindest bei uns die Sanitäter incl. Arzt und Ausstattung zu Fuß zum Notfall
Das kommt drauf an, wie weit es noch zum Einsatzort ist. Wenn der RTW 3 Kilometer vom Einsatzort wentfernt nicht mehr weiterkommt (egal, ob Klimaaktivist, geschlossene Bahnschranke, umgestürzter Baum, Fahrzeugpanne oder sonstige Widrigkeiten), dann werden sich die Sanitäter wohl kaum zu Fuß auf den Weg machen.

Zitat (von wirdwerden):
Bahre
Wenn die Bahre zum Einsatz kommt, dann ist eh schon alles zu spät, weil die Bahre vom Bestatter eingesetzt wird. Das Dingens beim Rettungsdienst nennt sich Trage, obwohl es bei einem Eigengewicht von ca. 70 kg kaum zu Tragen ist.
Zitat (von wirdwerden):
oder aber dieser tragbaren Matte
Nennt sich Tragetuch und wird tatsächlich getragen. Und dann gibt es noch den Tragestuhl, die Schaufeltrage und das Spineboard (ggf. in Verbindung mit der Vakuummatzratze). Das zu Fuß über eine längere Distanz heranbringen wird mühsam und zeitaufwändig. Wobei diese Dinge (die dem Transport des Patienten dienen) je nach Bedarf später geholt würden. Zunächst wird nur die Notfallausrüstung (EKG mit Defibrillator, Absauge, Notfall- und Atemwegsgedöns mitgenommen. Auf eine Distanz von 200- 500 Metern vielleicht noch einigermaßen zu bewältigen. Aber es geht ja um eine Blockade irgendwo auf dem Anfahrtsweg. Wenn es da kein Durchkommen gibt, dann muss das Hindernis entweder umfahren (nicht umgefahren) werden, oder es muss ein anderes Rettungsmittel (RTW (und ggf. NEF), der einen anderen Anfahrtsweg hat, oder RTH (Hubschrauber) nachalarmiert werden.

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#10
 Von 
Dirrly
Status:
Student
(2091 Beiträge, 552x hilfreich)

Zitat (von Dream-Teacher):
Die klimakleber blockieren eine Straße, zwei Personen sitzen vor einem Auto in dem eine Person aufgrund eines medizinischen Notfalls dringend zu einer Klinik muss!


Ich bin für eine ganz pragmatische Lösung:

Es gibt nur 2 Varianten:
Ich steh ganz vorne, dann werde ich nicht genötigt (entsprechend der Rechtsprechung des BGH) oder ich stehe erst in der 2. Reihe, dann werde ich genötigt, aber dann ist zwischen mir und dem Demonstrant noch ein Auto als Hindernis und ich kann den Demonstranten nicht einfach umfahren.

-- Editiert von User am 10. Mai 2023 13:02

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