Gewerblicher Verkauf von Postern und Bildern mit verjährten Urheberrecht

9. September 2022 Thema abonnieren
 Von 
911BGB
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)
Gewerblicher Verkauf von Postern und Bildern mit verjährten Urheberrecht

Guten Abend zusammen,

ich interessiere mich für Motive und "Vintage" Poster aus dem 19ten und 20ten Jahrhundert und habe mir überlegt in Zusammenarbeit mit einem lokalen Shop für Poster und andere gedruckte Produkte diese Motive zu Scannen und dadurch wieder erneut verfügbar zu machen und zu gewerbsmäßig zu verkaufen.

Grundsätzlich ist es ja erstmal so, dass das Urheberrecht nach 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers erlischt. Für mich stehen aber noch folgende Fragen offen:

1. Häufig werden Poster von einem Verlag/Unternehmen veröffentlicht. Wann erlischt in diesem Fall das Urheberrecht bzw spielt es überhaupt eine Rolle, ob der Verlag es veröffentlicht? Nach Definition bleibt der Zeichner ja trotzdem der Urheber und das ist das alleinige Merkmal für § 64 des Urheberrechtsgesetz und somit das Erlischen.

2. Falls das Urheberrecht erloschen ist, gibt es irgendeine Einschränkung der gewerbsmäßigen Nutzung des Motivs/Posters? Mir ist bekannt, dass etwa ein digitaler Scan erneut diesen Schutz genießt und daher eigene Scans nur rechtmäßig wären.

3. Müssten Logos o.Ä. entfernt werden da Marken nicht unbedingt erloschen sein müssen und diese selbst bei ausgetragenen Marken auch noch fortlaufend anderen Urheberschutz haben könnten.

Vielen Dank und ein angenehmes Wochenende :)

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5 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
cirius32832
Status:
Schlichter
(7239 Beiträge, 1525x hilfreich)

Derart konkrete Fragen sollte man nicht in einem Laienforum diskutieren sondern Geld für einen Anwalt in die Hand nehmen

Signatur:

https://www.antispam-ev.de

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#2
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120259 Beiträge, 39860x hilfreich)

Zitat (von 911BGB):
Grundsätzlich ist es ja erstmal so, dass das Urheberrecht nach 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers erlischt.

In DE ... gibt ja noch 194 andere ...



Zitat (von 911BGB):
Mir ist bekannt, dass etwa ein digitaler Scan erneut diesen Schutz genießt und daher eigene Scans nur rechtmäßig wären.

Das wäre mir neu. Wo kann man das nachlesen?



Zitat (von 911BGB):
3. Müssten Logos o.Ä. entfernt werden da Marken nicht unbedingt erloschen sein müssen und diese selbst bei ausgetragenen Marken auch noch fortlaufend anderen Urheberschutz haben könnten.

Oder Markenschutz oder Nutzungsrechte oder ...



Zitat (von cirius32832):
sondern Geld für einen Anwalt in die Hand nehmen

Richtig.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
911BGB
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
In DE ... gibt ja noch 194 andere ...

Es gibt auf internationale Ebene den Konsens, dass Werke i.d.R. mindestens 50 Jahre bis nach dem Tod des Urhebers geschützt sind. Die längste Frist hat Mexiko mit 100 Jahren nach dem Tod und sämtliche Industriestaaten liegen bei <=70 Jahren.

Zitat (von Harry van Sell):
Das wäre mir neu. Wo kann man das nachlesen?

Es ist anscheinend eine umstrittene Frage. Ich beziehe mich auf diesen Artikel. Somit wäre ein Schutz von 50 Jahren nach dem Tod gegeben.

Zitat (von Harry van Sell):
Oder Markenschutz oder Nutzungsrechte oder ...

Ein Problem, welches man durch die Entfernung dieser lösen könnte.

Ein Anwalt wäre sicherlich sinnvoll falls man das Projekt angehen möchte. Bisher ist es nur eine grobe Idee und ich wollte erst einmal grob einschätzen, ob das möglich wäre und dann erst finanzielle Mittel einsetzen.

Vielen Dank euch :)

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#4
 Von 
eh1960
Status:
Senior-Partner
(6268 Beiträge, 1500x hilfreich)

Zitat (von 911BGB):
Grundsätzlich ist es ja erstmal so, dass das Urheberrecht nach 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers erlischt.

Das ist korrekt.
Aaaber:
1. Die genaue Fristenberechnung beachen!
Das Urheberrecht endet nicht 70 Jahre nach Tod des Urhebers, sondern am 31.12. 24:00 Uhr des Jahres, in dem sich der Tod des Urhebers zum 70.mal jährt.
Ist der Urheber also am 1.1.1952 gestorben, dann endet das Urheberrecht am 31.12.2022, mithin 71 Jahre nach dem Tod des Urhebers.

2. Beachten, daß durch Bearbeitungen ein eigenes Urheberrecht am Werk entstehen kann.

Zitat:
Für mich stehen aber noch folgende Fragen offen:

1. Häufig werden Poster von einem Verlag/Unternehmen veröffentlicht. Wann erlischt in diesem Fall das Urheberrecht

Genauso wie in allen anderen Fällen auch. Urheber können nur natürliche Personen sein, oder deren Erben. (Da kann's dann auch eine juristische Person sein.)
Wenn der Verlag o.ä. nicht das Urheberrecht durch Testament des Urhebers geerbt hat, dann hat er nur ein Nutzungsrecht. Von dem Moment an, in dem das Urheberrecht abgelaufen ist, ist das Werk "gemeinfrei".

Zitat:
bzw spielt es überhaupt eine Rolle, ob der Verlag es veröffentlicht?

In einer besonderen Konstellation - nämlich dann, wenn es sich um ein nachgelassenes Werk handelt, daß zum ersten Mal nach Erlöschen des Urheberrechts veröffentlich worden ist:

§ 71 UrhG Nachgelassene Werke

(1) Wer ein nicht erschienenes Werk nach Erlöschen des Urheberrechts erlaubterweise erstmals erscheinen läßt oder erstmals öffentlich wiedergibt, hat das ausschließliche Recht, das Werk zu verwerten. Das gleiche gilt für nicht erschienene Werke, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes niemals geschützt waren, deren Urheber aber schon länger als siebzig Jahre tot ist. Die §§ 5 und 10 Abs. 1 sowie die §§ 15 bis 23, 26, 27, 44a bis 63 und 88 sind sinngemäß anzuwenden.
(2) Das Recht ist übertragbar.
(3) Das Recht erlischt fünfundzwanzig Jahre nach dem Erscheinen des Werkes oder, wenn seine erste öffentliche Wiedergabe früher erfolgt ist, nach dieser. Die Frist ist nach § 69 zu berechnen

Zitat:

Nach Definition bleibt der Zeichner ja trotzdem der Urheber

Ja.
Zitat:
und das ist das alleinige Merkmal für § 64 des Urheberrechtsgesetz und somit das Erlischen.

Ja - mit der Ausnahme des §71 UrhG.

Allerdings: wenn es sich um alte Poster aus dem 19.Jahrhundert handelt, dann wäre die Erstveröffentlichung auch in jenem Fall ja schon weit über 25 Jahre her.
Sollte ein nachgelassenes Werk erstmals Ende 1999 veröffentlicht wurden sein, wäre es noch bis Ende 2024 für den Verlag o.ä. geschützt. Wäre es Ende 1997 erstmals veröffentlicht worden, würde es Ende dieses Jahres (2022) endgültig gemeinfrei.

Das sind also Sonderfälle, die man beim beschriebenen Beispiel weitestgehend ausschließen kann.

Zitat:
2. Falls das Urheberrecht erloschen ist, gibt es irgendeine Einschränkung der gewerbsmäßigen Nutzung des Motivs/Posters?

Nein.
Zitat:

Mir ist bekannt, dass etwa ein digitaler Scan erneut diesen Schutz genießt und daher eigene Scans nur rechtmäßig wären.

Das ist nicht richtig. (Oder genauer gesagt: nicht mehr richtig.)

Im deutschen UrhG wurde Artikel 14 der DSM-Richtlinie der EU in §68 umgesetzt:

§ 68 UrhG Vervielfältigungen gemeinfreier visueller Werke

Vervielfältigungen gemeinfreier visueller Werke werden nicht durch verwandte Schutzrechte nach den Teilen 2 und 3 geschützt.

D.h. es entfällt für Reprofotos, Scans usw. von gemeinfreien zweidimensionalen Werken (also auch ein Poster) der Schutz als einfaches Lichtbild (§72 UrhG), auch fremde Reprofotos, Scans usw. können dann frei genutzt werden.

Zitat:
3. Müssten Logos o.Ä. entfernt werden da Marken nicht unbedingt erloschen sein müssen und diese selbst bei ausgetragenen Marken auch noch fortlaufend anderen Urheberschutz haben könnten.

Geschützte Marken auf den Postern oder Bildern sind in aller Regel unproblematisch, da sie nicht markenmäßig, sondern beschreibend genutzt werden.

Signatur:

Eine "UG" gibt es nicht. Es gibt nur die "UG haftungsbeschränkt".

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
911BGB
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Vielen lieben Dank für die sehr hilfreiche Antwort. Damit hast du mir einiges jetzt deutlich verständlicher gemacht.
Eigentlich hast du damit sogar alle meine Fragen weitestgehend beantwortet und nur eine einzige Nachfrage ist mir gekommen:

Zitat (von eh1960):
§ 68 UrhG Vervielfältigungen gemeinfreier visueller Werke

Vervielfältigungen gemeinfreier visueller Werke werden nicht durch verwandte Schutzrechte nach den Teilen 2 und 3 geschützt.


Jetzt sind wir bei diesem Paragraphen bei Reprofotos oder Scans geblieben, aber wie sieht es denn aus bei dem Poster selbst? Man muss ja davon ausgehen, dass das Poster nicht vom Zeichner als Original veröffentlicht wurde sondern vom Verlag mit Nutzungsrecht. Greift in diesem Fall auch § 68 UrhG und die Poster selbst sind ebenfalls gemeinfrei nicht nur die Zeichnung? Anderenfalls wäre es nahezu unmöglich festzustellen wer der Urheber eines solchen Posters konkret wäre, da es eben keine juristische Person also der Verlag sein kann.

Vielen Dank nochmal :)

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