Vereinssatzung, Bedingungen für Mitgliedschaft

1. Juli 2022 Thema abonnieren
 Von 
Mulewutzki
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 0x hilfreich)
Vereinssatzung, Bedingungen für Mitgliedschaft

Hallo zusammen,

als Kassierer eines Schützenvereins möchte ich ggf. eine Satzungsreform anstoßen, weil in den letzten Jahren mit einfachen Beschlüssen in der Mitgliederversammlung Regeln beschlossen wurden, denen der Satzungstext entgegensteht. Es interessiert auch eigentlich gar keinem im Verein, was im Detail in der Satzung steht. Die letzte Satzungsänderung ist von 1994, und zum Beispiel wurde zwischenzeitlich das Alter angepasst, ab wann man vom Jungschützenzug in den Altschützenzug wechselt, oder z.B. wurde das Alter herauf gesetzt, ab wann man beitragsfreies Ehrenmitglied wird. Dazu stehen aber leider Detailvorgaben in der Satzung, weshalb die zwischenzeitlich erfolgten und allseits anerkannten Änderungen formell gesehen ungültig sind, weil sie nicht als Satzungsänderung beschlossen und eingetragen wurden. Ich kann mir im Rahmen einer Satzungsreform allgemeinere Formulierung in der Satzung vorstellen, damit die Details jederzeit von der Mitgliederversammlung angepasst werden können.

Meine Frage ist aber eine andere. Bei der Durchsicht der Satzung steht unter Mitgliedschaft:
"Mitglied des Vereins kann jeder werden, der sich im Vollbesitz der bürgerlichen Ehrenrechte befindet, einen achtbaren Lebenswandel führt und das 16. Lebensjahr vollendet hat."

Nun ist unser Verein bisher ein Männerverein, was sich aber zukünftig ändern könnte. Das Frauen nicht aufgenommen werden können ist meiner Kenntnis nach nur mündlich überliefert. Es ist halt nur traditionell bisher so gewesen. Es steht aber auffindbar nirgendwo geschrieben. Seit 1994 steht dazu nichts in den Protokollen, weil über die Frage der Aufnahme von Frauen nicht beraten wurde. Alte Beschlüsse von vor 1994 sind m.E. nach irrelevant, weil 1994 die Satzung mit der Formulierung "Mitglied des Vereins kann jeder werden..." im Vereinsregister eingetragen wurde. Also falls z.B. 1953 beschlossen worden sein sollte, der Verein ist ein Männerverein, gilt das ohnehin nicht mehr, da 1994 die Satzung neu formuliert wurde. Das männliche Pronomen "jeder" ist hier m.E. nach klar generisches Maskulinum, was im rechtlichen Sinne Männer, Frauen und Sonstige einschließt. Meine Frage ist, muss die Versammlung überhaupt einen Beschluss fassen, damit Frauen Mitglied werden können? Ich sehe das so, dass die Satzung das bereits ermöglicht. Bei einer Reform des Satzungstextes würde ich aber vorschlagen, dass man schreibt "Mitglied des Vereins kann jede natürliche Person werden..."

Eine andere Frage habe ich zu der Formel "Vollbesitz der bürgerlichen Ehrenrechte". Das ist m.E. nach eine überkommene Formulierung. Bürgerliche Ehrenrechte sind u.a. das Wahlrecht. Ich leite daraus ab, dass in Deutschland das Wahlrecht nur deutsche Staatsbürger haben, und daher streng genommen, wir gar keine ausländischen Staatsbürger aufnehmen dürften. Sehe ich das richtig? Wir hatten aber schon EU-Ausländer aufgenommen, die dann wieder weg gezogen sind. Also eigentlich kann diese Formulierung weg. Sie findet sich aber in vielen Satzungen. Hat sie irgendeinen Zweck?

Die weitere Formulierung "einen achtbaren Lebenswandel führt" kann m.E. nach auch weg, weil die Definition eines achtbaren Lebenswandels in der Gesellschaft ständigen Wandlungen unterliegt.

Die Fragen würde ich gerne diskutieren. Ich freue mich auf Antworten.

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3 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Spezi-2
Status:
Senior-Partner
(6428 Beiträge, 2317x hilfreich)

Zu einer Satzungsänderung.
Welches Vereinsorgan beschließt denn über die Aufnahme von Mitgliedern ?
Ich kenne den allgemein üblichen Text:
"Mitglied können alle Personen werden, welche die Ziele des Vereins fördern wollen und diese Satzung anerkennen.
Die Aufnahme erfolgt auf Grund schriftlicher Beitrittserklärung. Der Vorstand kann die Aufnahme ohne Angabe von Gründen ablehnen."
-----------------------
Statt dem "Vorstand" kann die Entscheidung in der Satzung auch einem anderen Vereinsorgan zugeordnetet werden.

Signatur:

Meine Beiträge sind keine juristischen Ratschläge, sondern sollen dem Erfahrungsaustausch dienen.

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#2
 Von 
Mulewutzki
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von Spezi-2):
Welches Vereinsorgan beschließt denn über die Aufnahme von Mitgliedern ?


Das ist auch so eine Sache, die in unserer Vereinspraxis anders gehandhabt wird, als es in der Satzung steht. In der Satzung steht "Die Aufnahme geschieht nach vorhergehender mündlicher oder schriftlicher Anmeldung durch den Vorstand in der nächsten Versammlung durch Abstimmung." Gemeint sein dürfte hier eine Abstimmung in der Vorstandsversammlung, nicht in der Mitgliederversammlung. Weil es war nie Praxis, dass über Neuaufnahmen in der Mitgliederversammlung abgestimmt wird. Die Formulierung würde ich aber auch zur Überarbeitung vorschlagen.

Praktisch geschehen Neuaufnahmen so, dass z.B. im Zuge des Schützenfestes einem jungen Mann oder einem Neubürger das Aufnahmeformular in die Hand gedrückt wird. Wenn der es korrekt ausgefüllt einem Vorstandsmitglied zurück gibt, ist in dem Moment quasi die Aufnahme bereits erfolgt. Das neue Mitglied darf dann quasi sofort eine Schützenuniform anziehen, wenn er eine hat. In einer der nächsten Vorstandssitzungen wird nur darüber gesprochen, wer alles ein- oder ausgetreten ist. Quasi stimmt der Vorstand stillschweigend zu. Die Ablehnung eines Mitgliedsantrags war noch nie ein Thema. Das würde ich tatsächlich so ändern wollen, wie sie es vorschlagen "Die Aufnahme erfolgt auf Grund schriftlicher Beitrittserklärung. Der Vorstand kann die Aufnahme ohne Angabe von Gründen ablehnen." Mit Ergänzung der Berufungsmöglichkeit an die Mitgliederversammlung, im Fall der Ablehnung.

Aber zur eigentlichen Frage zurück: Da es bislang keine Praxis gibt, dass Frauen Mitgliedsanträge stellen, müsste die Mitgliederversammlung in dem Fall, wenn Frauen Mitgliedsanträge stellen, angehört werden. Was wäre dann zu beschließen, weil die Satzung enthält ja bereits den Satz "Mitglied des Vereins kann jeder werden."

Und wie ist das mit der Formulierung "Vollbesitz der bürgerlichen Ehrenrechte". Wird dadurch ggf. die Aufnahme von Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft verunmöglicht?

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
eh1960
Status:
Senior-Partner
(6266 Beiträge, 1500x hilfreich)

Zitat (von Mulewutzki):
Bei der Durchsicht der Satzung steht unter Mitgliedschaft:
"Mitglied des Vereins kann jeder werden, der sich im Vollbesitz der bürgerlichen Ehrenrechte befindet, einen achtbaren Lebenswandel führt und das 16. Lebensjahr vollendet hat."

Nun ist unser Verein bisher ein Männerverein, was sich aber zukünftig ändern könnte. Das Frauen nicht aufgenommen werden können ist meiner Kenntnis nach nur mündlich überliefert.

Diese Satzungs-Regel sagt klipp und klar, daß sowohl Männer als auch Frauen als auch "Diverse" Mitglied werden können, denn "jeder" umfasst nun mal all diese.

Da braucht's also gar keine Erweiterung. Und eine Ablehnung eines Aufnahmeantrags wäre auch jetzt schon nicht satzungsgemäß.

Zitat:
Also falls z.B. 1953 beschlossen worden sein sollte, der Verein ist ein Männerverein, gilt das ohnehin nicht mehr, da 1994 die Satzung neu formuliert wurde.

So ist es.
Zitat:
Eine andere Frage habe ich zu der Formel "Vollbesitz der bürgerlichen Ehrenrechte". Das ist m.E. nach eine überkommene Formulierung. Bürgerliche Ehrenrechte sind u.a. das Wahlrecht. Ich leite daraus ab, dass in Deutschland das Wahlrecht nur deutsche Staatsbürger haben, und daher streng genommen, wir gar keine ausländischen Staatsbürger aufnehmen dürften.


In der Bundesrepublik Deutschland sind die bürgerlichen Ehrenrechte mit Vollendung des 18. Lebensjahres:

- das Recht zu wählen (aktives Wahlrecht)
- das Recht, gewählt zu werden (passives Wahlrecht, je nach angestrebtem Amt auch erst zur Vollendung eines höheren Lebensjahres)
- das Recht, öffentliche Ämter auszuüben (z. B. Wahlhelfer, Schöffenamt, je nach Amt auch erst zur Vollendung eines höheren Lebensjahres)

Der Verlust der Amtsfähigkeit und Wählbarkeit als obligatorische oder fakultative Folge sind in § 45 des Strafgesetzbuchs geregelt.
(Wikipedia)

Zitat:
Ich leite daraus ab, dass in Deutschland das Wahlrecht nur deutsche Staatsbürger haben, und daher streng genommen, wir gar keine ausländischen Staatsbürger aufnehmen dürften. Sehe ich das richtig? Wir hatten aber schon EU-Ausländer aufgenommen, die dann wieder weg gezogen sind.

Bei Kommunalwahlen haben auch Staatsangehörige anderer EU-Staaten das aktive und passive Wahlrecht.

Die Formulierung ist in der Tat sehr unglücklich, weil im Laufe der letzten Jahre bestimmte "bürgerliche Ehrenrechte" von der deutschen Staatsangehörigkeit abgekoppelt wurde. Und in Schleswig-Holstein haben wir jetzt sogar einen Dänen als Landesminister.

Ich vermute, daß man diese Formulierung anno schießmichtot mal gemacht hat, weil man keine Vorbestraften im Verein haben wollte.

Da könnte man die Bestimmungen aus dem WaffG heranziehen, spontan dachte ich einen Augenblick: warum nicht als Bedingung, daß das Mitglied die Voraussetzungen zum Besitz einer Waffenerlaubnis erfüllen muss. Aber das wäre blöd, denn dann müssten man Mitglieder, die aus gesundheitlichen Gründen keine Waffenerlaubnis (mehr) haben können, aus dem Verein ausschließen, und wieso sollte man einem altgedienten Vereinsrecken die Mitgliedschaft entziehen, nur weil der fast blind ist (nur als Beispiel), aber an der Geselligkeit im Verein immer noch gerne teilhaben möchte?

Besser wäre es also ggf., auf Vorstrafen-Regelungen, Unterstützung verfassungsfeindlicher Organisationen usw. abzuzielen. Wobei eine Vorstrafe ein Vereinsmitglied oder einen Gastschützen rein waffenrechtlich ja nicht davon ausschließt, auf einem zugelassenen Schießstand unter Aufsicht durch eine Standaufsicht vorübergehend eine erlaubnispflichtige Waffe zu erwerben und zu besitzen und damit zu schießen...

Aber der Verein kann natürlich sagen: "Mitglied kann nur werden, wer in den letzten X Jahren nicht zu einer Freiheits- oder Geldstrafe verurteilt wurde". Freie Entscheidung des Vereins. (Man muss sich dann ein Führungszeugnis vorlegen lassen, und sollte berücksichtigen, wie lange sich dort überhaupt Einträge finden...)

Zitat:
Die weitere Formulierung "einen achtbaren Lebenswandel führt" kann m.E. nach auch weg, weil die Definition eines achtbaren Lebenswandels in der Gesellschaft ständigen Wandlungen unterliegt.

Ja - wobei im Rahmen der Vertragsfreiheit der Verein durchaus nach eigenem Ermessen einen "achtbaren Lebenswandel" definieren könnte, als Voraussetzung für die Mitgliedschaft. Sollte man aber streichen, das ist echt zu antiquiert. Und falls der Verein als "gemeinnützig" anerkannt ist, sollte man daran denken, daß gemeinnützige Vereine nicht völlig willkürlich Mitgliedsanträge ablehnen dürfen, wollen sie nicht ihre Gemeinnützigkeit auf's Spiel setzen. (Dazu mal die entsprechenden Ziffern der Abgabenordnung lesen, oder einen Rechtsanwalt konsultieren - den sollte man sich für eine Satzungsüberarbeitung sowieso gönnen!)

Auf jeden Fall ist es eine äußerst gute Idee, a) mal die Satzung zu modernisieren und b) zu klären, welche Mitgliedsversammlungs-Beschlüsse von anno dunnemals eh aufgrund jüngerer Satzungsänderungen nicht mehr wirksam sind.

Signatur:

Eine "UG" gibt es nicht. Es gibt nur die "UG haftungsbeschränkt".

1x Hilfreiche Antwort

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