Irrtum über das Vorhandensein? --> 119 BGB

25. Dezember 2012 Thema abonnieren
 Von 
Padreic
Status:
Schüler
(245 Beiträge, 32x hilfreich)
Irrtum über das Vorhandensein? --> 119 BGB

Hallo!

Heute schreibt mir doch tatsächlich ein Anwalt:

quote:<hr size=1 noshade>Der Ehemann unserer Mandantin hat das iPhone versehentlich entsorgt. Dies geschah so, dass sich das iPhone unter mehreren Zeitschriften auf einem Tisch befand. Als er die Zeitungen entsorgen wollte, hat er versehentlich auch das Handy mit weggeworfen. Daher irrte unsere Mandantin bei Einstellen des Angebotes über eine Eigenschaft des Handys, nämlich über das Vorhandensein.

Unsere Mandantin ist daher zur Anfechtung berechtigt. Unsere Mandantin hat den Vertrag bereits angefochten, nämlich mit Beendigung des Angebotes, spätestens jedoch mit ihrer E-Bay-Nachricht vom 8. Dezember 2012. <hr size=1 noshade>


Ich möchte jetzt überhaupt nicht auf die "eBay Problematik" eingehen, die hier der geneigte Leser zu erkennen vermag.
Diese scheint der Anwalt ebenfalls nicht zu kennen und das kann gerne so bleiben.

Mir geht es darum, dass er behauptet der „Irrtum über das Vorhandensein" sei ein zur Anfechtung nach § 119 BGB berechtigender Irrtum.

Das ist doch Schwachsinn oder? Ich bin deswegen so verwirrt, weil dies von einer allem Anschein nach seriösen Anwaltskanzlei kommt...

Vielen Dank für eure Antworten!



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6 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
pro_forma
Status:
Praktikant
(556 Beiträge, 287x hilfreich)

Hallo,

der Anwalt beruft sich auf einen Eigenschaftsirrtum (§ 119 II BGB ) und gibt genauer an, sich die Mandantin in der Hinsicht irrte, dass das iPhone tatsächlich vorhanden gewesen sei. Die Bezeichnung "Irrtum über das Vorhandensein" ist lediglich eine genauere Beschreibung des tatsächlichen Irrtums, bezieht sich aber auf den o.g. Eigenschaftsirrtum (= "liegt dann vor, wenn sich der Erklärende über eine verkehrswesentliche Eigenschaft einer Sache irrt, die Gegenstand des Rechtsgeschäfts ist").

Die Erklärende hat sich hierbei zum Zeitpunkt des Verkaufs darüber geirrt, dass die Sache tatsächlich vorhanden ist, daher ist eine Anfechtung legitim. Man muss daher davon ausgehen, dass Sie den Verkauf nicht getätigt hätte, wenn sie gewusst hätte, dass die Sache nicht vorhanden ist.

Grüße
pro_forma

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-- Editiert pro_forma am 25.12.2012 17:34

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#2
 Von 
mepeisen
Status:
Unsterblich
(24959 Beiträge, 16164x hilfreich)

Unabhängig davon ob das nun ein irrtum ist oder nicht:

Soweit die Sache tatsächlich nicht vorhanden ist (und es nicht beispielsweise in einer neuen Auktion für teurer verkauft wurde), würde man auch schwerlich mit dem bestehen auf Erfüllung des Kaufvertrages etwas erreichen. Die Erfüllung ist nicht möglich, das Geld bekommt man so oder so zurück. Etwaiger Schaden entsteht ggf. gar nicht erst bzw. ist nur sehr schwer messbar. Dazu müsste man den Wert des iPhones bestimmen, ein gleichwertig Gebrauchtes finden und dann den Differenzbetrag ausrechnen. Wenn überhaupt kommt da nicht viel bei rum.

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"Meine Beiträge stellen keine Rechtsberatung dar. Sicherheit gibts nur beim Anwalt."

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Padreic
Status:
Schüler
(245 Beiträge, 32x hilfreich)

Danke für eure Antworten.

Aber ich kann noch immer nicht nachvollziehen, inwiefern der Ort an dem sich das iPhone befindet eine Verkehrswesentliche Eigenschaft dessen sein soll.

Die Nicht- oder Nicht-So Existenz wäre noch vertretbar.

Aber es ist doch unproblematisch möglich, Dinge zu verkaufen die man nicht Besitzt.

Würde man dies als Irrtum anerkennen, würde die Anfechtung wiederum auf ein verstecktes Reuerecht hinauslaufen, da sich mit dieser Argumentation (fast) jeder vom KV lösen könnte.

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0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
mepeisen
Status:
Unsterblich
(24959 Beiträge, 16164x hilfreich)

Nochmal: Auch wenn etwas gekauft wird, was der Verkäufer nicht besitzt. Was anderes will man denn zivilrechtlich erreichen außer einer Rückabwicklung des Kaufvertrages?

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"Meine Beiträge stellen keine Rechtsberatung dar. Sicherheit gibts nur beim Anwalt."

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#5
 Von 
Ebenezer
Status:
Lehrling
(1235 Beiträge, 630x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Aber ich kann noch immer nicht nachvollziehen, inwiefern der Ort an dem sich das iPhone befindet eine Verkehrswesentliche Eigenschaft dessen sein soll. <hr size=1 noshade>


Das ist in der Tat Humbug. Das Eigentum (oder sogar die Existenz) eines Gegenstandes ist keine der Sache anhaftende wertbildende Eigenschaft. Allerdings ist die Verkäuferin nach §275 I BGB von der Pflicht zur Leistung frei geworden.

Sie haftet aber nach §311a BGB auf das positive Interesse sofern sie r nicht nachweisen kann, dass sie beim Erstellen der Auktion weder wusste, adss das Handy weg war noch dies wissen musste (hier wird die Sache dann im Streitfall gefährlich. Dieses "wissen musste" steht allein im Ermessen des Gerichtes).

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"Wenn Ihnen mein Beitrag geholfen hat, freue ich mich sehr über eine positive Bewertung (3-5 Sterne)!"

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
BuffySlayer
Status:
Praktikant
(993 Beiträge, 483x hilfreich)

quote:
Was anderes will man denn zivilrechtlich erreichen außer einer Rückabwicklung des Kaufvertrages?


Schadensersatz (ich vermute mal, das Handy ging "zufällig" besonders günstig weg?) i.H.v. Wert minus Kaufpreis.

quote:
Unsere Mandantin hat den Vertrag bereits angefochten, nämlich mit Beendigung des Angebotes


Unfug.

quote:
spätestens jedoch mit ihrer E-Bay-Nachricht vom 8. Dezember 2012


Sofern dies überhaupt noch "unverzüglich" i.S.d. Gesetzes (14 Tage) war.

quote:
Daher irrte unsere Mandantin bei Einstellen des Angebotes über eine Eigenschaft des Handys, nämlich über das Vorhandensein.


Unfug, wie Ebenezer schon richtig schrieb. IMO handelt es sich eher um einen verborgenen Kalkulationsirrtum ("ich habe noch 1 Handy übrig zum Verkauf"), der nicht zur Anfechtung berechtigt. Ggfs. handelt es sich auch um einen - ebenfalls unbeachtlichen - Motivirrtum ("ich will genau das Handy verkaufen, das auf dem Tisch liegt, sofern es nicht zwischenzeitlich verloren geht").

Im Gegensatz zur offenkundigen Ansicht der Gegenseite ist nämlich Besitz keinesfalls zwingende Voraussetzung für den Verkaufswillen (da man ja sogar Dinge rechtswirksam verkaufen* kann, an denen man weder Besitz noch Eigentum hat).

______
* Nur das Eigentum kann man dann nicht rechtswirksam verschaffen, macht sich also schadensersatzpflichtig gegenüber dem K.

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