Gerichtliche Fristsetzung gültig oder nicht?

26. Februar 2011 Thema abonnieren
 Von 
Hermann1
Status:
Beginner
(126 Beiträge, 7x hilfreich)
Gerichtliche Fristsetzung gültig oder nicht?

Hallo Freunde,
das Landgericht hat ein Urteil gefällt.
Partei A geht in Berufung beim OLG. Das OLG stellt der Partei B die Berufung zur Stellungnahme zu und setzt dafür eine Frist. Wörtlich heißt es:

„Anliegenden Schriftsatz erhalten Sie zur Stellungnahme bis ......."

Partei B versäumt die Frist und das OLG entspricht der Berufung.
Es geht nun darum, ob trotz der abgelaufenen Frist noch Anschlussberufung hätte einlegt werden können.

Es stellt sich nämlich die Frage, ob die vom OLG gestellte Frist eventuell nicht formgerecht gestellt und damit nicht wirksam war.

Beobachter X behauptet:

Die Handhabung des OLG entspricht nicht den Vorgaben der ZPO.
So hätte das Gericht in seiner Verfügung nicht lediglich eine Frist
„zur Stellungnahme" setzen dürfen, sondern hätte ausdrücklich eine
Frist zur Berufungserwiderung vorgeben müssen, wie es § 521 Abs.2 Satz1 ZPO ausdrücklich vorsieht. Eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme ist nämlich nur für den Berufungsführer selbst vorgesehen und zwar zum Zwecke der Replik auf die Berufungserwiderung. Dabei ist die exakte Bezeichnung nicht bloße Förmlichkeit. Sie ist entscheidend dafür, dass die Frist im Sinne des § 524 Abs. 2 ZPO in Gang gesetzt wird, da diese Vorschrift ausdrücklich davon spricht, dass die Anschlussberufung bis zum „Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufung" vorgenommen werden kann. Somit ist vom OLG eine wirksame Frist zur Berufungserwiderung nicht gesetzt worden.
Das gleiche ergibt sich auch dadurch, dass in der Verfügung entgegen § 521 Abs.2 Satz 2 und § 277 Abs. 2 ZPO jede Belehrung über die Folgen der Fristversäumung fehlten.

Beobachter Y widerspricht:

Der Wirksamkeit der Fristsetzung steht nicht entgegen, dass die Verfügung nicht ausdrücklich das Wort Berufungserwiderung enthält. Der Partei B ist zusammen mit der Verfügung auch die Berufungsbegründung zugestellt worden, so dass klar war worauf sich die angeforderte Stellungnahme bezog. Der wirksamen Fristsetzung steht auch nicht entgegen, dass eine Belehrung über die Folgen der Fristversäumnis fehlte. Eine solche Belehrung ist bei einer anwaltlich vertretenen Partei nicht geboten. Von Rechtsanwälten muss erwartet werden, dass sie sich über die Folgen der Nichteinhaltung einer richterlichen Frist im klaren sind. Somit kann sich die Belehrungspflicht nur auf die Naturalpartei beziehen.

Wer dürfte nun Recht haben X oder Y?
Ich bin gespannt auf eure Meinung, danke und Gruß



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1 Antwort
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#1
 Von 
Snoop Pooper Scoop
Status:
Student
(2858 Beiträge, 1121x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Von Rechtsanwälten muss erwartet werden <hr size=1 noshade>


Dem würde ich hier auch zustimmen.

Die Meinung von X entspricht eher einem extremen Glauben an "magische Worte" oder einer sehr engen Auslegung gemutmaßter Formvorschriften. Aber Formen sind letztlich nur dafür da, bestimmte Rechte zu wahren und nicht um ihrer selbst willen. (Deswegen gibt es ja auch so Dinge wie §189 ZPO , damit niemand sagen kann "ich habe den Brief zwar erhalten, aber wegen Formmängeln gilt er trotzdem nicht als zugestellt". Genau so ist hier klar, daß die Frist dem Rechtsbeistand der Partei klar gemacht worden ist, sodaß er nicht mehr sagen kann "Ich habe das zwar gelesen und weiß auch, wie ein Berufungsverfahren läuft, aber weil das falsche Wort verwendet worden ist, darf ich mich so verhalten als wäre ich ein hauptschulabbrechender Laie".)

Im übrigen verlangt §521 II ZPO auch gar keine explizite Verwendung bestimmter Worte. Einschlägige Rechtsprechung dürfte dazu auch nicht anderweitig lauten.

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