neue Argumentation nach Vorverfahren

12. Dezember 2022 Thema abonnieren
 Von 
shakathe
Status:
Frischling
(46 Beiträge, 0x hilfreich)
neue Argumentation nach Vorverfahren

Folgender Fall: Ich schreibe dem Gericht eine dreiseitige Klage und die Gegenseite schreibt ihre Klageerwiderung und bittet darum, die Klage abzuweisen. In der Klageerwiderung stehen viele Gründe, aber nirgendwo wird angezweifelt, dass die Individidualvereinbarung keine ist und das Zustanadekommen mehr als fraglich gewesen sei. Beim Gütetermin geht der Rechtsanwalt auf das Zustandekommen der Vereinbarung ein und ich komme ins strudeln, da ich nicht vorbereitet war. Kann das Gericht das wirklich in das Urteil einfließen lassen, wenn das im schriftlichen Vorverfahren nicht beanstandet wurde. Und ich jetzt bei der Urteilsverkündung blöd dastehe, obwohl im schriftlichen Vorverfahren darauf gar nicht eingegangen wurde. Und die Klage abgewiesen wird mit der Begründung es läge keine Individualvereinbarung vor.

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10 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Zuckerberg
Status:
Lehrling
(1908 Beiträge, 1145x hilfreich)

Ich sehe da kein Problem.

Es obliegt jeder Partei selbst (und dem Kläger ganz besonders), auf alles vorbereitet zu sein und den Streitgegenstand unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt durchdacht zu haben. Dabei hilft der Partei ein Rechtsanwalt, der diese Aufgabe mal gut mal schlecht erfüllt (freie Anwaltswahl).

Das Gericht muss das objektiv richtige Recht auf den Sachverhalt anwenden. Dabei muss es auch alle rechtlich vertretbaren Argumente berücksichtigen. Das sind ggf. sogar Argumente, die überhaupt nicht von einer der Parteien vorgebracht wurden. Dann darf (und muss) das Gericht erst recht die Argumente berücksichtigen, die (vermeintlich) "zu spät" vorgebracht wurden.

Das gilt insbesondere dann, wenn Sie als Partei in der mündlichen Verhandlung doch noch Gelegenheit haben, Stellung zu nehmen.

Das Vorverfahren hat nicht den Zweck, den Kläger auf das vorzubereiten, was ihn erwartet. Und es beschränkt nicht die dem Beklagten später noch zur Verfügung stehenden Argumente.

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#2
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(127400 Beiträge, 40801x hilfreich)

Zitat (von shakathe):
Kann das Gericht das wirklich in das Urteil einfließen lassen, wenn das im schriftlichen Vorverfahren nicht beanstandet wurde. Und ich jetzt bei der Urteilsverkündung blöd dastehe, obwohl im schriftlichen Vorverfahren darauf gar nicht eingegangen wurde. Und die Klage abgewiesen wird mit der Begründung es läge keine Individualvereinbarung vor.

Ja.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#3
 Von 
shakathe
Status:
Frischling
(46 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Ja.

Zitat (von Zuckerberg):
Das Gericht muss das objektiv richtige Recht auf den Sachverhalt anwenden. Dabei muss es auch alle rechtlich vertretbaren Argumente berücksichtigen. Das sind ggf. sogar Argumente, die überhaupt nicht von einer der Parteien vorgebracht wurden. Dann darf (und muss) das Gericht erst recht die Argumente berücksichtigen, die (vermeintlich) "zu spät" vorgebracht wurden.


Danke, sehr Interessant.

Blöderweise war ich nicht vorbereitet, da der Beklagte und sein Anwalt den Inhalt des Individualvertrags gar nicht abgestritten hatten in der Klageerwiderung, obwohl ich es in der Klageschrift aufgeführt hatte, daher dachte ich, damit können die jetzt gar nicht mehr kommen. Komisch, in dem Merkzettel vom Gericht steht doch, man soll alle Punkte, die nicht stimmen widerlegen. Haben die aber nicht und als der Richter merkte, so freiwillig hat der Beklagte das gar nicht unterschrieben, hat der Richter das einfach zugelassen...

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#4
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(40260 Beiträge, 14322x hilfreich)

Merkzettel ersetzen keine §§. Das Gericht wird sich ausschließlich mit dem Sachvortrag, sei er mündlich oder schriftlich vorgetragen, befassen, und in diesem Zusammenhang prüfen, ob der Vortrag verspätet ist (nach den Gesetzen, nicht nach dem Merkblatt) und ob er erheblich ist, dann noch, wer für was die Beweislast trägt.

wirdwerden

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#5
 Von 
cirius32832
Status:
Richter
(8519 Beiträge, 1794x hilfreich)

Vielleicht wäre eigener Anwalt in der Sache besser gewesen

Signatur:

https://www.antispam-ev.de

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#6
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(35882 Beiträge, 6091x hilfreich)

Zitat (von shakathe):
aber nirgendwo wird angezweifelt, dass die Individidualvereinbarung keine ist und das Zustanadekommen mehr als fraglich gewesen sei.
Warum sollte der Beklagte das anzweifeln?
Zitat (von shakathe):
Und die Klage abgewiesen wird mit der Begründung es läge keine Individualvereinbarung vor.
Kann passieren.
Liegt schon ein Urteil vor ?

Signatur:

Ich schreibe hier nur meine Meinung.

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#7
 Von 
Spezi-2
Status:
Senior-Partner
(6669 Beiträge, 2344x hilfreich)

Zitat:
In der Klageerwiderung stehen viele Gründe, aber nirgendwo wird angezweifelt, dass die Individidualvereinbarung keine ist und das Zustanadekommen mehr als fraglich gewesen sei.

Vermutlich hat das den Grund daß die Individidualvereinbarung in der Klage zwar behauptet worden ist, aber kein Beweis dafür genannt wurde.
Und in der Klagbeantwortung steht nicht der Standartsatz , daß das Vorbringen des Klägers betritten wird, dann brauchte der Beklagte auch nicht auf jede Behauptung einzeln eingehen.

-- Editiert von User am 13. Dezember 2022 19:30

Signatur:

Meine Beiträge sind keine juristischen Ratschläge, sondern sollen dem Erfahrungsaustausch dienen.

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#8
 Von 
shakathe
Status:
Frischling
(46 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von Anami):
Liegt schon ein Urteil vor ?


nein, aber ich konnte nicht belegen, dass was ausgehandelt wurde und aus der Vereinbarung gehen nur Vorteile für mich hervor...

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#9
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(40260 Beiträge, 14322x hilfreich)

Also eine Beweislastfrage. Diese Alternative hatte ich ja schon aufgezeigt. Du konntest etwas nicht belegen, hättest es eigentlich schon in der Klageschrift belegen müssen. Der klassische Aufbau: man behauptet Anspruch, belegt durch Beweise bzw. Beweisangebote, dass dieser Anspruch dem Grund nach besteht. Und dann muss man in der zweiten Stufe vortragen, dass die Höhe berechtigt ist. Ebenfalls mit Beweisangeboten.

Das alles wurde wohl nicht mal im Ansatz sauber vorgetragen. Manchmal ist es wirklich sinnvoll, jemanden mit Fachkenntnis zu mandatieren.

wirdwerden

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(35882 Beiträge, 6091x hilfreich)

Zitat (von shakathe):
aber ich konnte nicht belegen,
Dann wirst du bei der Urteilsverkündung tatsächlich blöd dastehen, d.h. deine Klage wird wohl abgewiesen werden.
Dann waren die 3 Seiten der Klageschrift wohl alles andere als deutlich und Belege nicht beigefügt.

Signatur:

Ich schreibe hier nur meine Meinung.

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