"Juristisch geprüft": Wann darf ein Anbieter das von sich behaupten?

25. März 2015 Thema abonnieren
 Von 
tenstoppet
Status:
Frischling
(21 Beiträge, 4x hilfreich)
"Juristisch geprüft": Wann darf ein Anbieter das von sich behaupten?

Hallo zusammen,

zunächst: Ich bin neu hier im Forum und kein RA, studiere allerdings nebenbei im Fernstudium Jura.

A betreibt Online-Angebot zu einem bestimmten Rechtsgebiet. Es handelt sich um eine Erstellungshilfe für rechtlich relevante Texte, im Prinzip eine Phrasensammlung. In diesem speziellen Gebiet - und das ist keine Raketenwissenschaft - kennt A sich gut aus, d.h. A kann beurteilen, dass das Angebot und die daraus hervorgehenden Ergebnisse in für die Praxis ausreichendem Maße rechtssicher sind, soweit dies im Einfluss des A liegt. Die Texte werden üblicherweise nicht von Anwälten verfasst, es handelt sich hier also nicht etwa um Gesellschaftsverträge o.ä. (Um das Beispiel plastischer zu machen: Beispielsweise könnte es ein Angebot für Vordrucke für Vertragskündigungen sein, oder ein Generator für Impressumstexte.)

Aus Marketing-Gesichtspunkten möchte A das Angebot als "juristisch geprüft" bewerben. Die Frage ist, ab wann eine Grundlage für diese Behauptung gegeben ist, so dass sich daraus nicht womöglich ein Wettbewerbsverstoß ggü. anderen Anbietern ergibt. A möchte keinen Etikettenschwindel betreiben, sondern hier wirklich ein erforderliches Maß an Sorgfalt erfüllen.

Einerseits könnte man nun argumentieren, "Jurist" ist kein geschützter Begriff, und "geprüft" heißt nicht notwendigerweise "fehlerfrei mit Bestnote bewertet". Überspitzt würde diese Bewertung dem A die Möglichkeit bieten, evtl. einen anderen Sachverständigen (vielleicht nichteinmal einen RA) um eine kurze Durchsicht und formlose Beurteilung zu bitten, danach aber unabhängig vom Ergebnis das Prädikat "juristisch geprüft" zu verwenden.

Andererseits schwingt mit einem solchen Prädikat eine gewisse Erwartungshaltung mit. Nutzer des Angebots würden womöglich vermuten: Da hat sich ein RA hingesetzt, alles im Detail durchleuchtet und für rechtssicher befunden. Zumindest wäre es ja die Intention von A, einen solchen (oder ähnlichen) Eindruck zu vermitteln.

Wie ist Eure Einschätzung: Welche Hürde müsste A vermutlich nehmen, um "juristisch geprüft" neben sein Angebot zu schreiben? Muss er einen dazugehörigen Beleg direkt öffentlich machen, nur auf Anfrage, oder ggf. überhaupt nicht (solange kein Wettbewerber auf die Idee käme, einen Wettbewerbsverstoß zu unterstellen)? Ich gehe nicht davon aus, dass sich hier ganz konkrete Aussagen treffen lassen, aber Meinungen und Hinweise auf ähnliche Fälle sind sehr willkommen.

Danke schonmal!

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6 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Hafenlärm
Status:
Lehrling
(1505 Beiträge, 1743x hilfreich)


Wenn so eine Vertragskündigung nicht wirksam ist und der rechzeitige Kündigungspunkt damit verpasst wird, können horrende Schäden entstehen. Lustig sind auch immer die Fälle, in denen sich Abgemahnte darauf berufen wollen, diesen und jenen Impressumsgenerator verwendet zu haben. Der A bietet diese Dienste kommerziell an, oder? Das ist in weitem Umfang Rechtsanwälten vorbehalten. Interessant wäre auch, wie der A sich dabei die Haftungsfrage vorstellt. Rechtsanwälte sind versichert, der A wohl nicht.

Wenn ich meine Dienste als "geprüft" anpreise, dann impliziere ich damit ganz unabhängig des Präfix juritisch, medizinisch, technisch oder was auch immer, dass diese Prüfung keine Mängel/Risikos ans Tageslicht gebracht hat und fachmännisch erfolgt ist. Dieses Etikett würde also nicht unabhöngig des Prüfungsergebnis nutzen, und schon gar nicht bei Prüfung durch eine beliebige Person.
Jursitische Prüfungen sind (von Ausnahmen mal abgesehen) nunmal Rechtsanwälten vorbehalten. Wenn ich den Postboten ma eben bitte, nach Rechtsfehlern in meinem Text zu suchen, kann man das wohl nur schwer als juristische Prüfung verkaufen.

Die Argumenation, dass der Begriff "Jurist" nicht ähnlich wie der des Anwaltes geschützt wäre, ist viel zu spitzfindig, als dass Sie funktionieren könnte. Sowieso ist die Frage nach dem Schutz der Berufsbezeichnung uninteressant, wenn die Prüfung einem bestimmten Berufsstand vorbehalten ist.
Würden Sie sich Medikamente spritzen lassen, die von der Tierarzthelferin in Ausbildung "medizinisch geprüft" wurden?

Die Hürde, die der A nehmen muss, ist wohl die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder einfach die Beauftragung eines Anwaltes. Will er von diesem sicheren Weg abweichen, sollte er das wohl auch wiederum mit einem Anwalt abklären. Oder A lässt vorerst die Finger von solchen Angeboten, zumindest sollte er diese nicht über Wert anpreisen.
Wenn der A die Rechtkonformität seiner Rechtsdienstleistungen in einem Internetforum prüfen lassen müsste, so wäre das wohl ein indiz dafür, dass er keineswegs die notwendigen Kenntnisse zum Anbeiten solcher Dienstleistungen hat.


Wo kann man denn eigentlich wieder Jura im Fernstudium hinter sich bringen?
Meines Wissens gibt es solche Angebote nicht mehr in Deutschland.

1x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Tiger123
Status:
Praktikant
(998 Beiträge, 574x hilfreich)

Zitat (von Hafenlärm):

Wo kann man denn eigentlich wieder Jura im Fernstudium hinter sich bringen?
Meines Wissens gibt es solche Angebote nicht mehr in Deutschland.


Die Möglichkeit gibt es glaube ich schon, nur eben mit dem Ziel eines LLM Titels (oder so ähnlich?) und nicht mit der Möglichkeit dann auch Rechtsanwalt oder Richter zu werden...
Ich sehe hier schon auch Probleme mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz, kenn mich damit aber auch nicht so gut aus.

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
JenAn
Status:
Student
(2517 Beiträge, 2552x hilfreich)

Schau doch mal in den Anhang zu §3 III UWG :

"Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Absatz 3 sind [...]

4. die unwahre Angabe, ein Unternehmer, eine von ihm vorgenommene geschäftliche Handlung oder eine Ware oder Dienstleistung sei von einer öffentlichen oder privaten Stelle bestätigt, gebilligt oder genehmigt worden, oder die unwahre Angabe, den Bedingungen für die Bestätigung, Billigung oder Genehmigung werde entsprochen;
"

Auch wenn "juristisch geprüft" selbst keinen Schutzbereich tangiert, suggeriert es doch die Prüfung durch einen Fachanwalt, damit ist IMO "unwahre Angabe" und "sei von einer privaten Stelle bestätigt" erfüllt.

Natürlich ist es auch offensichtlich irreführend, wenn der "Jurist" in Wahrheit Bäcker Alfons war; nur weil der sich straffrei als "Jurist" bezeichnen kann, macht das die Angabe nicht "nicht irreführend". Denn die Angabe suggeriert nun mal fachliche Prüfung.

3x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119993 Beiträge, 39813x hilfreich)

"Jurist" darf sich jeder nennen, der sich so nennen mag.
Auch im geschäftlichen Verkehr.
Genau wie der Begriff "Anwalt" nicht geschützt ist.

Daraus aber ableiten zu wollen das "juristisch geprüft" ebenfalls "frei" verwendet werden kann, ist ein Fehlschluss. Genau wie das man die Bezeichnung "Jurist" und/oder "Anwalt" im geschäftlichen Verkehr problemlos verwenden könne.



Das Problem ist wie die "angesprochenen Verkehrskreise" das verstehen dürfen.
Hier z.B. die Formulierung "juristisch geprüft".
Da wird bei dem Angebot von A im Kontext erwartet das jemand mit entsprechender Qualifikation/Kompetenz diese Prüfung vorgenommen hat.
Bietet A hingegen nur eine zusammengeklöppelte Phrasensammlung an, dürfte diese die Anforderungen nicht erfüllen.
Das gibt es dann einige Probleme mit UWG, Rechtsdienstleistungsgesetz und nicht den 263 StGB vergessen ...

Zwar kann man sein Glück mit geschickten Formulierungen versuchen, das Problem ist aber, das das dann ein Anwalt machen sollte (wen man denn einen dafür findet).
Aber auch das schützt einen nicht vor Abmahnung, Unterlassungserkläung und auch nicht davor das sein Richter der Interpretation von A nicht folgen mag.



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
tenstoppet
Status:
Frischling
(21 Beiträge, 4x hilfreich)

Vielen Dank für die zahlreichen Antworten! Ihre Einschätzungen decken sich mit meiner, nämlich dass das Prädikat "juristisch geprüft" nur auf Basis einer tatsächlich anwaltlichen und auch positiv verlaufenen Prüfung erfolgen sollte. Insb. den Hinweis auf §3 III UWG fand ich hierbei hilfreich.

Kleine Abwandlung der Situation: Angenommen, das Online-Angebot von A würde von zwei verschiedenen Anwaltskanzleien von deren Websites verlinkt und - soweit überhaupt, ausschließlich positiv kommentiert ("Für Sie entdeckt:", "Angebot von A kann ... helfen"). A hat keinerlei Verbindung oder gar Kontakt zu diesen Kanzleien, d.h. die Linksetzung mit den entsprechenden Hinweisen ist als unabhängige Wertung zu verstehen. Dürfte A sein Angebot bewerben mit: "von Anwälten empfohlen"?

Weitere Abwandlung: Angenommen, das Angebot des A würde verlinkt/erwähnt in Angeboten und themenbezogenen Büchern anderer, die in ähnlichen Bereichen tätig sind und von Dritten als "Experten" auf dem Gebiet wahrgenommen werden (auf Grund ihrer Stellung, Branchenkenntnis usw.). Wie stünde es dann mit dem Werbehinweis "von Experten empfohlen"?

Und noch die offene Frage aus dem ursprünglichen Beitrag: Muss A einen Beleg direkt öffentlich machen, nur auf Anfrage, oder ggf. überhaupt nicht (solange kein Wettbewerber auf die Idee käme, einen Wettbewerbsverstoß zu unterstellen)?

(Das Rechtsdienstleistungsgesetz soll im Beispiel nicht zum Tragen kommen; gehen wir einfach davon aus, dass die von A gebotene Dienstleistung zwar auch, aber mitnichten in der Regel von Anwälten erbracht wird.)

Und off-topic zum Thema Fernstudium: http://www.fernuni-hagen.de/rewi/

1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
JenAn
Status:
Student
(2517 Beiträge, 2552x hilfreich)

Zitat:
Dürfte A sein Angebot bewerben mit: "von Anwälten empfohlen"?


Ich würde denken "ja", da es der Wahrheit entspricht und es keine verkehrsübliche Erwartungshaltung gibt, daß dies eine gewisse Mindestanzahl an Anwälten beinhaltet ("mehr als 100", "mehr als 10%" etc.).
Allerdings muß man dann auch den Wahrheitsgehalt ständig im Auge behalten, denn wenn die Anwälte ihre Verlinkungen wieder entfernen, wird es schon schwieriger mit dem Argument (dann müßte man verargumentiert bekommen, die Verkehrskreise verstünden auch "irgendwann vor drölf Jahren mal" darunter).

Zitat:
Wie stünde es dann mit dem Werbehinweis "von Experten empfohlen"?


Dito. Daß man sich im Einzelfall dann über die Definition von und verkehrsübliche Erwartung an "Experte" streiten kann, liegt in der Natur der Dinge. Da kommt dann ein Universtitätsprofessor sicherlich besser als ein Modeblogger, auch wenn es sich um Mode handelt. ;)

Disclaimer: Ich bin keine Anwältin, deswegen solltest du dir im gewerblichen Bereich idealerweise Anwaltsrat holen, das ist billiger als die erste Abmahnung.

Zitat:
Muss A einen Beleg direkt öffentlich machen, nur auf Anfrage, oder ggf. überhaupt nicht


Na spätestens wenn er auf Unterlassung verklagt wird. Aus UWG ergibt sich jedenfalls keine Kennzeichnungs- oder Beweispflicht im normalen geschäftlichen Verkehr ("direkt", "auf Anfrage").

Mal dumm gesagt, wenn ich mit "Der größte Fischhandel in Deutschland" werbe, dann muß ich das im Zweifel erst in einem Unterlassungsverfahren gegen mich beweisen, aber ich muß nicht proaktiv die Fischhandelsstatistik des Bundesfischereiministeriums verlinken oder meine 5000 Seiten Marktanalyse jedem anfragenden Mitbewerber aushändigen.

Im Einzelfall mag es Ausnahmen geben, da habe ich keinen kompletten Überblick über die Rechtsprechung. Ich meine, mich zu erinnern, daß die pauschale Werbung mit "Testsieger" unzulässig war, solange nicht angegeben wurde, bei welchem Test. Daß man bei "von Hausfrauen empfohlen" eine Namensliste dieser Hausfrauen angeben muß, kann ich mir aber nicht vorstellen. ;)

Edit: ach ja, hier die Quelle zu "Testsieger", meine Erinnerung trog mich nicht:
http://www.it-recht-kanzlei.de/Thema/werbung-testergebnisse.html?page=1

-- Editiert von JenAn am 27.03.2015 14:26

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