Vergewaltigt, aber keine Anklage ???

10. Dezember 2018 Thema abonnieren
 Von 
Carly123
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 0x hilfreich)
Vergewaltigt, aber keine Anklage ???

Hallo, bitte um Hilfe.
Ich wurde mit 16 vergewaltigt und sexuell missbraucht, von meinem damaligen Chef (damals 40). Mit 19 habe ich es bereits bei der Polizei angezeigt, aber es kam nie zu einer Anklage. Bis heute holt es mich ein und ich kann nicht akzeptieren, dass der Mann weiterhin frei rumläuft und in kontakt mit minderjährigen Mädchen stehen darf in seinem Laden.

Genau genommen fing der Kontakt zu ihm an als ich 15 war (2011), da ging es aber noch nicht in die eindeutige sexuelle Richtung, wobei er mir Komplimente in seinem Klamottenladen machte die ich nicht so deutete. Als ich 16 wurde fing ich an in seinem Laden am Wochenende zu jobben, und der Kontakt generell wurde intensiver, er lud mich ein Alkohol mit ihm zu trinken. Nach der Arbeit (und später auch während der Arbeit) näherte er sich sexuell an bzw. das erste mal dass wir Sex hatten war sehr sadistisch und verletzte mich körperlich und ich weinte und sagte "Nein" und er solle aufhören. Das tat er aber nicht, er sagte mir würde/hätte es doch auch gefallen. Zu der Zeit war ich bei ihm "angestellt" (mündlicher Vertrag). Er sagte ich darf und soll niemandem etwas sagen und hielt unseren sexuellen Kontakt streng geheim. Dazu muss man wissen dass er in diesen Monaten der einzige Mensch war, der "für mich da" war, und er redete mir auch ein ich habe sonst niemanden. Er wusste, dass ich durch einen Todesfall in der Familie zu dieser Zeit belastet und traumatisiert war und außerdem wusste, dass ich bereits früher sexuell missbraucht wurde. Und dass ich sonst keinen in der Familie hatte der für mich da ist. Er machte mich sehr abhängig von ihm und versprach er würde für mich da sein und lieb zu mir sein und ich hätte sonst niemanden. Es kam aber noch eine Vergewaltigung vor und außerdem hatte er mich einmal beim Sex gefilmt als ich 16 war und ich erfuhr es erst nachher, traute mich aber nichts dagegen zu sagen dass er im Besitz von pornografischen Material von mir ist, da ich bereits so abhängig von ihm war. Außerdem war ich zu dieser Zeit bereits psychisch Krank und in Beratung/Therapie, was er auch wusste. Es kam so weit, dass ich überhaupt kein Selbstbewusstsein mehr hatte und dachte ich wäre ein nichts ohne ihn. Ich machte meinen Wert komplett abhängig davon wie er mich fand. Heute frage ich mich wie sowas sein kann, früher konnte ich es nicht so hinterfragen. Ich habe es schließlich erst mit 18 geschafft mich komplett und entgültig von ihm los zu lösen und habe dann erst angefangen alles zu verstehen, was passiert ist.

Heißt es nicht Nein bedeutet Nein? Ich fühle mich ausgenutzt von ihm, er hat meine Schwäche und meine psychische Erkrankung ausgenutzt. Wieso wird er nicht bestraft. Ist das kein Schutzverhältnis oder ein Dienst/Arbeitsverhältnis in dem wir uns befanden? Und das alles kein eindeutiges Abhängigkeitsverhältnis oder sogar eine Zwangslage? Damals war er vergeben, hat ein normales Leben mit einer Gleichaltrigen vorgetäuscht aber bei mir erzählt wie sehr sie ihn anwidert, hat heimlich Phantasien mit Minderjährigen ausgelebt und Sachen konsumiert und geäußert, die eindeutig in Richtung Kinderpornografie gingen. Ich möchte Gerechtigkeit für das was er mir angetan hat und möchte dass er nicht noch mal sowas mit einem jungen Mädchen machen kann ohne dass es jemand merkt. So sehr wie er junge Menschen einschüchtern kann, würde bestimmt ein anderes Mädchen nicht einmal darüber reden. Kann man ihn nicht für irgend etwas davon belangen???

Danke, wenn Jemand eine Antwort hat.

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3 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Zuckerberg
Status:
Lehrling
(1909 Beiträge, 1138x hilfreich)

Zitat:
Dazu muss man wissen dass er in diesen Monaten der einzige Mensch war, der "für mich da" war, und er redete mir auch ein ich habe sonst niemanden. Er wusste, dass ich durch einen Todesfall in der Familie zu dieser Zeit belastet und traumatisiert war und außerdem wusste, dass ich bereits früher sexuell missbraucht wurde. Und dass ich sonst keinen in der Familie hatte der für mich da ist. Er machte mich sehr abhängig von ihm und versprach er würde für mich da sein und lieb zu mir sein und ich hätte sonst niemanden.
Das entspricht einem bekannten (und in gewisser Weise wohl auch "bewährtem") Muster. In der Situazion, in der Sie sich befanden, wären viele, vielleicht sogar alle jungen Frauen/Mädchen "anfällig" gewesen. Das hat er offensichtlich gewusst und planvoll ausgenutzt. Dass das bei Ihnen "funktioniert hat, liegt nicht wirklich an Ihnen. Vielmehr hat es sich bestimmte Besonderheiten der menschlichen (insbesondere der weiblichen und jugendlichen) Psyche zu Nutze gemacht. Auf diese Weise "funktioniert" fast jeder Menschn. Wie gesagt, das ist ein bekanntes Muster.

Zitat:
Damals war er vergeben, hat ein normales Leben mit einer Gleichaltrigen vorgetäuscht aber bei mir erzählt wie sehr sie ihn anwidert
Auch das ist keine Seltenheit. Insbesondere gibt es Fälle, in denen solche "Spielchen" von einem Familienvater in einer scheinbar intakten Familie gespielt werden, der in mehrfacher Hinsicht ruiniert wäre, wenn das jemals rauskommen würde. Die betroffenen jungen Frauen wissen das, sind zu diesem Zeitpunkt aber bereits "zu manipuliert".

Zitat:
So sehr wie er junge Menschen einschüchtern kann, würde bestimmt ein anderes Mädchen nicht einmal darüber reden.
Da haben Sie leider vollkommen recht. Insbesondere tragen viele Betroffene noch vieleJahre lang Schuldgefühle (und verschiedene belastungssymptome) mit sich herum. Sie sehen leiber weiterhin den "guten Menschen" in ihrem früheren "Verehrer", obwohl dieser für jeden Außenstehenden ganz offensichtlich verwerflicher nicht hätte handeln können.

Zitat:
Heißt es nicht Nein bedeutet Nein?
Den Satz haben Sie vermutlich in den letzten zwei bis drei Jahren in den Medien gehört oder gelesen. In strafrechtlicher Hinsicht bedeutet dieser Satz eine mittlere Katastrophe. Es handelt es sich eher um sowas wie einen "Slogan" für eine Gesetzesreform, die sich auf so eine simple Formel dann auch wieder nicht reduzieren lässt und die zudem ihre Praxistauglichkeit noch unter Beweis zu stellen hat.

Vor allem aber liegt diese Gesetzesreform jetzt noch nicht so lange zurück. Die von Ihnen beschriebenen Taten ereigneten sich meiner Rechnung nach alle deutlich davor. Damit gilt für diese Taten noch das "alte" Sexualstrafrecht. Das "neue" (und tendenziell wohl "schärfere") Recht kann auf diese Altfälle nicht angewendet werden.

Zitat:
Ist das kein Schutzverhältnis oder ein Dienst/Arbeitsverhältnis in dem wir uns befanden?
Doch. Das würde ich meinen.

Im Gesetz heißt es dazu:

Wer sexuelle Handlungen ... an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut oder im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Mißbrauch einer mit dem Erziehungs-, Ausbildungs-, Betreuungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit ... vornimmt ..., wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Es reicht also nicht, dass ein Arbeitsverhältnis bestand. Dass die dadurch begründete Abhängigkeit ausgenutzt wurde, ist nicht so einfach zu bejahen. Ähnliches gilt für das Vorliegen einer Zwangslage. Daran sind jeweils eher hohe Anforderungen gestellt.

Sie waren in einer Situation, in der Sie (wie jede andre junge Frau auch) leicht manipulierbar waren. Das reicht möglicherweise aber nicht.

Was Sie da beschreiben, klingt teilweise her nach einer psychischen Abhängigkeit von diesem Mann, zu der das Arbeitsverhältnis irgendwann hinzu kam. Er müsste aber gerade die durch das Arbeitsverhältnis begründete Abhängigkeit genutzt haben. Und das müsste sich so auch erstmal rekonstruieren lassen.

Natürlich kommen hier viele weitere Tatbestände in Frage, insbesondere die Vergewaltigung (oder sexuelle Nötigung).

Dass hier aber überhaupt irgendein Delikt (insbesondere die "einfache" Vergewaltigung) erfüllt ist, kann ich zumindest Ihrer Schilderung nicht eindeutig entnehmen (aber auch nicht ausschließen). Dafür kommt es auf Details an, die Sie hier vermutlich nicht alle in dieser Tiefe schildern können/wollen.

Hatten Sie bei der Polizei damals das mit Videoaufnahme eigentlich auch angezeigt? Wie/Wann hatten Sie dmals von der Videoaufnahme erfahren bzw. wussten Sie schon während der Aufnahme, dass diese erfolgte?

Zitat:
bei der Polizei angezeigt, aber es kam nie zu einer Anklage
Wie ging das Verfahren denn stattdessen aus? Haben Sie hierzu eine Benachrichtigung erhalten? Davon ausgehend, dass das Verfahren eingestellt wurde, wäre es interessant zu wissen, nach welcher Vorschrift (also welchem genauen Paragrafen) es eingestellt wurde.

Sie können notfalls ganz formlos den "Verfahrensstand" beider zuständigen Staatsanwaltschaft anfragen.

Mein Rat an Sie bestünde darin, sich an eine Beratungsstelle für Opfer von Straftaten zu wenden. Ich verstehe Sie so, dass Sie bereits (psycho-)therapeutische Hilfe erhalten (haben). Daneben gibt es aber viele (ehrenamtlich tätige) Vereine, die Menschen in Ihrer Situation begleiten können und die insbesondere auch einen Blick auf das geführte Strafverfahren werfen können. Ich halte diese Vereine zwar nicht alle für seriös. Es wäre aber gut möglich, dass Sie hier an jemanden geraten, der sicherstellen kann, dass Ihre Position gegenüber der Staatsanwaltschaft bestmöglich vertreten wird.


EDIT:
Ich hatte nicht genau gelesen und daher oben teilweise ziemlichen Unsinn geschrieben.


-- Editiert von Zuckerberg am 10.12.2018 19:47

2x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Carly123
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 0x hilfreich)

Wow, erst ein mal danke für diese ausführliche Antwort!! Und danke für die neuen Denkanstöße. Ich habe damals einen Brief der Staatsanwaltschaft erhalten und war so deprimiert über diese Antwort, dass ich ihn bis heute irgendwohin verstaut habe. Hab alles quasi nocheinmal durchlebt danach, alles wurde aufgewühlt und ich stand damit dann da nach meiner Aussage ohne, dass was passierte... Können Sie mir nennen nach welchen Organisationen ich beispielsweise suchen kann (in Ihrem letzten Absatz genannt). Danke danke danke

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9522x hilfreich)

Zitat:
Wieso wird er nicht bestraft.


So en detail können wir das von hier aus auch nicht wissen. Sehr wahrscheinlich ist, dass das Ermittlungsverfahren seinerzeit nach § 170, Abs. 2 StPO eingestellt wurde, weil sich kein hinreichender Tatverdacht begründen lies. Der wäre für eine Anklage notwendig gewesen. Eine mehr oder weniger ausführliche Begründung wird in dem Schreiben stehen, dass Du bekommen hast. Die prinzipiell mögliche Beschwerde gegen die Einstellung ist natürl. längst verfristet.

Da die Tat aber noch nicht verjährt ist, wäre grds. eine Wiederaufnahme des Ermittlungsverfahrens möglich, wenn neue "Tatsachen/Beweise" beigebracht werden können, die einen hinreichenden Tatverdacht begründen. Nach 6-7 Jahren wird das aber potenziell nicht leichter, als es kurz nach der Tat war. Wenn überhaupt hätte man allenfalls wohl mit anwaltlicher Hilfe eine Chance ("Opferanwalt")

Zitat:
Können Sie mir nennen nach welchen Organisationen ich beispielsweise suchen kann


Überregional/bundesweit gibt es z.B. den Weissen Ring.

https://weisser-ring.de/

Ansonsten mal hier schauen:

https://www.hilfeportal-missbrauch.de/startseite.html

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