Schuldner hält sich ungemeldet bei der Freundin versteckt. Vollstreckung trotzdem möglich? Wie?

27. März 2022 Thema abonnieren
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guest-12310.08.2022 17:18:16
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Frischling
(5 Beiträge, 0x hilfreich)
Schuldner hält sich ungemeldet bei der Freundin versteckt. Vollstreckung trotzdem möglich? Wie?

Hallo!

Ich habe vor 2 Jahren einen Artikel auf eBay verkauft, für ca. 900 €. Der Käufer wollte nicht zahlen, obschon ein rechtsverbindlicher Kaufvertrag zwischen uns vorliegt. Also habe ich ihn angemahnt und mir einen Anwalt zu Hilfe genommen, der wiederum ein gerichtliches Mahnverfahren gegen diesen eingeleitet hat. Er reagierte auf nichts. Mit den Kosten der Rechtsverfolgung beträgt die Forderung derzeit rund 1.800 € plus täglich hinzukommender Zinsen von 5% p.a.

Inzwischen liegt ein rechtskräftiger Vollstreckungsbescheid sowie ein Haftbefehl gegen den Schuldner vor. Unmittelbar nachdem beides vorlag, hat der Schuldner jedoch seinen Aufenthalt unbekannt verlegt und hält sich verborgen, weil er weiß, dass ich und wohl auch viele andere Gläubiger gegen ihn vollstrecken. So sind sämtliche Vollstreckungsversuche gegen ihn bislang gescheitert und haben nur weitere Kosten (etwa solche für die Tätigkeiten des Gerichtsvollziehers) produziert. Auch eine Strafanzeige wegen Betruges ist erfolglos geblieben, weil die Staatsanwalt das Verfahren nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt hat. Die Ermittlungsakte wurde von meinem Anwalt einbestellt und es ging wieder nur die alte Adresse (die an der er nicht mehr wohnhaft ist) daraus hervor. Also haben wir eine Melderegisterauskunft beim zuständigen Einwohnermeldeamt beantragt und es kam wieder nur die alte Adresse dabei heraus, obwohl er schon seit über 1,5 Jahren dort gar nicht mehr wohnhaft ist (laut den Aussagen der Nachbarn gegenüber dem Gerichtsvollzieher). Spätestens ab da war klar, dass der Schuldner sich bewusst nicht an-, ab- oder ummeldete, sondern vorsätzlich die fehlerhafte alte, nicht mehr aktuelle Adressmeldung aufrecht erhielt, um so den Anschein zu erwecken "er wohne noch da", damit sämtliche Vollstreckungsversuche gegen ihn ins Leere gehen. Dies stellt eine strafbewehrte Ordnungswidrigkeit dar. Nach dem Bundesmeldegesetz wäre er verpflichtet gewesen sich innerhalb von 2 Wochen abzumelden bzw. am neuen Wohnort anzumelden. Also habe ich eine Ordnungswidrigkeitenanzeige gegen den Schuldner platziert, die wiederum nicht zur Auffindung des Schuldners führte. Er war und blieb "verschwunden" bzw. hält sich absichtlich verborgen, weil er die Konsequenzen aus den Schäden, die er mit seinem treulosen Verhalten einer ganzen Reihe von Gläubigern zugefügt hat, fürchtet.

Unter Zuhilfenahme einer Detektei und erheblicher Anstrengungen im Laufe der letzten Monate ist es mir vor Kurzem nun doch gelungen ausfindig zu machen, wo sich dieser derzeit aufhält. Es stellte sich heraus, dass der Schuldner bei seiner Freundin in einem Nachbarort zur Untermiete wohnt, aber dort "nicht behördlich gemeldet" ist, d.h. Einwohnermeldeamt, Finanzamt und Polizei wissen nicht, dass er dort nächtigt. Die Detektei hat mir auch Fotos vom Haustürbereich und von seinem Auto (das laut Kraftfahrtbundesamt ebenfalls auf seine Freundin läuft) zukommen lassen. Daraus geht hervor, dass auch sein Name an keinem einzigen der Klingel- und/oder Briefkastenschilder befestigt ist - nur der seiner Freundin, bei der er dort wohnt. Er scheint zu ahnen, dass nach ihm gefahndet wird und so ist er vorsichtig, in allem was er tut.

Daher nun meine Frage: Wie stelle ich es jetzt am geschicktesten an, um endlich an mein Geld zu kommen? Denn dass er Geld/Vermögen hat, steht außer Frage! Er geht arbeiten und besitzt ein teures Auto (die Beweise hierfür liegen vor). Hier liegt definitiv keine (!) Zahlungsunfähigkeit vor!

Die Frage ist leider schwerer zu beantworten, als man auf den ersten Blick glauben mag. Denn ich sehe hier ad hoc 2 große Probleme (wahrscheinlich gibt es noch mehr), die sich für den Gläubiger auftun:

(1)
Wenn ich den Gerichtsvollzieher jetzt beauftrage und ihn dort an der Wohnungstür seiner Freundin - die wahrscheinlich vorsätzlich Beihilfe leistet, um ihren Freund zu schützen - klingeln lasse, bräuchte die Frau an der Tür nur zu sagen "So jemand wohnt hier nicht! Und tschüss!", und damit wäre die Sache für sie erledigt. Der Gerichtsvollzieher hätte keinerlei Möglichkeit einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung der Frau zu erwirken, sondern einzig gegen den Schuldner. Dieser ist aber derzeit als "wohnungslos" anzusehen. Was bedeutet, dass die Entsendung des Gerichtsvollziehers kontraproduktiv wäre, weil der Schuldner durch diesen Besuch bei seiner Freundin (bei der er heimlich Unterschlupf genießt) ja nur unnötig alarmiert werden würde und sich so unmittelbar was Neues einfallen lassen würde, um unauffindbar zu werden bzw. Vermögenswerte in Sicherheit zu bringen.

(2)
Und wenn ich stattdessen die Behörden verständige und Bescheid sage, dass glaubwürdige Hinweise dafür vorliegen, dass der per Haftbefehl Gesuchte sich derzeit "an dieser Adresse" in der Wohnung seiner Freundin dort versteckt hält, so würde dies lediglich zur "temporären Verhaftung" des Schuldners führen, aber nicht dazu, dass ich mein Geld bekomme. Ich möchte nicht einfach nur plump die Behörden verständigen und ihn nur "kurz verhaften" lassen, weil sich das ebenfalls als kontraproduktiv erweisen wird. Der Haftgrund im Rahmen des Zwangsvollstreckungsrechts ist eine reine sogenannte "Beugehaft", die einzig dazu dient den Schuldner zur Abgabe der Vermögensauskunft zu zwingen. Das heißt, sobald dieser die Auskunft auf dem Formular des Gerichtsvollziehers erteilt und seine Unterschrift darunter gesetzt hat, im Sinne von "Ich hab nix!", ist der Haftgrund entfallen und er kommt unverzüglich wieder auf freien Fuß. Und das erste was er dann machen wird, ist natürlich erstmal sämtliche Vermögenswerte unauffindbar beiseite zu schaffen bzw. deren Eigentumsverhältnisse zu verschleiern, so wie er dies auch mit seinem aktuellen Kfz macht, das derzeit vor dem Haus seiner Freundin steht, aber nicht auf ihn läuft; sondern seine Freundin zahlt die Steuern für ihn, damit es nicht gepfändet wird.

Dieser Mann hat allerlei Übung und Erfahrung darin Gläubiger hakenschlagend abzuschütteln und weiß genauestens über die einzelnen Schritte Bescheid, die das deutsche Zwangsvollstreckungsrecht hier vorsieht. Dieses Wissen hat er nicht von ungefähr, sondern aus seiner kriminellen Lebenspraxis, weil er offensichtlich schon viele Menschen um ihr Geld geprellt hat! Darum ist er auch immer wieder 2 Schritte voraus, um die nächsten Schritte der Gläubiger am Gelingen zu hindern.

Zurück zu meiner initialen Frage: Wie stelle ich es jetzt am klügsten und zielführendsten an den Schuldner - an der Adresse seiner Freundin, die ihm Unterschlupf gewährt - rechtlich zur Erfüllung seiner Pflichten (Zahlung aus Kaufvertrag plus Schadensersatz) zu zwingen, ohne (!) gleichzeitig die Befriedigung der offenstehenden Ansprüche zu gefährden?

Hat irgendjemand eine zündende Idee was hier zu tun wäre? Gibt es vielleicht noch irgendwelche rechtlichen Instrumente des Zwangsvollstreckungsrechts, die ich noch nicht evaluiert habe?

Ich bin wirklich dankbar für jeden rechtlichen Hinweis.

Ich selbst bin noch immer fassungslos darüber, dass das deutsche Recht es säumigen Schuldnern hierzulande offenbar derart einfach macht sich ihrer Verpflichtungen aus Vertrag so dreist zu entziehen (wenngleich ich mir nicht vorstellen kann, dass ich der erste bin, der sich in solch einer Situation wiederfindet). Wenn wir das "alle" so machen würden, würde bald die gesamte deutsche Wirtschaft zum Erliegen kommen, weil sich keiner mehr an Verträge gebunden fühlt und somit keine Zahlungsströme mehr zu Stande kämen. Lasst euch das nicht gefallen! Ich bitte höflich um eure Hilfe in dieser Sache.


Vielen Dank vorweg für die nette Unterstützung!


Herzliche Grüße
Denise C.

-- Editiert von Denise C. am 27.03.2022 00:41

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5 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119635 Beiträge, 39758x hilfreich)

Zitat (von Denise C.):
Er geht arbeiten und besitzt ein teures Auto (die Beweise hierfür liegen vor).

Warum dann nicht seinen Arbeitslohn pfänden? Falls er über 1.259,99 EUR verdienen sollte ...
Beim Auto: Besitz reicht nicht, Eigentümer müsste er sein.



Zitat (von Denise C.):
deren Eigentumsverhältnisse zu verschleiern, so wie er dies auch mit seinem aktuellen Kfz macht, das derzeit vor dem Haus seiner Freundin steht, aber nicht auf ihn läuft; sondern seine Freundin zahlt die Steuern für ihn, damit es nicht gepfändet wird.

Wer die Steuern zahlt ist irrelevant, genau so wer Halter ist.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
guest-12310.08.2022 17:18:16
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 0x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Warum dann nicht seinen Arbeitslohn pfänden? Falls er über 1.259,99 EUR verdienen sollte ...

Dass er arbeiten geht hat die Detektei festgestellt, weil er auch im Internet diverse Äußerungen dahingehend macht, die offenbaren, dass er arbeitet. Es handelt sich dabei um so genannte Schwarzarbeit, bei der ihm der Arbeitslohn in bar auf die Hand ausgezahlt wird, ohne Abgabe von Steuern oder Meldung an die Sozialversicherungs-/Finanzbehörden. Deshalb ist auch unklar "was" er verdient und deshalb ist denklogisch auch keine Lohnpfändung möglich.
Wäre er ordnungsgemäß als Arbeitnehmer angestellt, mit allen rechtlichen Erfordernissen, die der Gesetzgeber hier für ein meldepflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorsieht, so wäre auch seine aktuelle Adresse längst offiziell bekannt, weil er diese dem Arbeitgeber mitteilen müsste. Das ist aber nicht der Fall. Er ist wohnungslos weiterhin bei seiner alten Adresse gemeldet, an der er seit über 1,5 Jahren nicht mehr wohnhaft ist.

Zitat (von Harry van Sell):
Beim Auto: Besitz reicht nicht, Eigentümer müsste er sein.

Wer die Steuern zahlt ist irrelevant, genau so wer Halter ist.

Das weiß ich selber auch. Aber das war nicht meine Frage. Was soll dieser Hinweis denn jetzt helfen?!?

Ich weiß, dass es bei Kfz grundsätzlich einzig auf die Eigentümerstellung (!) ankommt. Aber auch das müssten Sie ihm erst einmal beweisen (!) können. Dass zwischen dem Schuldner und seiner Freundin im Innenverhältnis Einigkeit darüber besteht, dass "er" Eigentümer ist und "sie" nur "zum Schein" nach außen hin als Eigentümerin und Halterin auftritt, ist die eine Sache. Das zu belegen, die andere.

Sorry, Harry van Sell, aber in der Hinsicht haben deine Infos leider keine Hilfe oder Antwort auf meine Fragen dargestellt.

-- Editiert von Denise C. am 27.03.2022 01:05

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119635 Beiträge, 39758x hilfreich)

Zitat (von Denise C.):
Gibt es vielleicht noch irgendwelche rechtlichen Instrumente des Zwangsvollstreckungsrechts, die ich noch nicht evaluiert habe?

Dann wäre es doch mal gut, im ersten Schritt alles aufzuzählen was konkret man schon alles evaluiert hat und was man schon alles weis.



Zitat (von Denise C.):
bei der ihm der Arbeitslohn in bar auf die Hand ausgezahlt wird,

Dann wäre hier die sogenannte Taschenpfändung eine Lösung.



Zitat (von Denise C.):
o wäre auch seine aktuelle Adresse längst offiziell bekannt, weil er diese dem Arbeitgeber mitteilen müsste.

Nö, die müsste er mangels Rechtsgrundlage dem Arbeitgeber überhaupt nicht mitteilen.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

1x Hilfreiche Antwort


#5
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(31998 Beiträge, 5631x hilfreich)

Zitat (von Denise C.):
Denn ich sehe hier ad hoc 2 große Probleme
Wieso?
zu 1) Ein GV wird nichts dagegen tun können, dass die Freundin so reagiert. Außerdem ist der Mann nicht wohnungslos. Er ist angemeldet, beging keine Ordnungswidrigkeit und für sowas interessieren sich weder Polizei noch EMA noch Finanzamt.
Für Schwarzarbeit interessiert sich das zuständige HZA.
zu 2 ) Scheinbar sind deine bisherigen Bemühungen gescheitert. Ein Verfahren wurde eingestellt. Er darf mit ihrem Auto fahren, und dass er zahlungsfähig wäre, ist nur deine Annahme.
Wenn er bar schwarz bezahlt wird, braucht er kein Konto.

Warum Haftbefehl?
Wenn tatsächlich ein Haftbefehl vorliegt, dürfte es für die zuständigen Stellen keine Kunst sein, ihn zu verhaften.

Da dir die Kosten vermutlich egal sind, befrage doch einen *Anwalt für Zwangsvollstreckungsrecht*.
Hier gibt es keine Rechtsberatung.
Zitat (von Denise C.):
Lasst euch das nicht gefallen!
Wie bitte?

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Ich schreibe hier nur meine Meinung.

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