ärztliche schweigepflicht

10. Juni 2007 Thema abonnieren
 Von 
murmelix
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 1x hilfreich)
ärztliche schweigepflicht

es geht um eine examensaufgabe aus dem staatsexamen für mediziner, die einen fall zu grunde legte, den ich kurz schildern will.

von vonherein klar ist, dass die ärztliche schweigepflicht vorsatz bedarf, die frage ist, inwieweit er sich hier dennoch strafrechtlich schuldig hätt machen können, obwohl er im moment der tat selber fahrlässig handelte und wie man dies begründen könnte.

stationsarzt s studiert im arztzimmer eine patientenakte, als der zu einem notfall eilen muss. er läßt das arztzimmer unverschlossen, und die akte auf seinem tisch liegen. unvorhergesehen betritt eine putzfrau das arztzimmer, liest die offene akte, erkennt einen bekannten c aus ihrem dorf mit tripper, erzählt dies weiter, was zur auflösung der ehe des patienten führt.

es wird im text ausdrücklich daraufhingewiesen, dass der arzt sich der schweigefplicht bewußt war, und die akte nie so hätte liegen gelassen, wenn er von de rputzfrau, die ein wenig fürher dran war, gewußt hätte.

das prüfungsamt vertritt folgende antwort:
im moment der tat keine vorsatz, deswegen keine strafrechtliche konsequenz.

ich aber sehe dies ein wenig anders:
ich unterstelle ihm einen dolus eventualis, weil erstens notfälle auf der station keine ausnahme sind, und ebenso besucher, andre ärzte, krankenschwester, oder putzfrauen, die nicht mit der patientenbehandlung betraut sind und somit gegenüber ihnen die schweigefplicht besteht, und zum anderen, weil zb durch ein schnappschloss oder anderes verhinderbar es ist, dass bei dem regelfall notfall die schweigepflicht gebroc^hen werden könnte.

da sich der arzt der schweigepflicht bewußt ist, der stationsablauf in seiner verantwortung liegt, und er um das risiko weiß, aber im vorfeld keine abänderung trifft, nimmt er für mich diese konstallation in kauf, in der er zwar fahrlässig gegenüber dem einzlenen patienten handelt, weil es ihm egal ist, dass nun dieses geheimnis von herrn c verraten wird, aber er für alle seine patienten dies in kauf nimmt.

kann man dies so begründen?
kann man den fall zeitlich teilen?
oder ist dies wie beim alkoholmißbrauch im straßenverkehr? wie wird das hier konzipiert, da ja im tatmoment mindere straffähigkeit herrschen kann? die alte konzeption wurde ja in letzter zeit bestritten.

oder ist es so, dass den stationsarzt s keine schuld trifft, strafrechtlich, und er nicht belangt werden kann.

vielen dank

ach so, mir sind argumentationen lieber, die die these stärken, dass er durch die fahrlässigkeit im moment dennoch strafbar handelt. das ist mein ziel zu konstruieren...auch wenn es nicht unbedingt stand der meinung sein muss, wie kann man das konstruieren. es geht auch nur um das strafrecht, nicht um standesrecht, oder zivilrecht, denn der knaxus ist die frage des vorsatzes.

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22 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Mareike123
Status:
Unparteiischer
(9585 Beiträge, 1711x hilfreich)

Dolus eventualis ('bedingter Vorsatz') bedeutet, daß man das Eintreten eines Taterfolges zwar nicht beabsichtigt, aber billigend in Kauf genommen hat.

Das ist bei Augenblicksversagen (wird zum Notfall abberufen, läßt alles stehen und liegen) gerade nicht der Fall.

D.e. liegt eher dann vor, wenn der Arzt die Akte vorsätzlich oder grob fahrlässig draußen auf dem Gang lagert, wo jeder sie einsehen kann. (Dann würde immer noch der Vorsatz zum Bruch der Schweigepflicht fehlen, weil er sie ja nicht hingelegt hat, *damit* jemand anders sie liest, aber er würde billigend in Kauf nehmen, daß jemand sie liest.)

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#2
 Von 
Snuggles
Status:
Praktikant
(905 Beiträge, 252x hilfreich)

Ähm, mal als Einwurf: Normalerweise müss(t)en Angestellte in "kritischen" Einrichtungen eine "Geheimhaltungserklärung" unterzeichnen. Auch Putzfrauen! DIE dürfte in dem Fall (auch) Ärger bekommen...

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#3
 Von 
eldagro
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

es stimmt, dass meistens auch putzfrauen zur schwiegepflicht verpflichtet sind, dies ändert aber insofern nichts, da die schweigepflicht personen bezogen ist, so gilt sie auch zwischen ärzten. nur die an der behandlung beteiligten dürfen informiert werden. so ist das arztzimmer deswegen kein sicherere ort per se, weil ärzte anderer stationen usw.

der dolus eventualis gilt für mich nicht in dem moment, als er die akte liegen ließ, sondern im vorfeld,darauf dachte ich, hinauszu kommen.

Im moment des augenblicksversagen, wie du beschriebst, gilt für mich kein vorsatz. aber diese situation ist vorhersehbar und ihr ist leich abhilfe zu schaffen: zB schnappschloss, so dass das zimmer nur in anwesenheit der dienstahbenden ärzte zu betreten ist. da der arzt um das risiko weiß, und man von ihm auch erwarten kann, an eine abhilfe zu denken, scheint mir der dolus eventualis im vorfeld zu liegen.

ich arbeite so weiter, obwohl ich um das risiko weiß, dass ich bei einem notfall die akte offen liegen lassen kann, und sie dann von jedermann gelesen werden könnte, obwohl ich der krankenhausleitung davon berichten müßte. für mich nimmt er den moment des augenblicksversagens dann billigend in kauf.

ist dies falsch?
für mich hieße dies im umkehrschluss, dass strafrechtlich hier keiner zu belangen wäre, obwohl eine offensichtliche lücke besteht. denn ein notfall ist keine ausnahme, sondern ein regelmäßig auftretendes ereignnis, dessen folgen ja bedacht werden müssen (vom notfallkoffer bis bereitschaftsdient und erreichbarkeit etx) warum gilt dies nicht für vorsorge zu schweigepflicht?

das dies in de rrealität andes gehandhabt werden mag, weil vor allem standesrecht und zivilrecht hier möglichkeiten des patienten stärken, mag sein, aber kann man dies nicht strafrechtlich ebenso zumindest konstruieren?

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#4
 Von 
eldagro
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

die putzfrau bekäme ärger, was den arzt aber nicht entlasten würde, wenn ihr vertrag dementsprechendes beinhalten würde.
das geheimnis ist in dem dem moment verraten, als die putzfrau es liest, und nicht erst, als sie es weitererzählt.

knackpunkt scheint mir hier wie beschrieben, die frage, ob man es in zwei taten teilt, oder

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#5
 Von 
murmelix
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 1x hilfreich)

actio libera in causa?

um die tat unter fahrlässigkeit ins vorfeld zu verlegen, weil der moment des augenblicksversagens (heißtdas so?) eben vorhersehbar und verhinderbar ist.

aber diese kontruktion wurde ja stark kritisiert, gibt es andere möglichkeiten?

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
murmelix
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 1x hilfreich)

zu der betonung damit im dolus eventualis:
wenn der arzt weiß, dass sie gelesen werden kann, und dies den den taterfolg beinhaltet, ist für mich der eventualis erfüllt. er muss es nicht tun damit, sondern er muss den taterfolg nur billiegend in kauf nehmen, der sich aus seinem handeln ergibt, ohne mit selbst diesen erfolg (damit) angestrebt zu haben.
es reicht für mich aus, wenn er die akte auf dem flur liegen läßt, und er davon ausgeht, dass sie gelesen werden könnte. da das zimmer offen ist, und er keine vorsorge trifft, dies zu ändern, und er weiß, dass besucher, andere aärzte, krankenschwestern und putzfrauen dieses arztzimmer aus versehen oder begründet betreten können, ist es ohne weitere sivherung wie der flur.
ihm muss das auffallen, und da ihm geheimnisse als behandlenden arzt anvertraut werden, muss er auch abhilfe schaffen, also zuminedst jemanden informieren.
da dies nicht geschieht, schützt ihn in meinen augen der notfall nicht, auch wenn er hier sich auf fahrlässigkeit beruft.

deswegen der dolus eventualis, und die idee des action in libera causa als mein vorschlag.

wie beschrieben, dass ziel ist, ihn nicht straffrei durchkommen zu lassen. kann man das begründen oder konstruieren?

vielen dank aber schon mal für die hilfe.

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
murmelix
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 1x hilfreich)

anm. die actio-konstruktion dient hier als vergleich, da ihre bedingungen hier natürlich incht zu treffen.

vielmehr suche ich eine konstruktion, um es hier eben ins vorfeld zu verlagern.

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
Snuggles
Status:
Praktikant
(905 Beiträge, 252x hilfreich)

Also ich als Laie behaupte, dass es da irgend eine Regelung geben MUSS.

"... in SEINEM Arztzimmer, auf SEINEM Tisch ...".

Wenn einer seine Briefe aufreist, dann verstößt er schließlich gg. das Briefgeheimnis. Gibt es da nichts Analoges?

Das Ganze klingt für mich irgendwie nach "Notarzt hat 10 rote Ampeln überfahren und das Blaulicht war defekt - bekommt er Berufs- und Fahrverbot?".

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
Mareike123
Status:
Unparteiischer
(9585 Beiträge, 1711x hilfreich)

wenn der arzt weiß, dass sie gelesen werden kann, und dies den den taterfolg beinhaltet, ist für mich der eventualis erfüllt

Aber er muß es im Moment der Begehung der Tat wissen und nicht einen Tag vorher für grundsätzlich möglich halten, daß er vielleicht in eine Situation gerät, in der...

IMO ist die ganze Konstruktion der Versuch, eine nicht fahrlässig begehbare Tat über den Umweg des d.e. doch noch zu einer fahrlässig begehbaren Tat zu machen.

(Ich bin mir gerade nicht sicher, ob das überhaupt möglich ist, aber sei's drum.)

Bedenken Sie: grundsätzlich weiß jedermann, daß bestimmte Handlungen bestimmte Folgen haben können. Das macht aber nicht automatisch immer auch d.e. zur einschlägigen Norm.

Beispiel: der A brennt das Warenlager des B ab. Vorher hat er sich davon überzeugt, daß alle Angestellten das Lager verlassen haben. Übersehen hat er den Landstreicher L, der sich hereingeschlichen hat, um dort zu schlafen. L verbrennt.
Dann eindeutig *kein* dolus eventualis bzgl. Totschlags - obwohl man auch hier argumentieren könnte, daß man ja damit rechnen müßte, daß man jemanden übersieht. Das reicht aber nicht, da im Moment der Begehung der Tat offenbar der Tod Dritter *nicht* billigend in Kauf genommen wurde (weil A sich ausdrücklich darum gesorgt hat, niemanden zu schädigen).

Mit Ihrem Argument könnte man auch hier d.e. bejahen - und damit eigentlich immer.

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
eldagro
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

mareike, ich stimm dir ja zu, nur:
1. wenn der notfall regelfall ist
2. wenn wie zu erwarten ständig besucher und regelmäßig (wollen wir es hoffen) putzfrauen kommen

so ist diese konstallation, die zur rechtsverletzung führt: zu erwarten, solange ich nicht abhilfe schaffe

die situation dreht sich eigentlich um

der mangelnde schutz des geheimnisses, auf dem der patient ja einen anspruch hat, äußert sich nur im taterfolg der fahrlässig begangenen schwiegepflichtsverletzung,

ich sehe hier zwei tatbestände:
der arzt s begeht am tag selbst gegenüber dem patienten eine fahrlässige tat, deren taterfolg aber erst bedingt wird, durch den umgang mit den patientenakten bzw. mit dem aufbeahrungsort, das nicht ausreichend gegen zutritt unberechtigter gesichert ist.
für diese tat, die sehr wohl auch unter die schweigefplicht fällt finde ich schon, dass der dolus eventualis anzubringen ist, denn
1. wenn er die oben aufgeführten umstände weiß
2. nicht handelt
3. stellt der geheimnisbruch "nur eine frage der zeit" dar: wie gesagt: was die putzfrau dann jmacht, ist wurscht, sie hätte es nie lesen dürfen
4. aus diesen umständen, die dem arzt in der erkenntnis zuzurechnen sind ergibt sich ein handlungsauftrag aus der schweigepflicht
5. erfüllt er diesen nicht, nimmt er billigend den geheimnisverrat in kauf: er macht sich es einfach, will nicht bei der kliniklaietung unangenehm aufallen usw: für diese, seine ziele nimmt er billigend das risiko für den patienten in kauf: er beabsichtigt ihn nicht, weiß aber, dass er irgendwann passieren wird, und das ist meines erachtens dolus eventualis.

oder sehe ich das falsch

ps: real wird nie jemand ihn strafrechtlich verfolgen, aber ich denke, es gäbe eine rechtliche möglichkeit. da aber bei anzeige gegenüber äk vor allem standesrecht und in folge zvilrecht folgen, und hier fahrlässgikeit reichen, und letzlich auch geld winkt, wird meist reichen.

letzlich aber ist der schweigepflicht strafrechtlich meines erachtes damitnicht genüge getan, weil die rechte des patienten nicht ausreichend gewürdigt werden.

ich bitte um contras

0x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
eldagro
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

zu dem beispiel der abbrennenden halle:

wenn ich weiß, dass dieses gebäude kindern zum versteckspielen dient, und dies rund um die uhr, und ich auch weiß, dass dieses gelände unübersichtlich ist und ich nicht in der lage sein werde, es ausreichende durchsuchen zu können (nicht immer arztzimmer mich aufhalten werde), ich aber dieses gebäude abfackeln will, weil mir die spritkosten zum anderen haus desselben besitzers zu weit sind, an dem ich mich rächen will,
dann nehm ich billigend in kauf, kinder zumindest zu gefährden.

der täter hältden taerfolg seines handeln für möglich: die schädigung eines kindes
und er nimmt sie billigend in kauf

in deinem beispiel untersucht er das lager vorher, um es nikcht billigend in kauf zu nehmen, aber auch hier würde ich einschränken: bei dieser tat, dem risiko für den einzelnen, reicht es meines erachtens nicht, das gebäude abzusuchen: das risiko bleibt weiterin bestehen, und er nimmt es billigend in kauf.

hier in diesem falle:
wenn der arzt a) den raum nicht besser sichert, wird es irgendwann die sitauation geben, dass er b) im notfall die akte offen liegen lassen wird, und sie gelesen werden kann
c) dass sie gelesen werden kann, erfordert die dritte person, die ist aber möglich uns sogar wahrscheinlich

er nimmt es billigend in kauf, wenn er dieser sitauation nicht abhilfe schafft. dass er dies nicht tat, beweißt im umkehrschluss dass die putzfrau das arztzimmer in abwesenheit des arztes betreten konnte. da patientenakten vertraulich sind, reicht nur die titulierung arztzimmer für mich nicht aus: die tür muss verschlossen werden, bzw sich durch schnappschloss so verfschließen, dass nur berechtigte pseronsen zutritt zu dem zimmer und damit auch zu den patientendaten haben.

dies gilt für offenen monitore ebenso, bzw. passwortschutz

für mich gilt der d.e.

und mareike: ergilt nicht immer
eben nur
1. wenn die tat strafbar ist
2. der taerfolg für den täter möglich (das reicht)
3. er darum weiß (also die relevanz usw) und es billigend in kauf nimmt

0x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
murmelix
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 1x hilfreich)

Hallo,

ist dies nun glaubwürdig, was eldagro schreibt? Ich hätte doch gern eine zweite bestätigende Meinung. Oder Mareike, argumentierst du dagegen?

Das ist aber auch kompliziert...

0x Hilfreiche Antwort

#13
 Von 
Mareike123
Status:
Unparteiischer
(9585 Beiträge, 1711x hilfreich)

1. Das Argument mit der Lagerhalle ist Standard in der juristischen Ausbildung. Die Tatsache, daß man jemanden übersehen haben kann, reicht für d.e. gerade nicht aus. Denn da sind wir noch einen Schritt weiter von der eigentlichen Tat weg.
Eigentliche Tat: A fackelt das Haus ab, um B zu töten.
D.E.: A fackelt das Haus ab und nimmt in Kauf, daß B noch drin ist.
Ihre Variante: A fackelt das Haus ab und nimmt in Kauf, daß vielleicht möglicherweise seine Vorsichtsmaßnahmen unzureichend waren oder jemand durch einen Dimensionsriß fällt.

2. Die Natur von Notfällen ist, daß man sie gerade nicht bis ins letzte planen kann. Der Arzt kann in einem akuten Notfall eben nicht erst den Safe mit der 38-stelligen Kombination öffnen oder zurück in sein Büro hetzen, wo er die Akte einschließen kann.
Es wird immer Situationen geben, in denen er einfach alles fallen lassen oder der nächsten Aushilfsschwester in die Hand drücken muß.
Alles d.e. nach Ihrer Meinung?

0x Hilfreiche Antwort

#14
 Von 
mega
Status:
Praktikant
(522 Beiträge, 137x hilfreich)

Ich glaube, die Lösung der Frage wird auch dem juristischen Profi, demzufolge medizinischen Laien deutlicher, wenn man sich vor Augen führt, welche Möglichkeiten der Aufbewahrung für medizinische Unterlagen einem gewöhnlichen Stationsarzt eigentlich zur Verfügung stehen.

In aller Regel teilen sich mehrere Stationsärzte ein Arztzimmer - alleine deshalb sind sie jedoch nicht zwingend an der Behandlung sämtlicher Patiente auf der Station beteiligt. Dennoch wird sich nicht vermeiden lassen, dass medizinische Unterlagen auch nicht behandelnden Ärzten im selben Arztzimmer zugänglich sind.

In der Regel verfügt die Gebäudereinigung über zugang zu allen Bereichen des Krankenhauses. Der Arzt kann schließlich nicht die Reinigung seines Arztzimmers überwachen. Selbst wenn er das Zimmer also verschlossen hätte, hätte die Reinigungskraft in aller Regel Zutritt zum Arztzimmer gehabt.

Aktuelle medizinische Unterlagen werden ohnehin in aller Regel unverschlossen aufbewahrt.

Berücksichtigt man diese Umstände wird in meinen Augen deutlich, dass eben gerade kein Eventualvorsatz gegeben war. Der Arzt hat dem Grunde nach nichts ungewöhnliches mit der Patientenakte gemacht.

0x Hilfreiche Antwort

#15
 Von 
murmelix
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 1x hilfreich)

momentelmal:
das ist zwar richtig, dass hier dei realität ein wenig anders aussieht. nur ändert dies nichts an der prinzipilelln strafbarkeit. und die ärzte eines zimmer sind im krankenhaus auch meist gemeinsam, wenn auch nicht unbedingt wirklich, an de rbeahndlung beteiligt und von daher gelten im krankenhaus hier mildere formen. kommt aber ein anderer radiologe mal vorbei...
und warum kann de rarzt nicht die reinigung seines arztzimmers überwachen? abschließbarer schrank, und wenn die putzfrau kommt, muss sie bei den schwestern fragen, wenn kein arzt drin ist, und dann kann man frei herumliegende akten wegsperren. der organisationsaufwand ist nicht sehr groß gegenüber den schützenswerten interessen des patienten.

und nebenbei: zivilrechtlich hat der patient eine gute chance, wenn das krankenhaus wie üblich nicht zuvorkommt, und von sich aus etwas zahlt.

die sache ist heikler, als man denkt, und deswegen ist die verwunderung so groß, dass strafrechtlich schweigepflicht kaum durchgesetzt wird.

das sieht zivilrechtlich und standesrechtlich nämlich ernsthaft anders aus. der patientenakte muss hier deutlich schutz zu kommen. und zwar weit über die behandlung hinaus, was nette prozesse durch die entsorgung von festplatten oder aktenschränken ergab.

warum nicht strafrechtlich? weil der vorsatz fehlt. hmh, das verstehe ich eben dann nicht, wenn die beteiligten darum wissen, und allein aus zivilrechtlicher sicht sorge tragen ...im ernst, hier machen es sich viele ärzte und krankenhäuser auch schlicht sehr einfach und die wissensstand ist auch nicht sehr hoch. dafür wird aber überraschend häufig dann finanziell und außergerichtlich gerade gestanden.

dermythos notfall:
natürlich ist er nicht bis ins detail planbar, aber natürlich wird er geplant. ein simples schnappschloss an der tür und für die putzfrau ein verschließbarer schrank, und die regel, dass sie nicht alleine reinkann, und diese seite des notfalls ist geklärt.

darf ich deswegen nochmal von der realität weg auf die konstruktion?

es geht nämlich um viel:
1. wenn, und von mir aus nur wenn ich annehme:
der arzt weiß um die schweigepflicht und die sorgfaltsfplicht mit akten
2. der arzt weiß um dasrisiko derkrankenakten
3. derarzt weiß, wie er das problem lösen könnte, tut es aber aus best, individuellen gründen nicht
4. er weiß, dass notfälle kommen und er weiß, dass er dann keine zeit hat, alles hübsch wegzupacken
a) nimmt er es dann in kauf, dass jemand die patienten akte liest?
b) ist das der d.e.?
c) ist er dann strafrechtich zumindes theoretisch zu belangen?

vielen dank

(ich bleibte hartnäckig sorry)

0x Hilfreiche Antwort

#16
 Von 
Snuggles
Status:
Praktikant
(905 Beiträge, 252x hilfreich)

Wie ist denn "Schweigepflicht" definiert?

Kann man die auch passiv verletzen ohne grob fahrlässig zu handeln?

Was, wenn ein Arzt eine Akte verliert?

0x Hilfreiche Antwort

#17
 Von 
murmelix
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 1x hilfreich)

ja, auch nur fahrlässig. nur strafrechtlich wird sie nur bei zumindest bedingtem vorsatz von belang.

der arzt der eine akte verliert, muss sich zivilrechtlich in verantwortung nehmen lassen. berufsrechtlich hängt es dann schon noch von weiteren faktoren ab.

0x Hilfreiche Antwort

#18
 Von 
Mareike123
Status:
Unparteiischer
(9585 Beiträge, 1711x hilfreich)

ein simples schnappschloss an der tür

Wie ich schon sagte: selbstverständlich ist in Notfällen der Arzt immer gerade in seinem Büro oder direkt daneben.
Oder er läuft dann eben mal von der Notaufnahme da hin, weil er die supergeheime Patientenakte in Sicherheit bringen muß, bevor er den akuten Blinddarmdurchbruch behandelt. ;-)

0x Hilfreiche Antwort

#19
 Von 
murmelix
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 1x hilfreich)

ok..ich wollte ja eine richtung konstruieren.schade.

um die diskussion über den arbeitsablauf aber nicht zu weit zu kochen:
die patientenakte ist supergeheim. sie ist ausgesprochen schützenswert, weil von ihr ein leben in seinen sozialen dimensionen abhängt, was bis in medizinische dimensionen zurückreicht: die vertrauensgrundlage bei der behandlung.

und das hier schlampig mit umgegangen wird, ist schade, und vieles shceint sich immer über angebliche zwänge zu rechtfertigen. nur in den seltensten fällen scheint mit dies gerechtfertigt.

der arzt muss die patientenakte nie mit sich rumschleppen. es gibt einen wagen bei den schwester, verschließbar, der nur bei der visite mitgeht, in den die beiden akten (schwestern/arzt) geführt werden, und der arzt braucht sie nur im arztzimmer, oder sie wird bei stationsfremden aktionen jemanden mitgegeben. direkt. sie muss nicht rumfliegen, und sie sollte es auch nicht. sie wird nur dann herausgenommen, wenn sie auch gebraucht wird. das diktieren findet nur im arztzimmer statt, un dieses hat ein schnappschloss. schwupps, das problem ist gelöst. wenn dann etwas passiert: fahrlässigkeit bis einfach pech, aber genau diese annahme, dass sich das nicht verhindern ließe,ist eine schützenswerte ausrede, die eigentlich den selbstleugnenden d.e. schon darstellt: man nimmt nur selber gar nicht wahr, dass man es billigend in kauf nimmt - leichte ironie.

von der patientenakten kann eine karriere, eine ehe, einkommen, die freiheit, das ansehen, eine existenz abhängen. dieses bewußt scheint verloren gegangen zu sein, es geht nicht um den blinddarm.

0x Hilfreiche Antwort

#20
 Von 
mega
Status:
Praktikant
(522 Beiträge, 137x hilfreich)

Dass der Patient möglicherweise Ansprüche geltend machen kann, lieg auf der Hand, er wurde ja geschädigt. Dadurch dass die Reinigungsfrau gegen die verschwiegenheitsverpflichung verstoßen hat. Ob er sich an die Reinigungskraft wenden muss oder auch an der Krankenhaus halten kann, da bin ich überfragt.

Hier geht es aber um die Frage der Strafbarkeit. Für den d.e. sind natürlich die allgemeinen Arbeitsumstände zu berücksichtigen. Dem Arzt wird es nicht genehmigt sein, das Schloss seines Dienstzimmers zu wechseln, damit der Reinigungsdienst dort keinen Zutritt mehr hat. Insofern hätte an der Situation auch das zusperren der Türe nichts geändert. In meinen Augen lässt sich hier nicht mal ein d.e. erkennen - im Grunde in meinen Augen noch nicht mal eine Fahrlässigkeit. Die Krankenakten darf der Arzt im übrigen natürlich auch nicht irgendwie verstecken oder wegschließen - im Notfall müssen sie ja jederzeit greifbar sein.

Die Schweigepflicht ist eine wichtige Sache. Hier wurde aber nicht die Schweigepflicht verletzt, sondern die Verschwiegenheitsverpflichtung der Reinigungsfrau.

0x Hilfreiche Antwort

#21
 Von 
murmelix
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 1x hilfreich)

hier muss ich widersprechen, mega:

derf schaden tritt vielleicht erst durch das rumerzählen der putzfrau ein, aber die ärztliche schweigepflicht wird gebrochen, als die putzfrau es liest. denn sie gilt für den arzt gegenüber allen anderen, auch gegenüber anderen ärzten. der kreis wird nicht daruch erweitert, dass personen de rschweigepflicht oder vertraglich zur geheimnisbewahrung verpflichtet werden.

datenschutzbeauftragte rügen immer,dass die krankenaktenwagen nicht alle verschließbar sind.

das wahre problem mit dem rcht ist, dass es ja eh im zweibettzimmer beginnt, wenn jemand anders mithört.

aber es wurde im ernst schon viel gerügt, und krankenhäuser bezahlen: es dürfen zb keine türschilder mit den derzeitigen patienten auf dem gang sein, und eine station wurde gerügt, weil der bettenbelegungsplan nicht in einem extra raum der schwestern sondern in der sichtbaren schwesternkanzlei hing. die namen waren sichtbar.

es besteht sicher eine abwägung, dass die patienakte eine zugänglichkeit haben soll: aber für wen? das wird ja gerade geschützt.

natürlich darf der arzt nicht enfach das türschloss wechseln: aber ihm obliegt nunmal als der mit dem geheimnisbeauftragten die schweigepflicht: er muss es melden, versuchen zu ändern usw.

wie weit dann die schuld durch arbeitsvertrag etc. dann nachher von ihm übertragen werden kann, sei dahingestellt, mir ging es erst mal darum, die strafbarkeit überhaupt für den arzt festzustellen, und nicht aus dem argument notfall die ganze sache zu kippen.

mir geht es also nicht darum, moralisch oder funktional nzu kommen, sondern rein rechtlich es zu konstruieren, dass die fahrlässgikeit wegen notfall nicht die sache schlägt.

ich frage mich, ob man zwei tatmomente kontruieren kann, den ersten als unechte unterlassungshandlung, und hier den d.e. anwenden.(ob nun d.e. sei mal dahingestellt, ich weiß ja, nur ich hänge hier dem an). geht aber schweigepflichtsverletzung auch bei unechter unterlassung?

0x Hilfreiche Antwort

#22
 Von 
no1
Status:
Schüler
(184 Beiträge, 37x hilfreich)

würde hier auch eher keinen dolus eventualis sehen.

Es gibt nämlich auch "bewusste Fahrlässigkeit" (luxuria): dort weiß ich, dass ich gegen eine Pflicht verstoße, vertraue aber darauf, dass nichts passiert. Abgrenzung ist natürlich sehr schwierig.

Beliebt ist das Überhol-Beispiel:

A. Der unbescholtene Bürger A will schnell nach Hause und überholt deshalb an einer unübersichtlichen Stelle, obwohl er natürlich weiß, dass das gefährlich ist. Es kommt zum Unfall mit dem Gegenverkehr, dabei wird ein Mensch verletzt.
--> fahrlässige Körperverletzung

B. Der Bankräuber B ist auf der Flucht und will schnell nach Hause. Weil er die Polizei hinter sich hat, fährt er wie die wilde Sau, wobei ihm völlig egal ist, ob dabei jemand draufgeht oder nicht. Er überholt deshalb an einer unübersichtlichen Stelle. Es kommt zum Unfall mit dem Gegenverkehr, dabei wird ein Mensch verletzt.
--> vorsätzliche Körperverletzung, dolus eventualis

0x Hilfreiche Antwort

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