Quiz-Befangenheit

21. März 2006 Thema abonnieren
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1498x hilfreich)
Quiz-Befangenheit

In der Hauptverhandlung erklärt ein Schöffe nach der Vernehmung eines Zeugen, dass er keinen Zweifel an der Schuld des Angeklagten habe ('Na wenn das nicht reicht!'). Der Verteidiger staunt. Nun wird ein weiterer Zeuge gehört. Danach stellt der Verteidiger gegen den Schöffen einen Befangenheitsantrag, den er während der Vernehmung dieses zweiten Zeugen geschrieben hat. Er wollte nicht extra um eine Unterbrechung der Verhandlung bitten, nett wie er ist.
Und nun?

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35 Antworten
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#1
 Von 
Dumbele
Status:
Schüler
(427 Beiträge, 118x hilfreich)

Vorsichtig rantasten. Ich setze ein Schöffe einem Richter gleich.
Ich meine er muss den Antrag auf Befangeheit bei der Geschäftsstelle mit Begründung zu Protokoll geben. Also Unterbrechung beantragen.

-- Editiert von Dumbele am 21.03.2006 17:50:41

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#2
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1498x hilfreich)

Sagen wir mal, es ist richtig, dass er den Antrag beim Gericht anbringt. Da das Protokoll in der Hauptverhandlung erstellt wird gehen wir mal davon aus, dass er den Antrag da auch stellen kann.

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#3
 Von 
Dumbele
Status:
Schüler
(427 Beiträge, 118x hilfreich)

Noch ein Versuch:
Unparteilichkeit ist die oberste Pflicht der Schöffen wie der Berufsrichter. Selbst private Gespräche mit Verteidiger, STA oder Presse hat zu unterbleiben. Er muss neutral sein.

Da er diese Äußerungen von sich gab ist er befangen. Also stellt der Anwalt den Antrag SOFORT, ansonsten könnte dies ein Revisionsgrund sein wenn dem Antrag nicht stattgegeben wird.

MfG

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#4
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1498x hilfreich)

quote:
Unparteilichkeit ist die oberste Pflicht der Schöffen wie der Berufsrichter.


Richtig.

quote:
Selbst private Gespräche mit Verteidiger, STA oder Presse hat zu unterbleiben


Ob man mit der Presse privat reden kann weiß ich nicht. Justiz untereinander geht schon, aber der Staatsanwalt sollte nicht unbedingt, wenn man sich vorher in der Hauptverhandlung mit dem Verteidiger gezankt hat, mit dem Richter in der Pause Kaffeetrinken gehen.

quote:
Da er diese Äußerungen von sich gab ist er befangen


Einverstanden.

quote:
Also stellt der Anwalt den Antrag SOFORT, ansonsten könnte dies ein Revisionsgrund sein wenn dem Antrag nicht stattgegeben wird.


Wie meinen Sie das? Wann soll es ein Revisionsgrund sein? Stellt er ihn überhaupt sofort?

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#5
 Von 
Dumbele
Status:
Schüler
(427 Beiträge, 118x hilfreich)

Ich denke, dass wenn das Urteil gesprochen wird, ohne das dem gestellten Antrag stattgegeben wurde, dürfte das nach meiner laienhaften Meinung ein Revisionsgrund sein.
Wenn der anwalt während der HV den Antrag stellt, muss der Vorsitzende diesen annehmen (oder nicht? bin nicht ganz sicher)

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#6
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1498x hilfreich)

Annehmen muss er ihn. Der Verteidiger stellt den Antrag ja auch. Aber er schreibt ihn nicht gleich sondern während der nächsten Vernehmung. Nett? Oder?

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#7
 Von 
thosim
Status:
Student
(2139 Beiträge, 386x hilfreich)

Bitte unverzüglich(!) als Verteidiger reagieren. Ein anderer Maßstab kann ggf. angelegt werden, wenn der Angeklagte die Äußerung des Schöffen mitbekommt. Ggf. reicht es noch(!) aus, wenn der Antrag nach Beendigung der Beweisaufnahme angebracht wird.

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#8
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1498x hilfreich)

Ja, unverzüglich. War es das denn?

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#9
 Von 
thosim
Status:
Student
(2139 Beiträge, 386x hilfreich)

Zweckmäßigerweise wird ein kluger Anwalt sofort eine Unterbrechung der Verhandlung zum Zwecke der Erörterung mit dem Mandanten beantragen. Dann das Ablehnungsgesuch fornmulieren, die Äußerung glaubhaft machen mittel dienstlicher Erklärung des abgelehnten Schöffen,, ggf des Vorsitzenden. Gleichwohl sollte mit einem Ablehnungsgesuch gegen Schöffen sensibel umgegangen werden, da diese ein Ablehnungsgesuch vielleicht eher als ein Berufsrichter als persönlichen Angriff betrachten (beachte § 263 StPO ).

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#10
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1498x hilfreich)

Er muss, wenn er einen zulässigen Befangenheitsantrag anbringen will, möglichst sofort um eine Unterbrechung zwecks Vorbereitung eines unaufschiebbaren Antrages bitten. Wenn er sich so zeitsparend verhält wie in dem Musterfall ist der Antrag verspätet und damit unzulässig, weil die Beweisaufnahme schon fortgesetzt wurde.

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#11
 Von 
thosim
Status:
Student
(2139 Beiträge, 386x hilfreich)

Ein sorgfältiger RA wird sicher sofort(!) - § 121 BGB - unterbrechen. Gleichwohl halte ich es nicht für schädlich, wenn die Vernehmung des Zeugen zu einem bestimmten Thema noch zuende geführt wird.

Vorsorlich ist aber letztlich die erste Variante, d.h. ohne Zögern, vorzugswürdig.

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#12
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1498x hilfreich)

Aber allenfalls des Zeugen, in dessen Vernehmung die betreffende Äußerung fiel. Wenn es der nächste ist, siehe Fall, ist es verspätet.
Ich hatte mal einen Fall, wo am 8. Verhandlungstag vor einer Großen Kammer einer der Berufsrichter sich einen 'Klopper' leistete. Während die Verteidiger noch staunten und überlegten wurde eine Landkarte oder sowas in Augenschein genommen. Danach verbrachten die Verteidiger geraume Zeit damit, den unzulässigen Befangenheitsantrag abzufassen ;)
Sowas macht Spaß :) :) :)

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#13
 Von 
thosim
Status:
Student
(2139 Beiträge, 386x hilfreich)

quote:
Aber allenfalls des Zeugen, in dessen Vernehmung die betreffende Äußerung fiel.


Meine Rede ... :) :) :) :) :) :)

Grüße nach B

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#14
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1498x hilfreich)

Ich weiß ja, dass Du das weißt. :) :) :) :) :) :) :)
Übrigens haben die Angekl. in dem Fall, den ich gerade meinte, langjährige Freiheitsstrafen abgegriffen. Und das Ding WÄRE geplatzt. Am letzten Tag. Kurz vor den Plädoyers.

Und natürlich Grüße zurück.
Müsste ich jetzt wissen wohin? *etwas grübelnd*

-- Editiert von wastl am 21.03.2006 20:23:30

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#15
 Von 
Fliegenpilz
Status:
Beginner
(71 Beiträge, 5x hilfreich)

Hm, interessant.

Ich habe eine andere Frage bez. Befangenheit: Wie ist es zu bewerten, wenn der Vorsitzende Richter einer Person, die sich am Ende der Hauptverhandlung, nach Abschluss der Beweisaufnahme, als neuer Zeuge beim Gericht meldet, folgendes mitteilt: "Ich habe mich entschlossen Sie nicht als weiteren Zeugen zu laden, die Verhandlung hat schon viel länger gedauert als vorgesehen, es sind andere Verhandlungen für die nächste Zeit terminiert, wir müssen sehen dass wir endlich fertig werden." ???

-- Editiert von Fliegenpilz am 21.03.2006 20:25:03

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#16
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1498x hilfreich)

@ Fliegenpilz
Das kommt darauf an ob der Zeuge mitteilt, was er in etwa sagen kann oder ob er nur sagt, dass er auch Zeuge sein kann. Ich finde es aber bedenklich, so vorzugehen. Selbst wenn es zulässig sein mag sollte man doch an einer Aufklärung interessiert sein. Es kommt aber immer auf den Fall an. Nehmen wir mal folgenden Fall: Dem Angekl. wird vorgeworfen, er soll ein Auto aufgebrochen haben. Er wurde von Zeugen eindeutig identifiziert und auch noch von einer Videokamera aufgezeichnet. Dazu hat er noch ein paar Fingerabdrücke hinterlassen. Er aber behauptet, er sei auf einer Party gewesen. Der Zeuge, der sich nun meldet, ist ein weiterer seiner Kumpels, der ebenso wie die anderen Kumpels im Wege der Falschaussage bezeugen wird, dass er auf der Party war. Dann ist die Reaktion verständlich.

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#17
 Von 
thosim
Status:
Student
(2139 Beiträge, 386x hilfreich)

§ 244 Abs. 3 bis 5 StPO nennt Ablehnungsgründe für Beweisanträge. Ggf. wird hier dem Verteidiger durch das Gericht eine Aufklärungsrüge (bedeutsam für eine Revision) in die Hand gespielt.

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#18
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1498x hilfreich)

Ich habe das so verstanden, dass hier gar kein Antrag gestellt wurde, sondern sich einfach am Ende der Haupterhandlung jemand meldet und gerne Zeuge sein möchte.
Wenn auf die Art ein richtiger Beweisantrag abgelehnt werden würde wäre das für den Verteidiger allerdings an der Zeit, den Champagner kalt zu stellen.

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#19
 Von 
Fliegenpilz
Status:
Beginner
(71 Beiträge, 5x hilfreich)

@ wastl

Nein die Beweislage war Aussage gegen Aussage. Welche Bedeutung den Angaben des weiteren Zeugen beigemessen werden könnte konnte nicht ohne Weiteres im Voraus, eben ohne Vernehmung, völlig klar sein.

Zu den anderen Beiträgen, es war natürlich kein Beweisantrag. Die Äußerung fiel völlig inoffiziell und es gibt auch keine weiteren Zeugen dafür.

-- Editiert von Fliegenpilz am 21.03.2006 20:45:06

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#20
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1498x hilfreich)

Trotzdem kann man es nicht so ohne Weiteres beurteilen, ohne den Fall zu kennen. Auch bei 'Aussage gegen Aussage' kann es klar sein.

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#21
 Von 
Fliegenpilz
Status:
Beginner
(71 Beiträge, 5x hilfreich)

quote:
Auch bei 'Aussage gegen Aussage' kann es klar sein.


Völlig klar? Das kann ich mir kaum vorstellen. Gibt es dafür ein Beispiel?

Also in diesem Fall war den Richtern scheinbar alles klar, sonst hätten sie ja nicht verurteilt. Nahezu jeder andere schüttelt nur fassungslos den Kopf.

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#22
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1498x hilfreich)

Ja.
Vorwurf Körperverletzung. Angekl. bestreitet. Zeuge hat ein blaues Auge.

0x Hilfreiche Antwort

#23
 Von 
Fliegenpilz
Status:
Beginner
(71 Beiträge, 5x hilfreich)

Hm, ist nicht ein blaues Auge schon wieder ein Beweismittel außerhalb der sich widersprechenden Aussagen? Und warum ist mit einem blauen Auge alles klar, damit ist doch längst nicht klar wer für das Veilchen verantwortlich ist... :)

-- Editiert von Fliegenpilz am 21.03.2006 21:13:24

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#24
 Von 
DanielB
Status:
Bachelor
(3291 Beiträge, 412x hilfreich)

@wastl:
Was genau hat denn der Angeklagte dazu bestritten? Bestreiten kann ja sehr unterschiedlich aussehen und geht von ich kenne den nicht, war noch nie am Tatort und bin auch nicht gewalttätig bis, ich war am Tatort, aber dort hat niemand auch nicht ich den Herrn geschlagen...

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#25
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1498x hilfreich)

@ Daniel.B
Das war nur ein Beispielfall.

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#26
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1498x hilfreich)

Es gibt den Spruch iudex non calculat. Das Gericht zählt nicht. Es geht nicht danach, wieviele Zeugen das eine und wieviele das andere sagen. Selbst wenn fünf Zeugen X sagen und nur einer Y kann es doch sein, dass gerade diesem Zeugen geglaubt wird. Es kommt ja immer auf die Umstände des Einzelfalls an. Hat jemand ein Interesse am Ausgang des Verfahrens? Der Angekl. hat es immer. Der Zeuge auch? Hat der Zeuge Belastungstendenzen? Ist die Aussage stimmig? Und so weiter.
Erst wenn am Ende immer noch nicht entschieden werden kann, dass der einen Version aus diesen oder jenen Gründen zu folgen ist ist Raum für in dubio pro reo.

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#27
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1434x hilfreich)

Hallo Thomas,

ich bräuchte deine juristische Meinung zu einer BGB-Angelegenheit. Könntest du dich kurz mit mir in Verbindung setzen?


J.

-- Editiert von cand. jur. Hr. J. Roenner am 08.04.2006 16:40:19

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#28
 Von 
thosim
Status:
Student
(2139 Beiträge, 386x hilfreich)

Hallo,

bin ich gemeint? Wenn ja, laß Dir doch von wastl meine e-mail-Adresse geben. Oder kann man hier im Forum auch PN (private Nachrichten) übermitteln? Ich weiß es nicht!

Grüße

thosim

0x Hilfreiche Antwort

#29
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1498x hilfreich)

@ thosim/Justin
Wird erledigt ;)

0x Hilfreiche Antwort

#30
 Von 
wastl
Status:
Richter
(8350 Beiträge, 1498x hilfreich)

P.S.
Private Nachrichten kann man hier nicht übermitteln. Wenn man Kontakt zu einem anderen Forumsmitglied aufnehmen will muss man an Admin eine Mail schreiben. Die leitet Admin dann weiter.
Oder man legt sich, so wie ich, eine Allerwelts-Addy zu, die auch gepostet werden kann ;)

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