Schulrecht: Attestpflicht und Unterrichtsbefreiung aufgrund akuter Erkrankung

25. Januar 2020 Thema abonnieren
 Von 
CottonEyeJoe
Status:
Beginner
(55 Beiträge, 17x hilfreich)
Schulrecht: Attestpflicht und Unterrichtsbefreiung aufgrund akuter Erkrankung

Hallo,

folgender (fiktiver) Fall:
Ein minderjähriger, schulpflichtiger Schüler (Bayern) leidet an Migräne. Die Diagnose gilt als gesichert, er befindet sich diesbezüglich in medizinischer Behandlung. Die Erkrankung sorgt für nicht unerhebliche Fehlzeiten. Die Schule besitzt Kenntnis von der Diagnose, verhängt jedoch aufgrund der Fehlzeiten eine Attestpflicht; die rechtlichen Voraussetzungen dafür sind nach BaySchO § 20 ("wenn sich krankheitsbedingte Schulversäumnisse einer Schülerin oder eines Schülers häufen") unstrittig erfüllt.

Von der sich daraus ergebenden Problematik eines Arztbesuchs unter Migräne, der allein der Attestierung dient, und anderweitig einer Besserung eher hinderlich als zuträglich ist (die geeigneten und auch angewendeten Maßnahmen sind Schmerzmittel und Bettruhe) mal ganz abgesehen: wie verhält es sich hinsichtlich der Attestpflicht im Falle einer akuten Migräneattacke während des Unterrichts, aufgrund der eine krankheitsbedingte Unterrichtsbefreiung durch die Schule veranlasst wird?

Der Schüler ist in diesem Zustand, der mit Auren und Orientierungslosigkeit einhergeht, nicht in der Lage, selbstständig den Arzt aufzusuchen. Bis die Erziehungsberechtigten eingreifen können, ist die Praxis ggf. bereits geschlossen (Nachmittagsunterricht), somit verbleibt in erster Linie die Option, den Notdienst des lokalen Klinikums zur Ausstellung eines Attestes zu bemühen - oder treffender gesagt: zu missbrauchen.
Ein Attest des behandelnden Arztes am Folgetag ist nicht rückdatierbar, und genügt somit nicht den Anforderungen. Versäumter Unterricht nach einer krankheitsbedingten, akuten Unterrichtsbefreiung würde somit als unentschuldigte Fehlzeit gewertet.

Im geschilderten Fall sei eine vernunftbasierte Einigung mit der Schule nicht möglich. Wie ist hier die Rechtslage?

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5 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(32254 Beiträge, 5666x hilfreich)

Zitat (von CottonEyeJoe):
Ein Attest des behandelnden Arztes am Folgetag ist nicht rückdatierbar,
So absolut würde ich das nicht stehen lassen wollen.
Die Migräneanfälle sind bekannt, auch dem Arzt bekannt, der schon öfter deswegen auch Schulbefreiungen geschrieben hat.
Sollte es an diesem einen Tag liegen, wird der Arzt ohne großes Tamtam die Schulbefreiung rückdatieren.
Außerdem ist es der Schule bekannt.
Zitat (von CottonEyeJoe):
aufgrund der eine krankheitsbedingte Unterrichtsbefreiung durch die Schule veranlasst wird?
Das dürfte allein schon ein -entschuldigt-- ergeben.

Wenn die Schule sich hartleibig zeigt, kann sie nach § 20 BaySchO :
In den Fällen von Satz 1 Nr. 2 kann die Schule auch die Vorlage eines schulärztlichen Zeugnisses verlangen.
Das sollte dann auch keine Probleme bereiten.
Evtl. können die Eltern sogar selbst ein solche Zeugnis beantragen.
Solche Erkrankung heilen selten innerhalb eines kurzen therapierten Zeitraums aus.

1x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
guest-12325.11.2022 10:42:04
Status:
Praktikant
(696 Beiträge, 109x hilfreich)

Jetzt mal eine doofe Frage eines Laien: Wie attestiert der Arzt denn Migräne oder insbesondere wie rückwirkend? Oder kann das Kind einfach Migräne sagen und hat automatisch einen Freifahrtschein?

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
cirius32832
Status:
Schlichter
(7244 Beiträge, 1526x hilfreich)

Zitat:
Oder kann das Kind einfach Migräne sagen und hat automatisch einen Freifahrtschein?


Das ist der Kern des Problems, was die Schule hat. Nur hat der Schüler eben eine Migräne die über den Kopfschmerz hinausgeht. Ich selber habe ca. ein bis zweimal im Jahr derartige Migräneattacken.

Besonders die Auren - das Flimmern vor den Augen ist dann so stark dass es einer Erblindung gleichkommen kann.

Ich schliesse mich Anamis Erläuterungen an

Signatur:

https://www.antispam-ev.de

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
CottonEyeJoe
Status:
Beginner
(55 Beiträge, 17x hilfreich)

Zunächst mal: vielen Dank für die Antworten!

Bzgl. der Rückdatierbarkeit eines Attestes habe ich in der Tat Quellen gefunden, nachdem dies in begründeten Fällen max. bis zu drei Tage im Nachhinein möglich ist. Das würde das Problem ggf. lösen - möglicherweise aber nicht ohne zusätzlichen Ärger, da die Schule dazu neigt, das Recht schon etwas arg nach Gusto auszulegen.

Ich werde zur Klärung dennoch das KuMi einschalten, denn die Sache ist mir so etwas zu wackelig.

Zitat (von TidoZett):
Jetzt mal eine doofe Frage eines Laien: Wie attestiert der Arzt denn Migräne oder insbesondere wie rückwirkend? Oder kann das Kind einfach Migräne sagen und hat automatisch einen Freifahrtschein?


Das ist durchaus eine gute Frage, und Sie formulieren auch schon direkt das Problem: weder ein Laie, noch der beste Arzt kann letztendlich be- oder wiederlegen, dass jemand unter einer Migräneattacke leidet. Es gibt dafür kein Mess- oder Testverfahren. Gleichzeitig dürfte unumstritten sein, dass Migräne als Krankheit keine Erfindung ist, genau wie viele andere Krankheiten, für die es keine Akuttests gibt.

Der Arzt kann und wird hier lediglich ein Attest auf Grundlage der Schilderung des Patienten und der bekannten Krankengeschichte (die ebenfalls auf den Schilderungen des Patienten beruht) ausstellen, ohne dass dies irgend einen produktiven Sinn hätte.

Ich verstehe Ihre Bedenken hinsichtlich des "Freifahrtscheins". Bedenken Sie andererseits aber auch die Lage des Patienten, der tatsächlich unter Migräne leidet, und mangels Beweisbarkeit als Simulant bezichtigt wird.
Meine Bedenken gelten vor allem dem versäumten Unterrichtsstoff, für dessen eigenständiges Nachholen es leider keinerlei "Freifahrtschein" gibt, weder auf freiwilliger noch auf angeordneter Basis.

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(32254 Beiträge, 5666x hilfreich)

Zitat (von CottonEyeJoe):
Ich werde zur Klärung dennoch das KuMi einschalten,
Nun ja, wenn die helfen können?
Warum formuliert man alles in *möglich---möglicherweise---ggfl.?
Was ist denn seit 25.1. gemacht worden?
Zitat (von CottonEyeJoe):
Die Diagnose gilt als gesichert, er befindet sich diesbezüglich in medizinischer Behandlung.
Warum diskutiert man dann über Freifahrtsscheine und *doofe* Fragen? Diese Frage stellt doch jemand, der zugegebenermaßen nichts weiß über Migräne.

Die Schulordnung lässt noch mehr zu:
In den Fällen von Satz 1 Nr. 2 kann die Schule auch die Vorlage eines schulärztlichen Zeugnisses verlangen. Ein Zeugnis nach den Sätzen 1 und 2 ist der Schule innerhalb von zehn Tagen, nachdem es verlangt wurde, vorzulegen; wird es nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, gilt das Fernbleiben als unentschuldigt. Ein Zeugnis kann in der Regel nur dann als genügender Nachweis für die geltend gemachte Erkrankung anerkannt werden, wenn es auf Feststellungen beruht, die die Ärztin oder der Arzt während der Zeit der Erkrankung getroffen hat.

Wenn der Schüler unter Migräne leidet und das ärztlich sicher ist, verstehe ich nicht, was das KuMi da tun soll.
Zitat (von CottonEyeJoe):
Meine Bedenken gelten vor allem dem versäumten Unterrichtsstoff,
Ja, doch was soll ein --Entschuldigt-- wegen Migräne oder ein --Unentschuldigt--- wegen fehlendem Attest nun daran ändern?
Und was würde ein Attest, welches von dem vertrauten Arzt auch 1-3 Tage später oder von einem Schularzt ausgestellt würde, daran ändern?

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