Zielvereinbarung, Abmahnung, Kündigung, usw.

11. April 2019 Thema abonnieren
 Von 
XxBombermanxX
Status:
Schüler
(404 Beiträge, 161x hilfreich)
Zielvereinbarung, Abmahnung, Kündigung, usw.

Hallo zusammen,

nehmen wir mal folgenden Sachverhalt an.
Mitarbeiter (MA) ist Teamleiter in einem bestimmten Bereich.

Ende Februar 2018 erhält er vom Arbeitgeber eine "Zielvereinbarung" für 2018, die eigentlich gar keine ist.
Zwar wird MA bei Erreichung der Ziele (mehrere übers Jahr verteilt) eine Gehaltserhöhung zugesagt, aber auf der anderen Seite werden keine Ziele vereinbart, sondern vorgegeben. Bei Nichterreichung mehrerer Etappenziele wird sogar eine Kündigung angedroht. MA sollte dann auch unterschreiben, dass er das zur Kenntnis genommen hat. Dies hat er blöderweise auch gemacht, weil er der Abteilungsleitung, mit der er schon seit 10 Jahren zusammen arbeitet, vertraut hat und diese "Vereinbarung" ja auch nicht von ihm, sondern vom Geschäftsführer stammt und er das nur mit ihm durchsprechen soll.

Das erste Etappenziel war nach Meinung des MA auch erreicht. Der GF sah das irgendwie anders. Der Abteilungsleiter sagte zu MA nur, dass der GF das "irgendwie anders gerechnet hat". MA war sauer, nahm es aber zähneknirschend hin. Das war im April 2018. Danach wurde nie wieder über diese "Vereinbarung" gesprochen. Bis heute.

Heute wird MA zum Gespräch gebeten. Es sollen heute, Mitte April, Ziele für 2019 vereinbart werden. Es wird tatsächlich ein vernünftiges Gespräch geführt und ein Rahmen abgesteckt. Als das Gespräch dann eigentlich schon seinen Ende entgegen geht, wird MA eröffnet "Ach ja, wenn dieses mal die Ziele nicht erreicht werden, fliegst du definitiv raus". Und da du die Ziele 2018 nicht erreicht hast, hier bitteschön, deine Abmahnung.

Folgende Fragen tun sich auf:

1. Handelt es sich überhaupt um eine VEREINBARUNG? MA wurde im ersten Gespräch 2018 ja gar keine Wahl gelassen, bzw. hatte er kein Mitspracherecht.

2. Ist es Mitte April des Folgejahres für die Abmahnung nicht etwas spät? Die Ziele waren über das Jahr 2018 verteilt und die Erreichung sofort messbar, nicht erst nach einem eventuellen Jahresabschluss oder so.

In der Abmahnung steht drin, dass die Zielvereinbarung

Zitat:
"mitgeteilt und besprochen"
wurde. Das trifft es ziemlich gut. Man hat zumindest nicht "vereinbart" geschrieben.

Weiter heißt es
Zitat:
"Sie hielten diese Ziele für realistisch und umsetzbar und erklärten sich einverstanden, die Vereinbarung zu erfüllen"


Dies ist nicht so. MA hat die Vorgaben zur Kenntnis genommen. Man muss vielleicht dazu sagen, dass MA nur bedingt auf die Erfüllung der Ziele hinwirken kann, da es sich um keine individuelle Leistung handelt, sondern um die Leistung des Teams. Zieht das Team nicht mit, sieht MA alt aus.

Dann geht es weiter...
Zitat:
Trotz mehrfacher Aufforderung kamen Sie dieser Zielvereinbarung nicht nach. In mehreren Personalgesprächen wurden Sie auf die Notwendigkeit der Umsetzung hingewiesen. Trotzdem konnten Sie keine der getroffenen Vereinbarungen erfüllen.


Das ist der härteste Tabak bei der ganzen Sache. Es gab keine mehrfachen Aufforderungen. Es wurde seit April 2018 nie wieder über diese "Vereinbarung" gesprochen. Entsprechend gab es auch keine "mehreren Personalgespräche" in denen MA auf die Notwendigkeit der Umsetzung hingewiesen wurde. Nach der Meinung von MA wurde mindestens das erste Etappenziel erreicht. Der Meinung des GF nach ja wohl nicht. Allein deswegen hätte MA sich ja weitere Gespräche bezüglich dieser Vereinbarung gewünscht, aber trotz Zusage "Ja, das kucken wir uns mal gemeinsam an" gab es ja dann nichts mehr.

Wie sollte MA mit der gesamten Sachlage umgehen?
Erst hat er das heutige Gespräch für gut empfunden. Es wurden Ziele vereinbart, deren Erreichung zumindest theoretisch möglich ist. Als Ansporn für das gesamte Team...aber nicht mit der Festlegung einer Kündigung bei Nichterreichung im Nacken. Die Kündigung und auch die Abmahnung gilt im Übrigen nur für den MA...NICHT für sein Team. Streng genommen könnte der GF nun zum Team gehen und sagen, sie sollen dafür sorgen, dass das Ziel leicht verfehlt wird und MA hätte von vornherein keine Chance.
Zum heutigen Gespräch gibt es noch kein Schriftstück, aber das wird wohl kommen und da wird definitiv die Kündigung mit drin stehen.

Ist ein ganz schöner Roman geworden, aber ich hoffe, es liest jemand und gibt eine Einschätzung ab. Ich bedanke mich jedenfalls vorab.

-- Editiert von XxBombermanxX am 11.04.2019 19:07

-- Editiert von XxBombermanxX am 11.04.2019 19:10

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11 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17377 Beiträge, 6471x hilfreich)

Abwarten und Tee trinken, wäre mein Rat.
Wenn es dich zu sehr juckt, kannst du auch eine Gegendarstellung machen. Dich dagegen verwahren, dass von Vereinbarung gesprochen wird, wo es sich um eine Vorgabe bzw. Anweisung handelt. Dass du nicht zugestimmt, sondern zur Kenntnis genommen hast. Würde ich allerdings bleiben lassen, insofern so ein Widerspruch erst recht eher unerwünschte Aufmerksamkeit auf dich lenkt.
Als gesichert darfst du annehmen, dass du auf der Abschussliste stehst.
Die Kündigungsdrohung ist fürs Erste eben dies: Drohkulisse.
Gegen eine Kündigung kannst du dich zu gegebener Zeit wehren.

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#2
 Von 
XxBombermanxX
Status:
Schüler
(404 Beiträge, 161x hilfreich)

Vielen Dank... das mit der Abschussliste ist absolut klar.

Wichtig ist halt nur, jetzt keinen Fehler zu machen, der hinterher eine Abfindung gefährdet. Das wäre nach 10 Jahren Betriebszugehörigkeit sehr sehr ärgerlich.

Und es werden jetzt wieder Dokumente zur Unterschrift kommen. Es wird drin stehen, dass eine Kündigung ausgesprochen wird, wenn die Zahlen nicht erreicht werden. Dies sollte aber vermutlich dringend verweigert werden, oder?

Nicht dass es hinterher heisst, man habe der Kündigung zugestimmt und kriegt neben der fehlenden Abfindung noch eine Sperre fürs ALG I.

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#3
 Von 
guest-12328.05.2020 09:37:38
Status:
Student
(2498 Beiträge, 510x hilfreich)

Zitat (von XxBombermanxX):
Wichtig ist halt nur, jetzt keinen Fehler zu machen, der hinterher eine Abfindung gefährdet.


Auf welcher Grundlage genau würde man eine Abfindung im Kündigungsfalle begehren?

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#4
 Von 
XxBombermanxX
Status:
Schüler
(404 Beiträge, 161x hilfreich)

Ich formuliere um...der Erfolg eines Kündigungsschutzprozesses sollte keinesfalls durch eigene Fehler gefährdet werden.

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
BigiBigiBigi
Status:
Junior-Partner
(5398 Beiträge, 1814x hilfreich)

Eine Zielvereinbarung ist etwas, das am Ende herauskommt. Ob die Ziele nun vom AG allein vorgegeben oder vom MA mitgestaltet wurden, ist dafür relativ irrelevant. Es ist in der Regel sogar üblich, daß der AG festlegt, ab wann er den MA für "Leistung weit über dem üblichen Erwarteten" honorieren will. Die ZV stellt nur sicher, daß der MA sich hinterher auch darauf berufen kann.

Eine "Kündigung bei Nichterreichen" ist so ohne weiteres nicht möglich, auch nicht, wenn der MA sowas unterschreibt. Jedenfalls nicht über die Umstände hinaus, unter denen normalerweise eine Kündigung möglich wäre. Das würde ansonsten u.U. den gesetzlichen Kündigungsschutz unterlaufen.

Allerdings hat der AG hier IMO den Sinn einer ZV mißverstanden. Sie soll üblicherweise besonders fähige und engagierte MA honorieren und nicht als Antrieb für träge MA dienen. Und ein so extremes Junktim wie "erreiche das Ziel und es gibt mehr Geld, verfehle es und du wirst gefeuert" wird sich kein Vorgesetzter ausdenken, der im 21. Jahrhundert angekommen ist.

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#6
 Von 
blaubär+
Status:
Weiser
(17377 Beiträge, 6471x hilfreich)

Der Witz ist ja, dass der AG Ziele vorgeben kann, wie er mag - sinnvoll ist das doch nur, wenn die Vorgaben unter realistischen Bedingungen auch erreichbar sind, und wenn nicht, bleibt immer noch die Frage 'wieso nicht'.
Was die Kündigungsdrohung angeht, googlest du am besten mal 'Kündigung wegen Schlechtleistung'. Du wirst sehen, dass das sooo einfach gar nicht geht.
Und dir zum Trost: Du schuldest deinem AG eine Leistung mittlerer Güte. Punkt.

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(31992 Beiträge, 5630x hilfreich)

Mir sind diese ZV auch bekannt. Selten stehen dahinter konkrete und erfüllbare Ziele. Meist wird im Team dann nach *Gauß`scher Verteilung* die Gehaltserhöhung *verteilt.
Ich kenne die Variante mit jährlicher ZV und Erhöhung von 0 über 6 bis 12% der Gehaltes.

Nase und alles passt nicht--- 0%, Jahr für Jahr
Stillhalter---6%,
Karrieristen---12%
Vorgesetzte wissen, wie viel € zu verteilen sind.

Die Ziele spielen KEINE Rolle, weil sie windelweich vereinbart wurden.

Eine K-Schutzklage wird sich hinziehen. Der AG wird andere Begründungen finden.
zB Das Vertrauensverhältnis wird zerrüttet sein. Dem AG wird nicht zuzumuten sein, diesen AN weiter zu beschäftigen. Man wird Winzigkeiten enorm aufblasen zu Ungeheuerlichkeiten.
Nach vielen Monaten wird es einen Vergleich, eine Abfindung und ein gutes Zeugnis geben.

---Erfahrungswerte---

Frage: Gibt es denn *Zahlenvorgaben* für jeden einzelnen Mitarbeiter des Teams?

Signatur:

Ich schreibe hier nur meine Meinung.

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
XxBombermanxX
Status:
Schüler
(404 Beiträge, 161x hilfreich)

wow, vielen Dank für die zahlreichen Antworten schon mal.

Nein, es gibt nur die Zielvorgabe für den Teamleiter. Die Ziele sind aber Teamziele, keine persönlichen Ziele für den TL.

Das mit der Schlechtleistung ist so ne Sache.
Seit 2012 bis einschließlich 2016 gingen die Zahlen des TL konsequent nach oben. Es gab auch keine Zielvereinbarungen.

Seit 2017 wird die Branche durch Gesetzesänderungen etc. ohnehin schwieriger.
Dazu kommt ein Umzug der Geschäftsstelle des TL, die 40.000€ gekostet hat. Und zwei Abschreibung von größeren Forderungen durch Insolvenz der Kunden.
Da kann einfach nix positives bei raus kommen.
Allerdings wird es jetzt so dargestellt, als sei es schuld des TL, dass die Zahlen so sind.

Er kann, wie gesagt, nix für die Insolvenz von zwei Kunden. Und dass der Umzug/Umbau neuer Geschäftsräume nun mal Geld kostet, ist klar. Und die alten Räume sind nun mal zu klein gewesen.

Es macht , wie gesagt, alles den Eindruck, als würde die Schuld massiv beim TL gesucht.

-- Editiert von XxBombermanxX am 12.04.2019 12:04

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
fb367463-2
Status:
Schlichter
(7422 Beiträge, 3090x hilfreich)

Ich möchte allerdings auch zu bedenken geben, daß es Ihr Job als Teamleiter ist, das Team zu führen und gute Ergebnisse zu erzielen. In so fern ist das mit den "Zielen nur fürs Team" (sofern es sich dabei um durch das Team zu erreichen de Ergebnisse handelt) schon soweit okay. Ihre Zielvorgabe ist, daß Team auf Trab zu kriegen und dort zu halten. Wenn eine Führungskraft auf ihrer Position nichts bringt oder das nicht hinkriegt, dann ist sie natürlich auszutauschen.

Warum man allerdings Zielvorgaben unterschreibt, die man meint nicht erreichen zu können, ist mir schleierhaft. Aber das war ja 2018. Sowas sollte jetzt allerdings nicht noch mal passieren. Die sollten schon beurteilen können, welche Zahlen relativ sicher erreichbar sind und ggf die Sache auch ausdiskutieren. Auch das gehört zum Job dazu.

Signatur:

"Valar Morghulis"

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
XxBombermanxX
Status:
Schüler
(404 Beiträge, 161x hilfreich)

Das Schriftstück ist nur fertig. So heisst es dort „...wird vereinbart, das Arbeitsverhältnis bei Nichterreichen der Ziele zum xx.xx.xxxx zu beenden"...

Das wird MA wohl eher nicht unterschreiben, um es mal vorsichtig auszudrücken.
Das liest sich, wie ein Aufhebungsvertrag.

Oder sehe ich das falsch?

0x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119608 Beiträge, 39749x hilfreich)

Zitat (von XxBombermanxX):
Das liest sich, wie ein Aufhebungsvertrag.

Ja, so liest es sich.


Aber man könnte auch einfach den Teil mit
Zitat (von XxBombermanxX):
„...wird vereinbart, das Arbeitsverhältnis bei Nichterreichen der Ziele zum xx.xx.xxxx zu beenden"
gut leserlich durchstreichen und dann die Vereinbarung zurückgeben. Dann abwarten was die sagen.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

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