Hallo zusammen,
Zuerst möchte ich euch den Fall vorstellen:
Ich habe am 25.11.2015 ein Tablet vom fiktiven Hersteller MS gekauft.
Dieses wurde am 27.11.2015 geliefert und von mir entgegengenommen.
Am 21.01.2016 habe ich MS erstmals mitgeteilt dass das Tablet Mängel aufweist.
Trotz mehrfacher Versuche, diese Mängel im Wege der Reparatur bzw. des Austausches zu beheben, ist dies MS nicht gelungen. Auch das am 03.03.2016 erhaltene Austauschgerät wies wieder die selben Mängel auf. Daher habe ich am 05.03.2016 den Rücktritt per E-Mail erklärt.
Dafür hat der Händler MS eine extra Mail-Adresse.
Nun zu meinen Fragen:
1) Da es zu den Kosten der Rückabwicklung des Kaufvertrags (z.B. Kosten für Rücktransport) keine kaufvertragliche Regelung gibt, § 439 Abs. 2 BGB
regelt ja nur die Kosten der Nacherfüllung, frage ich mich ob ich das Tablet zurücksenden muss oder ob MS es bei mir abholen muss?
2) Wenn ich das Gerät nicht zurücksenden muss, es nur zur Abholung bereit halte, muss MS mir dann schon den Kaufpreis zurückerstatten oder erst wen das gerät bei MS ist?
3) Ist mir der gesamte Kaufpreis zurückzugewähren auch wenn ich im Fall 1) das gerät z.B. noch 2 Monate habe bevor es abgeholt wird?
4) Wenn alle Fragen zutreffen, dann könnte ich ja theoretisch das Gerät weiter benutzen "gratis" bis MS es bei mir abholt und somit ein "gratis Tablet" haben. Was meint ihr?
Würde mich riesig freuen wenn ihr mir diese Fragen beantworten könntet
Muss ich die Kaufsache nach dem Rücktritt zurückschicken oder muss der Verkäufer sie abholen?
Fragen zu einem Vertrag oder Klauseln?
Fragen zu einem Vertrag oder Klauseln?
zu 1): Der Verkäufer muss abholen lassen. Meiner Erinnerung nach gibt es dazu ein BGH-Urteil, kann ich bei Bedarf heraussuchen.
zu 2): Es ist eine Leistung Zug-um-Zug, d.h. es ist jeder verpflichtet seinen Teil zu erbringen, unabhängig von der Gegenleistung des anderen. Da Deine Gegenleistung aber ohnehin nur im Bereithalten zur Abholung besteht, hast Du die erfüllt, sobald Du erklärst, dass das Gerät zur Abholung bereithält.
zu 3): Du musst Dir nur gezogenen Nutzen anrechnen lassen, also die Zeit bis zum Rücktritt bzw. bis zur Mitteilung der Mängel. Das wären 2/36 des Kaufpreises.
zu 4): Würde ich nicht anraten. Wenn nach dem Rücktritt weitere Mängel auftreten (bspw. fällt es Dir auf den Boden), dann haftest Du evtl. für diese. Insbesondere wenn die Gegenseite noch nicht in Annahmeverzug ist - dafür muss dann eine Frist für die Abholung gesetzt werden.
Zitat:Meiner Erinnerung nach gibt es dazu ein BGH-Urteil, kann ich bei Bedarf heraussuchen.
Das würde mich interessieren, denn meiner Recherche nach gibt es eben noch kein passendes BGH-Urteil.
(Ältere BGH-Urteile beziehen sich entweder auf den Erfüllungort bei Gewährleistung, um die es hier nicht mehr geht, oder sind noch zum alten Schuldrecht ergangen, so dass eine Übertragbarkeit strittig ist.)
Die Frage, wo der Erfüllungsort beim Rücktritt liegt (und damit die Frage "Hinschicken oder Abholen lassen") scheint in der juristischen Welt durchaus kontrovers diskutiert zu werden, wobei sich auf untergerichtlicher Ebene eine Mehrheit bei "Erfüllungsort beim Verkäufer, d.h. Käufer muss zurückschicken" erkennen lässt, während sich auf OLG-Ebene eine Tendenz zu "Erfüllungsort beim Käufer, d.h. Verkäufer muss abholen lassen" abzeichnet.
Hier die Meinung des OLG Karlsruhe: https://openjur.de/u/634318.html
Interessant die Rn. 11+12, weil da auch gegenteilige Urteile erwähnt werden.
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Zitatoder sind noch zum alten Schuldrecht ergangen, so dass eine Übertragbarkeit strittig ist. :
War auch zum alten Schuldrecht (Dachziegelentscheidung), ich sehe das Problem der Übertragbarkeit hier aber nicht. Um das OLG Schleswig zu zitieren "Bei Wandlung und gesetzlichem Rücktritt handelt es sich im Wesentlichen um das gleiche Rechtsinstitut."
Zitatwobei sich auf untergerichtlicher Ebene eine Mehrheit bei "Erfüllungsort beim Verkäufer, d.h. Käufer muss zurückschicken" erkennen lässt, :
Sehe ich jetzt nicht. Strittig ist meines Wissens die Annahme eines einheitlichen Erfüllungortes, d.h. sowohl für Kaufpreisrückzahlung als auch Rückgewähr der Ware. Hier wird teilweise darauf abgehoben, dass der Erfüllungsort der Kaufpreisrückzahlung der Sitz des Händlers ist.
Dass der Erfüllungsort der Rückgewähr der Ware der Wohnort des Käufers bzw. der Aufenthaltsort der Ware ist, ist meines Wissens unstrittig. Würde man zu einer gegenteiligen Ansicht kommen, so wäre der Käufer bei einem Rücktritt schlechter gestellt als bei der Nacherfüllung(*), was angesichts der für ihn höheren Anforderungen an den Rücktritt gegenüber dem Nacherfüllungsverlangen nicht sein darf.
(*) Da bspw. §439 Abs. 2 BGB nicht anwendbar ist, müsste der Käufer den Rücktransport bezahlen.
-- Editiert von JogyB am 08.03.2016 14:37
Zitat:
zu 3): Du musst Dir nur gezogenen Nutzen anrechnen lassen, also die Zeit bis zum Rücktritt bzw. bis zur Mitteilung der Mängel. Das wären 2/36 des Kaufpreises.
Ist der Wertersatz nicht vergleichbar mit dem im Urteil AG Steinfurt (Urteil v. 12.10.2011, 4 C 168/10 )?
Dort wurde eine Nutzungsdauer von 312 Wochen genommen.
Das Gerät hat sich vom 27.11.2015-21.01.2016 bei mir befunden. Dann habe ich es das erste Mal eingeschickt.
Am 17.02.2016 ist dann das Austauschgerät geliefert worden. Dieses habe ich dann am 18.02.2016 wieder eingeschickt.
Das zweite Austauschgerät hat mich dann am 03.03.2016 erreicht. Da das wieder Mangelhaft war/ist, erklärte ich am 05.03.2016 den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Wenn ich mich nicht verrechnet habe sind das 59 Tage in denen ich es genutzt habe.
Nach meiner Rechnung müsste ich somit einen Wertersatz in höhe von 48,60€ entrichten falls das von mir verlangt wird.
Üblicherweise wird bei der Berechnung des Wertersatzes die Abschreibung nach AfA angesetzt. Da würde ich die drei Jahre von Computern nehmen. Wieso das AG Steinfurt 6 Jahre annimmt, kann ich jetzt auch nicht sagen.
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