Verfahren wegen Nötigung wurde eingestellt, wie kann ich mich als Opfer wehren?

26. April 2018 Thema abonnieren
 Von 
guest-12331.01.2022 14:32:53
Status:
Frischling
(28 Beiträge, 6x hilfreich)
Verfahren wegen Nötigung wurde eingestellt, wie kann ich mich als Opfer wehren?

Hallo zusammen,

vor ein paar Wochen war ich nachts mit einer weiteren Person im Auto unterwegs, als uns ein anderes Auto überholt und ausgebremst hat. Die beiden Insassen stürmten auf unser Auto zu und regten sich darüber auf, dass wir angeblich langsam fuhren.

Wir konnten schließlich flüchten und fuhren zur Polizei zwecks Anzeigenerstattung. Wir haben ausdrücklich beide einen Strafantrag wegen Nötigung gestellt. Mein Beifahrer hatte den Vorfall auf Video festgehalten, was auch der Polizei als Beweismittel übergeben wurde.

Nun habe ich als Fahrer einen Brief von der Staatsanwaltschaft bekommen in der steht, dass "die öffentliche Klage gegen den Beschuldigten X wegen mangels öffentlichen Interesses nicht erhoben wird". Es wird auf den Privatklageweg verwiesen, vorher muss jedoch ein Sühneversuch unternommen werden.

Darf das denn wahr sein? Das ist nicht meine erste Anzeige, die ich erstattet habe. Meine Erfahrung ist, dass bislang jede Anzeige ohne Anwalt immer eingestellt wurde. Vor 2 Jahren habe ich jemanden ebenfalls wegen Nötigung angezeigt (damals allerdings mit Anwalt), und die Person wurde sogar vom Gericht zu einer empfindlichen Geldstrafe verurteilt.

Wie kann ich mich hier konkret wehren? Warum hat mein Beifahrer kein Schreiben bekommen? Er hat doch auch Anzeigen gestellt? Zudem ich mit der Auffassung, dass bei einer Nötigung kein zwingender Sühneversuch unternommen werden muss.



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12 Antworten
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#1
 Von 
muemmel
Status:
Unbeschreiblich
(32868 Beiträge, 17264x hilfreich)

Wie kann ich mich hier konkret wehren? Kaum. Sie können sich zwar beschweren, aber kein Klageerzwingungsverfahren einleiten, weil das bei privatklagefähigen Delikten nicht geht: https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__172.html

Signatur:

Bei nur einer Ratte im Zimmer handelt es sich nicht um einen Reisemangel ( Amtsgericht Köln).

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#2
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9521x hilfreich)

Und auch die (Einstellungs-)Beschwerde nach § 172, Abs. 1 StPO ist nicht möglich, da es sich dabei um eine sog. Vorschaltbeschwerde (zum Klageerzwingungsverfahren) handelt. Und da dieses nicht statthaft ist, ist auch schon die Beschwerde nicht statthaft. Das geht aus der Norm zwar nicht eindeutig hervor, aber ist in der Kommentarlit. eindeutig dargelegt, siehe z.B.

Zitat:

http://examensrelevant.de/pruefungswissen-das-klageerzwingungsverfahren-%C2%A7%C2%A7-172-177-stpo/

Das Klageerzwingungsverfahren (§§ 172 – 177 StPO)

Hierbei handelt es sich nicht um eine Popularklage, nur dem „Verletzten" wird ein Weg gewiesen, die Einhaltung des Legalitätsprinzips (§ 152 StPO ) überprüfen zu lassen:

I. Die Einstellungsbeschwerde („Vorschaltbeschwerde" auf dem Weg zum OLG), § 172 I StPO
1. Zulässigkeit der Beschwerde
a) An sich statthaft
Grundsätzlich muss ein Einstellungsbescheid vorliegen.
Die Statthaftigkeit der Beschwerde fehlt in den Fällen des § 172 II 3 StPO



Zitat:
§ 172 II 3 StPO

3 Der Antrag ist nicht zulässig, wenn das Verfahren ausschließlich eine Straftat zum Gegenstand hat, die vom Verletzten im Wege der Privatklage verfolgt werden kann, oder wenn die Staatsanwaltschaft nach § 153 Abs. 1, § 153a Abs. 1 Satz 1, 7 oder § 153b Abs. 1 von der Verfolgung der Tat abgesehen hat; dasselbe gilt in den Fällen der §§ 153c bis 154 Abs. 1 sowie der §§ 154b und 154c.



Bliebe also nur eine Dienstaufsichtsbeschwerde, oder halt das Privatklageverfahren. Sühneversuch ist nach § 380 StPO bei Nötigung eig. nicht zwingend. Mglw. sagt die Schiedsordnung des betreffenden Bundeslandes aber was anderes dazu aus.

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#3
 Von 
guest-12331.01.2022 14:32:53
Status:
Frischling
(28 Beiträge, 6x hilfreich)

Danke für eure Antworten.

Ich bin entsetzt darüber, wie willkürlich die Staatsanwaltschaft entscheidet. Das hat doch mit Rechtsstaatlichkeit oder Demokratie nichts zu tun. Man liest immer wieder, dass Menschen wegen kleinster Vergehen (Beleidigung, "leichte" Nötigung) verurteilt werden und hier wird ein vergleichsweise schwerwiegendes Vergehen einfach nicht geahndet, obwohl es auf Video festhalten ist und auch nachfolgende Verkehrsteilnehmer erheblich genötigt wurden.

(Editiert)

-- Editiert von Maya4050 am 26.04.2018 18:14

-- Editiert von Moderator am 26.04.2018 18:17

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#4
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120048 Beiträge, 39822x hilfreich)

Zitat (von Maya4050):
hier wird ein vergleichsweise schwerwiegendes Vergehen einfach nicht geahndet,

Dafür kann doch die Statsanwaltschaft und der Rechtsstaat nichts, wenn Du das nicht ahnden willst?


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#5
 Von 
guest-12331.01.2022 14:32:53
Status:
Frischling
(28 Beiträge, 6x hilfreich)

Meinst du die Privatklage? Das ist keine Option. Warum soll ich als Opfer einer Straftat das Kostenrisiko tragen und sogar einen Vorschuss zahlen? Zudem ist die Privatklage eine Farce, da ich dann selbst nicht als Zeuge aussagen kann.



-- Editiert von Maya4050 am 26.04.2018 22:42

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#6
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120048 Beiträge, 39822x hilfreich)

Zitat (von Maya4050):
Meinst du die Privatklage? Das ist keine Option.

Doch ist es.



Zitat (von Maya4050):
Warum soll ich als Opfer einer Straftat das Kostenrisiko tragen und sogar einen Vorschuss zahlen?

Weil die vorherigen Aussagen und Rufe nach Rechtsstaat und Gereichtigkeit nicht nur eine Farce waren?

Und warum sollen wir - die Steuerzahler - so einen Prozess finanzieren wenn nicht mal beim Opfer ein ernsthaftes Interesse vorliegt?


Bei Staatsanwaltschaften und Gerichten sind nur begrenzte Resourcen vorhanden, die werden bestmöglich eingesetzt, aber man muss halt Prioitäten setzen. Das passiert nicht willkürlich, sondern unter anderem nach Schwere der Straftaten.



Zitat (von Maya4050):
Meine Erfahrung ist, dass bislang jede Anzeige ohne Anwalt immer eingestellt wurde.

Erfahrene Anwälte verfassen die Anzeige so, das der Staatsanwalt quasi per copy-paste daraus eine Anklage / Strafbefehl verfassen kann.
Wenn die überlastete Staatsanwaltschaft dann wählen muss ob sie nun die "perfekte" Anzeige verfolgt oder die welche ein Laie gemacht hat ...



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#8
 Von 
guest-12331.01.2022 14:32:53
Status:
Frischling
(28 Beiträge, 6x hilfreich)

Ich dachte, es ist durchaus ein öffentliches Interesse gegeben, wenn sich ein Autofahrer im Straßenverkehr so verhält. Würdet ihr euch wohl fühlen, wenn 2 kräftige Männer mitten in der Nacht euer Auto mit Gewalt anhalten und auf euch zugelaufen kommen?

Ich kann verstehen, dass die Staatsanwaltschaft Prioritäten setzten muss, aber ich sehe eben keine rote Linie dabei. Denn ich empfand diese Nötigung als viel schwerwiegender im Vergleich zu der Nötigung, die vor 2 Jahren sogar zur Verurteilung führte (und dabei stand es damals sogar Aussage gegen Aussage, hier gibt es eindeutige Beweise).

In gewisser Weise sehe ich in der Einstellung auch eine Aufforderung der Staatsanwaltschaft zur Selbstjustiz. Es war ja nicht so, als hätte ich kein Pfefferspray dabei gehabt. Auch meine Tür wäre eine super Waffe gewesen. Aber ich hatte da ja noch Vertrauen in die Justiz. Nächstes mal übernehme ich vielleicht selbst die Rechtssprechung. Ein mögliches Verfahren gegen mich wird ja dann wahrscheinlich auch eingestellt...



-- Editiert von Maya4050 am 26.04.2018 23:43

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#9
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120048 Beiträge, 39822x hilfreich)

Zitat (von Maya4050):
Nächstes mal übernehme ich vielleicht selbst die Rechtssprechung.

Gute Idee. Selbstjustiz wird als Bedrohung des Rechtssystems empfunden und entsprechend hoch priorisiert.

Eventuell doch nur auf Selbstverteidigung / Notwehr beschränken.



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#10
 Von 
guest-12331.01.2022 14:32:53
Status:
Frischling
(28 Beiträge, 6x hilfreich)

Hallo,

ich habe noch eine Frage:

Und zwar hat mein Beifahrer vor über 2 Wochen einen Brief an die Staatsanwaltschaft geschrieben und darum gebeten, dass auch er eine förmliche Mitteilung über die Nichterhebung der öffentlichen Klage erhält (schließlich hat auch er Strafantrag wegen Nötigung gestellt und er bräuchte diesen Brief, um dann ggf. eine Privatklage einzureichen).

Außerdem hatte ich vergessen zu erwähnen, dass mein Beifahrer den anderen Beifahrer wegen Bedrohung angezeigt hatte, da dieser mit erhobener Faust an seinem Fenster stand. In diesem Zusammenhang hat mein Beifahrer die Staatsanwaltschaft zusätzlich gebeten, über diesen Strafantrag eine Entscheidung zu treffen (entweder Einleitung eines Ermittlungsverfahrens oder eben eine Einstellung bzw. Nichterhebung der Klage).

Mittlerweile wissen wir, dass die reine Erhebung des Faustes noch keine Bedrohung ist. Aber dennoch muss doch die Staatsanwaltschaft über den Strafantrag entscheiden und diesen bearbeiten!?

Was können wir tun, wenn die Staatsanwaltschaft den Strafantrag wegen Bedrohung einfach ignoriert (ist ja bislang so geschehen) und mein Beifahrer außerdem keine Mitteilung über die Nichterhebung der Klage wegen Nötigung bekommt?

Ist eine Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Generalstaatsanwalt und / oder Justizbehörde sinnvoll?

-- Editiert von Maya4050 am 09.05.2018 13:16

0x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9521x hilfreich)

Zitat:
Und zwar hat mein Beifahrer vor über 2 Wochen einen Brief an die Staatsanwaltschaft geschrieben und darum gebeten, dass auch er eine förmliche Mitteilung über die Nichterhebung der öffentlichen Klage erhält (schließlich hat auch er Strafantrag wegen Nötigung gestellt und er bräuchte diesen Brief, um dann ggf. eine Privatklage einzureichen).


Nötigung ist zwar ein Privatklagedelikt, aber kein Antragsdelikt (sondern Offizialdelikt), d.h. ein Strafantrag ist vollkommen überflüssig und entfaltet auch keine rechtliche Wirkung. Bei einem Offizialdelikt ist es egal von wie vielen Leuten es angezeigt wird. Wenn ich bei einem Spaziergang in der Feldmark beobachte, wie (m)eine Scheune in Flammen aufgeht und ich eine Person mit Benzinkanister in der Hand weglaufen sehe, in der ich glaube [i]ZaLOStA - leitender Oberstaatsanwalt) wenden. Nur wird einem auch dort sicherlich die Frage gestellt werden: Was will man damit?



-- Editiert von !!Streetworker!! am 10.05.2018 14:57

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#12
 Von 
guest-12331.01.2022 14:32:53
Status:
Frischling
(28 Beiträge, 6x hilfreich)

Ok, danke für die Einschätzung.

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